Wie variable Vergütung das Denken und Handeln einengt

by Dirk Elsner on 27. August 2009

Vergangene Woche hatte der Blick Log auf die “Anforderungen an Personal- und Anreizsysteme für Kredit- und Finanzdienstleistungsinstitute” hingewiesen. Dazu habe ich jetzt einen interessanten Kommentar von Harald Ackerschott gefunden, der sich generell mit der Wirkung von Vergütungssystemen befasst. Er schreibt u.a. zur Psychologie der Vergütung:

Gehalt bzw. einzelne Gehaltsanteile haben nur dann verstärkende (psychologisch: als Folge einer Intervention wird ein Verhalten wahrscheinlicher) Wirkung und wirken damit verhaltenssteuernd, wenn:

  • die an sie geknüpften Anforderungen klar sind und verstanden werden,
  • die an sie geknüpften Anforderungen von den Akteuren beeinflussbar sind und
  • die Anforderungen im Zusammenhang mit den Verhaltensweisen stehen, die verstärkt

(also gesteuert) werden sollen.

Weiter schreibt Ackerschott darüber, wie variable Vergütung das Denken und Handeln einengt:

“Sind bestimmte Gehaltsanteile an das Erreichen kurzfristiger Ziele geknüpft, so werden Verhaltensweisen verstärkt, die zur Erreichung dieser kurzfristigen Ziele von den Akteuren als wirksam erachtet werden.

Generell ist sicher, dass der verhaltenssteuernden Wirkung von monetären Anreizen enge Grenzen gesetzt sind. Insbesondere ist auch zu betonen, dass überall dort, wo substanzielle Belohnungen durch konkrete Teilleistungen erreicht werden, der Erreichung dieser Teilleistungen Vorrang vor übergeordneten Zielen gegeben werden wird.

Selbst da, wo ergebnisorientierte Entlohung wirkt, hat sie eine gravierende Nebenwirkung: Den Effekt der Überrechtfertigung. Der Effekt der Überrechtfertigung oder Verdrängung von intrinsischer Motivation zeigt sich zwar in Experimenten und Studien nicht eindeutig stabil, weist aber deutlich in eine Richtung: monetäre Belohnung (im Gegensatz zu Eigenmotivation, Befriedigung durch die Leistung an sich, Stolz auf das Erreichte, oder auch Belohnung durch entgegengebrachten Respekt) wirkt hemmend bei hochinteressanten Aufgaben, wenn die Belohnung angekündigt wird und eher lose an das Leistungsniveau geknüpft ist.”

Das sind interessante Ergänzungen zu den bisherigen auch im Blick Log dargestellten Ansätzen über Gehalt, Bonus und Motivationswirkungen (siehe unten). Auch Kevin Kaiser und David Young weisen in der jüngsten Ausgabe des Harvard Business Manager (Working Capital: So verbessern Sie Ihre Liquidität)  auf schädliche Wirkungen von Anreizsystemen hin, wenn sich verschiedene dezentrale Bereichsziele widersprechen. Als Beispiel nennen sie einen Einkäufer, der besondere Rabatte bei hohen Bestellmengen aushandeln kann. Er bekommt die Rabatte bonusfördernd auf seine Zielvereinbarungen angerechnet, die Mehrkosten für zusätzliche Lagerhaltung und Finanzierung jedoch nicht.

Beiträge im Blick Log zur Bonus-Debatte

Die Wirtschaftselite in der Legitimationskrise: “Wo ist hier eine coole Sau, die begeistert!”

Menschen lassen sich auch durch Altruismus, Fairness- und Gerechtigkeitserwägungen leiten (29.7.09)

Bonus im Fokus: Die ewige Debatte bisher ohne Fragen an Aufsichtsräte und Eigentümer (21.7.09)

Goldman-Gewinn: Bonus-Anspruch für Geithner und Bernanke (15.7.09)

Finanzkrise reloaded (2): Mikroökonomische Ursachen – Anreize, Risikomessung und Regulierung (9.7.09)

Wenn der Bonus zu hoch ist, dann sinkt die Leistung (19.6.09)

Statt mit Bonus mal mit Bindung motivieren (22.4.09)

Bonus-Desaster: “Warum ist es noch so still?”(30.3.09)

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