G – 20 = Null (+ Link auf Abschlussdokument und mehr)

by Dirk Elsner on 26. September 2009

Official White House Photo by Pete Souza

Official White House Photo by Pete Souza

Der Pittsburgher G-20-Gipfel ist Geschichte und die Schlagzeilen dazu geschrieben. Die unmittelbaren Wirkungen für die Finanzmärkte gehen gegen Null. Die bemerkenswerteste Schlagzeile ist: G 20 löst die G8 ab (FAZ). Insbesondere die Maßnahmen, die sich an die Finanzwelt richten, sind lediglich  ein Framework, auf dessen Basis einzelne Länder oder supranationale Gremien erst konkrete Maßnahmen ausarbeiten müssen.

Die G-20 beschlossen zwar, dass Banken mehr Eigenkapital vorhalten sollen. Aber erst bis Ende 2010 sollen die Mitgliedsstaaten neue Regeln zu Qualität und Quantität von Eigenkapital ausarbeiten. Und erst bis Ende 2012 sollen die neuen Anforderungen umgesetzt werden. Offizielle Begründung: Den Banken müsse die Zeit zur Erholung gegeben werden.

Auch bei den mit viel öffentlicher Aufmerksamkeit bedachten Vergütungsregeln gibt es lange Fristen, bis die Details feststehen. Dazu das Handelsblatt:

Bei den Vergütungsprinzipien wurde zudem vereinbart, dass die nationalen Aufsichtsgremien die Einhaltung der Regeln überwachen sollen. Dabei wird ihnen die Möglichkeit eingeräumt, auf risikosteigernde Fehlanreize bei den Boni mit der Durchsetzung höherer Eigenkapitalanforderungen zu reagieren. Die neuen Vergütungsgrundsätze sollen bis 2012 umgesetzt werden. An das Financial Stability Board (FSB) erging der Auftrag, bis 2011 Vorschläge auszuarbeiten, wie das Risiko großer Banken mit systemischer Bedeutung auch zum Schutz der Staaten und Steuerzahler begrenzt werden kann. Dabei soll die Leitlinie gelten, das die Anforderungen an die Eigenkapitalausstattung in Relation zu Größe und Risiko überproportional steigen.

Die Staats- und Regierungschefs verpflichteten sich außerdem, eine Reform des Internationalen Währungsfonds (IWF) einzuleiten. Wie diese aussehen soll, bleibt freilich ebenfalls unklar.

Angesichts dieser Beschlüsse erhält die Überschrift in der New York Times zum Gipfel eine ganz eigene Bedeutung: Group of 20 Agrees on Far-Reaching Economic Plan. Mit “Far-Reaching” ist offensichtlich weit in der Zukunft liegende Umsetzung gemeint.

Die vielen Punkte des Abschlussdokuments (siehe dazu hier) verkaufen sich zwar gut, was davon aber letztlich in welcher Form auch immer kodifiziert wird, steht in den Sternen. Bedenkt man, dass die G-20 inklusiver ihrer jeweiligen Sherpas sowie diverse Institutionen seit einem Jahr Ursachenanalyse betreiben, diskutieren und prüfen, ist das Ergebnis ausgesprochen dünn, weil keine unmittelbaren Konsequenzen folgen. Angesichts meiner persönlichen Skepsis gegenüber vielen Regulierungsmaßnahmen sollte ich mich aber über diese Nullrunde freuen.

Warum die deutschen Privatbanken angesichts dieser Beschlüsse sofort das Kriegsbeil ausgraben und über den Präsidenten des Bundesverbands deutscher Banken, Andreas Schmitz, gegen die Beschlüsse hacken (siehe dazu Welt: Deutsche Banken wettern gegen G-20-Ergebnisse) und mit einer neuen Kreditklemme drohen, bleibt unklar. Dies verwundert sogar um so mehr, als sich weder Banken noch Verband durch substantielle Alternativvorschläge oder gar Aufarbeitung der Finanzkrise ausgezeichnet haben.

Schlagzeilen

NZZ: Zwischen Hoffnung und Skepsis – Nach dem G-20-Gipfel in Pittsburgh: Die am G-20-Gipfel vereinbarte wirtschaftliche Zusammenarbeit ist überwiegend begrüsst worden. Das Fehlen von Durchsetzungsmechanismen findet aber Kritik. Vage bleibt auch die Frage der Boni. In Bankenkreisen wurden die Ergebnisse begrüsst.

Wiwo: Gipfel zum Finanzmarkt G20-Beschlüsse sind Experten nicht streng genug: Die Fachwelt hat mit Zustimmung, aber auch mit Kritik auf den Ausgang des G20-Gipfels in Pittsburgh reagiert. Vielen Experten gingen die Ergebnisse zur strengeren Regulierung der Finanzmärkte nicht weit genug.

HB: G20: Sie lassen schon wieder nach: Die Stimmung unter den führenden Politikern dieser Welt hat sich von panikgetriebener Entschlossenheit in eine verfrühte Selbstgefälligkeit verwandelt. Das Schlusskommunique des G20-Gipfels von vor einer Woche in Pittsburgh hebt mit einem Lob auf ihre „machtvolle Reaktion“ auf die Krise an und scheut auch nicht vor der pathetischen Behauptung zurück: „Es hat funktioniert.“

FAZ: G20-Gipfel in Pittsburgh „Ära der Verantwortungslosigkeit beenden“

HB: Tricksenden Bankern drohen Strafen: Der G20-Gipfel in Pittsburgh hat sich die Vergütung von Bankmanagern vorgenommen. Für Bonuszahlungen wurden strengere Regeln aufgestellt. Für den Fall, dass Bankhäuser die Richtlinien umgehen, sind auch Strafen vorgesehen.

Zeit: G-20-Gipfel – Die Boni-Regeln sind bloße Kosmetik: Es wurde als wichtiges Ergebnis des G-20-Gipfels verkündet: Boni sollen international begrenzt werden. Blasen werden dadurch nicht verhindert, schreibt Conrad Mattern.

HB: Banker können mit G20-Bonusschwindel gut leben: Die Staatenlenker sind sich einig. Gegen die Gehaltsexzesse in den Banken muss etwas getan werden. Aber nach zwei G20-Meetings können die Banker stärker als je zuvor darauf vertrauen, in diesem Jahr wieder einen großen Bonus einzustreichen.

FAZ: Wird jetzt alles gut? All jene, die den Glauben an die Allmacht transnationaler Regulierungen übertreiben, sollten allerdings die Warnung des Princeton-Ökonomen Harold James hören: „Das Design einer neuen Finanzarchitektur ist komplex und zeitraubend und eignet sich schlecht für globale Konferenzen.“ Die Welt wird sich darauf einstellen müssen, dass es auch künftig Krisen gibt, in denen große Vermögen dahinschmelzen. Doch insgesamt ist der Kapitalismus ein bisschen stabiler geworden.

Economist: Regaining their balance: A new chapter for the world economy, maybe, as G20 leaders pledge to co-ordinate their exit from stimulus measures and try to reduce global imbalances

Zeit: G-20-Vorbereitung Die Grenze für Boni ist bloß Symbolpolitik

NZZ: Neue Regeln für Finanzbranche beschlossen Die Gruppe der G-20 wird zu Weltwirtschaftsregierung aufgewertet: Die führenden Wirtschaftsmächte (G-20) haben sich auf strengere Regeln für Banken geeinigt. Managerboni sollen künftig begrenzt werden. Die Bestimmungen blieben aber vage. Die Runde der G-20 soll in Zukunft zu einer Art Weltwirtschaftsregierung werden.

HB: Weltregierung etabliert sich selbst: Zunächst überwog die Skepsis, ob der Gipfel in Pittsburgh substanzielle Ergebnisse produzieren würde. Doch am Ende enthielt das Abschlusskommuniqué mehr Übereinstimmung als gedacht. Für die Zukunft führt an dem Format der G20 nun kein Weg mehr vorbei. Die internationale Wirtschaftspolitik bekommt eine neue zentrale Instanz.

Zeit: -20-GipfelDanke, Barack!: Der G-20-Gipfel ist ein Erfolg – aber das Lob gebührt den Amerikanern, nicht den Deutschen. Diese legen den Fokus auf die falschen Themen. Mark Schieritz kommentiert [weiter…]

Wiwo: G20-Weltfinanzgipfel Wirtschaftskrise führt zu globaler Machtverschiebung: Asien und Lateinamerika sind die Gewinner der ausgestandenen Weltwirtschaftskrise. Aufstrebende Nationen wie China, Indien, Brasilien und Mexiko steuern künftig in der Gruppe der 20 führenden Wirtschaftsnationen (G20) die globale Handels-, Konjunktur- und Währungspolitik entscheidend mit.

FTD: Weltwirtschaftsregierung G20 muss sich erst beweisen :Die Staats- und Regierungschefs der 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer sparen nicht mit Selbstlob nach dem Gipfel von Pittsburgh. Fraglich ist aber, ob sie auch künftige Krisen verhindern können.

NZZ: Beschlüsse der G-20 in der Übersicht: Die Staats- und Regierungschefs der G-20 haben zu einer Reihe von Themen grundlegende Beschlüsse gefällt. Hier eine Übersicht über wichtige Fragen:

FAZ: Ende einer gemeinsamen Dienstreise

CWD: Tear gas and rubber bullets at G-20 Protests

WSJ: ‚Framework‘ Precedents

Sonderseite des Wall Street Journal

Vom Weißen Haus veröffentlichte Factsheets zum Gipfel:

The Pittsburgh Summit: Key Accomplishments LINK

Creating a 21st Century International Economic Architecture LINK

Framework for Strong, Sustainable, and Balanced Growth LINK

Bold and Coordinated Actions from Crisis to Recovery LINK

Partnering on Food Security LINK

Acting on our Global Energy and Climate Change Challenges LINK

Support for the Most Vulnerable LINK

Von der Gipfel-Website veröffentliche Reports

Financial Stability Board Principles for Sound Compensation Practices Implementation Standards

Financial Stability Board Charter

Improving Financial Regulation: Report of the Financial Stability Board to G-20 Leaders

Overview of Progress in Implementing the London Summit Recommendations for Strengthening Financial Stability: Report of the Financial Stability Board to G-20 Leaders

Progress Report on the Actions To Promote Financial Regulatory Reform Issued by the U.S. Chair of the Pittsburgh G-20 Summit

Protecting People, Promoting Jobs: A Survey of Country Employment and Social Protection Policy Responses to the Global Economic Crisis

Protecting People, Promoting Jobs: From Crisis Response to Recovery and Sustainable Growth

Report on G-20 Trade and Investment Measures

Supporting Global Growth: A Preliminary Report on the Responsiveness and Adaptability of the International Financial Institutions

Supporting Global Growth: Report by Prime Minister of the United Kingdom Gordon Brown

Previous post:

Next post: