50% Schuldenschnitt für Griechenland und Bankenrettung: Kernelemente der Einigung zur Schulden- und Bankenkrise (+ Dokumentation und Presseschau)

by dels on 27. Oktober 2011

So, ich selbst habe alles gesagt zur europäischen Schuldenkrise und will bis November dazu schweigen. Ich dokumentiere hier kommentarlos, was der Stand der Dinge vom Doppelgipfel ist. Die Details der technisch-rechtlichen Umsetzung dürfte wohl noch Wochen brauchen.

Hier also ein Extrakt dessen, was bisher an konkreten Information aus Brüssel via. verschiedener Quellen (siehe unten) berichtet wird (sorry für das Weglassen der jeweiligen Quellen):

Griechenlandpaket

  • Die privaten Gläubiger Griechenlands verzichten auf 50% (nominaler Haircut?) ihrer Forderungen, um eine Pleite des Landes abzuwenden.
  • Das neue Programm solle bis Ende Dezember fertig sein, der Anleihentausch im Januar vollzogen werden. Dann sollen griechische Bonds gegen neue Anleihen mit einem um die Hälfte reduzierten Nennwert eingetauscht werden.
  • Der EFSF wird eine Teil-Garantie für die neuen Bonds abgeben. Dafür stellt der Euro-Krisenfonds 30 Mrd. Euro bereit.
  • Zudem stellen die Staaten noch einmal bis zu 100 Mrd. Euro bis 2014 zur “Rettung” Griechenlands bereit (ursprünglich 109 Milliarden, war im Juli beschlossen, jedoch nicht umgesetzt worden). Darin enthalten ist auch eine womöglich nötige Rekapitalisierung der griechischen Banken. ´
  • Nach einem Vorschlag des griechischen Finanzministers Evangelos Venizelos erhalten Gläubiger für je 100 Euro ihrer Forderungen 15 Euro in bar sowie 35 Euro in Form 30-jähriger Schuldverschreibungen, die wiederum teilweise vom EFSF garantiert werden sollen. Sobald sich die Euro-Länder und Athen einigen, werde die griechische Regierung den privaten Investoren ein Umtauschangebot unterbreiten und eine Gläubigerversammlung einberufen.
  • Details des Schuldenschnitt sind wohl noch strittig. Der internationale Bankenverband (Institute of International Finance, IIF) spricht in einem Statement von einer “freiwilligen” Vereinbarung. Kompromiss mit IFF bedarf der Zustimmung der einzelnen Banken. Durch die sogenannte „Freiwilligkeit“ hoffen die Politiker, ein Kreditereignis, das Kreditausfallversicherungen (über Credit Default Swaps) aktivieren würde, zu umschiffen.
  • Die ISDA, die Dachorganisation der Swaphändler, führt umfassende Statistiken über den Swaphandel. Diesen Statistiken können wir entnehmen, dass das Bruttovolumen ausstehender CDS für Griechenland rund 75 Mrd US-Dollar beträgt (Quelle: investor-verlag mit Bezug auf ISDA, dort aber nicht verifizierbar)

Bankenpaket

  • Absicherung der Banken gegen Schuldenprobleme: Systemrelevante Banken sollten dafür ihre Kernkapitalquote bis Mitte 2012 auf 9% erhöhen. Durch diesen erhöhten Risikopuffer sollen die Institute gegen die Auswirkungen des Schuldenschnitts für Griechenland geschützt werden.
  • Der gesamte Rekapitalisierungsbedarf wird auf etwa 100 Mrd. Euro geschätzt, jener für deutsche Banken beträgt nach Angaben aus Brüssel etwa 6 Milliarden Euro.
  • Die Finanzhäuser sollen zunächst selbst versuchen, sich das notwendige Geld zu besorgen. Bis dahin sollen sie „Einschränkungen“ bei der Auszahlung von Dividenden und Bonuszahlungen unterliegen, wie es in einer Erklärung der 27 EU-Länder hieß. Scheitern die Banken dabei, sich neues Kapital zu besorgen, sollen die nationalen Regierungen und im Fall von Banken aus Euroländern der Euro-Rettungsfonds (EFSF) mit Kapitalspritzen bereitstehen.
  • Die Staatsanleihen, welche die Institute halten, sollen zu ihrem Wert vom 30. September veranschlagt werden. Dadurch soll verhindert werden, dass sich die Institute durch einen Bilanzabbau – also dadurch, dass sie unmittelbar in großem Umfang Staatsanleihen verkaufen – ihr Kapital erhöhen.
  • Die Kapitalisierung soll möglichst
    1. über den privaten Kapitalmarkt erfolgen.
    2. Gelingt das nicht, sollen die nationalen Banken-Rettungsschirme einspringen. In Deutschland ist dafür die Reaktivierung des deutschen Rettungsschirms Soffin vorgesehen. Für die betroffenen deutschen Banken entsteht ein Rekapitalisierungsbedarf von etwa 6 Mrd. Euro.
    3. Erst wenn es keine Kapitalisierungsmöglichkeit über die nationalen Rettungsfonds gibt, kann die EFSF über Kredite an nationale Regierungen zur Bankenrekapitalisierung beitragen. Als erster Kandidat für derlei EFSF-Hilfe gelten griechische Banken und Pensionsfonds.

Finanzierung des EFSF

  • Die 17 Euro-Staaten verständigten sich auch darauf, die Schlagkraft des Rettungsfonds EFSF auf eine Billion Euro zu vervielfachen. Schuldenbremsen würden in allen Eurostaaten eingeführt. Bislang konnte der Fonds effektiv lediglich 440 Milliarden Euro Kredite vergeben. Dabei kommen zwei Varianten des Hebels parallel zum Einsatz:
  1. Einerseits bietet der EFSF eine Art Teilkaskoversicherung auf frische Anleihen von Schuldenstaaten. Bei einem Zahlungsausfall übernimmt damit der Rettungsschirm einen Teil des Risikos privater Anleger.
  2. Zudem soll ein neuer Sondertopf geschaffen werden, an dem sich der Internationale Währungsfonds IWF beteiligt. Dieser Fonds investiert in Anleihen, die der EFSF ebenfalls zum Teil absichert. Dabei könnten ausländische Investoren wie Staatsfonds aus China mitmachen.
  • Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy will am Donnerstag bei seinem chinesischen Amtskollegen Hu Jintao anrufen, um ihn um einen Beitrag zu einer angedachten Erweiterung des Euro-Rettungsfonds zu bitten.
  • Der EFSF wird nun teilweise das Risiko eines Zahlungsausfalls für Schuldtitel gefährdeter Euro-Staaten übernehmen. Er bietet quasi eine Art Teilkaskoversicherung, wenn Schuldenstaaten neue Anleihen ausgeben.
  • Zudem soll ein neuer Sondertopf geschaffen werden, an dem sich der Internationale Währungsfonds IWF beteiligt. Dieser Fonds investiert in Anleihen, die der EFSF ebenfalls zum Teil absichert. Dabei könnten ausländische Investoren wie Staatsfonds aus China mitmachen.

Transaktionssteuer?

  • habe dazu nichts mehr gelesen

 

Wird noch weiter aktualisiert

Offizielle Dokumente

EURO SUMMIT STATEMENT

Erklärung der EU:STATEMENT OF EU HEADS OF STATE OR GOVERNMENT

Pressekonferenz (Video): Jose Manuel Barroso and Herman Van Rompuy

Euro-Rat: Erklärung des Euro-Gipfels (26. Oktober 2011)

Euro-Rat: Wichtigste Ergebnisse des Euro-Gipfels (26. Oktober 2011)

Rat: Statement of EU Heads of State or Government (26. Oktober 2011)

Rat: Feature: European response to the debt crisis

Rat: Common resolve to overcome the crisis

Ratspräsident: Remarks by Herman Van Rompuy (26. Oktober 2011)

Bundesregierung: Pressekonferenz von Bundeskanzlerin Angela Merkel zum Europäischen Rat (27. Oktober 2011)

Bundesregierung: Regierungserklärung von Kanzlerin Merkel zum Europäischen Rat und zum Eurogipfel (26. Oktober 2011)

Bundestag: Tagesaktuelles Protokoll der 135. Sitzung (26. Oktober 2011)

Bundestag: Entschließung zur Regierungserklärung zum Europäischen Rat und zum Euro-Gipfel (26. Oktober 2011)

 

Basis sind folgende Presseberichte:

Euractiv: Maßnahmen gegen die Schuldenkrise – Euro-Gipfel als Wendepunkt für die Zukunft der EU

HB: Krisengipfel -Griechischer Schuldenschnitt steht

FTD: Haircut für Griechenland Merkels Angebot wie aus dem Mafia-Film

FAZ: EU-Gipfel Einigung auf Schuldenschnitt für Griechenland

SZ: Banken erlassen Griechenland 50 Prozent der Schulden

Wirtschaftsblatt: Es ist soweit: Schuldenschnitt für Griechenland beschlossen

FTD: Gipfelmarathon Europas Banken müssen für Griechenland bluten

Alphaville: Dear bondholders, you are invited to…

HB: Erste Beschlüsse beim Euro-KrisengipfelBanken sollen Risikopuffer verstärken

FTD: Live-Ticker zur Schuldenkrise +++ Sarkozy will China um Einstieg bei Krisen-Fonds bitten

SZ: Erstes Ergebnis des Brüsseler Krisengipfels Europas Banken müssen größeren Finanzpuffer schaffen – Liveblog SZ

FAZ: EU-Mitglieder einigen sich auf Bankenrekapitalisierung

HB: EU-Gipfel in BrüsselVon Durchbruch keine Rede

WSJ: Live Blog: European Debt-Crisis Summit

SZ: Ergebnisse des Euro-Gipfels Gute Nacht

Eine Übersicht insgesamt zur gesamten Schuldenkrise gibt es in dieser Mindmap

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