Rating-Herabstufungen durch S&P für Frankreich und Co. Na und! (+ Dokumentation)

by Dirk Elsner on 14. Januar 2012

Wieder einmal “The same procedure”. Wie so oft in den letzten zwei Jahren sorgt eine Rating-Agentur mit ihrer Meinungsäußerung für große Aufregung. Da ist erwartungsgemäß von einem “Ratingschock” (Wall Street Journal) die Rede. Und dabei ist nur das passiert, was die Finanzmärkte ohnehin lange erwartet haben: Ratingriese Standard & Poor’s stuft neun Euro-Länder ab.

Ich würden den Ball nach diesen Veröffentlichungen, die gestern schon lange vor der offiziellen Erklärung durch die Finanzmärkte leakten, flach halten. S&P bestätigt mit seinen Veränderungen letztlich genau das, was die Finanzmarktteilnehmer schon seit Monaten in die Prämien für Kreditversicherungen eingepreist haben. Die Erwartungen der Finanzmärkte kann man bekanntlich gut in den Preisen sogenannter Credit Default Swaps ablesen. Schaut man auf die folgende Grafik, dann sieht man etwa die Preisveränderungen im Vergleich von Deutschland (grün) und Frankreich (orange). Je höher der Preis, desto höher das Risiko

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Quelle: Bloomberg

Wie üblich bei solchen Bekanntmachungen, regt sich nun die Politik auf. Die EU-Kommission hat schon vorgelegt und “wettert gegen Rating-Entscheidung”. Die einzelnen Länder werden folgen, wobei Finanzminister Schäuble gelassen bleibt. Wie üblich wird dennoch wieder über die Rolle und die Macht der Rating-Agenturen diskutiert werden. Dieser Kreislauf ermüdet mich und kann für die Vergangenheit in dieser Zusammenstellung nachgelesen werden.

Ob sich wegen der Herabstufung des Ratings die Refinanzierung verteuert, ist keineswegs klar. Die Entwicklung der Risikoprämien und auch der Zinssätze an den Märkte zeigen, dass Frankreich schon bisher mehr Zinsen für gleiche Laufzeiten zahlen muss als Deutschland.

Die Bekanntmachung von gestern ist “Ein Schock, der keiner ist”, wie Nikolaus Pieter für SZ Online schrieb. Viel spannender ist die Frage, wie sich das Rating des europäischen Rettungsfonds EFSF verändert. Dazu soll es in den nächsten Tagen Informationen geben. Mehr Bedeutung für die Finanzmärkte dürften außerdem die stockenden Verhandlungen mit Griechenland zum “freiwilligen” Forderungsverzicht sein.

Hier die Dokumentation der Veränderungen auf einen Blick von Standard & Poors. Beim Klick auf den Ländernamen gelangt man zu der Erklärung von S&P zum jeweiligen Land.

 

                               To                   From
Austria (Republic of)          AA+/Negative/A-1+    AAA/Watch Neg/A-1+
Belgium (Kingdom of)          (Unsolicited Ratings)
                               AA/Negative/A-1+     AA/Watch Neg/A-1+
Cyprus (Republic of)           BB+/Negative/B       BBB/Watch Neg/A-3
Estonia (Republic of)          AA-/Negative/A-1+    AA-/Watch Neg/A-1+
Finland (Republic of)          AAA/Negative/A-1+    AAA/Watch Neg/A-1+
France (Republic of)          (Unsolicited Ratings)
                               AA+/Negative/A-1+    AAA/Watch Neg/A-1+
Germany (Federal Republic of) (Unsolicited Ratings)
                               AAA/Stable/A-1+      AAA/Watch Neg/A-1+
Ireland (Republic of)          BBB+/Negative/A-2    BBB+/Watch Neg/A-2
Italy (Republic of)           (Unsolicited Ratings)
                               BBB+/Negative/A-2    A/Watch Neg/A-1
Luxembourg (Grand Duchy of)    AAA/Negative/A-1+    AAA/Watch Neg/A-1+
Malta (Republic of)            A-/Negative/A-2      A/Watch Neg/A-1
Netherlands (The) (State of) (Unsolicited Ratings)
                               AAA/Negative/A-1+    AAA/Watch Neg/A-1+
Portugal (Republic of)         BB/Negative/B        BBB-/Watch Neg/A-3
Slovak Republic                A/Stable/A-1         A+/Watch Neg/A-1
Slovenia (Republic of)         A+/Negative/A-1      AA-/Watch Neg/A-1+
Spain (Kingdom of)             A/Negative/A-1       AA-/Watch Neg/A-1+

S & P versucht bereits die wichtigsten Fragen in FAQs zu beantworten: Credit FAQ: Factors Behind Our Rating Actions On Eurozone Sovereign Governments. Noch mehr Informationen gibt es heute in einer Telefonkonferenz, zu der sich anscheinend jeder einwählen kann (Infos dazu am Ende  dieser Pressemeldung).

Beitrag wird noch aktualisiert

Andreas Schouten Januar 15, 2012 um 14:54 Uhr

Risikozuschläge auf Basis von Ratings sind für Staaten unsinnig, da sich damit keine tragfähige Risikovorsorge treffen läßt. Auf der anderen Seite jedoch damit eine Abwärtsspirale gedreht wird.

http://schouten-blog.de/sp-stuft-frankreich-herunter-uber-den-unsinn-von-staatenrating.html

Dirk Elsner Januar 15, 2012 um 21:54 Uhr

Die Risikozuschläge, über die ich hier geschrieben habe, werden nicht auf Basis von Ratings gebildet. Hier bilden sich Marktteilnehmer auf Basis welcher Grundlage auch immer eine eigene Meinung, und bepreisen danach ihre Risikozuschläge. S & P hat mit seinem Rating nur das nachgeholt, was Frankreichs Kreditgeber schon lange gemacht haben: Die Erwartung eines etwas höheren Ausfallrisikos für französische Staatsschulden.

Andreas Bangemann Januar 15, 2012 um 11:10 Uhr

Tritt man mal einen ganz großen Schritt zurück, lässt psychologische und politische „Ränkespiele“ außer Betracht und beurteilt die weltweite Verschuldungssituation ganz nüchtern, dann bleibt nur ein Urteil: Insoweit die Ratingagenturen den Schuldner attestieren, dass sie über kurz oder lang die Schuldenlast nicht mehr tragen können, haben sie Recht. Die Geldvermögenszuwächse sind auch in Jahren vermeintlich niedriger Zinssätze enorm und immer „monopolyesker“ wird die Verteilung der Geldvermögen in seiner Konzentration bei sehr Wenigen.
Schulden wachsen mit den Geldvermögen, diese „Milchmädchenrechnung“ scheint in wenige Köpfe Einzug zu halten. Anders ist nicht zu erklären, dass man nach wie vor glaubt dem Problem mit Wachstum Herr zu werden.
Das Geldsystem wird an der Zahlungsunfähigkeit der Schuldner zusammenbrechen. Das zu prognostizieren braucht es keine teuer bezahlten Ratingagenturen.

Eric B. Januar 14, 2012 um 13:28 Uhr

Den Ball flach halten? Gern. Allerdings bin ich der Meinung, dass die Fundamentaldaten das Downgrading für Frankreich nicht rechtfertigen. Der immer wieder angeführte Grund, den französischen Banken gehe es wegen der Schuldenkrise in Griechenland und anderswo schlechter als den deutschen, zieht nicht; beim letzten europäischen Stresstest kam heraus, dass die deutschen Institute viel mehr frisches Kapital brauchen. Die Wachstumsraten sind in beiden Ländern ähnlich, der Schuldenstand auch. Deutschland erhöht 2012 die Neuverschuldung, Frankreich will sie senken. Auch das Timing spricht nicht für eine objektive Bewertung, sondern für eine bewußte Provokation, wie so oft bei S&P. mehr dazu auf http://lostineurope.posterous.com/perverser-paukenschlag

Dirk Elsner Januar 14, 2012 um 13:57 Uhr

Moin Eric,
ich kann gar nicht darüber diskutieren, welche Fundamentaldaten nach dem S & P welches Rating rechtfertigen. Die Modelle der Agenturen sind und bleiben doch eine Black Box. Gerade deswegen finde ich die Aufregung um die Herabstufung unpassend. Den Agenturen erhalten so erst das Gewicht, das sie selbst gern haben möchten. In den Augen der Kapitalmärkte haben sie freilich ihr Standing längst verloren. Man wird nun in den nächsten Tagen sehen, welche Konsequenzen die Downgrades tatsächlich haben.

Marsman Januar 14, 2012 um 09:21 Uhr

Kommentar nebenbei:
U. a. findet sich Österreich in dieser Liste. Die Begründung, lt. Wiener
„Presse“:
“ … Als größtes Risiko für die langfristige finanzielle Stabilität Österreichs ortet Standard & Poor’s neben der Schuldenkrise und der Instabilität Italiens auch die unsichere Wirtschaftslage in Osteuropa. Die heimischen Banken sind in der Region mit einem Marktanteil von 22 Prozent Marktführer. Im Zuge des Wirtschaftsaufschwungs vergaben sie oftmals Kredite, ohne diese mit ausreichenden Sicherheiten unterlegen zu lassen. …“

Es könnte sein dass sich die österreichischen Banken in Osteuropa mit
reichlich problematischen Kreditstrategien ein ordentliches Problem
geschaffen haben.
Eine gewisse Aufmerksam erhielt auf You Tube die Werbung der
österreichischen Raiffeisenbank.
Man muss nicht Ungarisch können um diese Fernsehwerbung zu
verstehen. Sie spricht für sich selber. Dass es so kam wie es nun kam
konnte man kommen sehen.
http://www.youtube.com/watch?v=jfaj0CEoa3s
oder:
http://www.youtube.com/watch?v=Kkrm9wSTQ5A&feature=related

n i g e c u s Januar 15, 2012 um 02:06 Uhr

die werbung sieht nach einer sehr lockeren Kreditvergabepraxis aus 😉

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