Wirkung der Finanzmarktregulierung auf Bankenrefinanzierung und Finanzierungsgeschäfte (3): Basel III

by Dirk Elsner on 31. Januar 2012

Vergangene Woche habe ich in dem hier veröffentlichten Einleitungsartikel Ziel und Zweck dieses Beitrags veröffentlicht. Kurz zusammengefasst geht es darum, welchen Wirkungen ausgewählte Maßnahmen der Finanzmarktregulierung auf bestimmte Positionen des Bankgeschäfte haben können. Dabei ist mir bewusst, dass diese Darstellung unvollständig bleiben muss. Es ist halt einmal ein Aufschlag, und ich würde mich über Korrekturhinweise und Anregungen zu der Darstellung. Änderungsvorschläge nehme ich gern über das Kommentarfeld entgegen und werde sie dann auf der Seite “Wirkung der Finanzmarktregulierung auf Bankenrefinanzierung und Finanzierungsgeschäfte” entsprechend anpassen.

Das Reformwerk Basel III greift tief in die Geschäftsmodelle der Finanzbranche ein. Im Dezember 2010 hat der „Basler Ausschusses für Bankenaufsicht“ auf Basis der Erfahrungen der Finanzkrise umfassende Vorschläge zur Erweiterung und Modifizierung der Basel II-Vorschriften vorgelegt. Diese Empfehlungen werden 2012 über die Capital Requirements Directive (CRD IV) in europäisches und nationales Recht umgesetzt und sollen ab 1.1.2013 schrittweise in Kraft treten. Dabei werden über das Konsultationspapier hinausgehende Anforderungen formuliert. Das Rechtspaket CRD IV enthält dabei zwei Rechtsakte:

  1. Verordnung, die unmittelbarer für alle EU-Staaten bindend ist. Sie umfasst die Regelungsbereiche Eigenkapital, Liquidität, Verschuldungsquote, Gegenparteiausfallrisiko und Einheitliches Regelwerk.
  2. Richtlinie, die in nationales Recht umzusetzen ist. Sie umfasst insbesondere Voraussetzungen für Aufnahme und Ausübung des Bankgeschäfts, die Bedingungen für die Ausübung der Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit sowie die Definition der zuständigen Behörden und die Grundsätze für die Bankenaufsicht. Neu darin sind Verbesserungen im Bereich Governance, Sanktionen, Kapitalpuffer, Verbesserte Aufsicht

Einen ausgezeichneten Überblick über die Änderungen bietet die Bundesbank mit der Ende 2011 veröffentlichten Broschüre: Basel III – Leitfaden zu den neuen Eigenkapital- und Liquiditätsregeln für Banken. Zu den Wirkungen von Basel III außerdem empfehlenswert die DIHK Broschüre “ „Folgen von Basel III für den Mittelstand“ sowie eine Studie vom Research der Deutschen Bank zu den Wechselwirkungen von Solvency II und Basel III.

Liquiditätsvorschriften

Im öffentlichen Blickpunkt von Basel III stehen meist die Anforderungen an das Eigenkapital der Kreditinstitute. Dabei weisen die neuen Empfehlungen Basler Ausschusses auch substantielle Eingriffe in das Liquiditätsmanagement der Banken auf. Ein weiterer wesentlicher Bestandteil der neuen Vorschriften sind die Anforderungen an die Liquiditätsausstattung der Kreditinstitute. Dazu hat sich der Baseler Bankenausschuss zwei Kennzahlen erdacht:

  • die Liquidity Coverage Ratio (LCR) zur kurzfristigen Liquiditätssicherung und
  • die Net Stable Funding Ratio (NSFR) für den längerfristigen Liquiditätshorizont

Beide Kennzahlen sollen sicherstellen, dass Banken im Krisenfall ausreichend liquide sind. Die LCR fordert von Banken einen Mindestbestand an hochliquider Aktiva, um für die jeweils nächsten 30 Tage den potentiellen Nettoabfluss von Liquidität in einem Stressfall decken zu können. Was hoch liquide Aktiva i.S. der LCR sein sollte, ist bereits allgemein festgelegt und wird derzeit noch im Detail ausgearbeitet und soll bis 2013 in technische Standards gegossen werden. In jedem Fall gehören kurz- und langfristige Unternehmenskredite nicht dazu, weil diese im Krisenfall nicht liquidiert werden oder bei der Notenbank als Sicherheiten hinterlegt werden können.

Die NSFR soll sicherstellen, dass die langfristige Aktivseite entsprechend langfristig refinanziert ist. Damit lehnt sich dieser Ansatz an die „Goldenen Bankregel“. Derzeit refinanzieren Banken einen Teil ihrer langfristigen Kredite bekanntlich aus kurzfristiger Geldbeschaffung, was wie im Fall der Hypo Real Estate zu einem großen Problem werden kann, wenn die Refinanzierung nicht klappt. Die NSFR soll daher die Fristentransformation erschweren. Die NSFR ist derzeit lediglich eine meldepflichte Kennziffer, die bis 2018 beobachtet werden soll. Erst danach sollen verbindliche Grenzen festgelegt werden. Auch wenn die LCR erst ab 2014 umzusetzen ist, stellen sich Banken bereits heute darauf ein. Die Vergabe langfristiger Kredite wird von der Fähigkeit der Banken abhängen, sich langfristig refinanzieren zu können (fristenkongruente Refinanzierung).

Hier die Hypothesen über die Wirkungen

Basel III: Liquiditätsvorschriften ( LCR und NSFR)
Assets/Aktiva  Funding/Passiva
Position Wirkung Position Wirkung
Zentralbankgeld  + Eigenkapital  +
Interbankfinanzierung   ungedeckte Finanzierung o
Staatsfinanzierung  + gedeckte Finanzierung/SCB o
Unternehmenskredite   Asset Backed Securities o
(Structured) Covered Bonds  + reg. Covered Bonds/Pfandbr.  +
pfandbrieffähiges Geschäft  + gesich. kurzfr. Einlagen*  
Asset Backed Securities   gesich. langfr. Einlagen*  +
Aktien und anderes AV   ungesich. kurzfr. Einlagen  
    ungesich. langfr. Einlagen o
       
abnehmend    
neutral o * durch Einlagensicherung  
zunehmend  + SCB = Structured Covered Bond  

 

Eigenkapitalsäule

Schon Basel II war in der Eigenkapitalsystematik durch eine relative Fehlallokation für Kreditrisiken geprägt. Zwar führt die faktische Ratingpflicht dazu, dass Zinssätze für Kredite sich mehr an den Risiken orientieren, dennoch haben Banken Kredite an Unternehmen für Investitionen, Betriebsmittel oder Baufinanzierung mit mehr Eigenkapital zu unterlegen als Kredite an Staaten oder andere Banken. Das Ergebnis ist bekannt: In den Bankenportfolios lagern mittlerweile hochriskante Positionen gegenüber Staaten und anderen Banken. Weil man sich von diesen Positionen nicht ohne Verluste trennen kann, leidet die Kreditvergabe an Unternehmen.

Ebenso erfordern die Risiken für Handelsgeschäfte der Institute eine im Vergleich zu Unternehmenskrediten geringere Eigenkapitalausstattung. Damit gebe es, so in der Börsen-Zeitung Jörg Erlebach, Bereichsvorstand Group Risk Controlling bei der Commerzbank, gefährliche regulatorische Anreize, Risiken vom Bankenbuch ins Handelsbuch zu verlagern, weil sie dort mit weniger Eigenkapital unterlegt werden brauchen.

Basel III korrigiert diesen Fehler nicht. Auch künftig werden Marktrisiken gegenüber Kreditrisiken bevorzugt. Damit wird aber ausgerechnet der Unternehmenssektor bestraft, dessen Ausfälle im Vergleich zu den Verlusten in Handelsgeschäften und den Wertberichtigungen ursprünglich erstklassig bewerteter Staatsanleihen deutlich geringer waren.

Basel III: Eigenkapitalvorschriften
Assets/Aktiva  Funding/Passiva
Position Wirkung Position Wirkung
Zentralbankgeld  o Eigenkapital  +
Interbankfinanzierung o ungedeckte Finanzierung o
Staatsfinanzierung  + gedeckte Finanzierung/SCB o
Unternehmenskredite   Asset Backed Securities o
(Structured) Covered Bonds  + reg. Covered Bonds/Pfandbr. o
pfandbrieffähiges Geschäft  + gesich. kurzfr. Einlagen* o
Asset Backed Securities   gesich. langfr. Einlagen* o
Aktien und anderes AV   ungesich. kurzfr. Einlagen o
    ungesich. langfr. Einlagen o
    SCB = Structured Covered Bond  
abnehmend    
neutral o * durch Einlagensicherung  
zunehmend  + SCB = Structured Covered Bond  

Leverage-Säule

Nach den Vorschlägen des Basler Ausschusses darf die Bilanzsumme einer Bank künftig maximal das 33-fache ihres Kernkapitals betragen. Für die Kreditvergabe bedeutet dies auf den ersten Blick nur eine Art Obergrenze, wenn man unter sonst gleichen Bedingungen das Kapital nicht erhöhen kann oder will. Auf den zweiten Blick könnte es für Banken sogar lohnender sein, Geld eher an risikoreichere Schuldner zu verleihen. Hier winken höhere Margen als im risikoarmen Geschäft etwa mit Kommunal- oder Immobilienfinanzierungen.

Basel III: Leverage
Assets/Aktiva  Funding/Passiva
Position Wirkung Position Wirkung
Zentralbankgeld o Eigenkapital  +
Interbankfinanzierung o ungedeckte Finanzierung o
Staatsfinanzierung o gedeckte Finanzierung/SCB o
Unternehmenskredite o Asset Backed Securities o
(Structured) Covered Bonds o reg. Covered Bonds/Pfandbr. o
pfandbrieffähiges Geschäft o gesich. kurzfr. Einlagen* o
Asset Backed Securities o gesich. langfr. Einlagen* o
Aktien und anderes AV o ungesich. kurzfr. Einlagen o
    ungesich. langfr. Einlagen o
       
abnehmend    
neutral o * durch Einlagensicherung  
zunehmend  + SCB = Structured Covered Bond  

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