Die Illusion mit den Megastars

by Dirk Elsner on 2. November 2012

Als ich an einem Sonntag im Gesellschaftsteil der FAS den Beitrag über die verstorbene Schauspielerin Silvia Seidel las, fühlte ich mich an unseren Besuch in Los Angeles, an Nassim Ncholas Taleb und an die Wirtschaftspraxis erinnert. Katrin Hummel geht in ihrem “Beitrag Berühmt, vergessen, was dann?” der Frage nach, warum ehemalige Kinderschauspieler als Erwachsener kaum noch Erfolg haben.

imageDiese Frage interessierte mich aber für diesen Beitrag nicht, sondern die Frage, warum und welche Schauspieler tatsächlich so berühmt werden, dass sie zu Megastars werden. In Hummels Beitrag kommt dazu der Medienwissenschaftler Marcus Kleiner zu Wort: Er sagt, ob jemand zum Star wird, ist zu weiten Teilen unabhängig davon, was er kann. “Man braucht Vitamin B und ein sehr gutes Management”, zitiert Hummels Kleiner. “Es ist ein unehrliches System. denn nicht die Besten, sondern die Durchsetzungsstärksten kommen weiter.”

Ich glaube Kleiner liegt damit richtig, erzählt aber wenn überhaupt nur ein Drittel der Geschichte. Ein weiteres Drittel liefert nämlich Taleb, der sagt, dass Erfolge von Schauspielern in großem Umfang vom Zufall abhängen, insbesondere, wenn sie vor ihren ersten Engagements stehen. Dann komme es auf die Tagesform beim Casting an und zwar nicht nur der Schauspieler selbst, sondern auch die der Casting-Agenten. Winzige und sich täglich oder gar stündlich ändernde Kleinigkeiten können hier ausschlaggebend dafür sein, dass ein Nachwuchsschauspieler eine (Neben-)Rolle bekommt, die den Weg zu weiteren Rollen eröffnet oder auch nicht. Diese erste kleine Rolle kann dann irgendwann zum großen Durchbruch führen können oder auch nicht.

Lesen kann man diese Geschichte häufig aus den Biografien der tatsächlichen Stars. Über Personen, die es nicht geschafft haben, liest man vergleichsweise selten etwas. Es sei denn sie gehen in Dschungelcamp oder enden so tragisch wie Silvia Seidel.

Ich weiß nicht, wie viele Menschen schon nach Hollywood aufgebrochen sind, um dort auf den großen Durchbruch zu hoffen. Ich schätze es dürften hunderttausende sein, die davon träumen, einst als Star verehrt zu werden. In Los Angeles gibt es ganze Dienstleistungszweige, die nur damit beschäftigt sind, von deren Illusionen und Hoffnungen zu leben. Einen Durchbruch erzielt aber am Ende nur ein winziger Bruchteil, der sich im hundertstell Promille-Bereich derjenigen bewegen dürfte, die mit Hoffnungen dort angekommen sind. Die Zahl der berühmt gewordenen Personen mag man vielleicht an den Sternen am  Hollywood Walk of Fame abzählen. 2.476 Sterne verzeichnet die Wikipedia dort bisher, darunter aber nicht nur Schauspieler, sondern auch Kunstfiguren wie Godzilla oder Medien wie die Los Angeles Times.

imageWie desillusionierend Hollywood sein kann, habe ich einmal erleben dürfen, als es dort 2004 zufällig während unseres Besuches eine Star Trek Convention gegeben hat. Dort konnte man diversen Schauspielern aus der Serie “Raumschiff Enterprise” begegnen. Wer sich mit Scotty fotografieren lassen wollte, musste noch extra bezahlen, was wir nicht getan haben. Was für uns ein Highlight war, könnte freilich aus Sicht der Schauspieler ernüchternd wirken. Die saßen wie an Flohmarktständen und boten Fotos und Erinnerungen gegen ein paar Dollars feil (wie etwa auf dem Foto Grace Lee Whitney, an die sich bestimmt die damaligen männlichen Fans der Serie gern erinnern). Von Glamour war hier nichts zu spüren.

Und so sollen in Hollywood tatsächlich mehr Schauspieler in der Gastronomie, als Taxifahrer oder in anderen Aushilfsjobs arbeiten, als in der Traumfabrik selbst (diese These kann ich leider nicht überprüfen). Bestenfalls reicht es selbst für talentierte Kräfte zu Statistenrollen, die in der Hoffnung angenommen werden, dem Zufall zu helfen und eines Tages entdeckt zu werden. In Deutschland sollen übrigens gerade einmal 5% der registrierten Schauspieler einigermaßen gut von ihrem Job leben können (siehe dazu eine Studie der Uni Münster).

Die dritte und vermutlich wichtigste Komponente des Star-Systems in Hollywood und sicher auch in der Musikindustrie und anderen Wirtschaftszweigen ist die, dass Stars für die Vertrieb gebraucht werden. Stars sind ökonomisch notwendig für die Vermarktung großer und teurer Filme. Ich glaube zwar nicht, dass es in Los Angeles eine Art geheimes Kartell gibt, das überlegt, welche Person man zum Star machen könne. Aber graue Eminenzen im Hintergrund haben den Einfluss, Personen, die nicht in das Marken- und Weltbild von Hollywood passen, wieder fallen zu lassen, wenn sie durch ihr eigenes Verhalten die Vermarktung gefährden (Beispiele Mel Gibson oder Megan Fox).

Ich denke, Teile der Ergebnisse einer Studie der EBS University für Fußballstars kann man auch auf den Hollywood-Kult übertragen. Star “begeistern” als Vorbilder und sollen jungen Menschen als Vorbilder dienen. In Wirklichkeit ist das natürlich ein Trick, um die Vermarktung der Filme selbst und das Merchandising drum herum zu fördern. Ich will das nicht vertiefen, weil ich auf dem Gebiet kein Experte bin, bin aber überzeugt vom industriellen Nutzen der Stars für viele Industriezweige.

vegan & vegetarian Februar 4, 2013 um 23:03 Uhr

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