Mieten oder Kaufen ist keine ideologische Frage

by on 31. Juli 2013

Jüngst fragte mich mal wieder ein Bekannter, ob es besser sei, eine Immobilie für die Eigennutzung besser zu kaufen oder zu mieten. Christian Siedenbiedel nannte diese Frage für FAZ Online zutiefst ideologisch. Ich bin mir nicht sicher, ob das wirklich eine ideologische Frage ist.

Wenn man sich derzeit die Entwicklung der Zinsen für Baufinanzierungen ansieht, dann zeigen diese ja seit einiger Zeit zwar eine Aufwärtsbewegung, sind aber immer noch vergleichsweise niedrig (dazu auf der oben verlinkten Seite einfach mal den Zeitraum ändern (z.B. auf 1.1.2008). Da, so mein Bekannter, sei es doch gut, jetzt noch schnell zuzuschlagen.

Dennoch gibt es keine einfache Antwort auf die Frage. In jedem Fall kann man sagen, dass einfach steigende Finanzierungszinsen kein hartes Kriterium sind.

Auf faz.net konnte man mal lesen:

“Die Chance, dass sich der Immobilienerwerb auf Dauer rentiert, ist groß. Finanztest hat die Geldanlage auf dem Kapitalmarkt mit der Investition derselben Summe in eine Eigentumswohnung verglichen und die vorteilhaftere Variante gesucht.”

Man kann natürlich der Autorität der FAZ und von Finanztest glauben. Wer wirklich einen ernsthaften Vergleich zwischen Kaufen oder Mieten anstellen will, der sollte sich zwei Excel-Tabellen anlegen. Diese Excel-Tabellen sollten die Vermögens- und Zahlungsentwicklungen beider Alternativen vergleichen. Das ist nicht ganz trivial, weil man nicht nur den Zustand heute, sondern auch in den kommenden Jahren darstellen muss. Wer sich aber die Zeit und Muße nimmt und sich die beiden Zahlungsreihen entwickelt, der wird schnell merken, von welchen Faktoren die Vorteilhaftigkeit abhängt.

Ich hatte mal vor einiger Zeit ein Excel entwickelt, das aber leider im Daten-Nirwana eines Festplattencrash verloren gegangen ist. Darin habe ich aber im Prinzip zwei gleichwertige Objekte verglichen.

  1. Alternative Kauf incl. Anschaffungsnebenkosten und aller Nebenkosten
  2. Alternative Mieten incl. aller Nebenkosten

Wenn Interesse besteht, dann werde ich mich noch einmal um eine Rekonstruktion des Excels bemühen. Ich hatte darin z.B. berücksichtigt, dass ich den Eigenkapitalanteil, der zur Minderung der Darlehenssumme verwendet wird, im Fall des Mietens alternativ angelegt hätte und zwar in Aktien. Außerdem hatte ich die anfängliche monatliche Ersparnis der Miete gegenüber den Annuitäten aus Zins und Tilgung in einen Fondssparvertrag gepackt. Man muss natürlich beim Mieten berücksichtigen, dass Zinsen und Nebenkosten steigen. Dafür hat man beim Kauf Reparaturen  zu berücksichtigen, Veränderungen in den Finanzierungskonditionen und rechnet wahrscheinlich mit einer Wertsteigerung seiner Immobilie.

Der Vergleich mit der Immobilienanlage mit der Aktienlage kann je nach Variation der Parameter dazu führen, dass der Mieter und Aktiensparer am Ende ein höheres Vermögen gebildet hat.

Wenn man sich erst einmal das Excel gebaut hat, dann wird man feststellen, dass die Vorteilhaftigkeit des Kaufens gar nicht so eindeutig ist. Vielleicht ist das ein Grund, warum Deutschland, wie die SZ schrieb, “eines der wenigen Länder in Europa, die etwa einen gleich großen Mietwohnungs- und Eigentumsmarkt haben.” In den meisten Ländern überwiegt deutlich das Eigentum.

Leider nimmt einem das Excel die Entscheidung nicht ab. Es macht aber transparent, worauf es bei der Entscheidung ankommt. Am Ende wird man feststellen, dass es keine ideologische Frage, sondern eine Glaubensfrage ist.

Hier noch drei Artikel aus FAZ online zu dem Thema

nigecus August 3, 2013 um 23:46 Uhr

aus Risikogesichtspunkten halte ich (auf dem ersten Blick) Mieten besser als Kaufen, weil sich ja die (persönliche) Bilanz durch den Kauf massiv verlängert.

Nixda August 2, 2013 um 15:00 Uhr

Ich habe auch solche Exceltabellen und bin mit diesen eigentlich über die Jahre immer zum Schluss gekommen, dass Mieten die günstigere Alternative ist. Das gilt interessanterweise noch mehr in der heutigen Niedrigzinsphase, weil die Kaufimmobilien dadurch schnell teurer werden. Das Problem ist, dass man zwar niedrigere Zinsen zahlt, aber für eine typischen Tilgung in 30 Jahren auch mit fast 3% anfänglicher Tilgung arbeiten muss, was bei den jetzigen Kaufpreisen die Vorteile geringer Zinsen schnell überkompensiert.

Zudem sind die Risiken durch steigende Zinsen viel größer als wie bei kleineren Darlehensummen, und die demographische Entwicklung lässt die Spekulation auf steigende Werte auch fragwürdig erscheinen.

Man kann den Kaufpreis eine Immobilie auch gut überschlagen, in dem man die geschätzte Jahresnettomiete mit Faktor 20 multipliziert. Eine Wohnung, die 15 Euro pro Quadratmeter Miete kostet sollte im Kauf nicht mehr als 3600 Euro je qm kosten. Alles andere ist im Vergleich zum Mieten teurer.

Wir werden mit den Immobilienpreisen in Deutschland den selben Schiffsbruch erleiden wie Spanien und die USA. Und die Krise wird auf die durch Fehlspekulationen bereits heute schwer angeschlagenen deutschen Banken treffen. Man wird wieder den Staat beschuldigen, der durch zu niedrige Zinsen den Boom angeheizt hätte, aber die Wahrheit ist, die Kaufpreise werden von Leuten gemacht, die nicht in Zeitreihen rechnen können, und es eine Businessentscheidung der Banken ist, diese Kaufpreise zu finanzieren.

Aber das will ja keiner hören.

Dirk Elsner August 3, 2013 um 05:36 Uhr

Absolut gute Ergänzung, wie ich finde.

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