Transparent oder willkürlich: Wie gerecht ist die Schufa?

by Gesponserter Gastbeitrag on 10. Februar 2014

In Franz Kafkas Kurzgeschichte „Vor dem Gesetz“ findet sich ein Mann vor einer Tür wieder, hinter der sich das Gesetz befindet. Ein Türhüter hindert ihn am Eintritt und erklärt dem Mann, dass der Zutritt möglich sei, nur nicht zu gegebenem Zeitpunkt. Der Mann wartet vor der Tür, altert, und fragt den Türhüter schließlich kurz vor seinem Tod, warum niemand sonst versucht hat, Eintritt zum Gesetz zu bekommen. Der Türhüter antwortet, dass diese Türe nur für den Mann bestimmt gewesen sei. Er würde sie nun schließen.

Ähnlich muss sich die Bevölkerung bei dem Urteil des Bundesgerichtshofs über die 54-jährige Mainzerin fühlen, das gerade in den Medien diskutiert wird. Denn die Frau verlangte nach einer falschen Schufa-Auskunft Transparenz über ihre Daten und ging bis zur obersten Instanz. Aber ihre Hartnäckigkeit zahlte sich nicht aus, die Daten der Schufa werden weiterhin für die Bevölkerung intransparent bleiben.

Dabei ist die Schufa in Deutschland mindestens genauso mächtig wie das Gesetz: Sie entscheidet über die Wohnsituation und über die Konsumwünsche der Deutschen, indem sie ihnen Scores und damit eine „Kreditwürdigkeit“ zuteilt. Die Errechnung des Scores setzt sich aus Umzügen, Krediten, Alter und weiteren Faktoren zusammen. Sie ist dabei so kompliziert, dass selbst ausführliche Ratgeberseiten über die Schufa nicht erklären können, wie das individuelle Scoring zustande kommt. Vielmehr bekommt eine anfragende Person ihrer Score zugeteilt – welcher über Kreditvergabe und Wohnungsvergabe bestimmt.

Der Bundesgerichtshof urteilte nun klar, dass diese Intransparenz in Zukunft so bleiben würde. Zwar ist die Schufa dazu verpflichtet, Anfragenden Auskunft zu erteilen. Gleichzeitig hat das private Unternehmen jedoch nach §24 des Bundesdatenschutzes das Recht, seine internen Informationen geheim zu halten. Und auch der Bundesgerichtshof kann ein privates Unternehmen nicht zur Aufgabe der Geheimhaltung zwingen, selbst wenn der Gerechtigkeitssinn ihm etwas anderes zuflüstert.

Der Frau aus Mittelhessen war ein Kredit für ein Auto verweigert worden. Zwar lag diese Verweigerung auf einer Verwechslung ihrer Daten und wurde schnell korrigiert. Aber die Geschädigte begann dennoch, um Transparenz zu kämpfen, weil sie das kafkaeske Gefühl nicht ertrug. Vor dem Gericht sagte sie aus, dass der falsche Schufa-Score eine nervliche Belastung für sie gewesen sei. So kann die Frau, stellvertretend für wahrscheinlich viele in der Bevölkerung, nicht verstehen, dass ein privates Unternehmen wie die Schufa eine solche Macht hat, ohne transparent arbeiten zu müssen. Denn: Auch einem Unternehmen wie der Schufa können Fehler unterlaufen. Und mangelnde Transparenz führt immer zu mangelndem Rechtfertigungsdruck und damit zu noch mehr Macht, als dem Unternehmen bereits zusteht.

Tatsächlich haben viele Menschen in Deutschland gar keine Ahnung von ihrem Schufa-Score. Und selbst wenn sie ihn wüssten, könnten sie mit der Zahl nichts anfangen. Ob die Schufa jemanden als würdigen Geschäftspartner einstuft, erfahren viele Menschen erst vor einer großen, meist lang geplanten Investition. So verstärkt sich das Unsicherheitsgefühl einer solchen durch ein Verfahren wie die Schufa. Zwar ist diese gleichzeitig ein seriöser Vertrauensgeber für beide Parteien, und für die meisten unbescholtenen Bürger eher ein einfacher Zutritt zu einem Kredit. Aber Fälle wie der der Frau aus Mainz zeigen gleichzeitig, dass auch die Schufa sich irren kann – und nicht immer Vertrauen schafft, sondern in manchen Einzelfällen statt dessen eine irrationale Ungerechtigkeit.

Durch die öffentliche Debatte werden die Schufa und die Politik nun unter Druck geraten. Sollten sich die Fälle, in denen sich die Schufa nachweislich irrt, häufen, könnte sich der Rechtfertigungszwang der Schufa in Zukunft verschärfen. Vorerst ist die Tür zur Transparenz bei der Schufa-Auskunft jedoch sorgfältig vor der Bevölkerung verschlossen worden.

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