Vertrauenswürdigkeit von Social Media für Anleger mit deutlichem Abstand auf letztem Platz

by Dirk Elsner on 19. Februar 2014

Ich hatte bereits am Montag diese Studie Studie des Deutschen Aktieninstituts zusammen mit der Ruhr Universität Bochum erwähnt. Mit dieser Studie untersuchten die Autoren das Informationsverhalten und die Vertrauenswürdigkeit verschiedener Informationsquellen  für Anleger. In der Medienberichterstattung fand nur das vermeintlich angeschlagene Vertrauensverhältnis zwischen Kunden und Banken Aufmerksamkeit. Dabei enthält die Studie gerade für die Social Media Biosphäre frustrierende Erkenntnisse:

“ Wie bereits in den Jahren 2004 und 2008 sind die Wirtschaftspresse bzw. das Fernsehen aus Sicht der Privatanleger mit Abstand sowohl der bedeutendste als auch der aktuellste, verständlichste und vertrauenswürdigste Informationskanal, wenn es darum geht, Aktienkauf- oder Aktienverkaufsentscheidungen zu treffen. “ (S. 15)

“Schließlich ist anzumerken, dass Social Media wie Facebook, Twitter und Blogs hinsichtlich ihrer Bedeutung, Aktualität, Verständlichkeit und Vertrauenswürdigkeit mit deutlichem Abstand (noch) auf dem letzten Platz rangieren. Bemerkenswert ist hierbei allerdings, dass dieses Ergebnis nicht auf die im Rahmen des Rücklaufs deutlich unterrepräsentierte Anlegergruppe der unerfahrenen und damit tendenziell jüngeren Privataktionäre zu übertragen ist.  So schätzt ein Viertel dieser Gruppe die Bedeutung von Social Media für das Treffen von Anlageentscheidungen als hoch oder sogar sehr hoch ein. Diese Beobachtung überrascht insofern nicht, da dieser Informationskanal speziell bei jüngeren Menschen bereits heute eine sehr wichtige Rolle im Alltag einnimmt.” (S. 15)

In einer grafischen Übersicht fassen die Autoren die Vertrauenswürdigkeit verschiedener Quellen zusammen:

 

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Und übrigens schneidet Social Media genau so schlecht bei der Wahrnehmung, Bedeutung, Aktualität, und Verständlichkeit ab. Die Autoren bemühen sich um etwas Trost, denn

“neben der Tatsache, dass nur 3% der auf diese Frage Antwortenden den Social Media eine hohe bzw. sehr hohe Bedeutung beimessen, sticht insbesondere der außergewöhnlich hohe Anteil von rund 52% der Befragten ins Auge, die zu den Social Media keinerlei Angaben gemacht haben. Dies betrifft hierbei nicht nur die Frage nach der Bedeutung dieser Informationskanäle, sondern auch die korrespondierenden Einschätzungen zu deren Aktualität, Vertrauenswürdigkeit und Verständlichkeit. Insofern scheinen Social Media trotz der immensen Verbreitung im Alltag noch keine bedeutende Rolle für Anlageentscheidungen eingenommen zu haben. Relativierend kann allerdings argumentiert werden, dass Social Media insbesondere von jüngeren Menschen genutzt werden, die im hier ausgewerteten Rücklauf – trotz der Gewichtung – deutlich unterrepräsentiert sind.

Eine entsprechende Indikation findet sich bei der Analyse der differenzierten Anlegergruppen. Während der Anteil derjenigen, bei denen die Social Media eine hohe oder sehr hohe Bedeutung für ihre Anlageentscheidungen aufweisen, im Regelfall zwischen 2% und 5% rangiert, liegt der entsprechende Wert für die Gruppe der Anfänger bei 25%. Da speziell diese Gruppe eher jüngere Privatanleger umfasst, ist dies ein wichtiger Hinweis darauf, dass den Social Media wie bereits im Alltag vieler junger Menschen auch bei wirtschaftlichen Entscheidungen künftig eine wichtige Rolle zukommen könnte. Abschließend ist zu betonen, dass die unerfahrenen Anleger Social Media als deutlich vertrauenswürdiger und verständlicher beurteilen als die anderen Anlegergruppen.”

Kritisch könnte man nun noch bemerken, das man Social Media nicht einfach in einen Topf zusammenwerfen darf. Persönliche Facebookeinträge eines Teenagers zum Kauf von Aktien haben etwa mit der Tiefe von Seiten wie Mr. Market so viel gemeinsam wie die Wirtschaftsnachrichten der Bild mit denen der Financial Times.

Trotz methodischer Schwächen ist bemerkenswert, dass die Social Media-Gurus dieses Aspekt der Studie offenbar komplett ausgeblendet haben. Man freut sich, dass Banken mit der Studie mal wieder etwas auf die Mütze bekommen haben, ignoriert aber die Watsche für das Web. Letztlich bestätigt diese Studie meine Kolumne im Dezember für das Wall Street Journal nach der “Social Media für Banken irrelevant bleibt”.  Das kann aber auch an der Relevanz der Inhalte liegen. Im Banking gilt ganz besonders, dass das Geschäft die Kommunikation bestimmt und nicht die Kommunikation das Geschäft. Und über Bankgeschäfte wird nicht getwittert.

Dennoch wünschte ich mir in der Kolumne auch von Banken “einen etwas spielerischen Umgang mit den nicht mehr ganz so neuen Medien. Statt professioneller Gelassenheit dominiert aber in den Chefetagen neben der Angst vor dem Kontrollverlust, die Furcht vor Compliance-Risiken, Hackern oder zu eigenmächtigen Äußerungen von Mitarbeitern. Da müssen erst klare Spielregeln definiert, Zuständigkeiten geklärt, die Mitarbeiter geschult und eine Taskforce gegen Shitstorms konstituiert werden bevor auch nur ein noch so banaler und mit der Rechts- und Kommunikationsabteilung abgestimmter Tweet in die Netzwelt gepostet wird. So bleibt Social Media irrelevant für Banken.”

PS

Gestern hat sich auch Ralf Keuper in seinem ganz hervorragendem Blog Bankstil mit dieser Studie befasst unter dem Titel „Bedeutung verschiedener Informationsquellen für die Anlageentscheidung – Social Media (noch) weit abgeschlagen„. Ralf stellt darin u.a. richtig fest: „Die Intelligenz der Vielen, die derzeit unter dem Begriff Social Trading auch im Banking angekommen ist, hat diesen Vorsprung noch nicht wettmachen können. Jedenfalls legen die Ergebnisse der Studie diese Schlussfolgerung nahe. Für mich ist sie plausibel, oder vielleicht passender: Evident.“

kleiner klugschxxxxr Februar 19, 2014 um 20:42 Uhr

Ich denke es kommt auch darauf an was so eine Bank/Finanzdienstleister tut. Banken, Versicherungen, u.a. „verkaufen“ Kontrakte/Policen/etc., und das war’s dann. Das ist dann abzugrenzen von Firmen die einen Service anbieten, wo eine Menge „do-it-yourself“ beim Kunden anfällt, d.h. der Vertragsabschluss ist nicht das wichtigste, der Kunde muss eine Anlaufstelle für Hilfestellungen bereitgestellt bekommen.

Beispiel „Social Trading“
– bietet ein Service
– z.B. Wikifolio, collective2, etc.
– Kundenproblem: nicht selten technischer Natur, ggf. auch Geltungsbedürfnisse
– Technik: Das klassiche „Forum“ ist dafür am besten geeignet
– Verbreitung: Diese Art von Anleger ist in der Minderheit (ein paar 100,000 Leute. Na und?)

Beispiel Brokerage (elektronisch)
– bietet ein Service
– i.d.R. Wertpapierhandelsbanken
– Kundenproblem: i.d.R. technisch
– Technik: Foren
– Verbreitung: minimal

Beispiel Brokerage (klassisch)
– verkaufen (und haben Kunden die auch etwas und oft verkauft bekommen haben wollen)
– i.d.R. Wertpapierhandelsbanken
– Kundenproblem: aktuelle Sonderkonditionen, aktuelle Wertpapierangebote, ein bisschen Sell-Side Research, etc. (kurz Werbung! quasi „gewünschte“ Werbung)
– Technik: Email Newsletter, Blogs, Social Communities (als Werbebande), usw.
– Verbreitung: ist auch nicht wirklich der Massenmarkt

Ich denke, dass Foren eigentlich die beste Webtechnologie für Finanzdienstleister ist. Man bekommt eigentlich keine Rechtsrisiken, weil i.d.R. nur Kunden mit Kunden quatschen (man selbst moderiert ja nur), aber auch nur dann wenn man einen „Service“ anbietet.

Vielleicht sollte man nicht vergessen, dass Finanzprodukte/-märkte/-planung/etc ein extrem trockener Themenbereich ist. „… schau Dir mal die Formulierung im Pararaphen XYZ an… Oh wie interessant …“. Total unsexy, ziemlich abstrakt, kompliziert. Man kann es nicht anfassen. Auch kein sinnvolles Foto davon machen. Kurzum nicht massentauglich. Ein Streber wird mit einem selbstprogrammierten Spielzeugrobotor mehr Eindruck auf andere machen, als mit den neuesten cleveren Ausführungen zu aktuelle Trends in der Vermögensvorsorge. Für den Massenmarkt ist, im Gegensatz zu vielen anderen Themengebieten, „Finance“ tot langweilig. Darum folgen Banken bezüglich „Social Media“ einer ihrer eigenen Regeln: Stelle Dich nie gegen den Markt…. 😉

Wikifolio Manager (@ppinvest) Februar 19, 2014 um 06:43 Uhr

Sieht ein wenig wie ADAC Studien aus 🙂
„Diese Rücklaufverzerrung wurde wie bereits bei den beiden Vorgängeruntersuchungen aus den Jahren 2004 und 2008 mittels eines geeigneten Gewichtungsverfahrens eliminiert.“

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