Wer gewinnt den G. Carl Lahusen-Preis?

by Jakob Wega on 28. März 2014

Selten war ein Wirtschaftspreis so umstritten wie der von der „Stiftung für den unternehmerischen Umgang mit Finanzmitteln“ (SUUF) ausgelobte G. Carl Lahusen-Preis, der am kommenden Dienstag in der Frankfurter Paulskirche durch den Bundeswirtschaftminister vergeben wird.

Befürworter argumentieren, dass nun endlich einmal eine wirklich herausragende Unternehmerpersönlichkeit geehrt werden kann; und zwar, ohne dass man sich heuchlerisch irgendwelche vorgeschobenen sozialen Errungenschaften oder Leistungen als Begründung ausdenkt. Kritiker hingegen meinen, dass es gerade in der undifferenzierten Wahrnehmung der Öffentlichkeit missverstanden werden kann, wenn jemand wie Lahusen Namensgeber eines mit 100.000 € dotierten Preises für Kapitalvernichtung wird.

G. Carl Lahusen war ein deutscher Unternehmer, dem es gelang, mit der „Norddeutsche Wollkämmerei & Kammgarnspinnerei“ (Nordwolle) im beschaulichen Delmenhorst einen Weltkonzern aufzubauen, der sich jedoch 1931 in der Folge der Weltwirtschaftskrise als reines Schwindelunternehmen herausstellte und in Konkurs ging. 20.000 Arbeitsplätze und 200 Mio. Reichsmark gingen verloren. Der mit Lahusen verwandte Bremer Finanzsenator Heinrich Bömers war vorher noch überredet worden, Staatsgelder in die Nordwolle zu stecken, womit es weiterhin gelang, die Finanzen von Bremen nachhaltig zu ruinieren. Die damals zweitgrößte Bank Deutschlands – die Danat Bank – sowie die kleinere Schröder Bank brachen als Konsequenz ebenfalls zusammen.

Nicht zu Unrecht gilt G. Carl Lahusen deshalb als einer der größten Wertvernichter unter Deutschlands Unternehmern. Mit seiner Kombination aus Selbstüberschätzung, Überredungsgabe, politischem Netzwerk, Gier und Verschwendungssucht wurde er zum großen Vorbild für eine ganze Generation von Unternehmern, die Aktionäre und Kreditgeber um ihr Geld brachten und unzählige Arbeitsplätze vernichteten.

In der heutigen Zeit, die von Heuschrecken, Muppets, Quant-Hedgefonds und Investmentbankern geprägt ist, geriet Lahusen jedoch fast in Vergessenheit. Immer komplexere und mathematisch anspruchsvollere Finanzinnovationen wurden ausgedacht, um das Geld von Anlegern zu vernichten. Ohne Anwendung wissenschaftlicher Methoden scheint es heutzutage fast nicht mehr möglich, Vermögenswerte und Arbeitsplätze zu zerstören. Die Vernichtung von Werten wird kaum noch als eine individuelle Einzelleistung gesehen, sondern erscheint immer mehr als industrielle Massenproduktion.

Insofern erscheint es gerade jetzt angebracht, sich auf die gute alte Tradition der Kapitalvernichtung durch rein unternehmerische Aktivitäten zu besinnen.

Das Preis-Komitee hat folgende Kriterien für einen überzeugenden unternehmerischen Wertevernichter benannt:

  • Maßlose Selbstüberschätzung
  • Verfolgung von sinnlosen Prestigeprojekten
  • Orientierung an oberflächlichen kurzfristigen Erfolgszielen
  • Überzeugendes öffentliches Auftreten / Einflussnahme auf Politik
  • Konkurse oder zumindest teure Sanierungsfälle als Resultat
  • Mehrjährige Bilanzmanipulationen

Nominiert wurden:

Thimmy Kernlos,

der für seine Auftraggeber seit Jahrzehnten erfolgreich überteuerte Internetbeteiligungen erwirbt oder Kaufhauskonzerne ruiniert;

der Privatbankier Baron Sowieso und seine Kollegen

für ihre herausragende Bedeutung bei der Zerlegung eines vormals renommierten Finanzinstituts;

Harry „Bulldozer“ Mähstachel,

der sich als Experte für das Totsparen schon in mehreren Konzernen bewährt hat;

der leicht angeschmorte Fritz Asselheimer

für seine Visionen solarer Weltmachtkonzerne;

Dr Never

für die unvergleichliche Konzeption eines besonders fatalen Bankgeschäftsmodells mit Schiffsfinanzierungen und öffentlich rechtlichem Investmentbanking als Kernkompetenzen.

Leider erfüllt keiner der Kandidaten alle Kriterien gleichermaßen überzeugend. Nur in der Selbstüberschätzung erreichen alle Spitzenwerte, ansonsten hat jeder sein individuelles Profil mit unterschiedlich ausgeprägten Schwächen. Ein eindeutiger Favorit ist nicht auszumachen, die Jury hat keine leichte Aufgabe.

Man kann mit Spannung erwarten, wer den Preis bekommt. Über eines aber kann man sich sicher sein: Er wird auch für zukünftige Unternehmergenerationen eine nicht zu unterschätzende Anregung sein, in Lahusens Sinn weiterzuwirken.

Der Text ist leicht verändert dem E-Book „Jakob Wega erklärt die Welt“ entnommen.

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