Bankentag mit rhetorischen Pfählen: Auf die Umsetzung bin ich gespannt

by Dirk Elsner on 10. April 2014

Gestern war der Bankentag in Berlin. Auf ausgesprochen hoher Flugebene haben dort wieder Politiker und Banker rhetorische Pfähle in den Finanzboden gerammt. So richtig originell und neu waren die Inhalte nicht. Der große, ohnehin nicht erwartete Umbruch blieb erneut aus. Dennoch haben sich die Spitzen aus Politik und etabliertem Finanzsektor (wo war eigentlich der neue Finanzsektor?) aufeinander zu bewegt. Aber nach Reden und Bekenntnissen mit ähnlichem Duktus und vielen Absichtserklärungen nach der Lehman-Pleite und der weltweiten Bankenkrise haben sich Politik und Banking bekanntlich erst einmal auseinander dividiert. Ob man also mit dem heute Gesagten etwas anfangen kann, wird erst die Praxis in den nächsten drei Jahren (da findet der nächste Bankentag statt) zeigen.

Ich konnte aus Zeitgründe nicht alle Videos der Veranstaltung verfolgen und habe mir gestern Abend nur die beiden Präsidenten ansehen können. Der Bundespräsident hat eine sehr kluge Rede gehalten, wollte damit aber “weder Bankenbeschimpfung betreiben noch eine heile Bankenwelt besingen.”

Mir fiel darin mir u.a. der Abschnitt auf, wie Banken über ihre Geschäfte informieren und wie sich die Bürger selbst informieren. Gauck sieht hier sowohl bei den Banken als auch bei den Bürgern Nachbesserungsbedarf. Es sagte wörtlich

“Henry Ford, dem amerikanischen Industriellen, wird folgende Feststellung zugeschrieben: „Es ist gut, dass die Menschen das Bank- und Geldsystem nicht verstehen, sonst hätten wir eine Revolution noch morgen früh.“ In einem Punkt muss ich da widersprechen: Es ist ganz und gar nicht gut, wenn Bürger einen wichtigen Wirtschaftssektor nicht hinreichend verstehen und verstehen können. Es ist nicht gut, wenn es vielen schwerfallen muss, Sachverhalte zu durchdringen, weil ganze Teilbereiche der Gesellschaft auf kaum durchschaubare Art verflochten sind. Selbst Experten haben oft nicht nachvollziehen können, was auf den Finanzmärkten tatsächlich vor sich ging.

Banken, ich habe es eben erwähnt, haben hier eine Bringschuld. Aber Bürger haben auch eine Holschuld. Wer die Quellen unseres Wohlstands verstehen, persönliche Chancen nutzen und Risiken einschätzen will, der muss sich informieren und in Finanzfragen kompetenter werden. Er darf sich nicht auf den Standpunkt zurückziehen, dass man über Geld nicht spricht.

Zum informierten Bürger gehört eine ökonomische Grundbildung. Studien belegen, dass viele Deutsche hier Nachholbedarf haben. Ich weiß, dass einiges getan wird, um ökonomisches Wissen kreativ zu vermitteln. Da gibt es Planspiele, bei denen junge Menschen an der Börse handeln oder Firmen gründen und wie Unternehmer agieren, von der Produktentwicklung bis hin zu Marketing und Vertrieb. Auch der Bankenverband leistet auf diesem Gebiet einen guten Beitrag. Trotzdem frage ich mich: Wird die ökonomische Bildung in unseren Schulen und Berufsschulen ausreichend berücksichtigt? Hat das Wissen über ökonomische Zusammenhänge den gleichen Rang, den die Ökonomie für unser Leben und Wirtschaften hat? “

Die Rede des Bundespräsidenten gibt es hier im Volltext.

Auch der Bankenpräsident und Co-Chef der Deutschen Bank, Jürgen Fitschen, sprach  viele wichtige Dinge in seiner Rede an, die mir inhaltlich gefallen haben. Nur hörte man das so und in ähnlicher Form von Bankenvertretern bereits seit 5 Jahren. Ich weiß´aus eigener Praxis, dass viel in den Banken getan und gewerkelt wird. Aber das Gute und der Fortschritt kommen nicht an, weil ständig Schlagzeilen über neue Missstände die Anstrengungen vieler Mitarbeiter in den einzelnen Häusern wieder pulverisieren (Sisyphus lässt grüßen). Wie z.B. konkret besser informiert wird, was Banken tun, wie Transparenz und Vertrauen geschaffen werden sollen, bleibt genau so offen, wie die Frage nach einer „guten Regulierung“, an der die Banken konstruktiv mitwirken wollen.  Fitschen sagte zum Beispiel:

Ohne Vertrauen aber ist vernünftiges Wirtschaften nicht möglich – gerade im Bankensektor. Ich sage daher mit Nachdruck: Die privaten Banken begreifen die Aufarbeitung ihrer Fehler nicht als eine Pflichtübung. Wir wollen das Finanzsystem stabiler machen. Wir wollen Vertrauen zurückgewinnen. Und wir wollen unserer Verantwortung gerecht werden – gegenüber den Kunden, gegenüber der Gesellschaft, gegenüber den Anteilseignern.”

“Es [das Banksystem] kann auch besonders risikoanfällig sein. Ein so sensibler Bereich muss entsprechend reguliert werden. Das Bankengeschäft ist auch sehr komplex. Deshalb steht die Finanzwirtschaft in der Pflicht, Aufklärungsarbeit zu leisten und zwar nicht nur in den Bankfilialen selbst. Dies macht die Bankenbranche heute schon – aber nicht in ausreichendem Maße. Wir müssen noch mehr und noch besser erklären, was die Aufgaben von Bank en sind und was die  650.000 Mitarbeiter in den deutschen Kreditinstituten jeden Tag leisten.”

“Die privaten Banken sind offen für regulatorische Veränderungen. In einzelnen Fragen haben wir aber durchaus eine abweichende Meinung und können dafür nach unserem Empfinden auch gute Gründe anführen. Alles andere wäre verwunderlich angesichts der Komplexität von Regulierung im Bankensektor, ihrer Umsetzung und ihrer Folgen.

Wenn wir uns dann äußern und damit auch unserer Verantwortung gerecht werden, an einem stabilen Finanzsystem mitzuarbeiten, wird schnell Kritik laut. Dann ist zu lesen: die Bankenlobby läuft „Sturm“ gegen alle möglichen Regulierungsvorhaben. Das sind bedauerliche Stereotypen und künstliche Zuspitzungen von Konflikten, die es so gar nicht gibt. Wir blockieren nicht. Wir äußern unsere Meinung. Wir tauschen Argumente aus und lassen die eigenen Positionen verantwortungsbewusst in die Diskussion einfließen.”

Die Rede von Jürgen Fitschen gibt es hier in voller Länge zu sehen und hier zum Nachlesen.

Ich jedenfalls habe große Zweifel gerade beim Thema Transparenz. Ich hatte hier im Blog schon häufig beleuchtet (z.B. hier), warum Banken Informationsasymmetrie nicht abbauen  können, genau das bedeutet nämlich Transparenz. Aber Transparenz im weiteren Sinne ist auch gar nicht notwendig. Wichtig wäre es nur, wieder verständlich zu machen, was Banken machen und warum sie das tun. Hier muss man sich unbedingt wieder mehr trauen im Finanzsektor.

 

Weitere Reaktionen und Berichte

Welt:  Sehnsucht nach dem Ende des Bankenbashings: Beim Bankentag in Berlin gibt sich die Finanzbranche demütig. Gleichzeitig will sie zeigen, dass sie sich nach der Krise geändert hat. Dabei bekommt sie Rückenwind von allerhöchster Stelle.

FAZ: Gauck fordert mehr Wirtschaft in der Schule: Deutschlands Staatsoberhaupt kritisiert nicht nur die Banker für Exzesse in die Finanzkrise. Auch von den Bürgern verlangt er größeren wirtschaftlichen Sachverstand. Und das schon in der Schule.

Spiegel:  Rede zur Finanzwelt: Gauck, der Banker-Versteher: Die Spannung war groß: Würde Joachim Gauck der Finanzelite auf dem Bankentag ins Gewissen reden wie seine Vorgänger? Ach was. Der Bundespräsident war so zahm, dass er in Sachen Kritik von den Bankern selbst überholt wurde.

WSJ: Bankentag läutet Ende der Fehde zwischen Fitschen und Schäuble ein

Die Rede von Schäuble gibt es hier

Welt:  Warum Mittelständler jetzt eigene Banken gründen: Nicola Leibinger-Kammüller, Chefin des Maschinenbauers Trumpf, kritisiert die zaghafte Kreditvergabe deutscher Banken und gründet einfach ihr eigenes Geldhaus. Ein Modell, das offenbar Schule macht

Börsen-Zeitung: Die Hand gereicht, Kommentar zum Bankentag

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