Der Crash ist die Lösung – The Big Bang Theory

by Gastbeitrag on 27. Juni 2014

Von Matthias Weik und Mark Friedrich*

Das globale Finanzsystem hat seit 2008 etliche Nahtod-Erfahrungen gemacht. Und jedes Mal wurde es mit extrem kostspieligen Notmaßnahmen ins Leben zurückgeholt. Weltweit sind die Schulden in Form von Anleihen auf 100 Billionen Dollar gestiegen – 43 Prozent mehr als beim Ausbruch der Finanzkrise.

Alle Rettungsaktionen von Politik, Notenbanken und Finanzbranche haben jedoch nicht die Ursachen des Problems bekämpft. Es wurde lediglich auf Zeit gespielt. Doch indem man Probleme in die Zukunft verschiebt, werden sie bekanntlich nicht kleiner, sondern größer. Die Gründe, warum Politik und Geldindustrie am Status Quo festhalten, mögen psychologisch noch einigermaßen nachvollziehbar sein. Ökonomisch zeugen sie jedoch von Ignoranz, fehlendem Mut – oder Unbelehrbarkeit. Wie der sprichwörtliche Vogel Strauß glaubt man, dass die Probleme verschwinden, wenn man den Kopf in den Sand – in diesem Fall aus Billionen von Dollars, Euro und Yen – steckt.

Das lässt nur einen Schluss zu: Der Warnschuss von 2008 war offensichtlich nicht laut genug. Wie anders ist es zu erklären, dass seit dem Platzen der Internet-Blase 2001 permanent der Teufel mit dem Beelzebub ausgetrieben wird? Dass die Folgen einer unkontrollierten Geldschwemme auf den internationalen Finanzmärkten mit noch mehr Geld bekämpft werden? Dass stets von Schuldenabbau geredet wird, die weltweiten Schuldenberge aber in geradezu astronomische Dimensionen wachsen? Und dass sie dabei bloß verschoben werden – weg von ihren Verursachern, hin zu Steuerzahlern und Sparern? Dass dabei die Macht der Banken und ihr finanzielles Erpressungspotential immer weiter wachsen, statt dass sie endlich wieder in die Schranken ihrer realwirtschaftlichen Funktion gewiesen werden?

Als die Investmentbank Lehman Brothers 2008 pleiteging und das Finanzsystem fast implodieren ließ, hatte die damalige Nummer vier der Branche eine Bilanzsumme von 600 Milliarden Dollar. Die Deutsche Bank oder JPMorgan Chase haben heute jeweils Bilanzsummen von über zwei Billionen Euro – das sind 2000 Milliarden Euro. Die Frage, wohin das alles noch führen soll, ist weit weniger naiv als sie klingt.

Wenn die Waage das erste Mal mehr als 100 Kilo anzeigt, dann ist der Entschluss, sich gesünder zu ernähren und mehr Sport zu treiben, vielleicht zum Einstieg eine Diät zu machen oder eine Woche Heilfasten einzulegen, vernünftig und durchführbar. Wenn der Hausarzt etwas von »beginnender Adipositas« murmelt, sind schon radikalere Maßnahmen angezeigt. Sobald die vier Zentner in Sichtweite kommen, helfen aber nur noch harte chirurgische Eingriffe. Dennentweder stirbt der Betroffene früher oder später an Herzversagen, oder seine Gelenke und Knochen machen nicht mehr mit. Wären unsere größten Banken übergewichtige Menschen, sie müssten wohl eine Tonne wiegen.

Bei der nächsten Krise ist eine nochmalige Stabilisierung des Finanzsystems so gut wie ausgeschlossen. Die aufgestauten Risiken sind einfach zu groß, als dass da noch was zu »retten« wäre. Schon jetzt haben etliche »Krisenstaaten« mit epochalen Wirtschaftseinbrüchen, mit Rekordarbeitslosigkeit, maroden Banken und verheerender Staatsverschuldung zu kämpfen. Viel mehr, als den Bürgern auch noch das Wasser abzudrehen und das Atmen zu besteuern, bliebe ihnen dann nicht. Unser heutiges Finanzsystem hat eine mathematisch begrenzte Lebensdauer. Sein finaler Kollaps kann lediglich verzögert werden.

Darum sagen wir: Der Crash ist die Lösung. Er ist sinnvoller als jeder scheinbar schonende Aufschub. Wir sollten besser heute als morgen den »Stecker« ziehen und den Kollaps des Finanzsystems wenigstens kontrolliert herbeiführen. Der zügellose Turbokapitalismus ist am Ende. Es braucht Mut und Weitsicht, um freiwillig eine radikale Trendumkehr herbeizuführen. Doch alles andere wäre Selbstmord auf Raten – aus Angst vor dem Tode.


* Dies ist ein exklusiver und auf Anfrage von Dirk Elsner bereit gestellter Auszug aus dem neuen Buch von Matthias Weik und Marc Friedrich.

Der Crash ist die Lösung – Warum der finale Kollaps kommt und wie Sie Ihr Vermögen retten

Marc Friedrich schrieb 2012 zusammen mit Matthias Weik den Bestseller "Der größte Raubzug der Geschichte – warum die Fleißigen immer ärmer und die Reichen immer reicher werden". Es war das erfolgreichste Wirtschaftsbuch 2012 und 2013. Seit April gibt es eine aktualisierte und überarbeitete Taschenbuchausgabe.

http://www.amazon.de/größte-Raubzug-Geschichte-Überarbeitete-Taschenbuchausgabe/dp/3404608046/ref=pd_cp_b_0

Mit ihrem zweiten Buch, "Der Crash ist die Lösung – warum der finale Kollaps kommt und wie Sie Ihr Vermögen retten", welches am 16. Mai erschien ist, haben sie es auf Anhieb in die Spiegel Bestsellerliste geschafft.

Weitere Informationen unter www.friedrich-weik.de

Beatrix Petrikowski Juli 11, 2014 um 14:25 Uhr

Und meiner Meinung haben sie es auch völlig zu Recht in die Bestsellerliste geschafft! Ich kann nur hoffen, dass sich die Menschen auch durchlesen, was die beiden Autoren schreiben und dass sie sich das Buch nicht nur ins Regal stellen.

Fred44 Juni 28, 2014 um 21:53 Uhr

Sehr lesenswerter Beitrag. Danke!

Heinz Göd Juni 28, 2014 um 09:32 Uhr

„Der Crash ist die Lösung! „.
Wirklich?
Geld gibt es seit etwa 4000 Jahren. In dieser Zeitspanne gab es mehrer Crashes, alle endeten in Krieg – gleichgültig ob mit Goldmünzen, zinslosem Geld, goldgedecktem Papiergeld. Das Problem liegt also wahrscheinlich nicht am Geldsystem, sondern am Geld an sich.
Die Erfindung des Geldes hat die Entwickling der Menschheit beschleunigt, aber vor allem die Technik, die geistige Entwicklung konnte dabei nicht Schritt halten. Wir haben heute eine hochentwickelte Technik, aber wir sind nicht imstande, damit vernünftig umzugehen, d.h. die Technik so zu nutzen, dass alle Menschen in echtem Wohlstand leben und der Lebensraum verbessert wird.
WirtschaftsSysteme mit Geld haben sich allesamt als instabil erwiesen, weil sie Fehlentwicklungen ermöglichen, die zuerst toll aussehen, sich dann aber als tödliche Fallen erweisen. Ein Beispiel ist die übertriebene Arbeitsteilung, in der jeder Mensch einen Großteil seiner Arbeitkraft zum GeldErwerb einsetzen muss, um überleben zu können. Wenn da die Wirtschaft klemmt, kommen viele Menschen in Existenznot und werden entweder trübsinnig oder ‚radikal‘. In solchen Zeiten ist es den Leuten, die aus Krieg Gewinn schlagen, noch immer gelungen, uns ‚Normalos‘ in den Krieg zu treiben – und wenn es dumm läuft auch in einen Weltkrieg.
Geld ist mehr als nur ein Tausch- und WertAufbewahrungs-Mittel – darüber könnte mensch lange diskutieren – und führt auf Grund seiner Strahlkraft auf den Menschen schlussendlich immer zur Zerstörung der Gesellschaft, Wirtschaft und Umwelt. Das zeigt die Erfahrung von 4000 Jahren und ist überall auf der Erde zu besichtigen. Mit der derzeitigen industriellen Landwirtschaft
(falsche Bodenbearbeitung, Monokultur, Pestizide, falsche Düngung, kein Nähstoff-Kreislauf)
zerstören wir langsam die Böden, siehe
http://www.sswm.info/sites/default/files/toolbox/UNEP%20et%20al%201997%20soil%20degradation.png
– wir verlieren derzeit 12 Millionen Hektar/Jahr fruchtbares Land, ein Teil davon durch falsche BodenNutzung (Pflug, Pestizide, Auslaugung …) von ingesamt etwa 3600Mill. ha landwirtschaftlich nutzbarem Land –
und bekommen nur minderwertige Nahrungsmittel, siehe
http://www.chemievorlesung.uni-kiel.de/1992_umweltbelastung/dueng2.htm
http://storytel.republika.pl/AktVitamine.html
Von ausgezehrten Böden kommen nur vitalstoff-arme Nahrungsmittel und die führen auf Dauer zu mangelhafter Gesundheit. Das Anwachsen von Stoffwechsel-Störungen in der Bevölkerung lässt schlimmes vermuten, ausführlicher auf
http://members.aon.at/goedheinz/GOD_Deutsch/Zukunft/2069FaqD/2069FaqD_Nahr.html#Gesundheit&HochertragsSorten
Wenn die Menschheit in Würde überleben will, so wird sie wahrscheinlich Geld wieder abschaffen müssen, es ist durch die heutige Technik bereits überholt.
Entwürfe für ein geldloses Gesellschafts- und Wirtschafts-System gibt es bereits, z.B.
http://www.members.aon.at/goedheinz/GOD_Deutsch/Zukunft/2069Buch/2069D_0.html
http://peerconomy.org/wiki/Deutsch
http://stattkapitalismus.blogsport.de/2008/12/05/inhaltsverzeichnis/
Damit aus diesen Ideen was werden kann,
bräuchte es eine breite Diskussion in der Bevölkerung –
möglichst vor dem ‚Crash‘ …

Rationalist Juni 28, 2014 um 06:01 Uhr

Sehr guter, realistischer und fundierter Beitrag.
Das Buch habe ich durch Zufall letze Woche gekauft, da es im Manager Magazin auf Platz 1 steht. Es ist brillant. Bin absolut begeistert bis jetzt.

Unbedingt sehenswert:

http://www.ardmediathek.de/tv/Leute-night/Der-Crash-ist-die-Lösung/SWR-Fernsehen/Video?documentId=21890752&bcastId=8758476

Anton Fuhrer Juni 27, 2014 um 10:03 Uhr

Sorry, aber das ist wenig Analyse und viel Polemik. Da muss man schon ein bisschen tiefer in die Materie einsteigen, fürchte ich…

Rationalist Juni 28, 2014 um 06:02 Uhr

Hallo herr Fuhrer,

das Kapitel geht natürlich weiter. Dies sind nur die ersten Seiten. Das Buch lohnt sich.

Karl-Heinz Thielmann Juni 27, 2014 um 07:55 Uhr

Klar, zu viele Schulden sind gefährlich. Notenbanken, Regulierer und Regierungen haben an den Ursachen der Finanzkrise bisher nur herumgepfuscht und nur wenig bewegt. Soweit haben die Autoren recht.

Allerdings haben sie unrecht mit der Behauptung, dass weltweit die Verschuldung ungebremst steigt. In der Eurozone und in Großbritannien haben sich die Geldmengenaggregate M3 bzw. M4 – in denen man einen Anstieg der Verschuldung aufgrund der expansiven Geldpolitik sehen würde – seit Jahren kaum verändert. In den USA geht beispielsweise die Verschuldung der privaten Haushalte in Relation zum Einkommen seit 2007 zurück. (Wer eine intelligente Auseinandersetzung mit dem Thema sucht, dem sei „House of Debt“ von Atif Mian and Amir Sufi empfohlen). Tatsächlich läuft also in den westlichen Ländern nach wie vor ein langsamer Prozess der Entschuldung, was aber als Konsequenz der Finanzkrise auch richtig ist. Leider lässt sich hieraus aber kein Katastrophenszenario konstruieren.

Der Anstieg der weltweiten Verschuldung ist zwar da, hat aber nichts mit dem Zuwachs am Volumen von Anleihen zu tun. Hierbei handelt es sich nur um einen Reflex der Tatsache, dass es einen Trend zur Verbriefung von Forderungen gibt (u.a. auch, um Bankbilanzen zu entlasten), was aber letztlich nur eine Umbuchung von Schulden bedeutet.

Dass die Schulden derzeit weltweit steigen, ist im Wesentlichen ein Phänomen der Schwellenländer. Hieraus resultieren zwar auch Risiken, aber völlig andere als 2008. So könnte sich eine Krise im chinesischen Schattenbankensystem verheerend auf den Goldpreis und den Absatz deutscher Luxusautos auswirken, wird aber vermutlich kaum die in der vorherigen Krise hart getroffenen europäischen Banken betreffen.

Ansonsten möchte ich nur „Antifragilität“ von Taleb verweisen, der zeigt, warum das Finanzsystem nicht so instabil ist, wie es scheint.

Im Übrigen ist ein Crash niemals die Lösung für irgendetwas, da er nur eine sinnlose Vernichtung von Vermögen bedeutet.

milos Juni 27, 2014 um 15:57 Uhr

„Ansonsten möchte ich nur “Antifragilität” von Taleb verweisen […]“ Vielleicht dazu mal ein Blogbeitrag?

milos Juni 28, 2014 um 13:20 Uhr

@Dirk: OK. Danke

Kirstin Juni 27, 2014 um 07:12 Uhr

im Gespräch mit Marc Friedrich – „Der Crash ist die Lösung“

http://goo.gl/fu5xxQ

Dirk Elsner Juni 28, 2014 um 10:06 Uhr

Talebs Antifragilität war und ist hier häufiger Thema im Blog in verschiendenen Beiträge.
http://www.blicklog.com/?s=Antifragilit

Comments on this entry are closed.

Previous post:

Next post: