Mehdorn kriegt den BER zum Fliegen, wenn …

by Udo Stähler on 3. Juli 2014

Der Flughafen Berlin Brandenburg International kann fertiggestellt werden. Der Aufsichtsrat hat am 30. Juni über einen weiteren Kapitaleinschuß i.H.v. € 1,1 Mrd. entschieden. Und der Termin zur Nennung eines Eröffnungstermins naht. Über Erweiterungen und weitere Kostenerhöhungen wegen zu erwartender Kapazitätsprobleme wollte der AR nicht entscheiden. Was macht jetzt der Bund? Die Intransparenz machte technische Probleme längst zu einem Politischen.

Rechtzeitig vor der Aufsichtsrats-Sitzung teilte die Vorsitzende des Bundestags-Haushaltsausschusses Gesine Lötzsch (Die Linke) dem Inforadio des RBB mit, dass sie sich im Moment „überhaupt nicht vorstellen” könne, den neuen Milliarden-Forderungen von Flughafenchef Hartmut Mehdorn zuzustimmen. Nicht, dass Frau Lötzsch den Flughafen nicht will; ganz im Gegenteil, die Linke ist m.E. der aufrichtigste kritische Begleiter des „Monster“-Projektes. Nach der zum Mainstream gewordenen Häme, die von Akten in einem Müllcontainer, einem als Hochstapler entlarvten Planer oder dem Korruptionsverdacht gegen den Technikchef und zuletzt verdächtigen Abrechnungen immer neu gedüngt wird, bin ich froh über jeden Akteur, der einfach nur noch wissen will, was denn auch gewusst werden muss, um die Entscheidung über weitere Millionen für die Fertigstellung verantworten zu können.

Solange Misstrauen weitere Finanzforderungen bis zur Vollendung des BER begleitet, scheuen sich die politisch Verantwortlichen, Entscheidungen zu treffen. Und deshalb kann ich Hartmut Mehdorn nicht verstehen, der gerade, weil auch er nichts anderes will, als den Flughafen zu vollenden, Informationen und Transparenz als letzten und nicht als ersten Schritt wählt. So liegt der von den Aufsichtsgremien Anfang 2013 angeforderte Mängelbericht als eine Grundlage für weitere Entscheidungen bis heute noch nicht vor. In der Geschichte des Projektes finden wir mehr Stolper- als Meilensteine.

Dennoch: Hartmut Mehdorn ist weiterhin die Schlüsselfigur, um den BER ans Fliegen zu kriegen, da ihn nichts weiter treibt, als dieses Ziel zu erreichen. Auch wenn er nicht einsehen will, dass die Gremien ihm wegen der fehlenden Transparenz mehr über die Schulter gucken müssen. Lonesome Mehdorn handelt auch nicht, um Bündnisse zu schließen; die besten Begleiter sind die Kritischen, bei denen sein in diesem Haifischbecken ansonsten ergebnisorientierter Starrsinn leider verhindert, neue Mitstreiter zu gewinnen. Stattdessen liefert er denjenigen Nährboden, die dann süffisant die Probleme erneut umgraben; der erste Mann mit dem Schäufelchen ist Martin Delius (Piraten), Vorsitzender des Untersuchungsausschuss BER in Berlin.

Als erfahrener Projektmanager insbesondere bei gewerblichen Immobilien, der etwas hinter die Kulissen schauen konnte, werde ich von staunenden Entscheidern immer wieder mit dem inzwischen vertrauten lakonischen Ernst gefragt, ob ich noch daran glaube, dass der BER später als Flughafen genutzt werden wird. Die Antworten gaben

im April 2013

  • Der Skeptiker, den vor allem die fehlende Einsicht Hartmut Mehdorns enttäuschte, dass er den Umbau mit Sprint nicht wirklich beschleunigen kann.

Alsdann im August 2013

  • Der Zyniker, dem die aktiven und passiven Saboteure, wie im Labor erkennbar bei dem Piloten Nordpier, die Zuversicht genommen haben.

Und zuletzt

  • Der, der zusehen muss, dass das Versagen deutscher Ingenieurskunst erst von einem Projekttaubenschlag  zu einem finanziellen und politischen Desaster gemacht werden kann.

Die Skandale und Stolpersteine, die dilettantische Projektleitung und -steuerung sowie die handwerklichen Fehler beim Projektmanagement etc.pp. – Jack Norris hätte es nicht anders gemacht – haben erst im Lichte dieses Versagens ihre endgültig desaströse Wirkung. Sie heben nur die Untergangsstimmung; mit einer funktionierenden Entrauchungsanlage wären diese Skandale und Missmanagements auch medial weggepustet worden. Grotesk.

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*) Udo Stähler ist Diplom Volkswirt und Interim Manager. Er war über 25 Jahre in leitenden Funktionen im Firmen- und gewerblichen Immobilienkundengeschäft von Bankkonzernen tätig.

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