Trendfeld New-Luxury China

by Gastbeitrag on 7. Juli 2014

Gastbeitrag von Sarah Volk*

Lange Zeit verehrten chinesische Konsumenten alles, was aus dem Westen kam. Jetzt kommt ein Gegentrend auf – die Vorliebe für authentische heimische Produkte und Marken.

Becker Medien

Neugewonnener Reichtum wird in China mit westlichen Luxusmarken zelebriert. Der glänzende Audi, die große Rolex und die Prada-Tasche, das waren in den letzten zwanzig Jahren die Must-Have Statussymbole unter chinesischen Neureichen. Während die Luxus- und Premiummarken in ihren traditionellen Märkten Absatzschwierigkeiten hatten, boomte der Verkauf in China. Dieser Markt wird zwar nicht einbrechen, doch mit der Erstarkung heimischer Marken in Bezug auf Qualität und Innovation wird so mancher chinesische Kunde in Zukunft einer heimischen Marke den Vorzug geben.

Im Kaufverhalten ist bereits ein bedeutender Wandel zu Gunsten lokaler Unternehmen zu spüren, wie sich aus der Consumer Loyalty Studie von Epsilon schließen lässt. In der Untersuchung kam heraus, dass die Zahl derer, die lokale Marken bevorzugen im Jahr 2012 um 12 Prozent auf 43 Prozent gestiegen ist.

Chinas First Lady liefert dafür ein sehr gutes Beispiel. Peng Liyuan ist so etwas wie ein It-Girl, dessen Kleiderwahl zahlreiche Fashionblogger folgen und kommentieren. Mit ihrer konsequenten Darbietung chinesischer Mode beeinflusst sie den Trend zum Kauf chinesischer Modemarken.

Von „Made in China“ zu „Created in China“

Dieser aufkommende Trend zum Heimatpatriotismus ist vielerorts in China zu spüren. In Peking bietet der Brand New China Store Konsumenten mit Heimat-Affinität von Mode bis zu Möbeln alles aus chinesischer Designer-Hand. Gründerin Hong Huang, einflussreiche Bloggerin mit 6 Millionen Followern und Herausgeberin des Modemagazin iLook, eröffnete den Laden 2010 inmitten westlicher Luxusstores als Plattform für aufstrebende chinesische Designer und Luxusmarken (www.brandnewchina.cn).

Ein international erstarktes China führt zu nationalem Selbstbewusstsein, das sich in den Verhaltensweisen der Konsumenten niederschlägt. Laut dem Alibaba Group Research Center waren während des letzten 11.11 Shopping Days acht von zehn Verkäufen chinesische Marken.

Dinge, die sich chinesische Konsumenten früher nur ab und zu leisten konnten, landen heute laut Epsilon Report ganz selbstverständlich im Einkaufskorb. Speziell die junge urbane Mittelschicht beginnt sich für weniger protzige Marken zu interessieren. Denn in den Großstädten baumelt an fast jeder Hand eine westliche Designertasche, selbst Arbeiter sparen ihre Gehälter für ausländische Luxusprodukte. Aufgrund der inflationären Verbreitung sind bekannte Designernamen also kein Alleinstellungsmerkmal mehr. Der neue Trend geht zum „Statement Shopping“. Um die eigene Kultiviertheit auszudrücken und sich von anderen zu differenzieren, wird vermehrt zu Alternativen wie ethnisch verwurzelten oder ökologisch und ethisch korrekten Produkten gegriffen. CuR, Designerin des chinesischen Eco-Labels D-SATA findet unter ihren Kunden immer mehr Frauen und Männer, die das Selbstvertrauen haben, nicht mehr reine „Status Shopper“ zu sein – doch auf einer anderen Ebene begründet in Zukunft gerade das „Statement“ den „Status“ chinesischer Konsumenten. In China ist also eine ähnliche Neudefinition von „Luxus“ zu beobachten wie in der westlichen Welt: Weg vom Preis und hin zum Wert. Mit viel Geld zu protzen allein genügt nicht mehr; es muss schon sinnvoll ausgegeben werden.

Die Ergebnisse des aktuellen Hurun Luxus-Report mit 393 befragten chinesischen Millionären belegen ebenfalls eine Verschiebung der Vorlieben. Zum ersten Mal seit fünf Jahren war das Sammeln traditionell-chinesischer Tuschemalerei populärer als das Sammeln von Uhren. Die Ausgaben für Luxus-Produkte im Allgemeinen gingen bei den Befragten um 15 Prozent zurück. Gesundheit wird für diese Gruppe hingegen immer wichtiger, Rauchen und Trinken ist zunehmend verpönt, Schwimmen und Yoga gehören zu den beliebtesten Freizeitaktivitäten.

Regional-Bio ist der neue Luxus

Erst ab einer gewissen Einkommensklasse interessieren sich Konsumenten für gesunde Ernährung und Lebensstil, dann aber sind sie bereit dafür viel Geld auszugeben.

Diese Käuferschicht bildet sich in China zunehmend heraus. Chemiefreie Kosmetika sind nicht mehr nur in Spezialgeschäften erhältlich, Öko-Hotels machen Millionen-Umsätze und Stadtfarmen entstehen durch die gestiegene Nachfrage nach lokalen Produkten. Angesichts der vielen Lebensmittel-Skandale wenden sich chinesische Konsumenten in der Konsequenz Biolebensmitteln zu und suchen nach regionalen Erzeugnissen.

Die CCTV-Dokumentation „A Bite of China“ beleuchtet traditionell-chinesische Lebensmittel, Herstellungs- und Zubereitungsweisen. Bei der Erstausstrahlung konnte die Sendung 30 Prozent mehr Zuschauer vor die Bildschirme locken als mit anderen Inhalten in der gleichen Sendezeit.

Laut Organic Food Development and Certification Center in Peking verzeichnet der chinesische Biomarkt eine jährliche Wachstumsrate von 50 Prozent. Schätzungen zufolge soll er bis 2015 auf bis zu 9 Milliarden Dollar wachsen. Direktbelieferungen mit Bio-Lebensmitteln von Vorstadtfarmen werden zum Trend – chinesische Ökounternehmer konzentrieren sich auf zahlungskräftige Großstadtchinesen, für die frisches Obst und Gemüse ohne Giftstoffe eine neue Form des Luxus sind. In Shanghai kosten solche Veggiepacks direkt vom Öko-Bauernhof pro Packung umgerechnet 20 Euro.

Noch mehr Statement über die eigene Kultiviertheit bedeuten die boomenden Schrebergärten, dort wachsen die Nutzerzahlen ungemein. Denn Zeit und Geld zu haben, sein eigenes Gemüse anzubauen, ist tatsächlich ein Alleinstellungsmerkmal unter chinesischen Großstädtern.

Kasten

Trendprognose

Chinesische Firmen werden in Zukunft neben dem Fokus auf Qualität und Innovation ihre eigene nationale Herkunft und kulturelle Geschichte noch viel stärker unterstreichen, um eine größer werdende Klientel an heimatliebenden Konsumenten anzusprechen. In Zukunft wird sich die Schicht derer, denen oberflächlicher Luxus alleine nicht reicht, größer werden. Authentische Produkte und Services sind das neue Statussymbol in China.

Deutsche Unternehmen

Eine chinesische Konsumentenschicht bildet sich, die nicht mehr bereit ist, überteuerte Luxusmarken aus dem Ausland zu kaufen. Die erkennt, dass nicht alles aus dem Westen automatisch gut ist. Um sich gegen die aufkommende chinesische Konkurrenz zu behaupten, wird es für deutsche Unternehmen wichtig sein ihren Wert zu beweisen. Etablierte deutsche Unternehmen mit Geschichte sollten diese erzählen und ihre Herkunft relevant machen. Marken in China müssen in Zukunft mehr bieten als „neu und glänzend“ zu sein. Letztlich müssen sich Marken fragen, was ihr „Point of Difference“ in China ist.


Quellen:

Epsilon: Rise of Stylish Chinese Consumers. 2013.

Millward Brown Optimor: BrandZ Top 100 Most Valuable Chinese Brands. 2014.

Hurun: Hurun Report Chinese Luxury Consumer Survey. 2014.


Dieser Beitrag aus dem Magazin trend update, Ausgabe 4/2014 wurde auf Anfrage dem Blick Log exklusiv für die Veröffentlichung zur Verfügung gestellt.

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