Indexfonds sind nicht trivial – Teil 2

by Karl-Heinz Thielmann on 28. August 2014

Fortsetzung des Beitrags vom 26. August 2014

Modethemen gibt es auch bei Indexfonds

Davor, bei Anlagentscheidungen auf Modethemen hereinzufallen, ist man auch mit Indexfonds nicht geschützt. Viele Indexfondsanbieter bieten im Rahmen einer weitergehenden Differenzierung ihrer Produktpalette auch immer mehr Themenfonds an, die bestimmte Segmente eines Marktes abbilden. Hierbei gibt es durchaus sinnvolle Konstruktionen, wie z. B. Fonds für Branchenindizes. Man findet aber auch viele fragwürdige Angebote; z. B. auf der Basis von Themenindizes (Clean Energy, Private Equity Firmen, etc.), die nur auf in der Presse populäre Themen reagieren; meist relativ hohe Gebühren und ein enges Investmentuniversum haben. Ihnen ergeht es meist genau so wie ähnlichen Produkten ohne Indexbasis: Ein paar Monate nach der Auflegung kollabiert der Preis, weil das Thema aus den Medien verschwindet.

Nicht ganz unschuldig an der verwirrenden Anzahl von Indexprodukten sind nicht zuletzt die Index-Anbieter selbst. Sie leben von Lizenzgebühren, die eine Fondsgesellschaft für die Verwendung einer Benchmark zahlt. Da zwischen MSCI, FTSE Indices, S&P Dow Jones Indices, STOXX und einigen regionalen Anbietern scharfer Wettbewerb herrscht, tun diese alles, damit ihre Produkte möglichst oft in vielen verschiedenartigen Investmentprodukten zum Einsatz kommen. Immer weniger Indexkonstruktionen resultieren deshalb aus dem Bemühen, einen möglichst objektiven Maßstab für Marktbewegungen zu schaffen, als aus der Marketingstrategie von Produktanbietern.

Im Grenzbereich zwischem aktivem und passivem Fondsmanagement

Dabei werden zunehmend die Grenzen zwischen traditionellem Fondsmanagement und Indexkonstruktion verwischt. Üblicherweise werden die Titel in Indizes nach rein quantitativen Kriterien wie Marktkapitalisierung oder Free Float ausgewählt und gewichtet. Bei sog. „fundamentalen Indizes“ werden die Titel hingegen nach fundamentalanalytischen Investmentkriterien (z. B. Dividendenrendite) zusammengestellt und regelmäßig umgeschichtet. Es gibt aber auch Indizes, die auf quantitativen Optimierungsprogrammen beruhen (z. B. Minimum Varianz); oder solche, die soziale Kriterien berücksichtigen (z. B. Nachhaltigkeitsindizes).

Manche dieser Produkte mögen aus Investorensicht Sinn machen, weil sie für spezielle persönliche Anlageziele eine angemessene Strategie abbilden. Dennoch haben sie mit der Ursprungsidee des Indexinvestments, ein für den Markt (bzw. ein bestimmtes Marktsegment) repräsentatives Produkt zu kaufen, nichts mehr zu tun. Denn letztlich wollen sie „besser“ als ein repräsentativer Index sein. Hinter ihnen stehen aktive Anlageentscheidungen, die jedoch nicht mehr von einem menschlichen Fondsmanager, sondern von einem Computer nach vordefinierten Regeln getroffen werden. Es sind daher eigentlich quantitative Fonds, die aus Marketinggründen als Indexfonds verkauft werden.

Wofür ist ein Index eigentlich repräsentativ?

Ein beliebter Fehler bei der Auswahl von Aktien-Indexfonds liegt in der Annahme begründet, dass man, wenn man den Gesamtmarkt kauft, sich nicht mehr um die Analyse der Bestandteile kümmern muss. Denn die größten Werte bestimmen die Performance eines Fonds. Viele Anleger wollen mit Indexfonds makroökonomische Trends nachverfolgen, und müssen dann feststellen, dass dies überhaupt nicht funktioniert. Denn der Aktienindex eines Landes oder einer Region hat heutzutage mit der ökonomischen Entwicklung dort oftmals nicht mehr viel zu tun. Dies demonstrierten gerade die in den vergangenen Jahren sehr populär gewordenen Fonds für die Aktienindizes der BRIC-Staaten. Insbesondere das wirtschaftlich erfolgreichste Schwellenland der letzten Jahre – China – hatte eine sehr enttäuschende Börsenentwicklung. Dies lag nicht zuletzt daran, dass viele der großen Werte dort als staatlich beeinflusste Betriebe ineffizient sind und wenig profitabel wachsen.

Für Börsen relativ kleiner, aber gut in die Weltwirtschaft integrierter Länder wie der Schweiz, Dänemark oder Singapur spielt die heimische Wirtschaft so gut wie keine Rolle mehr. Stattdessen sind vor allem unternehmensspezifische Faktoren wichtig, vor allem wenn wenige multinationale Konzerne den Markt dominieren. So wird der Schweizer Index SMI stark von Roche, Novartis sowie Nestlé bestimmt. Novo Nordisk ist in Dänemark fast 4mal so groß wie der nächstgrößere Wert (Danske Bank). Die Gewichtung wurde daher im OMX Copenhagen 20 CAP limitiert, in anderen Indizes jedoch nicht.

Die destruktive Wirkung von Indexveränderungen

Ein weiterer, oft vernachlässigter Faktor bei Indizes ist, dass diese durch Veränderungen nicht unbedingt besser werden. So haben empirische Untersuchungen für den S&P 500 oder den DAX gezeigt, dass sich diese Indizes in ihrer Original-Zusammensetzung von 1957 bzw. von 1988 jährlich um ca. 1% besser entwickelt hätten, obwohl eine Reihe von den ursprünglich enthaltenen Firmen zwischenzeitlich pleiteging oder übernommen wurde. Dies liegt zum einen daran, dass es durch die Abgänge eine zunehmende Konzentration auf langfristig erfolgreiche Unternehmen gibt. Neuzugänge in Indizes sind zudem meist Titel, die vorher stark gestiegen sind oder die in großen Börsengängen an den Markt gekommen sind. Solche Werte sind oft mit überzogenen Erwartungen belastet und hoch bewertet. Sie enttäuschen vielfach und beeinflussen mit ihrer Performance negativ den Index.

Der Investmentcase für Indexfonds

Grundsätzlich ist die Orientierung an einem Marktindex für einen Anleger keine dumme Idee, da dieser in einer unsicheren Welt einen relativ neutralen Bewertungsmaßstab darstellt. Wer aber einfach nur mit irgendeinem Indexfonds den Markt kaufen will, handelt sehr naiv. Denn man sollte sich schon sehr genau fragen: In welchen Markt bzw. welches Marktsegment will ich eigentlich investieren? Diese Frage kann man nur beantworten, wenn man die einzelnen Indexkomponenten genau analysiert. Des weiteren sollte man verstehen, dass auch die Zusammensetzung eines Index sich dynamisch verändern kann, und das i. d. R. zulasten des Anlegers. Ein Fonds, der automatisch auch jede unsinnige Indexänderung mitmacht, ist im Grunde kein gutes Produkt.

All diese Gesichtspunkte sind nicht trivial; Indexanlagen sind nicht so einfach, wie derzeit viele glauben. Der Bereich der Indexfonds ist in den vergangenen Jahren von einer Nische zu einem Hauptsegment der Fondsindustrie herangewachsen. Aus einfachen, kostengünstigen Alternativen zu traditionellen Investmentprodukten sind riesige Fonds wie der Vanguard Total Stock Market Index Fund hervorgegangen, deren Größe sie systemrelevant erscheinen lässt. Hinzu sind einige sinnvolle und viele weniger sinnvolle Ergänzungen gekommen, die das Angebot auch verwirrend gemacht haben.

Leider bleibt das Hauptargument für Indexfonds wahrscheinlich nach wie vor weiter gültig: die desolate Leistung vieler traditioneller Investmentgesellschaften, insbesondere bei normalen Publikumsfonds. Die meisten versuchen nach wie vor, indexnahe Produkte mit exzessiven Gebühren zu verkaufen, anstatt intelligente Alternativen zu entwickeln. Gerade Privat-Anleger werden deshalb auch in Zukunft mit Indexfonds besser bedient sein als mit vielen konventionellen Investmentprodukten. Sie sollten sich aber den Index sehr genau anschauen, bevor sie einen Fonds hierzu kaufen.

 

Dieser Artikel erschien in leicht abgewandelter Form ebenfalls in „Mit ruhiger Hand“ Nummer 28 vom 4. August 2014.

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