Die Börsenampel

by Gastbeitrag on 4. September 2014

Gastbeitrag von Hauke Hess*

Trendfolge ist ein sehr altes Werkzeug der Chartanalyse für das Timing von Investitionsentscheidungen an der Börse. Ich beschäftige mich seit 1997 beruflich mit Trendfolgern. Umso überraschter war ich, als mir letztes Jahr zwei Studenten der Universität Hamburg ihre „Börsenampel“ vorstellten, die sie seit 2011 im wöchentlichen Newsletter des hanseatischen Börsenkreises veröffentlichen. Dem uralten Thema „Trendfolge“ konnte die Systematik hinter der Börsenampel einige wenigstens für mich neue und überzeugende Aspekte hinzufügen.

Wenig überraschend ist zunächst die Aussage der Börsenampel: Die bei Verkehrsampeln üblichen Farben signalisieren, ob derzeit am Aktienmarkt insgesamt Vollgas, Vorsicht oder Vollbremsung angesagt ist.

Überrascht und beeindruckt hat mich vielmehr die Mechanik hinter den Ampelphasen. Denn diese „Börsenampel“ löst zwei zentrale Probleme aller Trendfolger auf sehr elegante Art und Weise.

Bei der Festlegung der Parameter für Trendfolgesysteme spielt die Periodizität eine ganz zentrale Rolle. Wird die 40-Tageslinie verwendet? Oder doch lieber die 200-Tageslinie? Oder eine gewichtete Kombination aus beiden? Oder sollte man die bestmögliche Periodizität mit Hilfe von Backtestergebnissen auswählen, woraufhin mal die 23-Tageslinie, oder zu anderer Zeit auch die 47-Tageslinie verwendet würde? Über welchen Zeitraum sollten diese Backtests laufen um zu ihren optimierten Ergebnissen zu kommen? Und ist „optimiert“ nicht erfahrungsgemäß immer das Gegenteil von „optimal“?

Die „Börsenampel“ des Hanseatischen Börsenkreises verwendet einen Adaptive Lookback Indikator zur Festlegung der Periodizität der verwendeten Durchschnitte. Der Abstand von zwei immer paarweise auftretenden Chartmustern in der jüngsten Kursvergangenheit – SwingHi oder SwingLo – steuert die Periodizität der exponentiellen Durchschnitte, deren Schnittpunkte Trendwechsel signalisieren. In klaren Trendphasen liegen diese Chartmuster deutlich weiter auseinander als in volatilen Seitwärtsmärkten. Dadurch wird das System automatisch reagibler, wenn die Märkte von Unsicherheit geprägt sind. Andererseits muss ein Trendmarkt sehr nachhaltige Gegenbewegungen vollziehen bevor die Börsenampel einen Trendwechsel signalisiert.

Das zweite Problem, nämlich die Signifikanz von Trendwechseln, beurteilt die Börsenampel auf einfache, aber effektive Weise: Der Adaptive Lookback Indikator wird nicht nur auf einen Aktienindex, sondern auf eine Vielzahl von Aktienindizes berechnet. Steht die Mehrheit auf Aufwärtstrend, ist die Ampel Grün. Steht die Mehrheit auf Abwärtstrend, schaltet die Ampel auf Rot. Und wenn beim Phasenübergang ungefähr gleich viele Indizes rot wie grün sind (genau: +/-2), geht die Ampel vorübergehend auf Gelb.

Im Ergebnis signalisiert die Börsenampel die Stimmung an den weltweiten Aktienmärkten durch Verdichtung der Einzeltrends vieler Indizes mit individuell gerechneten Durchschnitten zu einer Ampelfarbe. Dahinter steckt die Annahme, dass die großen Börsenumschwünge sich oft durch Trendwechsel der Aktienindizes in einzelnen Ländern ankündigen, die nach und nach wie die Dominosteine umkippen, bevor irgendwann die ganz große Panik ausbricht und alle Märkte ansteckt.

Der Newsletter des hanseatischen Börsenkreises mit der Börsenampel kann über die Seite des Hanseatischen Börsenkreises der Universität zu Hamburg  e.V. (www.hbk.de) abonniert werden. Derzeit wird die Börsenampel in einem Publikumsfonds von Veritas Investment GmbH umgesetzt.

Zum Autor

imageHauke Hess ist seit Februar 2014 Geschäftsführer bei der Veritas Investment GmbH und in dieser Funktion Leiter des Portfoliomanagements. Bei der Schwestergesellschaft Veritas Institutional GmbH ist er seit 2010 als Geschäftsführer zudem für die Bereiche IT, Personal sowie Geldwäschebekämpfung zuständig. Vor seiner Tätigkeit für die Veritas Gesellschaften war der Diplom-Informatiker bei der HSH Nordbank als Senior Asset Manager tätig.

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