Unternehmensfinanzierung – Vorsicht vor den Profi-Abzockern!

by Dirk Elsner on 24. September 2014

Samir Jajjawi, Aurum Interim Management*

Die Bedeutung der Banken für die Unternehmensfinanzierung geht weiter zurück. So der aktuelle Bericht der Bundesbank. Der Mittelstand will nicht mehr von den Banken abhängig sein. Das muss man sich aber auch leisten können. Wenn es kriselt, zeigt sich der Grund für die Skepsis: Schnell scharen sich Banken, deren Anwälte und Berater um den noch gesunden Mittelständler. Das Ziel: Abzocken!

„Momentan läuft’s gut. Ich brauche derzeit zum Glück keine zusätzlichen Fremdmittel.“ So oder so ähnlich äußert sich in Deutschland derzeit der mittelständische Unternehmer. Sein Verhältnis zu Banken ist seit der Finanzkrise deutlich eingetrübt. Am liebsten finanziert er sich komplett über Eigenmittel. Er traut seinen „Bankenpartner“ nicht mehr so recht. Das verwundert nicht, denn schließlich haben sich viele Banken in der Krise abgewendet. Linien wurden drastisch zurückgefahren, für viele Unternehmen wurde die Bankenkrise erst so zur Finanz- und Unternehmenskrise. Lediglich die Sparkassen und Volksbanken sind treu geblieben, sie haben in der Regel ihre Kundenpolitik auch in der Krise nicht verändert.

Doch auch heute gibt es trotz inzwischen vierjährigen Hochkonjunktur und dickeren Eigenkapitalpolstern genügend Krisenfälle. Marktumbrüche wie im Bereich der erneuerbaren Energien, Margenverfall durch nochmals gestiegene Asienimporte, verfehlte Innovationspolitik oder schlichtweg Managementfehler: Die Folge ist eine Unternehmenskrise, die zuallererst immer auch eine Liquiditätskrise ist. Und plötzlich ist er da, der Finanzierungsdruck, die Suche nach neuen Finanzierungswegen und der in der Regel überforderte Unternehmer oder Unternehmenslenker.

Die Banken wollen in solchen Fällen das Risiko aus ihren Büchern bekommen. Als aufgezwungene Alternativen bieten sich dem Unternehmer Sale-and-Lease-Back, Factoring, Schuldscheine, Asset Backes Securities (ABS), Mezzanine oder Anleihen, die dann aber häufig das Prädikat „Junk Bond“ verdienen oder – bei Private Placements – Second Lien genannt werden.

Häufig reagieren die Unternehmen viel zu spät. Stehen Sie mit dem Rücken erstmal an der Wand, übernehmen andere das Ruder. Das wird dann richtig teuer.

Um das zu verhindern, muss das Unternehmen bei einer Neu- oder Refinanzierung selber die Pace machen. Das kostet jedoch Managementressourcen und die sind in der Regel knapp. Die Erstellung von Businessplänen, die Aufbereitung von Liquiditätsplänen, Due Diligence und Rating-Prozesse, das Durchfechten von wichtigen Positionen in den Kreditverträgen: die Liste an zeitfressenden Aufgaben ist lang. Und überall lauern Bankenvertreter sowie deren Anwälte und Berater, um aus dem Finanzierungsprozess möglichst hohe Honorare, Fees und Gebühren zu ziehen.

Wer diesen Prozess nicht professionell managt, der bekommt am Ende eine Rechnung für die Einmalaufwendungen präsentiert, die nicht selten einem Jahresergebnis entspricht.

Die wesentlichen Erfolgsregeln in einem Refinanzierungsprozesses sind:

1. Prüfe, wie viel Du wirklich brauchst!

Jeder Euro, der im Vorfeld durch konsequentes Working Capital Management „rausgeholt“ wird, erleichtert die Gespräche mit den Geldgebern.

2. Prüfe, wofür Du es wirklich brauchst!

Die saubere Abstimmung und Kommunikation der Mittelverwendung ist essentiell. Häufig leben Unternehmer in Expansionsträumen, verdrängen aber vorhandene Cash-Burner und damit Restrukturierungsaufwendungen.

3. Prüfe, was du wirklich brauchst!

Mehr Linie? Syndizierter Kredit? Factoring? Sale-and-Lease-Back? ABS? Anleihe? Mezzanine? Die Finanzierungswelt ist vielschichtiger aber auch komplexer geworden. Wer nur dem Rat seiner Finanzierungspartner folgt, ist schon verloren.

4. Schaffe Konkurrenz!

Finanzierung ist letztlich die Beschaffung von Finanzmitteln und tickt damit wie jeder andere strategische Einkaufsprozess. Der CFO ist der Chefeinkäufer.

5. Strukturiere den Prozess!

Wann sollen die Mittel zur Verfügung stehen? Die Gestaltung des Gesamtprozesses muss eine stringente Aufgabenverteilung, klare Verantwortlichkeiten und enge Timelines laufen.

6. Unterschreibe nichts, was Du nicht verstehst!

Finanzierungsprospekte und -verträge sind inzwischen anwaltliches Hoheitsgebiet. Dennoch – letztlich geht es darum, das wirtschaftliche Substrakt einer Vereinbarung, z. b. vereinbarte Covenants – in eine rechtssichere aber auch verständliche Formulierung zu übertragen. Wer hier nicht aufpasst, wird von den Anwälten der Banken über den Tisch gezogen!

 

 

*Der Autor:

Samir Jajjawi, Jahrgang 1965, gehört dem Management Board von Aurum Interim an. Die Firma (aurum-interim.de) vermittelt erfahrene Manager auf Zeit, die personelle Engpässe überbrücken helfen oder kurzfristig Management-Projekte übernehmen.

 

Samir Jajjawi bloggt auf interim-general-management.de über das Interim Management im Krisen- und Sanierungsmanagement, im Controllig und im Finance Department.

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