Negative Guthabenzinsen: Deutschland sollte sparen lernen

by Dirk Elsner on 26. November 2014

Ich bin sehr gespannt, ob nun, da Bank um Bank ihre Konten auf negative Zinsen für Einlagen umstellt, etwas passiert im Anlageverhalten der Bundesbürger. Geldanlegen droht nun endgültig zur Qual zur werden. Viele, die bisher einen großen Bogen um die Kapitalmärkte gemacht haben, sortieren derzeit ihre Gedanken zur Anlagestrategie neu. Auf Krampf sollte sich aber niemand den Börsen nähern.

Vergangenen Donnerstag leitete Patrick Bernau eine neue Reihe auf FAZ-Online ein: Deutschland lernt sparen. Finanzprofessor Andreas Hackethal erklärt in dieser Videoreihe einige Hintergründe der Finanzanlage und wie man mehr aus seinem Geld machen.

Ich habe Professor Hackethal vor einigen Wochen bei einer Veranstaltung des MainIncubators kennengelernt. Wir philosophierten nach seinem Vortrag über die Einstellung der Deutschen zum Risiko bei der Kapitalanlage. Das war sehr erhellend, will ich aber heute nicht vertiefen.

Hier ist zunächst das erste Video.

In elf Videos mit drei Minuten

Teil 2 gibt es hier und

Teil 3 hier

Die weiteren Folgen kommen in den nächsten Wochen.

Hackethals Risikonebel

Professor Hackethal stellt in seinem Video die Grafik mit dem “Risikonebel” vor. Diese habe ich hier noch einmal aus diesem Beitrag  zu Anlagefehlern herauskopiert habe. Die Grafik basiert auf empirischen Auswertungen von Anlagedepots durch Hackethals Team an der Goethe Universität. Die Abbildung hat mich vor allem deswegen fasziniert, weil sie deutlich macht, dass auch viele Anleger, die sich gerade nicht für Anfänger halten, im Verhältnis zum Risiko eine unterdurchschnittliche Performance erzielen.

 

Depotprofil ausgewählter Anleger

Ich vermute mal, die Linie die hier dargestellt ist, stellt die sogenannte Kapitalmarktlinie dar, die Fachleute aus dem Capital Asset Pricing Modell kennen. Ich will dazu nicht mit Details langweilen und auch nicht meine Lehrbücher rausholen. Das Modell lehrt jedenfalls, dass es für jeden Investor optimal ist, sein Vermögen in eine risikofreie Geldanlage und ein Marktportfolio, z.B. repräsentiert durch ein DAX-ETF, aufzuteilen*.

Wer sich für die Detailergebnisse des Teams um Professor Hackethal interessiert, der wird beim Blick in das hier verlinkte Arbeitspapier sicher fündig.


* Mir ist bewusst, dass die Modelle der Kapitalmarkttheorie insbesondere durch die Finanzmarktkrise einen großen Knacks erhalten haben. Man sollte sie daher in keinem Fall als Evangelium betrachten, sondern durchaus mit einer Portion Skepsis anwenden.

Dirk Elsner November 26, 2014 um 10:38 Uhr

@Karl-Heinz Thielmann
Guter und interessanter Einwand. Würde man die Linie nach unten verschieben, dann würde sie direkt durch die Wolke gehen.
Was mich an der Linie stört, ist dass der risikofreie Zins hier bei knapp unter 5% liegt.

Fairerweise muss ich aber sagen, dass die Interpretation Kapitalmarklinie ja von mir stammt, weil sie mich daran erinnert.
Das CAPM verwendet aber erwartete Ergebnisse und keine Daten aus der Vergangenheit.

Karl-Heinz Thielmann November 26, 2014 um 09:58 Uhr

Tut mir leid, aber die Darstellung von Prof. Hackethal zum Risikonebel ist irreführend.

Dies hängt einerseits mit den grundsätzlichen Problemen von Volatilität als Risikomaß zusammen. Aber selbst wenn man diese Darstellungsweise akzeptiert, stimmt die Aussage nicht.

Denn er vergleicht hier den DAX – also ein Konstrukt, das keine Kosten und keine Steuern berücksichtigt – mit tatsächlichen Renditen nach Steuern und Kosten. Die mangelnde Eignung des Dax als Vergleichsmassstab haben wir hier in diesem Blog ja schon oft thematisiert.

Nach meinen Berechnungen (https://www.private-banking-magazin.de/was-von-der-rendite-uebrig-bleibt—1394030730/) wird der durchschnittlichen Anleger jährlich realistischerweise durch Steuern, Transaktionskosten & sonstige Gebühren mit ca. 2% jährlich belastet.

Eine realistische Kapitalmarktlinie müsste also sehr viel tiefer liegen, die tatsächlichen Anlegeergebnisse wären vergleichsweise besser. Die vorgebliche Renditelücke wäre damit auch sehr viel geringer.

Deutschlands Anleger sind also im Durchschnitt bei Weitem nicht so doof wie von Hackethal suggeriert.

Comments on this entry are closed.

{ 1 trackback }

Previous post:

Next post: