Grüne Finanzen: Brauchen wir ein ESG-Rating für Fonds?

by Gastbeitrag on 11. Februar 2015

Von Ursula Finsterwald*

Moody’s, Standard & Poor’s, Fitch – es gibt viele Rating-Agenturen für die Bonität von Unternehmen und Ländern. Doch bis heute werden die Nachhaltigkeitskriterien Ökologie, Soziales und Governance (ESG Kriterien) von den etablieren Rating-Agenturen nicht berücksichtigt. Deshalb sind mit Anfang der 1990er Jahre auf Nachhaltigkeit spezialisierte Rating-Agenturen entstanden, wie Sustainalytics, oekom Research, Inrate, Vigeo und weitere. Ihr Ziel ist es, Verbrauchern und anderen Marktteilnehmern Klarheit über den «sozial-ökologischen Fussabdruck» von Anbietern zu verschaffen. Die Quellen der ESG Daten für das Rating von Unternehmen sind Geschäfts-, Nachhaltigkeits- oder Umweltberichte, und weitere öffentlich zugängliche Dokumente wie Policies und Berichte von NGOs. Informationen spezialisierter Datenanbieter wie beispielsweise der Firma RepRisk AG dienen den Rating-Agenturen zusätzlich, um Kontroversen zu messen.

Doch da jede Agentur unterschiedliche Methoden und Kriterien für die Bewertung anwendet, kann das Rating einer Firma sehr unterschiedlich ausfallen. Grundlage einer Analyse bildet bei jeder Agentur ein Kriterienkatalog aus rund 500 Kriterien. Je nach Industrie/Branche wählt der Analyst die 100 wichtigsten ESG Kriterien aus und bestimmt auch deren Gewichtung. Die aggregierten, gewichteten Einzelbewertungen der ESG Kriterien ergeben das Gesamtrating, dh. das Mass der Nachhaltigkeit des entsprechenden Unternehmens.

Finanzinstitute, so auch die LGT, nutzen die ESG Daten der auf Nachhaltigkeit spezialisierten Rating-Agenturen als Quelle für die Bewertung der Unternehmen und Länder die in ihre nachhaltigen Aktien- und Anleihenfonds Eingang finden sollen. Für viele Anleger ist jedoch der Umgang mit den einzelnen ESG Kennzahlen schwierig und es ist für sie meist nicht möglich zu eruieren, welche Geldanlagen wirklich nachhaltig sind. Aus diesem Grund sind in den letzten Jahren verschiedene Labels entstanden.

Labels: Orientierungshilfen im Dschungel der Nachhaltigkeitsmessung

Das Transparenzlogo von Eurosif soll Anlegern seit 2004 helfen, sich über die Anlagekriterien eines Fonds zu informieren und so abschätzen zu können, ob diese wirklich nachhaltig sind. Die französische Novethic führte 2009 ein Socially Responsible Investment (SRI) Label ein. Fonds, die diese Auszeichnung erhalten wollen, müssen vier Kriterien erfüllen: Berücksichtigung der ESG Kriterien im Anlageprozess, Erstellen eines nicht-finanziellen Reportings, Gewährleistung von Transparenz bezüglich SRI Anlagestrategie und regelmässige Publikation der Portfoliopositionen.

In Österreich existiert seit einigen Jahren das Österreichische Umweltzeichen für Nachhaltige Finanzprodukte. Die Auswahlkriterien für ein Umweltzeichen-Finanzprodukt müssen geeignet sein, die tatsächliche positive Leistung für Umwelt und Soziales abzubilden. Weiter muss die Qualität an den Erhebungs- und Auswahlprozess gewährleistet und die Transparenz vorhanden sein.

Doch inwiefern bieten Labels einen Mehrwert für Investoren und Anbieter nachhaltiger Anlagen?

Die verschiedenen Labels sind inhaltlich sehr heterogen. Ein allgemein gültiges Leitlabel besteht bis dato noch nicht, denn es ist schwierig, allgemein anerkannte Kriterien für Umwelttechnologiefonds, Öko-Effizienzfonds, Ethik- oder Nachhaltigkeitsfonds zu schaffen. Labels vermögen daher nur eine grobe Orientierungshilfe für Kunden darzustellen, wirkliche Vergleichbarkeit erzeugen sie nicht. So sagt ein Label nichts über das Mass der Nachhaltigkeit eines Fonds aus. Ein Rating für nachhaltige Fonds könnte hier Abhilfe schaffen.

Perspektiven: Ein ESG Rating für Fonds

Doch die Transparenz und Bewertbarkeit von nachhaltigen Finanzprodukten sollte nicht der Initiative einzelner Akteure überlassen bleiben, sondern zum marktweiten Instrument werden. yourSRI hat mit den Studien der «Top100 Aktienfonds Ratings für Deutschland, Österreich und die Schweiz» diesen Ansatz gewählt. Die Plattform hat den nachhaltigen aber auch den konventionellen Aktienfonds ein ESG Rating zwischen AAA bis CCC verteilt. yourSRI möchte mit dieser Studienreihe für mehr Transparenz, Vergleichbarkeit und Messbarkeit im Markt sorgen. Für das Rating der einzelnen Fonds wählte yourSRI die IVA (Intangible Value Assessment) Methode von MSCI ESG Research und identifizierte damit mögliche finanzielle Chancen und Risiken für Unternehmen, die auf Umwelt-, Sozial- und Governancefaktoren zurück zu führen sind.

Noch einen anderen Ansatz wählte die Carlo Foundation aus Liechtenstein. Sie möchte ein unabhängiges Ratingsystem für Finanzprodukte schaffen, welches als Minimumstandard für nachhaltige Finanzprodukte dienen kann. Die Schwierigkeit dabei ist, für alle Investoren einen Rahmen zu schaffen, der den verschiedenen Kulturen Rechnung trägt. So interessieren sich französische Investoren vornehmlich für Arbeitsaspekte, während deutsche Investoren sich mehr Gedanken über ökologische Aspekte machen.

Die LGT wendet für die Auswahl der Unternehmen, die in ihre Sustainable Equity Fonds Eingang finden sollen, einen zweistufigen Prozess an. In einem ersten Schritt, der Selektion, werden Unternehmen ausgeschlossen die im ESG Rating schlecht abschneiden. In einem zweiten Schritt, der Integration, kombiniert sie eine Fundamentalanalyse mit einer vertieften Nachhaltigkeitsanalyse, um langfristige Anlagechancen zu identifizieren. Dank dieses Ansatzes hat es die LGT in allen drei Ländern unter die Top 50 der Aktienfonds Ratings von yourSRI geschafft.


Die Beitrag ist ein erlaubter Crosspost eines Beitrags, der zunächst hier im LGT-Blog erschienen ist.

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