Exchange Traded Funds reloaded: Gespräch mit Dominique Riedl, Gründer von justETF

by Dirk Elsner on 12. Februar 2015

Ich habe den Gründer und Geschäftsführer der ETF Plattform justETF, Dominique Riedl, im vergangenen Jahr an der Börse Stuttgart kennengelernt. Wir haben uns sehr angeregt über FinTechs und ETFs unterhalten. Wir haben die Essentials des Gesprächs nun in ein Interview gegossen, dass wir per Mail durchgeführt haben.

  1. Kannst Du kurz Dich und Deine Plattform vorstellen?

Mein Name ist Dominique Riedl. Ich bin Gründer von justETF, dem unabhängigen Portal für die Geldanlage mit ETFs. justETF zählt heute zu den führenden ETF-Portalen in Europa und ist das meistbesuchte ETF-Portal Deutschlands.

  1. Welchen Nutzen hat der Anleger konkret, und was beinhalten die Premium-Angebote?

Wir unterstützen Anleger mit Tools und Wissen, so dass sie professionell und kostengünstig ihre Geldanlage mit wenigen börsengehandelten Indexfonds (Exchange Traded Funds/ETFs) im eigenen Depot selbstbestimmt umsetzen können. Damit erhält der Nutzer gewissermaßen eine Do-it-yourself-Vermögensverwaltung höchster Güte.

justETF spart Zeit, Geld und bewahrt den Anleger vor den gängigsten Fallstricken, in die Privatanleger bei der Geldanlage tappen können.

Das Herzstück unseres Angebots ist unser Portfoliotool mit kopierbaren Strategievorlagen aus professionell geführten Musterportfolios. Es unterstützt beim Planen, Ordern und Überwachen der ganz persönlichen Geldanlage mit ETFs.

Unsere Premium-Mitgliedschaft für 9,90 Euro pro Monat bietet weiterführende Analysemöglichkeiten, die laufende Überwachung des ETF-Depots inklusive Rebalancing-Funktion sowie die Simulation von Portfoliostrategien. Damit erhöht das Premium-Paket die Renditechancen durch laufende Wahrung der Anlagedisziplin, Kostenreduzierung beim Handel sowie durch die Unterstützung eines antizyklisch ausgerichteten Rebalancing-Ansatzes.

Das Premium-Angebot rechnet sich insbesondere für Anleger mit einem Vermögen ab 30.000 Euro. Kunden mit geringeren zur Verfügung stehenden Anlagebeträgen helfen wir mit unserem kostenfreien Angebot, diese Schwelle schnellstmöglich zu erreichen.

So haben wir den ersten Preisvergleich für ETF-Sparpläne und ETF-Sparplan-Portfolios geschaffen. Der Kunde wählt seine Strategie aus, und wir zeigen ihm das dafür am besten geeignete Angebot unter allen Onlinebrokern am Markt.

  1. Wie bist Du auf die Idee gekommen, justETF zu gründen?

Als wir Mitte 2010 justETF gründeten, wollten wir eine Alternative zur Bankberatung schaffen. Es sollte eine Lösung sein, die ehrlich und transparent ist und auch Anlegern mit geringem Anfangsvermögen ermöglicht, ihr Geld hochprofessionell bei niedrigen Kosten anzulegen. Damit die Kosten im Rahmen bleiben, entschieden wir uns für einen Selbstverwaltungsansatz. Es gibt ja viele Bücher zum Thema, wie Privatanleger richtig anlegen. Doch einen praxisorientierten Ratgeber, der Anleger durch den gesamten Anlageprozess begleitet und die Möglichkeiten des Internets nutzt, gab es nicht.

Für uns ist das ETF-Portfolio die ideale Anlage und Vorsorgeform für Privatanleger. Aus dieser Überzeugung heraus ist auch der Markenname justETF entstanden.

  1. Kannst Du für einen Laien verständlich erklären, was ein ETF eigentlich ist?

Klar. Ein ETF ist ein börsengehandelter Indexfonds. Er vereint das Beste aus zwei Welten. Er ist an der Börse handelbar wie eine Aktie, und zugleich ist das Investment mindestens ebenso breit gestreut wie ein Fonds.

Wer mit ETFs investiert, kauft Märkte und nicht einzelne Unternehmen – und das zu extrem niedrigen Kosten. So kann der Anleger bereits für 0,10 bis 0,40 % pro Jahr ein breitgestreutes Portfolio mit 2–6 ETFs umsetzen.

  1. Eine Frage, die mir noch niemand beantworten konnte, ist, warum werden „Exchange Traded Funds“ immer gleichgesetzt mit Indexfonds? Mittlerweile werden ja auch klassische Investmentfonds an Börsen gehandelt. 

Ein ETF ist viel mehr als nur ein an der Börse gehandelter Fonds. Die einfache Übersetzung greift hier zu kurz.

Ein ETF ist ein handelbares Marktsegment. Möchte man zum Beispiel in deutsche Aktien investieren, holt man sich beipielsweise über einen Dax-ETF gleich ein breitgestreutes Bündel von Beteiligungen an den 30 größten deutschen Unternehmen ins Depot. Der Index sorgt für die Wahrung der Strategie und nötige Transparenz. Auch beim Preis.

Der Handel von Anteilen an der Börse schont auch die Transaktionskosten innerhalb des ETFs, die bei einem normalen Publikumsfonds durch Zu- und Abflüsse laufend anfallen. Denn bei ETFs werden diese Kosten über den An- und Verkaufsspread an der Börse dem einzelnen Käufer oder Verkäufer in Rechnung gestellt und eben nicht dem Fonds belastet. Dies reduziert deutlich die laufende Kostenbelastung für den langfristigen Anleger.

  1. Welche Rolle spielen heute ETFs bei der Geldanlage im Vergleich zu vor 10 Jahren?

Das Anlagevolumen in ETFs in Europa ist von 16 Mrd. Euro in 2003 auf über 350 Mrd. in 2014 angewachsen.

Durch die zunehmende Nachfrage wurde auch das Angebot an ETFs immer vielfältiger. Zusätzlich zur Grundidee, den breiten Markt preisgünstig und effizient abzubilden, ist ein umfangreicher Baukasten an taktischen Mitteln herangewachsen. So werden ETFs zum taktischen und strategischen Investieren heute insbesondere von Großanlegern genutzt.

Es gibt ETFs auf verschiedene Anlageklassen wie Aktien, Anleihen und Rohstoffe. Innerhalb der Anlageklassen gibt es wiederum ETFs auf einzelne Länder, Branchen und bestimmte Investmentstyle.

Inzwischen werden auch mehr und mehr Aufgaben, die früher von aktiven Managern übernommen wurden, in Indexregelwerke gegossen und standardisiert über einen ETF angeboten. So erschließen sich ETFs neue Kundengruppen.

Trotzdem machen ETFs in Europa heute erst 3 Prozent der gesamten Fondsanlagen aus. In den USA liegt der Anteil bereits bei 14 Prozent. Hier hat Europa also noch ein enormes Aufholpotential, insbesondere im Privatkundenmarkt. Dass ETFs auch in diesem Markt bereits mit großen Schritten vorangehen, zeigen die Bestände von Onlinebrokern. Im Mittel liegen diese bereits heute bei über 20 %!

  1. Wie viele ETFs werden insgesamt auf der Plattform gelistet, und sind die alle in Deutschland erhältlich?

Auf unserer Plattform sind alle in Europa aufgelegten ETFs verfügbar. Nicht alle sind in Deutschland auch zum Vertrieb zugelassen oder an einer deutschen Börse handelbar. Die Zahl liegt aktuell bei rund 1.050 ETFs.

  1. Es gibt ja mittlerweile echte Strategie-ETFs, wie etwa Short-ETFs. Was ist die aus Deiner Sicht der ausgefallenste ETF?

Ehrlich gesagt, beschäftige ich mich mit ETFs, die sinnvoll in einer langfristig ausgerichteten Anlagestrategie eingesetzt werden können. Von daher möchte ich hier keine Exoten herausstellen, die in der Regel nur etwas sind für Spezialisten.

  1. Weißt Du, wie hoch das dahinter stehende Anlagevermögen ist?

Siehe Frage 6.

  1. An Deinem Vortrag an der Stuttgarter Börse am 27.11.2015 war ich beeindruckt, was Ihr für ein Datenmaterial über ETFs habt. Wie können das Anleger optimal nutzen?

Wir haben die wohl beste ETF-Suche in ganz Europa mit ETF-spezifischen Datenpunkten. Die Suche ermöglicht schnelle Vergleiche verschiedener ETFs; auch grafisch. Eng mit der Suche sind unsere Anlageleitfäden verknüpft, in denen wir Anlagethemen und die darauf verfügbaren Indizes und ETFs miteinander vergleichen. Zudem haben wir Marktüberblicke geschaffen, die es jedem Anleger ermöglicht, die taktische Bandbreite von ETFs für sich zu nutzen. Diese Informationen sind auch frei zugänglich auf unserer Homepage.

  1. Wir erleben ja derzeit einen richtigen FinTech-Gründungsboom. Der Trend scheint dabei immer mehr zu transaktionsbezogenen Leistungen zu gehen. Einige Anbieter wie Vaamo oder easyfolio setzen dabei ebenfalls auf ETFs. Plant Ihr solche Angebote auch (gegebenenfalls in Zusammenarbeit) mit einem anderen Anbieter?

Unser Credo ist „ETF-Portfolios leicht gemacht“. Partnerschaften, die hierzu beitragen können, evaluieren wir ständig. Mehr kann ich an dieser Stelle nicht sagen.

  1. Wie positionieren sich ETF-Anbieter und traditionelle Fonds strategisch in Bezug auf innovative Anlagemöglichkeiten aus dem FinTech-Segment

Sie erstellen ihre eigenen Anlagekonzepte und eruieren Beteiligungen an innovativen Konzepten.

  1. Was sollte man als Bank, KAG und so weiter in Deutschland tun, um das Risikobewusstsein für Kapitalanlagen zu verbessern? Das scheint ja insbesondere vor dem Hintergrund niedriger Zinsen immer notwendiger zu werden.

Es fehlt an nötiger Finanzbildung in Deutschland. Wir müssen Privatanleger stärker über den Zusammenhang zwischen Risiko und Rendite von Anlagen und der zentralen Bedeutung der bei der Geldanlage entstehenden Kosten aufklären.

  1. Man liest immer häufiger etwas über die Frage swapbasierter vs. Full Replication ETFs. Einige Anleger verunsichert dies. Spielt das heute eine Rolle, und wie sind hier die aktuellen Trends?

Dies ist eine Diskussion, die vor drei Jahre geführt wurde. Damals waren die Lager klar voneinander getrennt. Es gab Anbieter von physischen ETFs und solche, die synthetische Replikationen zur Abbildung der Indizes einsetzten. Heute gehen die großen Anbieter dazu über, auf physische Replikation umzustellen, wo dies sinnvoll ist. Jedoch wurden manche Anlageklassen erst über synthetische ETFs darstellbar. So zum Beispiel der Bereich des Geldmarkts oder der Rohstoffe. Somit haben beide ihre Daseinsberechtigung, und es gilt von Index zu Index abzuwägen, welche Methode dem Anleger den größten Nutzen bringt.

  1. Wenn immer mehr Anleger in passive ETFs gehen, wer sorgt dann überhaupt noch dafür, dass neue Informationen in die Kurse einfließen? ETFs handeln ja nur mechanisch die Aktien, was auch die Gefahr sich selbst verstärkender Trends mit sich bringt.

Dies sehe ich nicht. Wie schon erwähnt, sind lediglich 3 % aller Fondsanlagen in Europa in ETFs. Zudem werden ETFs nicht nur von Buy-and-Hold-Investoren genutzt. Ganz im Gegenteil. Gerade im institutionellen Segment spielt das taktische Investieren eine sehr große Rolle. So bewegen Informationen heute ganze Marktsegmente und nicht nur Einzeltitel.

Es wäre aber auch illusorisch, zu glauben, dass passives Investieren irgendwann aktives Investieren komplett ablösen würde. Beide bedingen sich und werden immer nebeneinander existieren.

  1. Wie sieht Deine eigene Anlagemischung aus?

Ich spare aktuell in ein paar Aktien-ETFs monatlich Geld an. ETF-Sparpläne sind ideal für die eigene Vorsorge, aber auch zum Beispiel zur Vorsorge für die eigenen Kinder. Sie sind die Kostenführer unter den Vorsorgeprodukten. So geht jeder gesparte Euro quasi 1:1 in meinen Vermögensaufbau ein. Dies kann ich jedem empfehlen, der für sich selbst, seine Kinder oder Enkel etwas Geld langfristig anlegen möchte.

  1. Wie finanziert sich die Plattform?

Hinter justETF steht ein inhabergeführtes Unternehmen. Wir finanzieren uns durch unsere Umsätze aus Mitgliedsbeiträgen der Premium-User sowie aus Werbeeinnahmen.

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