Der nicht so erstaunliche Wandel der Bankenposition zu Griechenland

by Dirk Elsner on 20. Februar 2015

Als ich am Dienstag dieser Woche las, dass Banken eine harte Linie gegen Athen fordern, war ich zwar nicht überrascht, habe mich aber ein wenig über die Wortwahl gewundert. In der Wiwo konnte man dazu lesen:

„Deutsche Banken lehnen im Schuldenstreit weitere Zugeständnisse an Griechenland ab. Aus ihrer Sicht wäre eine Pleite Athens wohl kein ganz großes Drama – die Institute sind für den Grexit bereits vorbereitet.“

Bestens vorbereitet meint hier wohl, dass deutsche Banken keine großen ungesicherten Forderungen mehr gegen den griechischen Staat oder Banken haben. Weil es so schnell Vergessenheit geraten ist, will ich daran erinnern, wie sich Banken vor vier Jahren mit den merkwürdigsten Argumenten gegen einen Schuldenschnitt Griechenlands gewehrt haben und glaubten, quasi eine Rechtsanspruch auf europäische Rettung gehabt zu haben.

Ich hatte darüber 2011 geschrieben in „Weil europäische Staatsanleihen per Gesetz sicher sind, müssen sie garantiert werden“. Dort zitierte ich auch Andreas Schmitz, den damaligen Chef des Bankenverbandes, der in einem Interview mit der ZEIT sagte:

“Ich bin zutiefst Anhänger eines jahrhundertealten Prinzips: Wenn jemand eine Anlage tätigt, dann hat er selbst für die Risiken einzutreten und nicht die Gemeinschaft – also der Steuerzahler. Aber in der Staatsschuldenkrise sind Investoren betroffen, die mit der Aussage geködert wurden, dass es sich um absolut sichere Anlagen handle. Die Banken und noch weitaus stärker die Pensionskassen und Versicherungen wurden gedrängt, in Staatsanleihen zu investieren. Ohne diese Investoren, die nach besonders sicheren Anlagen suchen, wäre die Finanzierung der Staatsschulden schon längst am Ende. Wenn wir dieses Vertrauen jetzt enttäuschen, laufen wir möglicherweise in die Finanzmarktkrise 2.0 hinein.”

Der Hintergrund dieser und vieler weiterer Aufreger vor vier Jahren war klar: Auch deutsche Banken hatten große Forderungsposition gegen den griechischen Staat und Banken. Durch die europäischen Rettungsmaßnahmen konnten diese Schritt für Schritt abgelöst werden. Die privaten Forderungen der Banken und anderer Kapitalmarktteilnehmer wurden Schritt für Schritt getauscht in durch europäische Institutionen abgesicherte Forderungen. Ich hatte dazu bereits 2011 geschrieben (z.B. hier), dass es bei der ganzen Aufregung um Griechenland vor allem auch um die Stabilisierung des europäischen Bankensystems ging.

Spiegel Online hat das gerade in dem Faktencheck: „Rettet Europa Griechenland – oder nur die Banken?“ noch einmal aufgearbeitet und schreibt u.a.:

„Von den bis Mitte 2013 nach Griechenland geflossenen knapp 207 Milliarden Euro sind gut 77 Prozent direkt (58,2 Milliarden für Bankenrekapitalisierung) oder indirekt (101,3 Milliarden für Gläubiger des griechischen Staates) an den Finanzsektor geflossen. Für den Staatshaushalt blieben aus den Rettungsprogrammen weniger als ein Viertel.

Viele europäische Kreditinstitute haben sich längst von ihren griechischen Papieren getrennt. Statt einstmals 272 Milliarden Euro sind es laut BIZ derzeit nur noch 34 Milliarden Euro. Daher können Banken in Deutschland oder Frankreich nicht mehr so leicht in Schieflage geraten, wenn sich in Griechenland die Krise verschärfen sollte.“

Wenn Banken also heute sagen, sie seien bestens gerüstet, dann ist das zumindest ein deutliches Zeichen für eine Stabilisierung. Aus Sicht des Finanzsystems ist das eine gute Nachricht, denn weiterhin ist die Stabilität eines Finanzsystems eine wichtige Komponente für wirtschaftliche Aktivitäten. Die Öffentlichkeitswirkung dagegen finde ich fatal, weil die dahinter stehende Botschaft lautet: Wir sind unsere Risiken mal wieder losgeworden, denn nun haften die europäischen Steuerzahler. Vielleicht wäre es hier besser gewesen, einfach mal zu schweigen. Das können die Banken ja sonst auch gut, wenn sie selbst in der Krise stecken.

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