Umgang und Risiken mit der Finanzmarktabsurdität Negativzins

by Dirk Elsner on 20. April 2015

Mich sorgt zunehmend die Marktabsurdität “Negativzins”. Noch mehr sorgt mich allerdings, dass sich die öffentliche Debatte über die negativen Zinsen für Geldanlage und neuerdings auch Kredite, darauf konzentrieren, dass Anleger kein Erträge mehr erhalten aus ihren angelegten Gelder. Für meinen Geschmack steht noch zu wenig im Fokus, was die Negativzinsen für die Finanzmarktpraxis und vor allem für die Finanzmarktstabilität bedeuten. Ich glaube, wir sind aktuell noch weit davon entfernt, wirklich verstanden zu haben, was hier eigentlich genau passiert.

In meiner aktuellen Kolumne Finanzevolution für Capital beleuchte ich ein paar Aspekte zu den negativen Zinsen unter dem Titel

Negativzinsen – Risiken und Nebenwirkungen

Natürlich ist das nicht umfassend. Aber der Beitrag macht deutlich, wie auch hinter den Kulissen der Finanzmärkte das “Phänomen” für Kopfzerbrechen sorgt. Es ist auch spannend festzustellen, wie sich die Argumente verändern. Die negativen Zinsen etwa für Anleihen der Bundesrepublik wurden noch damit gerechtfertigt, dass Anleger quasi Geld für die sichere Aufbewahrung ihrer Finanzen zahlen. Wenn das Argument richtig ist, wäre es gleichzeitig ein großes Misstrauensvotum für andere Formen der Geldanalagen, etwa auch für die Bonität der Banken. Denn wenn ein institutioneller Anleger lieber 0,5% für eine Bundesanleihe zahlt, als 0,25% für eine Bankeinlage zu bekommen, heißt das nichts anderes, als das er das Risiko der Bankeinlage für zu hoch hält.

Aber wie begründet man nun, dass selbst für Kredite an Privat- und Unternehmenskunden die ersten Fälle mit Negativzinsen auftauchen. In der Kolumne schreibe von der Financial Times verbreiteten Meldung, einer in Danmark arbeitenden Sexualtherapeutin, die von der Realkredit Danmark, einer Tochter der Dankse Bank, 0,0172 Prozent Zinsen für einen Kredit erhalten soll. Und auch die staatliche deutsche Förderbank KfW soll sich darauf vorbereiten, Kunden künftig etwas für Kredite zu bezahlen.

Mit negativen Zinsen für Kredite wird das jahrelang vermittelte Modell, aus welchen Komponenten Zinsen bestehen, auf den Kopf gestellt. So müssen Zinsen neben den Kosten für den Kredit, vor allem auch die verschiedenen Risiken abdecken. Und eines dieser Risiken ist das Ausfallrisiko. Das Risiko, das ein Kreditraten nicht vereinbarungsgemäß zurückgezahlt wird, ist nicht Null und kann nicht negativ werden. Theoretisch kann mich sich zwar Fälle mit bestimmten Annahmen konstruieren, in denen auch negative Zinsen, die Risikoprämie verdienen, dennoch bleibt das für mich absurd. Ich habe aber erhebliche Zweifel, ob die hinter solchen Kalkulationen stehenden Annahmen zum Risiko wirklich sachgerecht sind.

Eine andere Frage, die ich in der Kolumne ebenfalls nur anreißen kann, werde ich in den nächsten Tagen noch einmal vertiefen. Das ist die Frage, wie sich eine “Normalisierung” der Zinssätze auf die Bankbilanzen und Finanzmarktstabilität auswirkt. Hier habe ich mittlerweile ganz große Bauchschmerzen.

see here site April 25, 2015 um 11:06 Uhr

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Stefan Rapp April 21, 2015 um 22:51 Uhr

Und hier noch eine künstlerische Aufarbeitung des Themas Wachstum
http://youtu.be/MTSitlFXEX8

Nixda April 21, 2015 um 12:38 Uhr

@Stefan Rapp: Das Thema Crowding Out von Krediten ist nicht mehr relevant, sondern die Situation ist ja genau die umgekehrte: Zu viel Sparkapital trifft auf zu wenig Kreditnachfrage. Deshalb hätte eine Verbindung der Themen auch nicht den gleichen Effekt, sondern wäre auch sehr viel teurer.

Das Umlagesystem hat gegenüber dem ersparnisbasierten System den Vorteil, das keine Gelder gespart werden müssen, die an jemanden verliehen werden müssen.

Eine Kreditaufnahme des Staates hat den Vorteil, dass vorhandene Sparwünsche auf einen Kreditwürdigen Kreditnehmer treffen (und nebenher dringend notwendige Investitionen wieder getätigt würden).

Privatisierung z.B. von Verkehrsinfrastruktur und Mauterhebung wäre eine einseitige Politik für die Banken und die Versicherungen. Der Staat kann sich zu negativen Zinsen finanzieren, wenn ich einen privaten Investor z.B. 5% Rendite verspreche, dann ist das unter dem Strich für den Steuerzahler deutlich teurer und ist nur eine weitere staatliche Förderung von Kapitaleinkommen auf Kosten der arbeitstätigen Nutzer der Infrastruktur.

Stefan Rapp April 21, 2015 um 22:26 Uhr

Ich will ja genau nicht das Umlagenfinanzierte System durch ein Kapital gedecktes ersetzen sondern es zusätzlich mit einem Staatsfont ergänzen der eben das überschüssige Sparpotenzial abgreift um es dann eben mehr oder weniger direkt vom Staat in die Infrastruktur investiert, damit es eben nicht durch die Hände von Banken und Versicherungen läuft.

Trotzdem frage ich mich ob ein Versicherer, vielleicht besser ein
Direktversicherrer ohne teure Vertriebsstruktur es hinbekommen könnte, effektiver inclusive der eigenen Kosten in die Infrastruktur zu investieren als dies der Staat kann. Zumindest könnte das der Staat in einer experimentellen Größenordnung mal ausprobieren, je nach Entwicklung könnte er dies dann weiter ausbauen oder bei Ineffizenz wieder einstellen.

Nixda April 20, 2015 um 15:15 Uhr

Kurt Tuchholsky schrieb 1931 in seinem Kurzen Abriß der Nationalökonomie:

„Die Grundlage aller Nationalökonomie ist das sog. „Geld“. Geld ist weder ein Zahlungsmittel noch ein Tauschmittel, auch ist es keine Fiktion, vor allem aber ist es kein Geld. Für Geld kann man Waren kaufen, weil es Geld ist, und es ist Geld, weil man dafür Waren kaufen kann. Doch ist diese Theorie inzwischen fallen gelassen worden. Woher das Geld kommt, ist unbekannt.“
Die Forschung ist bei diesem Thema bis heute nicht weiter gekommen, auch deshalb weil die vorherrschende neoklassische Leere eine eher agnostische Ansicht zum Thema Geld hat.

Einer der neueren Ansätze ist der Debitismus, der jede Form von Geld als eine Form von Kredit begreift. Bargeld sind verbriefte Zentralbankkredite, Zentralbankgeld sind die von der Zentralbank an die Geschäftsbanken vergebenen Kredite, Giralgeld ist das vom Privatsektor an die Geschäftsbanken vergebenen Kredite usw. In jeder Form kann Geld immer nur existieren, wenn es einen Kreditgeber und einen Kreditnehmer gibt.

Man könnte daher den negativen Zins als Ergebnis der Tatsache auffassen, dass die Wunsch Geldvermögen zu halten schneller gewachsen ist, als sich im gleichen Ausmaß kreditwillige und kreditfähige(!) Kreditnehmer finden ließen, wenn zum Beispiel der Staat keine neuern Kredite aufnimmt. Dazu kommt, dass es ein selbstverstärkender Prozess ist: Wenn die Zinsen niedrig sind, muss ich z.B. für meine Altersversorge noch mehr sparen, was die Sparneigung paradoxerweise noch verschärft.

Eine zweite Sichtweise wäre, dass die Summe aller Zinszahlungen in der Wirtschaft dauerhaft nicht schneller wachsen kann, als die reale Wirtschaft plus die Inflation. Bei einer stagnierenden Wirtschaft und deflationären Preisentwicklungen ergibt sich ein negativer Zins dann quasi automatisch, wenn die Geldmenge wie in den letzten Jahren übermäßig schnell wächst.
In beiden Fällen ist aber nicht die Zentralbankgeldmenge der auslösende Faktor, sondern die Geldschöpfung durch Verlängerung der Bilanzen der Geschäftsbanken.

Was könnte man machen? Das Rentensystem zum Beispiel auf Umlagesystem umstellen, dann würde weniger Zwang zum Sparen herrschen. Oder wieder mehr Staatsverschuldung zulassen und Infrastrukturinvestitionen vornehmen. Aber da stehen uns ideologische Hemnisse im Wege.

Stefan Rapp April 21, 2015 um 10:59 Uhr

„Was könnte man machen? Das Rentensystem zum Beispiel auf Umlagesystem umstellen, dann würde weniger Zwang zum Sparen herrschen. Oder wieder mehr Staatsverschuldung zulassen und Infrastrukturinvestitionen vornehmen. Aber da stehen uns ideologische Hemnisse im Wege.“

@Nixda und warum nicht beide Aspekte verknüpfen einen Rentenstaatsfond schaffen der auch in Infrastruktur investiert, dann kann man für die Rente sparen und braucht keine Neuverschuldung des Staates welche eventuell Kapital für potenzielle investitionen an anderer Stelle abschöpft.

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