Der FinTech-Agent wird vieles verändern

by Gastbeitrag on 21. April 2015

Gastbeitrag von Spiros Margaris*

In einem meiner vorherigen Innovationsvorschläge, der „FinTech Supermarket“, ging es um die Möglichkeit der offenen Auswahl der besten FinTech-Partner, um so den Bankkunden das beste Finanz-Dienstleistungspaket unter einem Dach zu offerieren.

Die Rolle des von mir hier vorgeschlagenen FinTech-Agenten wird es sein, für die Kunden die Gebühren und Dienstleistungen der Banken und vor allem unzähliger FinTechs zu vergleichen und damit schlussendlich bessere direkte oder indirekte Konditionen für sie zu erwirken.

Es geht damit um eine der wichtigsten, wenn nicht sogar um die wichtigste Bastion der Banken, nämlich letztendlich um die Gebühren.

Dieses neue Agenten-Geschäftsmodell beinhaltet eine Business Innovation, eine Art intermediäres System. Es soll für Kunden nicht nur die besten FinTech-Unternehmen und damit die erfahrensten Dienstleistungspartner, sondern auch die Partner mit den besten Preis-Leistungs-Verhältnissen bereitstellen.

Somit erhält der Kunde Anregungen und Möglichkeiten, die Gebühren der Banken anpassen oder mindestens die besseren Konditionen – mit dem Agenten oder selbst – aushandeln zu können. Die Agent-Geschäftsstrategie wird somit die Spielregeln der Finanzinstitute in Richtung „A Game Changer“ für immer ändern.

Ein Beispiel für diese Entwicklung ist moneymeets.com. Gestartet als erstes soziales Netzwerk für Finanzthemen in Deutschland ist die Plattform mittlerweile führender Aggregator für 8 Banken und mehr als 150 Versicherer. Für alle Produkte dieser Partner werden alle Vertriebskosten transparent gemacht und mit den Usern geteilt.

Für die neuen Dienstleister scheint das Motto „Es ist Zeit, die Karten neu zu mischen“ schon immer prägend gewesen zu sein.

In der Versicherungsbranche ist es schon üblich, dass Versicherungsbroker für den Kunden jeweils passende Angebote vergleichen und daraus das Optimale offerieren. Und es gibt schon jetzt FinTechs, die auch mit den Banken und Versicherungen – aber nur für ihre eigenen Kunden – bessere Gebühren aushandeln.

Neben dem Angebot von Versicherungsbrokern (in Deutschland „Versicherungsmakler“) sind mittlerweile online-Vergleichsportale für Versicherungen sehr aktiv, sodass sogar die Kunden jetzt die Kosten für ihre bestehenden Versicherungen senken können, ohne die Versicherungsgesellschaft zu wechseln.

Dagegen wird der Agent im Finanzbereich alle für den Kunden passenden FinTech-Leistungen und Preise auf dem Markt mit allen Dienstleistungen der in Frage kommenden Banken analysieren, evaluieren und dann ein perfektes Angebot offerieren.

Ein passendes Beispiel für diese Anwendung kann hier der stark wachsende Bereich des Robo-Advice sein, bei dem eine digitale Vermögensverwaltung ermöglicht und die klassische Form der Anlageberatung ersetzt wird.

Mit dem Agenten wird nun bei wachsendem Angebot von Dienstleistungen somit ein ganz neuer Markt geschaffen, der alle Beteiligten – Kunden, FinTechs und Banken – über kurz oder lang in die Zukunft führt, die bessere Dienstleistungen, Preis-Leistungs-Verhältnisse und Wettbewerbsfähigkeit verspricht.

Zusammenfassend die Vorteile für die Kunden:

  • Tiefere Gebühren und somit höhere Rendite und Ersparnisse.
  • Größere Auswahl von Best-in-Class Finanz-Dienstleistungen.
  • Bessere Preis-Leistungs-Verhältnisse.

und hier für die Banken:

  • Schnellere Adaption von neuen digitalen Angeboten und Technologien.
  • Höhere Wettbewerbsfähigkeit und erhöhte Überlebensfähigkeit durch angepasste Geschäftsmodelle.
  • Stärkung von Zukunftsaussichten und Branding.

Natürlich sollte erwähnt werden, dass das Vordringen der neuen Dienstleistungsbranche Veränderungen mit sich bringt, die für viele Beteiligten auch sehr schmerzlich sein werden. Auch wird sich durch den grösseren Wettbewerb und dem damit verbundenen Margendruck das Gewinnniveau der Branche allgemein auf einem niedrigeren Niveau einpendeln.

Um diesem Trend entgegenzukommen, muss ein Finanzinstitut einen klaren Mehrwert und einzigartiges Kundenerlebnis bieten können, um die Margen hoch zu halten. Apple kann hier als zukünftiges Geschäftsmodell-Vorbild betrachtet werden, da dieses Unternehmen in seiner hart umkämpften Branche bisher sehr erfolgreich seine Margen hochhalten konnte.

Der Trend im Finanzsektor lässt sich nicht mehr rückgängig machen. Die umwälzende technologische Innovation (disruptive innovation) mit dem Auftreten der neuen Dienstleister bringt aber bessere Chancen, die Kundenbedürfnisse zu befriedigen.

Die FinTechs sind spezialisiert und fokussiert, sich an die Träume und Wünsche der Kunden anzupassen und dies flexibler als die großen Finanzunternehmen. Zudem sind ihre Berechtigung und Zukunft immer mit den zufriedengestellten Kundenbedürfnissen und -wünschen verknüpft.

Ein weiteres Argument für die Zukunft der neuen Branche ist es, dass sie nicht durch Strukturen oder politisch motivierte und alteingesessene Firmenkulturen zurückgehalten werden, ihre Ziele zu erreichen.

Banken müssen sich warm anziehen, denn die Strukturveränderungen werden unaufhaltsam fortschreiten. Der ganze Trend erinnert mich sehr an die Dotcom-Zeit, die ich miterlebt habe. Obwohl viele der Dotcoms nicht mehr existieren, sind die Überlebenden nicht mehr wegzudenken und haben unser Leben für immer verändert.

So werden auch die digital auftretenden Dienstleister die Zukunft der heutigen Finanzinstitute und auch ihre eigenen Wettbewerber verändern und viele werden nicht überleben. Was aber sicher ist, sie werden unser aller Verständnis und Erwartungen für Finanzdienstleistungen für immer auf ein neues Niveau heben und neue Märkte schaffen. Und dies ist erst der Anfang.

Der FinTech-Agent wird das mächtige Öl sein, welches den Motor der Finanzindustrie erst richtig in Fahrt bringt.

“Empowering” innovations transform complicated, costly products that previously had been available only to a few people, into simpler, cheaper products available to many. Empowering innovations create jobs for people who build, distribute, sell and service these products.” Clayton Christensen


* Spiros Margaris ist Gründer und Geschäftsführer der Beratungsboutique MARGARIS ADVISORY. Er besitzt einen MBA von der Toronto University & EMBA der Universität St. Gallen (HSG) sowie über 20 Jahre internationale Berufserfahrung im Investment Management für institutionelle Kunden, Family Offices und HNWIs. Er veröffentlicht regelmäßig Beiträge zu innovativen Lösungen und Strategien.

Der Beitrag ist zunächst auf der Webseite von Spiros Margaris erschienen. Der Crosspost hier erfolgt mit seiner Zustimmung

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