Die Rolle der Fronting Bank im FinTech-Ökosystem

by Gastbeitrag on 8. September 2015

Gastbeitrag von Richard Zedlitz*

Wer heute über Startups in der Finanzbranche liest und auf FinTech-Konferenzen unterwegs ist, trifft auf viel Entschlossenheit und Begeisterung. Oftmals haben es sich die Unternehmensgründer zum Ziel gesetzt, die Finanzbranche zu revolutionieren. Ausgestattet mit einem kundenorientierten Mindset entwickeln sie auf die Zukunft ausgerichtete Produkte und Services für das Banking im digitalen Zeitalter.

Viele dieser FinTech-Produkte stehen daher klar im Wettbewerb zu den traditionellen Geldinstituten. Da Banken bekanntlich auch untereinander bereits konkurrieren, sind FinTechs vor allem ein neuer Player auf einem Markt, der bis vor kurzem überwiegend Marktteilnehmern mit einer Banklizenz vorbehalten war.

Das kommt unerwartet – viele der klassischen Geldinstitute können daher bei dem Tempo, das FinTechs bei ihrer Produktentwicklung an den Tag legen, nicht mithalten. Und so sehen sich Banken natürlich auch in ihrem Geschäftsmodell bedroht.

Ein FinTech muss sich aber von Beginn an die Frage stellen, ob und inwiefern seine Geschäftstätigkeit der Bankerlaubnis unterliegt.

Hier wäre nach § 1 des Gesetzes über das Kreditwesen (KWG) primär der Zahlungsverkehr, das Kredit- und Einlagengeschäft oder der Wertpapierhandel zu nennen. Auch wenn die Erlaubnispflicht vielleicht nur einen Teil der Geschäftsprozesse betrifft, sind die damit verbundenen Anforderungen des Gesetzgebers zu erfüllen.

Bankgeschäfte – komplex und erlaubnispflichtig

Die Produktpalette einer Bank ist traditionell sehr umfangreich, während sich FinTechs immer auf eine ganz bestimmte Nische spezialisieren.

Darüber hinaus unterliegen Banken durch das KWG der strengen Aufsicht des Gesetzgebers. Kreditinstitute müssen gesetzliche und regulatorische Anforderungen einhalten – ein wesentlicher Punkt, der von den FinTech-Unternehmen häufig vernachlässigt wird. Diese Vorgaben sind aber notwendig, um einen funktionierenden und robusten Finanzmarkt zu gewährleisten.

Weiterhin ist auch die Steuerung des IT-Systems einer gesamten Bank in ihrer Komplexität nicht zu unterschätzen. Insbesondere die Schnittstellen zu Börsen, Clearinghäusern und Zahlungsverkehrssystemen sind sehr kritisch und erfordern höchste Sensibilität. Diese Problematiken bleiben den FinTechs zumeist erspart.

Expertise und Infrastruktur als Stärke einer Partnerbank

Die strenge Regulierung auf dem Finanzmarkt stellt eine nicht zu unterschätzende Markteintrittsbarriere dar. Eine Banklizenz ist demnach Pflicht für jeden, der im Inland Bankgeschäfte betreiben will – ob nun gewerbsmäßig oder in einem Umfang, der einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert.

Doch die Gründung einer Bank ist schon allein durch die Antragskriterien nicht nur ein sehr langwieriges, sondern auch teures Vorhaben. Paragraph 33 Abs. 1 Satz 1 Nr.1d KWG schreibt mindestens 5 Millionen Euro Kapitaleinlage vor. Und weil hier die Kosten für die Bereitstellung der Infrastruktur, die Risikotragfähigkeit und den jährlichen Betrieb einer Bank noch gar nicht enthalten sind, geht der insgesamt benötigte Kapitalbedarf für eine Bankgründung noch weit darüber hinaus.

Die Alternative dazu besteht in einer Zusammenarbeit mit einem bereits lizensierten Kreditinstitut. Mittlerweile gibt es auch einige Banken, die Kooperationen mit FinTechs als Geschäftsfeld entdeckt haben.

Die „Old School“, also Banker mit langjähriger Kenntnis im klassischen Bankgeschäft, kann den Unternehmensgründern mit Wissen und Erfahrung zur Seite stehen. Denn bei aller Innovationskraft der FinTechs ist häufig nicht jede Idee so realisierbar, wie anfangs geplant. Und wer in der Branche gleichartige Startups vergleicht, erkennt schnell, wo den „jungen Wilden“ einige „alte Hasen“ wegweisend zur Seite gestanden haben. Ganz nebenbei sind durch eine effektive Zusammenarbeit auch erhebliche Kosteneinsparungen möglich.

Somit sollte es Anspruch sein, die Ideen der Startups und die Erfahrung der Old School zusammen zu bringen. Insbesondere wenn FinTechs auf engagierte Bankmitarbeiter treffen, die der Geschäftsidee positiv gegenüber stehen, steigen die Erfolgschancen für das neue innovative Produkt erheblich.

Vom Fronting Banking zur gemeinsamen Kooperation

Der Begriff „Fronting“ kommt ursprünglich aus dem Kreditgeschäft und hier insbesondere aus der Syndizierung von Krediten. Die Fronting Bank vertritt die unterbeteiligten Banken im eigenen Namen, aber eben auf fremde Rechnung. Die kreditausgebende Bank steht gegenüber dem Kreditnehmer also an der „Front“.

Mittlerweile spricht man von „Fronting Banking“ aber auch dann, wenn in einem Geschäftsmodell eines Startups bankerlaubnispflichtige Tätigkeiten vorkommen, diese aber von einer Partnerbank übernommen werden.

Beispiel Crowdfunding Plattform

Genauer lässt sich das leicht an einer Crowdfunding Plattform verdeutlichen: Der Abschluss eines Kreditvertrages und die Ausreichung des Kredites können eine erlaubnispflichtige Tätigkeit darstellen und benötigen eine Fronting Bank. Diese führt die Tätigkeiten in eigenem Namen und auf fremde Rechnung aus. Die nach dem Verkauf des Kredites an einen Dritten anfallenden Dienstleistungen, wie die Kreditsachbearbeitung, lösen aber zumeist keine Erlaubnispflicht aus.

In vielen anderen FinTech-Projekten, zum Beispiel der Einlagenvermittlung, benötigt man keine Fronting Bank sondern eine Partnerbank, die verschiedene Dienstleistungen, wie beispielsweise die Kontoführung, für das FinTech erbringt. Hier relativiert sich der Begriff „Fronting Bank“, denn das FinTech steht an der Front und die Bank übernimmt nur eine Teilfunktion innerhalb des Produktangebotes.

Weiterhin kann während einer Kooperation zwischen Bank und Startup rechtlich gesehen auch eine Auslagerung auf das FinTech stattfinden. Ist dies der Fall, muss die Bank gemäß den §§ 25b und 25c Abs. 4a Nr.6 KWG darauf achten, dass das FinTech bestimmte aufsichtsrechtliche Anforderungen erfüllt. Dazu gehört auch, mit einer schriftlich fixierten Ordnung und klaren Zuständigkeiten eine ordnungsgemäße Organisation nachzuweisen.

Erfahrung nutzen, innovativ und mutig handeln

Manch „junger Wilder“ wird jetzt über viel zu viel Bürokratie, mangelnde Flexibilität oder gar fehlende Zukunftsorientierung bei den Banken klagen. Dennoch: Auch wenn die Produkte der FinTechs innovativ sind und den Markt verändern und sogar beleben – die Old School hat schon viel erlebt – und viele Fehler gemacht.

Aus diesen Erfahrungen wurden Regeln und Normen entwickelt. Sowohl in der Bankenaufsicht, als auch in den Prozessen des Bankings. Bei einer Zusammenarbeit kann dieses Wissen weitergegeben werden – hilfreich für jeden, der im FinTech-Bereich aktiv ist.

Auf praxisorientierte juristische Beratung achten

Aber mit der Auswahl der Fronting Bank allein ist es noch nicht getan. Auch die Anforderungen an die rechtliche Gestaltung eines Geschäftsmodells sind hoch. Geldwäsche, Allgemeine Geschäftsbedingungen, Bankgeheimnis und Verbraucherschutz sind nur einige Themen, die zu berücksichtigen sind.

Nicht alles, was hier rechtlich möglich ist, ist in der Praxis umsetzbar oder für die Fronting Bank tragbar. Die Lösungen müssen daher gemeinsam und sorgfältig erarbeitet werden, idealerweise unter Einbeziehung einer sachkundigen und erfahrenen Rechtsanwaltskanzlei.

Die Setup-Gebühren der Fronting Bank spielen ebenfalls eine große Rolle, denn hohe Kosten schrecken Inkubatoren und Kapitalgeber häufig ab – schließlich ist deren Ziel ja nicht die Finanzierung der Fronting Bank, sondern die Förderung und die Investition in das FinTech-Unternehmen.

Fazit

Die Beziehung zwischen einer Kooperationsbank und einem FinTech ist meist kein wirkliches Fronting Banking, sondern vielmehr eine langfristig orientierte Partnerschaft oder Kooperation.

Ein Startup möchte nicht nur schneller und innovativer, sondern auch effizienter und besser als herkömmliche Marktteilnehmer agieren. Daher ist es enorm hilfreich, wenn ein FinTech auf Erfahrung und Expertise im Banking zurückgreifen kann. Von allen Branchen in der Startup-Szene haben FinTechs, die bankerlaubnispflichtige Geschäfte anbieten, mit Sicherheit die größten Hürden zu überwinden.

Die MHB-Bank, die Gründermaschine sowie die Rechtsanwaltskanzlei Schalast & Partner haben diese Herausforderung erkannt und arbeiten eng zusammen, um gemeinsam die auftretenden Problemstellungen aus den unterschiedlichen Fachbereichen abdecken zu können. Zudem können diese Themen auch auf der im Oktober stattfindenden Konferenz FinMeetsTech in Frankfurt mit diesen Unternehmen aber auch mit erfahrenen FinTech-Gründern diskutiert.

Denn von einer professionellen Umsetzung solider Geschäftsideen und der damit verbundenen Wertschöpfung profitieren zum Schluss alle Beteiligten. Insbesondere aber einer – und das ist der Kunde.

* Dieser Beitrag wurde von Richard Zedlitz im Rahmen seiner Werkstudenten-Tätigkeit bei der MHB-Bank verfasst. Der Beitrag wurde von Maximilian Voigt, dem Gründer der Gründermaschine GmbH zur Verfügung gestellt.

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