Die Autoindustrie im Umbruch – Teil 2

by Karl-Heinz Thielmann on 16. September 2015

Dieser Beitrag ist die Fortsetzung eines Artikels vom 14. September und beschäftigt sich mit grundlegenden Trends, welche die Automobilindustrie in den nächsten Jahren bestimmen werden:

1) Das Auto wird zur mobil vernetzten Technologieplattform

Das mobile Internet durchdringt seit einigen Jahren unser Leben in einer vorher kaum vorstellbaren Weise. Dies verändert auch die technischen Möglichkeiten des Automobils und die Anforderungen von Kunden. Das Fahrzeug tauscht während der Fahrt immer mehr Daten mit externen Dienstleistern oder Behörden aus. Daten über das Auto oder das Fahrverhalten werden gesendet und erlauben zum einen Versicherungen und der Verkehrskontrolle Aufschluss über das regelkonforme Verhalten eines Fahrers. Andererseits können bei Pannen oder Unfällen schnell Hilfsmaßnahmen eingeleitet bzw. schon online durchgeführt werden. Fahrer können online auf Dienstleistungen zurückgreifen, die das Fahren erleichtern; z. B. sich aktuell freie Parkplätze in einer Stadt anzeigen lassen. Passagiere können im Wagen auf das ganze Spektrum des mobilen Internetangebots zurückgreifen. Speziell in Asien hat sich die mobile Vernetzung eines Automobils als eines der Hauptkaufargumente bei Premium-Fahrzeugen entwickelt.

Nachteil dieser Entwicklung ist, dass die zunehmende Vernetzung der Automobile eine Sicherheitslücke für Hacker eröffnet. Automobilhersteller haben sich bisher sehr schwer getan, dieses ihnen im Grunde wesensfremde Problem richtig ernst zunehmen. Kritiker wie z. B. Andy Davis von der Internet-Sicherheitsfirma NCC werfen ihnen vor, relativ gedankenlos ein digitales Feature nach dem anderen in die Fahrzeuge einzubauen, ohne deren Interkonnektivität richtig zu begreifen.

So zeigen immer mehr Beispiele, dass sogenannte „Weiß-Hut-Hacker“, die keine bösartigen Absichten verfolgen und sich auf das Aufspüren von Sicherheitsproblemen spezialisiert haben, relativ einfach in die Bordelektronik eines Autos eindringen und dieses extern manipulieren können. Speziell Digitalradios haben sich als Einfallstor für Angreifer erwiesen, die sogar hiermit die Steuerung übernehmen oder Bremsen manipulieren konnten.

2) Neue Wettbewerber verschärfen die Konkurrenz

Die vergangenen 50 Jahre waren in der Automobilindustrie von einem gewaltigen Konsolidierungsprozess geprägt. Viele traditionelle Hersteller aus den Anfangsjahren der Branche sind entweder ganz verschwunden (wie z. B. Rover) bzw. in Konzerne wie Volkswagen (wie z. B. Porsche oder SEAT) integriert. Im Rahmen eines Verdrängungswettbewerbs haben sich die großen Produzenten aus Europa, USA und Japan am Weltmarkt gegenseitig Marktanteile angenommen. Speziell nach der Finanzkrise konnten sich nur wenige Anbieter wie Volkswagen, BMW, Toyota und Nissan behaupten.

Einziger gewichtiger Newcomer war Hyundai Motor aus Südkorea. 1968 fing das Unternehmen an, Ford-Fahrzeuge für den heimischen Markt in Lizenz zu bauen. Mithilfe eines britischen Ingenieurteams wurde mit dem „Pony“ das erste eigene Auto entwickelt und 1975 auf den Markt gebracht. In den 80er Jahren wurde mit Exporten nach Kanada und in die USA begonnen, wo die Wagen als Billiganbieter bei einer preisbewussten Kundschaft schnell Marktanteile gewinnen konnten. Ende der 90er Jahre verschob sich der Managementfokus hin zum Qualitätsmanagement, um in höhermargige Marktsegmente vordringen zu können. Dies gelang auch, 2014 war der Hyundai-Konzern mit 8 Mio. abgesetzten Automobilen weltweit auf Platz 4 der Absatzstatistik vorgerückt.

Hyundai Motor ist inzwischen zum Rollenmodell für eine ganze Reihe von Automobilfirmen aus Schwellenländern geworden. Die Entwicklungsschritte – 1) Lizenzproduktion; 2) einfache eigene Modelle für das Massengeschäft mithilfe externer Experten; 3) Wachstum durch Exporte im Niedrigpreissegment; 4) Vordringen in margenstarke Bereiche nach Qualitätsverbesserungen – sind die Blaupause speziell für die Strategie chinesische Autohersteller geworden.

In Europa noch unbekannte Unternehmen wie SAIC, Dongfeng, Changan oder BAIC haben in den vergangenen Jahren als Joint-Venture-Partner internationaler Konzerne wertvolle Erfahrungen gesammelt. Jetzt beginnen sie, mit eigenen Modellen den Massenmarkt von unten aufzurollen. Bisher sind sie damit noch nicht besonders erfolgreich, aber sie sammeln derzeit wertvolle Erfahrungen. In einigen Jahren werden einige damit auch international wettbewerbsfähig sein und zumindest im Massengeschäft den etablierten Anbietern das Leben schwer machen.

Einen anderen Weg hat Tata Motors aus Indien beschritten: den Kauf und die Wiederbelebung einer heruntergewirtschafteten europäischen Traditionsmarke: 2008 wurde Jaguar Land Rover erworben. Ein Führungsteam, das vor allem aus ehemaligen BMW-Managern unter Leitung von Ralf Speth besteht, hat die Firma saniert und nach dem Erfolgsrezept deutscher Premium-Hersteller neu ausgerichtet. Innerhalb weniger Jahre ist damit ein ernst zunehmender Wettbewerber für Daimler, BMW und Audi entstanden. Tata Motors hat damit etwas geschafft, was japanische Anbieter jahrzehntelang erfolglos versucht haben: Deutschen Anbietern im Premium-Segment Paroli zu bieten.

Doch nicht nur Anbieter aus Schwellenländern werden den Platzhirschen der Autoindustrie in den nächsten Jahren zu schaffen machen. Kapitalstarke Technologiefirmen wie Apple oder Google und Newcomer wie Tesla haben den Automobilbau als Expansionsfeld entdeckt. Sie gehen Fahrzeuge anders an als die traditionellen Hersteller: Nicht als Fortbewegungsmittel, das Technologie benutzt; sondern als neue Technologie, die sich in Bewegung befindet. Während bei Apple bisher wenig über die konkreten Pläne bekannt ist, testet Google schon seit einiger Zeit selbstfahrende Automobile.

Diese unterschiedliche Vorgehensweise bei der Konstruktion eines Autos, dieses nicht mehr als Fahrzeug, das einen Computer nutzt, sondern als einen Computer auf Rädern anzusehen, zeigt sich z. B. auch daran, wie die unterschiedlichen Wettbewerber bei der Einführung selbstfahrender Autos vorgehen: Während sich etablierte Autoproduzenten über die schrittweise Einführung von Assistenzsystemen in die neue Technologie vortasten; dürfte Google sein Angebot direkt mit einem völlig autonom fahrenden Automobil (ohne Lenkrad, Brems- und Gaspedale) starten, das keine hohen Geschwindigkeiten fahren kann. Es erscheint denkbar, dass Google damit vor allem eine urban orientierte sowie bisher wenig an einem eigenen Auto interessierte Kundschaft anspricht und damit eher den Markt erweitert als etablierte Anbieter verdrängt.

3) China ist kein El Dorado mehr

Das gesamte Wachstum im globalen Automobilabsatz der vergangenen 10 Jahre beruht im Wesentlichen auf einem Nachfrageanstieg in den Schwellenländern. Insbesondere wichtig war hierbei China. Das Land entwickelte sich von einem praktisch nicht existierenden Markt vor 25 Jahren zum inzwischen größten Automarkt der Welt. Im Jahr 2009 überholte der Autoabsatz in China das erste Mal den in den USA. Mehr als ein Viertel der globalen Produktion werden hier inzwischen verkauft. Der Markt ist inzwischen ca. dreimal so groß wie diejenigen der übrigen BRIC-Staaten Brasilien, Indien und Russland zusammengenommen.

Aber nicht nur beim Umsatz, sondern auch für die Profitabilität der Autoindustrie hat China eine entscheidende Bedeutung bekommen. Weit überdurchschnittliche Absatzpreise haben es Premium-Anbietern wie BMW ermöglicht, die Umsatzrendite auf über 10% im Gesamtkonzern zu steigern; vermutlich hingen in 2014 mehr als 50% der Gewinne von China ab. Für Massenanbieter wie GM ist das Land sogar überlebenswichtig. In 2013 wurde z. B. bei einem Umsatzanteil von 35% praktisch der gesamte Jahresgewinn des US-Konzerns in China erwirtschaftet.

Im ersten Halbjahr 2015 hat sich die Situation jedoch deutlich verschlechtert. Zum einen hat sich das Nachfrage-Wachstum deutlich abgeschwächt. Zum anderen gehen chinesische Wettbewerbsbehörden inzwischen gegen überhöhte Preise vor. Mercedes, Audi und Chrysler wurden mit Millionenstrafen belegt; BMW, Jaguar Land Rover und Lexus senkten „freiwillig“ ihre Preise deutlich. Einige Anbieter mussten ihrem Händlernetz mit Unterstützungszahlungen finanziell unter die Arme greifen.

Der Wettbewerbsdruck hat sich auch deshalb verschärft, weil die Produktionskapazitäten noch stärker gewachsen sind als die Nachfrage. Die Kapazitätsauslastung in chinesischen Autofabriken dürfte von ca. 95% in 2010 im ersten Halbjahr 2015 auf deutlich unter 70% gefallen sein. Als Faustregel wird gemeinhin angenommen, dass eine Produktionsstätte ca. 75% Auslastung benötigt, um profitabel arbeiten zu können. Hiervon sind viele Werke in China weit entfernt.

Langfristig dürfte der chinesische Automobilmarkt aufgrund der nach wie vor geringen Marktsättigung außerhalb von Metropolregionen wie Schanghai zwar ein Wachstumsmarkt bleiben. Kurzfristig steht jedoch ein zyklischer Abschwung bevor, der insbesondere die westlichen Premium-Hersteller hart treffen kann. Bei einem Wiederaufschwung muss angesichts der bestehenden Überkapazitäten befürchtet werden, dass sich zwar die Volumen, aber nicht die Margen erholen. Insofern werden die „goldenen Zeiten“ hochprofitablen und starken Wachstums für ausländische Anbieter in China auf jeden Fall vorbei sein.

Zwar werden sie auch weiterhin auf absehbare Zeit noch das Premium-Segment dominieren. Allerdings wird sich das Wachstum abflachen und der Wettbewerb verschärfen – was niedrigere Renditen zur Folge hat. Im Massengeschäft dürften die nicht-chinesichen Produzenten der inländischen Billig-Konkurrenz langfristig wenig entgegenzusetzen haben. Chinesische Anbieter haben zwar aufgrund ihrer Rückständigkeit und Verarbeitungsmängel bisher einen weitgehend schlechten Ruf und sind bei ihren Landsleuten unbeliebt. Dennoch gelang es ihnen, im schwierigen ersten Quartal 2015 wieder den Marktanteil um 4% auf 42% auszubauen. Dies lang nicht zuletzt an speziell für den Heimatmarkt neu entwickelten Mini-Geländewagen, die sich sehr gut verkauften.

Von entscheidender Bedeutung für die zukünftige Positionierung in China wird auch die Fähigkeit sein, ein attraktives Elektroauto anzubieten. Die chinesische Regierung hat im Rahmen ihres Kampfes gegen die Luftverschmutzung beschlossen, diese Technologie in Zukunft aggressiv voranzutreiben und will in 5 Jahren mit geplant 5 Millionen Fahrzeugen der größte Markt für Elektrofahrzeuge sein. Dabei wird allerdings ein eigenes Lade-System aufgebaut, das für importierte Autos – wie z. B. von Tesla – nicht ohne Weiteres kompatibel ist. Allerdings könnte sich dies zum Vorteil für ausländische Anbieter entwickeln, sofern sie den richtigen Kooperationspartner haben wie z. B. Daimler mit BYD oder Nissan mit Dongfeng.

4) Der Massenmarkt in entwickelten Ländern wird strukturell schrumpfen

Während es in den Schwellenländern im abgelaufenen Jahrzehnt einen Autoboom gab, stagnierte die Nachfrage in Japan und Nordamerika; in Europa ging sie deutlich zurück. Hierfür waren nur teilweise zyklische Faktoren verantwortlich, die mit dem Wirtschaftseinbruch nach der Finanzkrise zusammenhängen. In den entwickelten Ländern sind strukturelle Veränderungen erkennbar, die auch in Zukunft weiter Bestand haben werden und die Nachfrage nach Neuwagen nachhaltig belasten:

  • Die Bedeutung des Automobils als generelles Statussymbol nimmt ab. Speziell der Besitz eines eigenen Autos wird von vielen jüngeren Leuten nicht mehr als notwendig angesehen. Dies hängt sehr stark mit einer zunehmenden Urbanisierung zusammen. Stadtbewohner empfinden ein eigenes Auto und die damit verbundenen Kosten zunehmend als Belastung. Zudem stehen ihnen inzwischen vielfältige Mobilitätsangebote vom öffentlichen Nahverkehr bis zum Carsharing zur Verfügung, die flexible Alternativen zum eigenen Auto eröffnen.
  • Im Gegenzug werden Automarken und -modelle zunehmend als Ausdruck eines bestimmten Lifestyles wahrgenommen. Käufer, die sich mit diesen Lifestyles identifizieren, sind oft bereit, für ihren Wagen deutlich mehr auszugeben als ein Durchschnittskäufer, was erhöhte Margen ermöglicht. Insbesondere das Segment der Geländewagen hat in den vergangenen Jahren hiervon profitiert; aber auch Segmente für verbrauchsarme Ökoautos; Fahrzeuge für Familien oder für Yuppies sind entstanden. Die richtige emotionale Ansprache der jeweiligen Zielgruppe hat sich dabei als entscheidend für den Absatzerfolg erwiesen.
  • Verbesserte Haltbarkeit und eine gestiegene Bedeutung des Qualitätswettbewerbs haben dazu geführt, dass Automobile inzwischen inzwischen immer länger genutzt werden. Nach Angaben des Kraftfahrtbundesamtes war beispielsweise in Deutschland im Jahr 2000 ein Auto im Bestand durchschnittlich rund sieben Jahre alt. Dieser Wert nahm bis Anfang 2015 auf neun Jahre zu und erreichte damit einen neuen Rekord. Somit sinkt auch der Ersatzbedarf für neue Fahrzeuge.

In den entwickelten Märkten Nordamerikas, Europas und Japans ist deshalb ein Verdrängungswettbewerb zu erwarten. Für die heute schon schwachen Hersteller wie GM, Fiat, Peugeot, Honda oder Mazda besteht nicht nur die Gefahr, dass sie dauerhaft ihre Kapitalkosten nicht verdienen können. Langfristig sind sie in ihrer Existenz gefährdet, was z. B. Fiat-Chef Sergio Marchionne erkannt hat und deswegen derzeit relativ offen nach möglichen Fusionspartnern sucht.

5) Die Positionierung eines Autos als Lifestyle-Produkt und die Zuverlässigkeit werden von entscheidender Bedeutung für die Profitabilität von Automobilfirmen bleiben

Die 90er Jahre waren durch einen ruinösen Preiskampf zwischen Autoherstellern gekennzeichnet, die wiederum versuchten, ihre geringeren Absatzpreise durch radikale Kostensenkungen aufzufangen. Dies wiederum ging zulasten der Produktqualität. Am Anfang des 21. Jahrhunderts setzte zumindest bei einigen Anbietern ein Umdenken ein. Sie erkannten, dass Konsumenten nur bei guter Qualität bereit sind, einen Preis zu zahlen, der es ermöglicht, profitabel zu arbeiten. Zwei Aspekte der Qualität erwiesen sich dabei als besonders wichtig. 1) die technische Qualität i.S. von Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit; sowie 2) die emotionale Qualität i.S., dass der Besitzer mit der Marke seines Autos positive Emotionen verbindet.

Der Fokus auf Zuverlässigkeit hat speziell bei deutschen Premium-Herstellern wie BMW, Daimler Audi sowie insbesondere Porsche in den vergangenen Jahren zu ihren jüngsten Absatzerfolgen beigetragen. Bedeutsam war die Produktqualität aber insbesondere für den großen Gewinner im Massenmarkt der vergangenen Jahre, den südkoreanischen Hersteller Hyundai. Gemeinsam mit seiner Submarke KIA setzte das Unternehmen auf überdurchschnittliche Zuverlässigkeit und konnte innerhalb relativ kurzer Zeit das Image eines Ramschanbieters abstreifen.

Anbieter langlebiger Konsumgüter – wie Autos – haben ein grundsätzliches Problem: Je zuverlässiger ein Produkt, desto zufriedener sind zwar die Kunden, desto seltener kommt es aber auch zu Wiederholungskäufen. Insofern ist es für sie wichtig, das Argument der Zuverlässigkeit vor allem für die Neu-Kundengewinnung zu nutzen. Dies geschieht am besten, indem es Bestandteil der Markenidentität wird. Die deutschen Hersteller haben aus den Fehlern der 90er Jahre gelernt und dies weitgehend geschafft, wie übrigens auch Hyundai und Toyota.

Für den kommerziellen Erfolg eines Automobils wird immer wichtiger, inwieweit es und seine Marke von seinen Fahrern als Repräsentant eines bestimmten Lifestyles und weniger als Träger von Sozialstatus im Allgemeinen wahrgenommen wird. Hierbei haben sich vor allem 6 Kategorien herauskristallisiert, in denen sich überdurchschnittliche Margen erwirtschaften lassen: Luxus & Premium für Statusbewusste; allradgetriebene Geländewagen; sportiv & Macho für klassische Sportwagen; technisch hochwertige Kleinwagen für junge Gutverdiener (Yuppies); Familienautos; Energiesparwagen für umweltbewusste Fahrer. Insbesondere die Nachfrage nach Geländewagen steigt weltweit immer weiter an und hat sich unter diesen Trends als der bisher dominanteste erwiesen.

In Hinblick auf die zielgruppengerechte Ansprache bestimmter Lifestyles hat sich bisher die Multimarkenstrategie von Volkswagen besonders bewährt. Aber auch speziell BMW hat sich bei den gehobenen Lifestyles hervorragend positioniert. Toyota hingegen spricht sehr stark Geländewagenkäufer, Familien und Umweltbewusste an.

Insgesamt kann festgehalten werden, dass sich in der Vergleichsgruppe der großen internationalen Autokonzerne die deutschen Anbieter sowie Toyota und Hyundai deutlich von ihren Wettbewerbern abgesetzt haben. Ob die bisherigen Verlierer dies wieder aufholen können, muss bezweifelt werden. Viel eher ist anzunehmen, dass sich die Sieger der vergangenen Jahre im Qualitätswettbewerb auch in den nächsten Jahren besser als die Konkurrenten schlagen werden.

6) Innerhalb der verschiedenen Lifestyle-Märkte wird das Premium-Segment immer umkämpfter

Das Premium-Segment war in den vergangenen Jahren von deutschen Herstellern dominiert. Insbesondere BMW schaffte es, durch gezieltes Markenmanagement die Emotionen seiner Zielgruppen besser anzusprechen als bei den meisten anderen Konkurrenten. Diese Stärke führte ebenfalls zu einer weit überdurchschnittlichen Profitabilität. In den vergangenen Jahren konnte allerdings Audi – sowohl was die Absatzerfolge wie auch die Profitabilität angeht – aufschließen. Daimler hinkt trotzt jüngster Absatz-Erfolge mit der margenstarken S-Klasse noch etwas hinterher.

Dennoch dominierten die drei deutschen Autokonzerne mit ihren Premium-Marken bisher das gehobene Segment. Toyotas Tochterunternehmen Lexus kann zwar technisch mithalten, spricht aber die gerade in diesem Segment bedeutsame Emotionalität weniger gut an. Allerdings schlägt sich Lexus viel besser als die Premium-Marken der US-Hersteller Cadillac (GM) und Lincoln (Ford), bei denen sich exemplarisch der Niedergang der US-Autoindustrie widerspiegelt. Verarbeitungsmängel und unattraktives Design haben den Ruf dieser einstmals renommierten Premium-Marken dermaßen ruiniert, dass sie derzeit trotz wieder verbesserter Modelle von den Kunden gemieden werden.

Entscheidend für den Erfolg deutscher Anbieter war auch, dass es ihnen gelang, den Premium-Gedanken auf Segmente wie Kleinwagen und Geländewagen auszudehnen. BMW versucht sich mit seinen neuen Modellen derzeit am Premium-Familienvan. Allerdings werden hier inzwischen die Grenzen der permanenten Ausdehnung des Premium-Konzepts sichtbar: Wenn irgendwann alles einmal Premium sein kann, dann verkommt der Begriff zu einer reinen Marketing-Worthülse. Wenn die Kunden dies realisieren, könnte es mit ihrer Bereitschaft, Premium-Preise zu zahlen, vorbei sein.

Gefährlich könnte für die bisherigen Platzhirsche des Premium-Segments auch werden, dass es mit Jaguar Land Rover jetzt erstmals ein Anbieter geschafft hat, die Erfolgsrezepte erfolgreich zu kopieren. Dies steht im Gegensatz zu Firmen wie Toyota, GM oder Hyundai, die im Premium-Segment seit Jahren trotz teilweise großer Bemühungen nicht richtig vorankommen. Dies dürfte daran liegen, weil sie die Bedeutung der Emotionalität in diesem Segment unterschätzen: Ihre Angebote erscheinen im Grunde als aufwendig ausgestattete Massenware, was für ein echtes Premium-Angebot zu wenig ist. Tata Motors hingegen konnte seine Traditions-Marken Jaguar und Land Rover innerhalb weniger Jahre wieder international für Premium-Kunden emotional ansprechend erfolgreich positionieren.

Unruhe im Premium-Segment kann der zu erwartende Markteintritt von Apple bringen. Wie kein anderer Konsumgüterkonzern hat es der US-Technologieriese verstanden, einerseits Massenprodukte herzustellen, diese andererseits durch Hochwertigkeit und richtige emotionale Ansprache der Kunden als hochprofitable Premiumprodukte zu verkaufen. Zwar ist über die konkreten Pläne von Apple noch wenig bekannt, allerdings dürfte die Hauptzielgruppe Kunden mit hohem Markenbewusstsein sein, die auch für Daimler, BMW und Audi sehr relevant sind.

 

Dieser Beitrag wird am Freitag mit der Analyse weiterer Trends fortgesetzt.

 

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