Evonomics: Die Gruppe der Besten ist schlechter als die beste Gruppe

by Dirk Elsner on 26. Oktober 2015

Ich beschäftige mich derzeit ja in einer Beitragsreihe (Teil 1, Teil 2) mit der Frage, ob die moderne Evolutionstheorie die Ökonomie schlägt. Dieser Beitrag heute ist nicht der dritte Teil, sondern eine Empfehlung für das Blog “Evonomics”, das sich sehr intensiv mit verschiedensten Facetten der Anwendung der Evolutionstheorie auf ökonomische Themen befasst.

 

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Wer ist stärker: Die Gruppe der Stärksten oder die stärkste Gruppe?

Vergangene Woche fand ich dort den Beitrag von David Sloan Wilson.

Jeff Bezos got Darwinism all Wrong!

David Sloan Wilson ist wie sein Namensvetter Edward O. Wilson Professor für Biologie und weitet die gewonnenen Erkenntnisse ebenfalls auf Anwendungsbereiche außerhalb der Biologie aus.

In dem Beitrag setzt sich Wilson mit den Geschäftspraktiken von Amazon und dem Umgang mit den eigenen Mitarbeiter auseinander. Dabei geht es einmal mehr um die falsche Gleichsetzung von Darwinismus mit “rücksichtslosem Wettbewerb” und egoistischem Verhalten. Hanno Beck schreibt in seinem Buch zur Einführung in die “Behavioral Economics” zu “Survival of the fittest”:

“In der perfekten Welt der Ökonomie werden nur rationale Agenten überleben – wer irrational handelt, wird von den rationalen Mitmenschen quasi aus dem Markt gedrängt: Ein Unternehmer, der nicht rational kalkuliert, wird von der richtig rechnenden Konkurrenz vom Markt verdrängt. Damit bleiben am Ende nur rationale Akteure am Markt. Es kann also zeitweise zu irrationalem Verhalten kommen, auf Dauer aber setzen sich jedoch rationale Akteure durch – Verhalten, das nicht der ökonomischen Theorie entspricht, wäre dann nur ein temporäres Problem.”

Norbert Häring hat jüngst in einem äußerst lesenswerten Beitrag “Abwege einer menschenfeindlichen Wissenschaft” den Menschentypus skizziert, den die Ökonomik als ideal ansieht. Häring skizziert dort beispielhaft Peter K. als “Homo Oeconomicus”. “Kühl berechnend, rational, egoistisch und bis zum Autismus egozentrisch.”

Viele Evolutionsbiologen haben sich nach Darwin sein Modell sehr genau angesehen und weiterentwickelt. Die Praxis der Evolution ist nicht, dass sich Lebewesen gegenseitig ausschalten bis der vermeintlich stärkere überlebt.

Ich werde das in meiner Beitragsreihe noch vertiefen. Hier will ich nur auf eine interessante Beobachtung hinweisen, über die Wilson schreibt.

William Muir, Tierzüchter an der Purdue University, versuchte herauszufinden, wie man Hühner züchten muss, damit sie die meisten Eier produzieren. Er züchtete dazu zwei Gruppen von Hühnern. Bei der ersten Methode wählte er aus allen Käfigen die produktivsten Hennen aus, packte sie in in einen Käfig, um die nächste Generation von Hühnern zu züchten. Im zweiten Verfahren wählte er die produktivsten Käfige aus, um daraus die nächste Generation der Hühner zu züchten. In beiden Fällen ging es also um das Merkmal Produktivität in Form der Anzahl der Eier. In der ersten Gruppe die Gruppe des besten Individuen, in der zweiten Gruppe die beste Gruppe.

Anhand der Überschrift dieses Beitrags ahnen die Leser das Ergebnis: Bei der ersten Methode ging die Produktivität deutlich zurück, obwohl Muir die produktivsten Hennen jede einzelne Generation gewählt hatte. Die Selektion nach der zweiten Methode erhöhte die Produktivität um 160% nach sechs Generationen.

Für Wilson zeigt das Experiment von Muir die Wirksamkeit der Gruppenauswahl unter den Bedingungen des Experiments.

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