B2B-FinTech 9 Fragen an Traxpay – Jochen Siegert antwortet

by Dirk Elsner on 29. Oktober 2015

Wenn heute über FinTechs gesprochen und geschrieben wird, dann steht der Fokus meist auf B2C-Anwendungen, also für das Geschäft mit Privatkunden. Für die FinTechs ist das aber trotz vieler pfiffiger Ideen ein sehr schwer gängiges Geschäft. Wenig hört und liest man über das B2B-Geschäft. Aus FinTech- aber auch aus Bankensicht könnte dies viel lukrativer sein. Ein sehr interessantes Beispiel ist Traxpay.

Ich habe das Unternehmen vor über einem Jahr auf der Premierenveranstaltung des Main Incubator kennengelernt. Die Commerzbank-Tochter main incubator hat in die FinTech-Firma investiert und der CEO John Bruggeman hatte damals das FinTech für den B2B-Bereich vorgestellt. Das Modell ist aber nicht einfach zu verstehen. In der Pressemeldung hieß es:

“Traxpays SAP-zertifizierte und zum Patent angemeldete B2B-Dynamic-Payments-Lösung ermöglicht es Unternehmen, zu jeder Zeit auf alle transaktionsrelevanten Daten zuzugreifen. Alle Daten, veränderte Geschäftsbedingungen und Transaktionen laufen zwischen den Geschäftspartnern jederzeit synchron. So wird Zusammenarbeit in Echtzeit nun auch bei Zahlungsvorgängen möglich.”

Mich hat das zwar neugierig gemacht, ich konnte Traxpay aber nicht Unternehmen und Banken in kurzen Sätzen erklären. Ich habe bei Traxpay per Mail nachgefragt. Jochen Siegert hat die Antworten gegeben. Er ist im Führungsteam von Traxpay der Chief Operating Officer. Vielen dürfte er bekannt sein durch seinen wöchentlichen FinTech-Podcast mit André Bajorat.

1. Viele können sich unter dem Geschäftsmodell von Traxpay noch nichts vorstellen. Was bedeutet dies ganz konkret?

 

Jochen Siegert: Traxpay ist keine Bank sondern ein Software-as-a-Service Anbieter für den Zahlungsverkehr zwischen großen Unternehmen und ihren Banken. Wir nutzen den „üblichen“ Zahlungsverkehr der Banken und reichern diesen um Daten an, die im Rahmen der Optimierung von Unternehmensprozessen eine fortschreitende Automatisierung der Abläufe ermöglichen. Wir ermöglichen die Implementierung einer End-to-End-Lösung für B2B-Transaktionen (schließen quasi die Lücke zwischen Geschäftsprozess und Zahlungsabwicklung) und stellen ein neues strat­egisches Tool für Unternehmen bereit, die ihr Umlaufvermögen, ihre Liquidität und ihren Cashflow optimieren möchten.

2. Wer sind danach die Zielkunden von Traxpay?

 

Jochen Siegert: Unsere Kunden sind B2B Handelsplattformen- und Netzwerke, sowie Großunternehmen mit sehr hohem Transaktionsvolumen.

3. Was muss ein Unternehmen tun, um die Traxpay-Lösung anzuwenden und wie sieht die Nutzung im Alltag aus?

Jochen Siegert: Die Mehrzahl der traditionellen Unternehmen optimiert ihre geschäftlichen Interaktionen in der gesamten Supply-Chain heute mithilfe einer oder mehrerer automatisierter B2B-Handelsplattformen wie zum Beispiel Ariba, Basware oder OB10.

Die letzte Phase eines Geschäfts jedoch – die Abwicklung, Verrechnung und Ausführung der Zahlung selbst – ist nach wie vor ein völlig abgekoppelter Vorgang. Die Vorteile der Unmittelbarkeit, Flexibilität, Transparenz und Effizienzgewinne von oben genannten B2B Handelsplattformen gehen verloren, sobald es um die Zahlung geht.

Unsere Dynamic Payments Lösung lässt sich nahtlos in vorhandene B2B-Handelsplattformen integrieren. Zahlungen sind damit keine separaten Prozesse mehr, sondern werden endlich zu einem Teil des P2P- (Purchase-to-Play), O2C- (Order-to-Cash) oder ERP-Prozesses. Diese Integration ermöglicht die sofortige Reaktion auf neue Daten, veränderte Geschäftsbeziehungen und plötzlich eintretende Ereignisse in Echtzeit. Bei Änderungen werden alle Daten und Details der Transaktion nachvollziehbar und transparent synchronisiert und die Zahlung entsprechend abgewickelt und durchgeführt.

4. Was bedeutet das konkret?

 

Jochen Siegert: In der Praxis sieht das dann so aus:

Der Kunde wickelt sein Geschäft wie gewohnt über die B2B Handelsplattform (Stichwort: Procurement) seiner Wahl ab (z.B. Ariba, OB10 oder Basware). Die Plattform schickt dann via einer Schnittstelle (API) an Traxpay die Information bezüglich der Zahlung und Fälligkeit. Traxpay bereitet schließlich anhand der Transaktionsinformationen die Zahlung inkl. passender Daten im Bankkonto des Unternehemens vor und liefert die Informationen für die Cash-Planung/Treasury zurück an die Plattform. Wenn die Zahlung fällig ist, wird diese technisch angelegt und vom Unternehmen final frei gegeben. Sollten sich zwischenzeitlichen Änderungen an der Rechnung ergeben (z.B. Zahlbetrag reduziert etc.) wird dies parallel mit angepasst. Nach Freigabe der Zahlung überwacht Traxpay die Transaktionsabwicklung und schickt Statusinformationen an die Plattform und die dahinter liegenden ERP-Systeme der Unternehmen. Der Empfänger erhält somit bereits vorab die Information über erfolgte Zahlung und kann, den Zahlungseingang vorab kennend, im Treasury seine Cash-Planung besser abwickeln.

5. Christian Hoppe, der Geschäftsführer des Main Incubator, sagte damals, die Plattform werde den B2B-Zahlungsverkehr nachhaltig verändern? Welche Änderungen sind damit gemeint im Vergleich zum traditionellen Zahlungsverkehr zwischen nationalen bzw. internationalen Unternehmen?

 

Jochen Siegert: Die neuen Märkte und Kunden, die bereits vor Jahren im Zusammenhang mit der Globalisierung angekündigt wurden, sind heute endlich Realität und eröffnen unzählige neue Chancen und Verdienstmöglichkeiten. Besonders die Tatsache, dass Käufer und Lieferanten noch immer mit langsamen, teuren und nicht nachvollziehbaren Transaktionen zu kämpfen haben, verhindert jedoch die Marktdurchdringung der Globalisierungs-Effekte. Unternehmen, die ihr Geschäft ausbauen wollen, werden allzu oft von potentiellen Risiken wie Betrug, möglichen Verlusten, Verzögerungen und Unwägbarkeiten abgeschreckt, insbesondere bei grenzüberschreitenden Transaktionen.

Nichtsdestotrotz findet auf dem internationalen Markt für B2B-Finanztransaktionen und -Zahlungen – ein Markt im Wert von jährlich 300 Billionen Dollar – ein unaufhaltsamer Umbruch statt. Unternehmen werden immer komplexer. Beziehungen und Bedingungen zwischen Händlern und Lieferanten ändern sich ständig. Und der Bedarf nach Transparenz und besseren, schnelleren Entscheidungen war noch nie so kritisch.

Traxpay ermöglicht die lückenlose Überwachung und Mitverfolgung der beschriebenen Vorgänge und sorgt für die Synchronisierung aller Beteiligten und Systeme, so dass kein Informationsverlust stattfindet. Traxpays ereignisgesteuerter Workflow prüft ständig auf veränderte Bedingungen, um dann die Zahlung entsprechend auszuführen und zu verrechnen. Damit schließt er die letzte Phase der P2P-Transaktion ab und ermöglicht einen schnelleren, sichereren und intelligenteren B2B-Handel.

6. Schauen wir mal auf das FinTech-Segment insgesamt. Meist konzentriert sich die mittlerweile breiter gewordene Berichterstattung auf die B2C-FinTechs. Der Erfolg, gemessen in betriebswirtschaftlichen Daten scheint dabei noch auszubleiben. Ist nicht ohnehin das B2B-Segment aus Sicht der FinTechs lukrativer? Welche Geschäftsfelder zeichnen sich hier ab?

Jochen Siegert:

B2B ist definitiv lukrativer! In einem kürzlich veröffentlichten Bericht von Frost & Sullivan wird alleine der globale B2B E-Commerce-Markt in 2020 auf 6.7 Billionen Dollar doppelt so groß sein wie im B2C-Bereich mit 3.2 Billionen Dollar. Auch Forrester Research erwartet bis 2020 B2B-E-Commerce-Erlöse im Wert von über 1.1 Billionen allein in den Vereinigten Staaten.

Wenn man sich einmal den Bereich B2C E-Payment in Deutschland anschaut, stellt man fest, dass es aleine 40+ Anbieter im (Mobile)-Wallet B2C E-Payment gibt, obwohl die vier größten Anbieter mit 81% des Zahlungsvolumens dominieren. Die Marktanteile der „sonstigen“ Verfahren schrumpfen seit Jahren immer mehr.

Der Grund, warum es gerade im B2B-Bereich weniger FinTechs gibt, liegt vor allem in der Komplexität und dem größeren Fachwissen, welches benötigt wird. Es geht eben nicht „nur“ um „schönere Frontends“. B2B hat sehr lange Vorlaufzeiten (Traxpay existiert seit 2009 und war im Stealth Mode bis 2012) und skaliert nicht so schnell bei den Kunden, da in der Regel (verglichen mit B2C) eine ERP-Systemintegrationen notwendig ist, die grundsätzlich aufwendiger ist.

7. Was sind hier die besonderen Herausforderungen für die FinTechs?

Jochen Siegert:

● Kundenacquise

● Recruiting von Experten mit Fachwissen

● Unternehmen sind global, also müssen die FinTechs auch global agieren

● Bankennetzwerke

8. Wo sieht Traxpay in der Zukunft das Zusammenspiel mit Banken und FinTechs? Setzt Traxpay selbst dabei auf Konkurrenz oder Kooperation zu Banken?

Jochen Siegert:

Traxpay setzt ganz eindeutig auf Kooperationen mit Banken für Transaktionen/Überweisungen aber auch Supply-Chain-Finanzierung (z.B. über Factoring mit spezialisierten Factoring Banken). Wir nutzen die Rails und Dienstleistungen der Banken und reichern die Transaktionen mit Daten an, anstatt in Konkurrenz mit den Banken zu treten.

9. Wie sieht Traxpay die eigene Zukunft. Was sehen die Pläne mit Blick auf Produkte und Expansion aus?

Jochen Siegert:

Traxpay wird weiterhin die Anbindung weiterer Banken und Partner anstreben, um in andere geografische Regionen zu expandieren. Wir werden auch neue Produkte und Mehrwertdienste rund um Transaktionen und den reinen Zahlungsverkehr entwickeln und auf den Markt bringen.

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