R3 CEV: Die Wall Street kapert die Blockchain

by Dirk Elsner on 10. November 2015

Regelmäßige Leser dieses Blogs wissen, dass mir der inflationäre Gebrauch des Begriffs Disruption auf die Nerven geht (siehe dazu “Disruption verkommt zum Unwort”). Disruption kann man sich vielleicht wünsche. Manche glauben sogar, sie lasse sich planen. Erkennen lässt sie sich aber erst im Nachhinein. Derzeit glaube ich, dass es nur eine Technologie im Finanzsektor mit wirklich disruptivem Potenzial gibt: Die Blockchain-Technologie.

Die Blockchain war hier schon oft Thema (hier, hier oder hier) und hat mittlerweile auch einen regelmäßigen Platz in der Presseschau.  Der Economist widmete ihr jüngst sogar eine Titelgeschichte.

Technisch ist die Blockchain eine verteilte Datenbank, die speziell geeignet ist für nach Bearbeitungszeit geordnete Daten. Zum Kern-Element der Blockchain gehört die eingebettete Sicherheit (embedded security). Sie unterscheidet sich von gewöhnlichen Datenbanken, weil es praktisch unmöglich ist, Einträge zu ändern oder zu löschen. Dieses Sicherheitselement ist nicht eine von außen aufgezwungene Technik, sondern Bestandteil des Blockchain-Protokoll (vgl. White Paper “Public versus Private Blockchains”). Mit der Blockchain können alle Transaktionen eines speziellen digitalen Guts eindeutig nachvollzogen werden können. Die Doppelübertragung digitaler Rechte wird durch verschiedene Schutzmechanismen ausgeschlossen.

Bekannt ist, dass viele Finanzhäuser seit einiger Zeit viel Geld in Blockchain-Projekte stecken. Vor einigen Wochen hatte ich dazu in dieser Kolumne geschrieben:

Es nützt dabei freilich wenig, wenn jede Bank an eigenen Methoden tüftelt. Das oben beschriebene Szenario funktioniert nur, wenn sich Realwirtschaft und Finanzwelt auf ein Verfahren einigen und ein einheitliches, möglichst unabhängiges Protokoll (also ein Set von Regeln) existiert. Dahin gibt es zwei, vielleicht auch mehr Wege.

  • Internationale Gremien (zum Beispiel die Uno) einigen sich auf ein einheitliches, international anzuwendendes Protokoll.
  • Private Unternehmen, Branchenverbände oder Standardisierungsorganisationen entwickeln ein praktikables und akzeptiertes Protokoll.

Über den zweiten Weg schreibe ich in meiner Kolumne für Capital

R3 CEV – Banken kapern die Blockchain

Leider ist über die konkreten Inhalte der Initiative bisher wenig bekannt, so dass sich nicht wirklich bewerten lässt.

Es sind übrigens längst nicht alle so optimistisch, was “private Blockchains” betrifft.  Evander Smart schreibt auf Cointelegraph

4 Reasons Why Banks’ Private Blockchains Will Fail

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