Sternstunde Philosophie: Vom Zwang, immer besser zu werden

by Dirk Elsner on 29. November 2015

Aus der Beschreibung auf YouTube:

“Die Menschen leben hierzulande in einer Leistungsgesellschaft. Ist das gut oder schlecht? Wer viel leistet, wächst über sich hinaus und nutzt seinen Gestaltungsspielraum. Doch der Leistungsdruck kann auch in Erschöpfung münden. Bis zu welchem Grad ist Perfektionismus wünschenswert? Und sollen die Menschen mit Medizin und Technik die Grenzen des Menschenmöglichen dehnen?
Jürgen Wiebicke, Moderator des «philosophischen Radios» auf WDR 5, kritisiert den Zwang zur Optimierung und fordert, dass die Menschen so bleiben dürfen, wie sie sind – ein Gespräch über Fluch und Segen des Perfektionismus.”

Peter Mersch November 30, 2015 um 00:46 Uhr

Handelt es sich nicht eher um einen Zwang, nicht schlechter zu werden? Der folgt nämlich direkt aus dem Red-Queen-Prinzip gemäß Lewis Carroll: Alice hinter den Spiegeln: „Hierzulande musst du so schnell rennen, wie du kannst, wenn du am gleichen Fleck bleiben willst.“ Physikalische Letztursache des Red-Queen-Prinzips ist der Zweite Hauptsatz der Thermodynamik, das wohl fundamentalste Gesetz der Physik. In einer Wettbewerbsumgebung muss man sich allein schon deshalb ständig verbessern, um relativ zu anderen nicht schlechter zu werden. In einer globalisierten Welt dürften die Anforderungen dafür allerdings viel höher sein als in einer lokalen Umgebung. So mag ein „Spieglein, Spieglein an der Wand, wer ist der/die Schönste/Klügste/Stärkste im Land?“ in einem Dorf gefragt ganz andere Konsequenzen haben als im globalen Internet. Auch dürften die Konsequenzen von den zur Verfügung stehenden Technologien abhängen.

Das Streben von Menschen, relativ nicht schlechter zu werden, passt im Übrigen auch sehr gut zu den Ergebnissen der Prospect Theory (wie sie z. B. in Hanno Beck: Behavioral Economics erklärt wird). Ich glaube nicht, dass sich dieses Streben in irgendeiner Weise aufhalten lässt, bestenfalls durch Entschleunigung der Welt.

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