Brexit-Crash

by Dirk Elsner on 24. Juni 2016

Mit dieser Schlagzeile im Handelsblatt bin ich heute vollkommen unerwartet aufgewacht. Gestern Abend noch hatte ich fest mit einer Mehrheit für den Verbleib der Briten in der EU gerechnet.

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Webscreenshot Handelsblatt.de

Zu den Wahlergebnissen

In den allermeisten Fällen, in denen ich hier im Blog auf die Vorhersagemärkte geschaut habe, lagen diese richtig. In dieser Nacht nicht. Eine Chance von 75% auf Verbleib, ist halt nicht 100%. Um kurz vor 6:00 Uhr stand die Stimmenauszählung auf Abschied der Briten aus der EU.  Da dieser Ausgang komplett gegen die Erwartungen der Kapitalmärkte gelaufen ist, spielen diese nach dem Optimismus dieser Woche heute vollkommen verrückt, wie erste Berichte aus Asien zeigen. Die kollektive Intelligenz der Vorhersage- und Finanzmärkte hat sich geirrt. In solchen Situationen ist wegen der stark gestiegenen Unsicherheit das Informationsbedürfnis besonders hoch. Und in den TV-Sendern äußern sich bereits massenweise die Experten zu den Konsequenzen, die auch ich verdrängt habe. In jedem Fall gibt es nun unnötigerweise viel Verunsicherung und eine in solchen Situationen übliche Kakophonie von Stimmen. In solchen chaotischen Situationen nützen freilich auch Erklärungen von “Experten” nichts. Es bringt also jetzt wenig, sich mit dem bereits losgegangenen schrillen Stimmengewirr und den vielen Spekulationen über die Konsequenzen zu befassen. Ganz sicher werden sich auch die Untergangspropheten wieder melden. Die Erfahrungen mit ähnlichen menschengemachten Krisensituation der vergangenen Jahre haben gezeigt, irgendjemand wird im Nachhinein richtig liegen mit seinen Erklärungen. Da wir aber vorher nicht wissen, welche Erklärung das sein wird, ist kann man jetzt warten, bis sich der Staub gelegt hat. Eines ist auf jeden Fall sicher: Wir sehen heute an den Finanzmärkten einen Brexit-Crash, weil die “Märkte” einen anderen Ausgang erwartet haben. Vor allem die Bankaktien dürfte es arg erwischen. Wer der aktuellen Situation etwas Positives abgewinnen will, sollte den folgenden Tweet von André Bajorat nehmen:

Nachtrag

Ab dem Morgen sprudelten plötzlich wie aus dem Nichts eine Fülle von Analysen in die Öffentlichkeit. Meine Auffassung dazu hat Timo Pache auf Capital sehr gut getroffen:

„Einer von Dutzenden, die heute früh schon genau wissen, welche Folgen diese historische Entscheidung haben wird. Genau so sicher wie sie bis vor wenigen Stunden noch fest davon ausgingen, dass die Briten schon für den Verbleib in der EU stimmen würden.

Die Wahrheit an diesem Tag ist jedoch: Welche politischen und mehr noch wirtschaftlichen Folgen der Brexit über die nächsten Wochen hinaus haben wird, sind vollkommen unklar. Kurzfristig wird es bitter, sowohl an den Finanzmärkten wie auch – vor allem – für britische Unternehmen. Doch ob diese Entscheidung Großbritannien langfristig wirklich schadet, was aus dem Finanzplatz London wird und ob die britische Wirtschaft auf mittlere Sicht tatsächlich abschmiert: alles unklar. Ebenso die Auswirkungen auf Europa und die Weltwirtschaft.“

 

Berichte und Stimmen nach dem Referendum

Handelsblatt: Marktreaktionen auf EU-Referendum

Liveblog Handelsblatt

Liveblog FAZ

Liveblog ZEIT

Deutsche Welle

Mirror: Young voters wanted Brexit the least – and will have to live with it the longest

Wiwo: David Cameron tritt zurückPolitisches Erdbeben in Großbritannien

Handelsblatt: Kommt der Exit vom Brexit?

Zeit: Fünf Lehren aus dem EU-Referendum

Spiegel: Brexit und Börsenabsturz: „Die Briten haben irrational entschieden“

Business Insider: Here’s a super-quick guide to what traders are talking about as global markets tank

Spiegel: Brexit vernichtete fünf Billionen Dollar Börsenwert

Spiegel: Wirtschaftliche Folgen des Brexit: Das ist ein Erdbeben

SZ: Farage kassiert wichtigstes Versprechen der Brexit-Bewegung ein

Handelsblatt: Röter wird’s nicht

 

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