Von Push zu Pull: Warum Banken Digitales Marketing brauchen

by Gastbeitrag on 16. November 2016

Gastbeitrag von Simone Fuchs

Die Zeiten, in denen die Bankenbranche die Digitalisierung aus der Ferne beobachtet hat, sind vorbei. Jedes größere Haus arbeitet heute an seiner Digitalisierungsstrategie. Die einen kooperieren mit Fintechs, die anderen kaufen sie, wieder andere wollen gar selbst zum Technologiekonzern werden.

Doch Geschäftsmodelle auf die Gegebenheiten im digitalen Zeitalter anzupassen ist nur die halbe Miete. Denn in der Finanzbranche treiben die Kunden, und nicht die Technologie, den Wandel. Sie finden, bewerten, nutzen und empfehlen Finanzprodukte zunehmend auf anderen Wegen als früher.

Die Folgen für die Kommunikation von Banken sind weitreichend. Denn genausowenig wie Kunden regelmäßig die Filiale ihrer Bank aufsuchen, besuchen sie die Webseiten ihrer Finanzdienstleister. Stattdessen nutzen sie Vergleichsportale und Communitys im Netz, um sich über neue Produkte und Services zu informieren.

Die Kommunikation der Banken muss sich daher verändern. Im digitalen Marketing spielen Unternehmen ihre Inhalte nicht mehr als Sender ins Netz, sondern „ziehen“ die Nutzer über attraktiven Content zum Unternehmen.

Hierfür müssen drei Bedingungen erfüllt sein:

  1. Der Content muss relevant sein.
  2. Die Medien, die den Content vermitteln, müssen attraktiv sein.
  3. Content und Medien müssen an jeder Stelle des Kundenlebenszyklus abrufbar sein und alle Kontaktpunkte zwischen Bank und Kunde besetzen.

Noch kein digitales Marketing bei deutschen Banken

Doch wie gut setzen deutsche Finanzdienstleister diese neuen Anforderungen an die Kommunikation bereits um? Das Finance-Team von JP│KOM hat die Web-Medien von zwei deutschen Banken und zwei Fintechs in einer Benchmarking-Analyse miteinander verglichen: Commerzbank, Deutsche Bank, Auxmoney und Kapilendo. Das Ergebnis: Die Content-Angebote sind vielseitig, doch häufig nicht relevant für den Nutzer. Die Medien sind professionell produziert, aber konventionell. Und die User Journey, also die Kontaktpunkte zwischen Kunde und Bank während des Kundenlebenszyklus, ist zwar medial besetzt, wird aber nicht durchgängig mit Content bespielt.

Interessanterweise bieten die Fintechs dabei keinen besseren Content an als die etablierten Banken – obwohl sie gemeinhin als kundennäher und innovativer gelten. So lag der Anteil an „Remarkable Content“, also Inhalten, die dem User einen informativen, emotionalen oder funktionalen Mehrwert bieten, bei der Deutschen Bank höher als bei den Start-ups.

Die Gestaltung der Medien ist bei allen Finanzdienstleistern professionell, dürfte aber nur wenige Kunden emotional ansprechen. Denn Videos und Infografiken sind zwar handwerklich gut umgesetzt, bieten jedoch kaum Überraschungen hinsichtlich Ästhetik, Erzählform oder Produktionsstil. Folglich werden sie von Nutzern auch nur selten geteilt.

Das größte Hindernis für Banken bei der Umsetzung eines digitalen Marketings ist jedoch die User Journey. Deutsche Finanzdienstleister führen neue Kunden zwar durch zahlreiche mediale Angebote an ihre Produkte heran. Für bestehende Kunden gibt es dann jedoch meist nur noch Service-Angebote – die Content-Vermittlung bricht ab. Ein Beispiel sind die meisten Banking-Apps. Sie ermöglichen es, Bankprodukte zur verwalten. Eine Verknüpfung mit Content-Angeboten findet aber nicht statt – für die Kundenbindung ist dies eine vertane Chance.

Die Ansätze sind gut – doch die Potenziale werden nicht ausgeschöpft

Um die bestehenden positiven Ansätze zu einem wirkungsvollen digitalen Marketing weiterzuentwickeln, das im Idealfall auch virales Potenzial entfaltet, sollten Content, Medien und User Journey stärker ineinandergreifen und sich gegenseitig unterstützen.

Weitere Potenziale für die Optimierung sind:

  • Den Content stärker an den Themen und Problemen der Zielgruppe ausrichten; neben rein funktionalen auch emotionale Mehrwerte bieten.
  • Die Medien passend zum Content auswählen und gestalten – emotionales Storytelling funktioniert gut in Videos mit authentischen Menschen auf YouTube, weniger gut als Text-Beitrag im Online-Kundenmagazin oder auf der Unternehmenswebsite.
  • Digitales Marketing nicht nur einsetzen, um Aufmerksamkeit zu schaffen und Neukunden zu gewinnen. Die Beziehungspflege darf auch bei bestehenden Kunden nicht abbrechen.

Auch wenn die Menschen heute nicht mehr regelmäßig Kontakt zu ihrer Bank suchen: Über die digitalen Medien können Banken einer Abkühlung der Kundenbeziehung entgegenwirken – indem sie nicht darauf warten, dass die User sie finden, sondern sie mit den richtigen Inhalten zur richtigen Zeit aktiv zu sich holen.

Simone Fuchs, stellevertretende Geschäftsführerin bei JP│KOM

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