Risikomanagement im Startup

by Gastbeitrag on 28. November 2016

Nicht jeder Unternehmensgründer kann die vielfältigen Risiken bei einer Gründung überblicken. Dabei lässt sich mit einigen strategischen Maßnahmen gut verhindern, dass das Unternehmen im Schadensfall ernsthafte Probleme bekommt. Wir zeigen eine Auswahl häufiger Probleme und Gefahren und notieren dazu mögliche Lösungsansätze.

Gastbeitrag von Oliver Bodenhaupt*

Risikomanagement ist ein umfassender Sammelbegriff. Er beschreibt die Implementierung grundlegender Vorsorge-Maßnahmen für wahrscheinliche Gefahren. Schon als Kind haben wir gelernt: Halt dich gut fest! Pass auf, wo du hintrittst! Zieh dich warm an!

Risikomanagement ist genau dies: Vorsorge treffen, auf Schwachstellen schauen, absichern. Jedes Startup und jeder einzelne Gründer begibt sich mit dem unternehmerischen Handeln in Gefahrensituationen. In der Regel sind sie jedoch überschaubar und mit etablierten und erprobten Lösungen zu handhaben.

Rechtsprobleme

Von Anfang an kommen Existenzgründer mit Rechtssachen in Berührung. Die Auswahl der Rechtsform des Unternehmens berührt u.a. Aspekte des Steuer- und Bilanzrechts, zudem will die Haftungsfrage geklärt werden. In der Regel lotst ein Notar den Gründer durch diese entscheidungsreiche Zeit. Doch vor allem nach der Gründung können existenzbedrohende Rechtsstreitigkeiten dem Unternehmen den Boden unter den Füßen wegziehen.

Stichwort Abmahnindustrie: Ganze Kanzleien haben sich darauf spezialisiert, Geld mit der Versendung von Abmahnungen zu verdienen. Fehlen auf der Unternehmenswebseite das Impressum oder die Erklärung zum Datenschutz oder sind die AGB unvereinbar mit geltendem Recht, ist eine Abmahnung vorstellbar.

Geht es um Produkte, können Patentklagen und Verstöße gegen Schutzrechte für Geschmacksmuster oder eingetragene Designs ein Unternehmen im schlimmsten Fall zu Fall bringen.

Was Sicherheit schaffen kann

§ Die rechtlichen Anforderungen an Webseiten-Betreiber sollten unbedingt vor dem Onlinegang geklärt sein. Vor allem beim Datenschutz gibt es immer wieder nationale und internationale Anpassungen, hier sollten aktuelle Informationen genutzt werden.

§ Eine (gewerbliche) Rechtsschutzversicherung sollte abgeschlossen werden.

§ Je nach Art des Produktes sollte eine Anmeldung beim Deutschen Patent- und Markenamt in Betracht gezogen werden.

Umsatzsteuervorauszahlung & Illiquidität

Es ist gerade bei kleinen Unternehmen immer ein angstbesetzter Moment, wenn die Umsatzsteuervorauszahlung ins Haus flattert. Vor allem in den Monaten nach der Gründung (und leider auch manchmal lange darüber hinaus) mangelt es manchem Unternehmer am Finanzpolster. Manche retten sich dann mit dem Kontokorrentkredit, dem Dispositionskredit für Geschäftskonten. Wenn das aber systematisch passiert, entsteht langfristig ein finanzieller Mehraufwand – ein Teufelskreis.

Auch Mahnkosten können einmal anstehen, selbst wenn man von der Rechtsschutz-Versicherung behütet wird. Irren und Fehlermachen ist menschlich und notfalls muss dann gezahlt werden.

Illiquidität gilt es unbedingt zu verhindern. Denn können regelmäßige Kosten nicht bezahlt, Kreditraten nicht bedient werden, dann droht dem Unternehmen die Insolvenz.

Was Sicherheit schaffen kann

– Es müssen Rücklagen eingeplant werden. Und zwar nicht nur für einen schlechten Monat, sondern deutlich mehr. Im Krankheitsfall liegt z.B. ein Ein-Mann-Unternehmen am Boden und niemand erwirtschaftet die laufenden Betriebskosten.

– Die Betriebskosten müssen ausnahmslos aufsummiert werden. Überraschungen darf es nicht geben. Es können dutzende kleiner Posten sein, die in der Summe am Monatsende „plötzlich“ wie ein Faustschlag heransausen. Das muss nicht sein.

Datenverlust, -zerstörung oder -diebstahl

Der Begriff Web 2.0 wird mittlerweile flankiert von dem Wort Big Data. Hier sind zwar eher Millionen bis Milliarden Datensätze gemeint, aber der hohe Wert der Daten wird herausgestellt. Daten sind ein Wirtschaftsgut geworden. Auch die Daten von kleinen und mittleren Unternehmen sind wertvoll und müssen geschützt werden. Gefahren, gegen die Abwehrmaßnahmen aufgebaut werden sollten, gibt es leider genug:

  • Diebstahl von Computern, Festplatten, USB-Sticks und darauf lokal abgelegten Daten
  • Hacken von Computersystemen und deren Nutzung als fremdgesteuertes Medium im einem Bot-Netzwerk
  • Brandschaden des eigenen Servers ohne Möglichkeit eines raschen Ersatzes
  • fehlende oder nicht aktuelle Backups der Daten
  • Verlust steuerrechtlich relevanter Dokumente wie z.B. Rechnungen (Aufbewahrungspflicht)

Was Sicherheit schaffen kann

  • Es sollten redundante Serversysteme aufgebaut werden. Alternativ kann bestehendes Know-how durch die Nutzung externer Server oder von Webseiten-Angeboten bei hochspezialisierten (und sicheren) Dienstleistern genutzt werden.
  • Grundsätzlich sollten regelmäßige (automatische) Backups durchgeführt werden, am besten auf Speichersysteme, die nicht mit den Originaldaten am selben Ort liegen.
  • Häufig genutzte Daten sollten nicht lokal, sondern in der Cloud abgelegt werden. So kommt man auch auf Reisen oder aus dem Homeoffice heran.
  • Sensible Daten sollten mit starken Passwörtern gesichert werden.

Zu wenige oder zahlungsunfreundliche Kunden

Es ist ein verbreitetes Problem: Gründer rackern sich für einen Kunden ganz besonders ab, oder beackern mehrere nebeneinanderher laufende Projekte – und stellen dabei die Akquise ein. Die Warnung vor diesem Zustand und den damit verbundenen Folgen hat schon einen langen Bart und dennoch bleibt das Thema wohl immer aktuell. Denn wenn die Rechnung bezahlt ist und nichts in der Pipeline wartet, dann muss erstmal akquiriert werden. Und bis dann überhaupt ein Projekt gestartet und wiederum bezahlt ist, kann es dauern.

Daher gilt: Immer wieder und regelmäßig den Akquise-Trichter auffüllen und diese Aufgabe nicht immer wieder vor sich herschieben!

Außerdem können zahlungsunwillige Kunden zu einem ernsten Problem werden. Kommen die Ausstände nicht wie geplant auf das eigene Konto, droht die Zahlungsunfähigkeit. Gerät man an jemanden, der die vereinbarte und rechnungsausgewiesene Zahlung nicht leisten will, bleibt noch das Mahnverfahren. Dabei ist es förderlich, wenn es bereits durchgeplant ist.

Was Sicherheit schaffen kann

  • Es sollte aus dem Angebot bzw. dem Vertrag hervorgehen, wann das Projekt zu seinem logischen Schluss gekommen ist. Wenn die Ziele nicht präzise beschrieben werden, kann das Projekt sich in die Länge ziehen, z.B. durch immer neue Verbesserungswünsche. Der Zeitpunkt der Rechnungsstellung und die Folgen eines Zahlungsverzugs sollten schriftlich fixiert werden.
  • Es kann eine Vorschussleistung vereinbart werden.
  • Es sollten Texte vorgehalten werden für Zahlungserinnerungen und Mahnungen. Zudem ist es ratsam, die Eskalationsreihenfolge zu planen (Zahlungserinnerung, Mahnung mit Frist, Hinweis auf drohendes Mahnverfahren und dessen Konsequenzen, Einleitung einer gerichtlichen Mahnverfahrens, ggf. Einschaltung Gerichtsvollzieher).
  • Es sollte eine Jahresübersicht existieren, in der die Projekte und deren voraussichtliche Dauer festgehalten werden. So lässt sich erkennen, wo gefährliche Finanzierungslöcher entstehen. Dort muss für Nachschub im Trichter gesorgt sein.
  • Es ist sicherer, Kundenkanäle breit aufstellen. Beispiel: Wenn das Gros der Kunden über Google auf die eigene Webseite kommt, und plötzlich das Ranking für diese fällt, bleiben die Kunden aus. Gut beraten ist, wer noch aus anderer Quelle Neukunden bezieht.

Wenig Zeit für die Familie & sich selbst

Gerade in der Gründungsphase und den Folgemonaten sind längere Tage und fiese Arbeitszeiten möglich. Die wenigsten frischen Existenzgründer haben nine-to-five-Tage. Wenn man die Familie einen längeren Zeitraum nur noch zum Gute-Nacht-Sagen sieht, sollte eventuell das Arbeitspensum überdacht werden. Doch gerade wenn man tief in seinem Herzprojekt steckt und sich die Gedanken beinahe ausschließlich um die Arbeit drehen, ist die Gefahr groß, unachtsam zu werden und Signale nicht zu erkennen.

Was Sicherheit schaffen kann

  • Gespräche vor der Gründung mit der Familie sind entscheidend. Alle Parteien müssen wissen, was auf sie zukommt – oder zumindest temporär zukommen kann.
  • Es sollte regelmäßig Zeit mit Familie und Freunden eingeplant werden, die respektiert werden muss.
  • Ab und an ein Tee und 30 Minuten Müßiggang können helfen, sich wieder zu erden und die Prioritäten zu prüfen.

Fazit

Jede unternehmerische Tätigkeit ist mit Risiken verbunden. Für die oben Genannten gibt es gute Möglichkeiten, sie zu verhindern oder mit ihnen umzugehen. Letztlich sammelt jeder Gründer eigene Erfahrungen, und je nach Branche gibt es mehr oder weniger Gefahrenstellen. Eins bleibt aber immer gleich: So viele Risiken es auch gibt, es gibt noch mehr Chancen. Viel Spaß bei deinem Projekt!


* Autor-Info

Oliver Bodenhaupt ist Ansprechpartner für Gründer bei SmartBusinessPlan. Seine Spezialgebiete sind Entrepreneurship und User Experience Design. Neben der Arbeit geht er zum Bouldern in Berlin

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