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HB: Es werde Geld – es werde Krise (24.6.09):
Die Vorschläge zur Regulierung der
Finanzmärkte gehen an einen fundamentalen Problem vorbei: Banken schaffen mit einem
simplen Trick seit Jahrhunderten scheinbaren Reichtum, der sich immer wieder in Luft auflöst.
Seit 1970 hat diese Praxis den Ländern der Welt 124 systemische Bankenkrisen beschert.
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Eine zweite makroökonomische Ursache der aufkommenden Krise ist die
lange Phase
niedriger Realzinsen in der ersten Hälfte dieses Jahrzehnts
Die unmittelbaren Ursachen dafür lagen in der Dynamik zwischen dem geldpolitischen
Kurs der Industrieländer bzw. der aufstrebenden Volkswirtschaften einerseits und den
Kapitalabflüssen aus den aufstrebenden Volkswirtschaften auf der Suche nach
risikoarmen Anlagen andererseits. In diesen Jahren hielten die Zentralbanken die
kurzfristigen Realzinsen aufgrund von Deflationsbedenken auf ungewöhnlich niedrigem
Niveau.
Eine Vorbedingung für das Entstehen der Finanzmarktkrise war, dass die Notenbanken,
insbesondere die amerikanische Notenbank Fed (Federal Reserve), in den vergangenen
zehn Jahren eine Politik extrem niedriger Zinsen betrieben. Ob bei schwacher Konjunktur
(wie nach den Anschlägen vom 11. September 2001) oder bei Börsenturbulenzen (wie
nach dem Zusammenbruch der "Dotcom-Blase") - stets reagierte die Fed mit drastischer
Senkung der Zentralbankzinsen. Es war ein Jahrzehnt des "billigen Geldes", das zwei
Konsequenzen hatte: Erstens konnten sich die Geschäftsbanken zu äußerst günstigen
Konditionen Fremdkapital beschaffen und dadurch ihre Kreditvergabe ausweiten, und
zweitens waren institutionelle Investoren (Versicherer, Pensionskassen,
Versorgungswerke), die traditionell konservativ anlegen, angesichts der niedrigen Zinsen
gezwungen, sich nach höherverzinslichen Alternativen umzusehen.
NZZ: «Zinssatz bleibt mehrere Jahre bei null»(27.5.09):
Die zu lange zu tiefe Zinsen der US-
Notenbank waren ein Hauptgrund für die Immobilienblase, die die Weltwirtschaftskrise
ausgelöst hat. Die Zinsen befinden sich nahe bei null. Nun fordert ein Fed-Ökonom, diesen
Zustand für Jahre fortzusetzen. Drohen neue Blasen?
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Der Begriff “global savings glut” beschriebt die historisch gesehen untypischen, ja
eigenartigen Entwicklung, dass die Finanzmärkte der Industrienationen mit den stark
zugenommenen Ersparnissen der Schwellenländer quasi “überflutet” werden. Die
gewachsene Wirtschaftsleistung der Letzeren, gepaart mit einer sehr hohen Sparquote,
sorgte dafür, dass die Zinsen weltweit (und speziell an den etablierten Finanzmärkten)
lange Zeit tief blieben (das Kapital der Schwellenländer sucht(e) Anlagemöglichkeiten,
die aktuell nur die großen und liquiden Märkte bieten können; hierzu auch wichtig - die
enormen Währungsreserven der Schwellenländer, die durch Interventionen am
Währungsmarkt angehäuft werden).
Diese Konstellation habe zur Entwicklung eines spekulativen (heißen) Klimas, im
Einzelnen auf dem Immobilienmarkt in den USA, beigetragen.
ohne Quellenangabe
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Makroökonomisch betrachtet ist eine Ursache der Krise in den notorischen weltweiten
Ungleichgewichten zu finden. Aufgrund der anhaltend hohen
Leistungsbilanzdefizite
bzw. - überschüsse kam es nämlich zu einem
Nettokapitalabfluss aus den
kapitalarmen aufstrebenden Volkswirtschaften in die kapitalreichen
Industrieländer, insbesondere die USA. Diese Kapitalbewegungen standen im
Zusammenhang mit der hohen Sparquote in den aufstrebenden
Volkswirtschaften und der niedrigen Quote in den USA. Von 1999 bis Mitte 2007
– vom Ende der Asienkrise bis zum Beginn der gegenwärtigen Krise also – erhöhte sich
das US- Leistungsbilanzdefizit um insgesamt $ 4,6 Bio. Ende 2007 waren die USA nach
Schätzung des US- Finanzministeriums mit etwa $ 13,4 Bio. brutto gegenüber dem
Ausland verschuldet – fast viermal so hoch wie neun Jahre zuvor.
Die Ursachen für diese Dynamik im internationalen Kapitalverkehr waren Gegenstand
heftiger Debatten. So wurde diese Entwicklung u.a. einer globalen
Ersparnisschwemme („global saving glut“) zugeschrieben, die wiederum mit dem
Anstieg der Sparquote in den aufstrebenden Volkswirtschaften in Zusammenhang
gebracht wurde. Andere Hypothesen, die ins Feld geführt wurden, waren die Knappheit
der Investitionsmöglichkeiten weltweit oder der Wunsch der schnell wachsenden
aufstrebenden Volkswirtschaften nach internationaler Diversifizierung und risikoarmen
liquiden Vermögensanlagen.
Ferner wurde argumentiert, dass die aufstrebenden Volkswirtschaften Währungsreserven
aufbauten, um die Aufwertungstendenzen, die exportfinanzierte
Leistungsbilanzüberschüsse zwangsweise begleiten, einzudämmen, aber auch um besser
gegen plötzliche Kapitalabflüsse gewappnet zu sein, wie sie etwa in der Asienkrise
stattgefunden hatten.
Die seit dem Jahrtausendwechsel noch einmal intensivierte Integration einer Vielzahl
vormals peripherer Volkswirtschaften in die internationale Arbeitsteilung ist mit einer
Reihe globaler Ungleichgewichte einhergegangen. Insbesondere sparen die Schwellen-
und Entwicklungsländer seither zunehmend deutlich mehr, als sie selbst in heimische
Sachanlagen investieren. Entsprechend weisen diese Länder einen Überschuss in ihren
Leistungsbilanzen auf, während vor allem in den USA und im Vereinigten Königreich
beträchtliche Leistungsbilanzdefizite aufgebaut wurden.
Die Ursache dieses als globale Sparschwemme bekannten Phänomens liegt in den
Besonderheiten des laufenden Integrationsprozesses.26 Das Produktivitätswachstum,
das mit der Integration der Schwellen- und Entwicklungsländer verbunden gewesen ist,
führte über Einkommensanstiege in diesen Ländern aufgrund ihrer beschränkten
Absorptionsfähigkeit zu einer erhöhten Sparneigung. Jedoch konnten die Ersparnisse von
den dort wenig ausgebildeten Finanzsystemen nur unzureichend in heimische
Investitionen gelenkt werden. Die Ersparnisse fanden auch nicht auf dem Umweg über
das Ausland zurück in diese Länder. Denn internationale Investoren sind – verstärkt
durch die Erfahrungen mit der Asienkrise 1997/98 – vorsichtig, in den durch
wirtschaftliche, rechtliche und politische Unwegsamkeiten geprägten Ländern zu
investieren. Als Ausdruck dessen ging die Quote der Auslandsschulden dieser Länder
zurück, und der Anteil der kurzfristigen Schulden an den gesamten Auslandsschulden
stieg.
Folkerts-Landau, Garber und Dooley dagegen vertreten seit Jahren eine ganz andere
These. Sie halten die Handelsungleichgewichte für ungefährlich - weil sie die Folge eines
stabilen währungspolitischen Arrangements zwischen den USA und Asien seien. Dieses
habe viele Parallelen zum Festkurs-System von Bretton Woods, das vom Ende des Zweiten
Weltkriegs bis 1973 existierte. Folkerts-Landau, Garber und Dooley sprechen daher von
"Bretton Woods II".
Die drei Forscher interpretieren das erste Bretton-Woods-System als Symbiose zwischen
dem Kernland USA und einer Peripherie von Staaten vor allem in Westeuropa. In Europa
war nach dem Zweiten Weltkrieg der Kapitalstock zerstört und musste wieder aufgebaut
werden. Eine unterbewertete Währung machte die europäische Wirtschaft sehr
wettbewerbsfähig. Die USA nahmen die Exporte der aufstrebenden Peripherie auf. Das
führte zu Defiziten in der Handelsbilanz. Diese konnten die Europäer aber günstig
finanzieren, indem sie mit ihren Überschüssen Dollar kauften und so ihre unterbewerteten
Währungen stabilisierten.
Heute sei die Konstellation im Grunde ganz ähnlich - nur dass es sich nicht mehr um ein
vertraglich verankertes Wechselkurssystem handele, sondern um ein informelles
Arrangement, argumentieren die Forscher. Auch bei Bretton Woods II seien die USA das
Kernland, die Peripherie werde diesmal von den asiatischen Schwellenländern gebildet.
Dort, vor allem in China, gebe es Millionen unterbeschäftigte Landarbeiter, die in die
Weltwirtschaft integriert werden sollen und dafür Kapital brauchen. Die chinesische
Währung sei unterbewertet, was Produkte aus China für Amerikaner günstig mache. Im
Gegenzug kauften die Chinesen US-Wertpapiere und hielten so ihre Währung stabil. Dies
führe in den USA zu historisch niedrigen Zinsen.
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Die Währungspolitik vieler Schwellen- und Entwicklungsländer zielte darauf, die
überschüssigen Ersparnisse in liquiden Devisenreserven anzulegen, um sich gegenüber
Währungskrisen zu immunisieren und um Unabhängigkeit vom Internationalen
Währungsfonds zu erreichen. Von den Zentralbanken wurden daher insbesondere leicht
liquidierbare Dollaranlagen wie kurz- und langfristige Staatsanleihen sowie so genannte
asset backed securities (forderungsbesicherte Wertpapiere, ABS) nachgefragt.
Die Ursachen für diese Dynamik im internationalen Kapitalverkehr waren Gegenstand
heftiger Debatten. So wurde diese Entwicklung u.a. einer globalen
Ersparnisschwemme („global saving glut“) zugeschrieben, die wiederum mit dem
Anstieg der Sparquote in den aufstrebenden Volkswirtschaften in Zusammenhang
gebracht wurde. Andere Hypothesen, die ins Feld geführt wurden, waren die Knappheit der
Investitionsmöglichkeiten weltweit oder der Wunsch der schnell wachsenden
aufstrebenden Volkswirtschaften nach internationaler Diversifizierung und risikoarmen
liquiden Vermögensanlagen.
Ferner wurde argumentiert, dass die aufstrebenden Volkswirtschaften Währungsreserven
aufbauten, um die Aufwertungstendenzen, die exportfinanzierte
Leistungsbilanzüberschüsse zwangsweise begleiten, einzudämmen, aber auch um besser
gegen plötzliche Kapitalabflüsse gewappnet zu sein, wie sie etwa in der Asienkrise
stattgefunden hatten.
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Die Integration des internationalen Finanzsystems bedeutete aber ebenfalls, dass sich
plötzlich abzeichnende Anlagemöglichkeiten – vor allem für institutionelle Investoren
aus den entwickelten Volkswirtschaften – verstärkt genutzt werden können, was zuvor
aufgrund fragmentierter Finanzsysteme nicht möglich war. Um diese Chancen ergreifen zu
können, bedarf es jedoch eines hinreichenden Bestands an liquiden Finanzanlagen, die im
Fall neuer Investitionsmöglichkeiten auch kurzfristig aufgelöst werden können.
Alles in allem entwickelte sich somit weltweit eine starke Nachfrage nach liquiden
Kapitalanlagen, sodass deren reale Renditen über das gesamte Laufzeitenspektrum auf
historisch niedrige Niveaus gesunken sind. Hierbei wurden Mittel in großem Umfang in
die USA und in das Vereinigte Königreich gelenkt, deren Finanzsysteme als hoch
entwickelt und investorenfreundlich gelten. Vor allem aber schienen sie aufgrund ihrer
Innovationsfähigkeit eher als die Finanzsysteme anderer entwickelter Volkswirtschaften
in der Lage, den Liquiditätsbedürfnissen unter den Bedingungen der Globalisierung zu
entsprechen und zeitnah entsprechende Finanzprodukte zu entwickeln.
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Von 1999 bis Mitte 2007 – vom Ende der Asienkrise bis zum Beginn der gegenwärtigen Krise
also – erhöhte sich das US-Leistungsbilanzdefizit um insgesamt $ 4,6 Bio. Ende 2007 waren
die USA nach Schätzung des US- Finanzministeriums mit etwa $ 13,4 Bio. brutto gegenüber
dem Ausland verschuldet – fast viermal so hoch wie neun Jahre zuvor.
Siehe:
S. 18
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Working Paper: “Speculative Bubbles and Financial Crisis” (pdf, 06/2009):
Why are asset prices
so much more volatile and so often detached from their fundamentals? Why does the burst of
financial bubbles depress the real economy? This paper addresses these questions by
constructing an infinite-horizon heterogeneous-agent general-equilibrium model with speculative
bubbles. We show that agents are willing to invest in asset bubbles even though they have
positive probability to burst. We prove that any storable goods, regardless of their intrinsic values,
may give birth to bubbles with market prices far exceeding their fundamental values. We also
show that perceived changes in the bubbles probability to bust can generate boom-bust cycles
and produce asset price movements that are many times more volatile than the economys
fundamentals, as in the data.
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Das niedrige Realzinsniveau hatte wichtige Konsequenzen, wobei einige eher
vorauszusehen waren als andere. Wenig überraschend war, dass die niedrigen Realzinsen
in manchen Industrieländern einen Kreditboom auslösten, da sie die Kreditaufnahme
verbilligten. Die Kreditvergabe nahm beispielsweise in den USA und im Vereinigten
Königreich von 2003 bis Mitte 2007 jährlich um 7% bzw. 10% zu (Kapitel III). Auch wenn
kausale Zusammenhänge nie leicht nachweisbar sind, scheint hier doch plausibel, dass
sowohl die verstärkte Wohneigentumsbildung als auch der drastische Anstieg bei den
Kreditkartenschulden der privaten Haushalte auf billige Kredite zurückzuführen waren.
Eine zweite vorhersehbare Auswirkung der niedrigen Zinsen war, dass sie den Barwert
der Erträge aus Vermögen erhöhten, was den Preisen von Vermögenswerten Auftrieb
verlieh. Damit lässt sich auch der Boom an den Immobilien- und Aktienmärkten
teilweise erklären. Die realen Wohnimmobilienpreise in den USA, im Vereinigten
Königreich und in einer Reihe anderer europäischer Länder zogen von 2003 bis zu ihrem
Höchststand drei bis vier Jahre später um über 30% an, und die Aktienkurse stiegen von
2003 bis Mitte 2007 weltweit um mehr als 90%.
Nach Meinung der Ökonomen Ricardo Caballero und Pablo Kurlat sei es eine
Fehleinschätzung, dass der hohe Verschuldungsgrad an der Krise schuld sei. "Die
Verschuldung war nicht viel höher als in früheren Rezessionen", schreiben die US- Ökonomen.
Fatal sei hingegen die hohe Konzentration von strukturierten Finanzprodukten in wenigen,
systemrelevanten Finanzinstituten gewesen. Und schließlich habe die zu zögerliche Reaktion
der Wirtschaftspolitik die Krise verschärft. Erst nach dem Zusammenbruch von Lehman
Brothers sei der Staat aggressiv eingeschritten. Eine frühzeitige Hilfe aber - wie eine
Elektroschock-Behandlung nach einem Herzinfarkt - wäre notwendig gewesen.
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Die extrem expansive Geldpolitik der amerikanischen Zentralbank Fed führte seit Mitte der 1990er
Jahre dazu, dass die kreditfinanzierten Ausgaben von Investoren und Konsumenten wuchsen. Da
zugleich die Regierung die Nachfrage durch wachsende Haushaltsdefizite anschob, erlebte die
amerikanische Wirtschaft einen kreditfinanzierten Boom, in dessen Sog die Importe wuchsen,
während die Exporte stagnierten. Finanziert wurde der Importüberschuss vor allem von den
Zentralbanken der asiatischen Lieferländer, welche die im Export verdienten US-Dollar ihrer
Exporteure zum Festkurs gegen heimische Währung ankauften und diese Beträge in
amerikanischen Staatsanleihen anlegten. Durch den Zustrom von Waren und Kapital aus dem
Ausland blieben die Güterpreise und Zinsen in den USA trotz des Booms niedrig, während die
Vermögenspreise (Aktien, Anleihen, Immobilienpreise) stiegen.
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Vergaben Banken bislang üblicherweise Buchkredite,die sie überwiegend durch die
Hereinnahme von Einlagen refinanzierten, so gingen sie in der jüngeren Vergangenheit
verstärkt dazu über, Kreditforderungen zu verbriefen und zu handeln; hierbei bedienten
sie sich häufig weitgehend unregulierter Zweckgesellschaften („Conduits“ und „Special
Investment Vehicles“). Diese Änderung des Geschäftsmodells war die Reaktion der
Banken auf die weltweit hohe Nachfrage nach Liquidität unter den Bedingungen der
internationalen Finanzintegration.
Unterstützt durch die Innovationen im Informations- und Telekommunikationsbereich
ergaben sich durch die zunehmende weltweite Integration der Finanzsysteme neue
Gelegenheiten zur Diversifikation. Diese ermöglicht es Banken, illiquide Finanzanlagen
besser in liquide zu transformieren und so den steigenden Bedarf an Liquidität zu
erfüllen. Beispielsweise erfordern diversifizierte Anlageportfolios weniger Eigenkapital
und erlauben daher nicht nur eine stärkere Refinanzierung über kurzfristige
Verbindlichkeiten, sondern zudem eine Ausweitung des Kreditgeschäfts.
Um diesen Diversifikationsvorteil auszunutzen, haben Banken verstärkt ihre Forderungen
gehandelt sowie das internationale Bankgeschäft über ausländische Niederlassungen
ausgeweitet. Beide Strategien stehen in einem wechselseitigen Zusammenhang, haben
aber nicht nur Vorteile.
Grundsätzlich verteilen Verbriefungen Risiken auf mehrere Schultern, was die Finanzmärkte
stabiler macht. Das Kernproblem der aktuellen Krise ist, dass die Verteilung des Risikos
unzureichend war: Am Ende landete es wieder in der Bankbilanz. Auch die Strukturierung von
Produkten und andere Finanzmarktinnovationen (z.B. Kreditausfallversicherungen) sind prinzipiell
positiv zu bewerten, weil sie maßgeschneiderte Lösungen zur Risikoreduktion ermöglichen -
warum soll sich ein Kreditgeber nicht gegen den Ausfall eines Gläubigers versichern, so wie sich
ein Investor gegen den Kursverfall seiner Aktien schützen kann?
Weitere Berichte
TP: Die Idiotisierung der Finanzmärkte (4.3.09):
Heute sind viele Banken nur noch
Leichenschauhäuser. Das Bündeln von Konsumentenkrediten und Häuserhypotheken war der
eigentliche Exportschlager der USA zu Beginn des 21. Jahrhunderts, welcher verbunden mit
einer geringen Sparquote und einem ausufernden Konsum gleichzeitig mit dem Niedergang der
amerikanischen Produktionsindustrie verbunden war. Seit dem Amtsantritt der Bush-/Cheney-
Regierung wurden 27 Billionen USD an toxischen Bündelungs-Produkten zur Finanzierung des
maroden US-Imperiums verkauft, ein Betrag, der nahezu doppelt so groß ist wie das
amerikanische Bruttosozialprodukt von etwa 14 Billionen USD.
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Der Begriff Subprime-Markt bezeichnet den Teil des US- amerikanischen
Hypothekendarlehenmarktes, dessen Kreditnehmer geringe Bonität aufweisen. In den
vergangenen Jahren hatten diese Kreditnehmer damit begonnen, Grundstücke und Immobilien
zu kaufen. Zwar konnten sie meist weder das eine noch das andere mit Eigenkapital finanzieren,
die Banken waren jedoch aufgrund der anhaltend steigenden Grundstücks- und
Immobilienpreise bereit, dafür Kredite von bis zu 100 Prozent des gesamten Grundstücks- und
Immobilienwertes zu vergeben. Die Verfügbarkeit dieses Geldes erhöhte wiederum künstlich die
Nachfrage, wodurch die Preise weiter stiegen.
Im Zuge dessen verließen die Banken die traditionelle Kreditvergabepraxis, nach der
Immobilienkredite binnen einer vorab vereinbarten Dauer mit regelmäßigen Zins- und
Tilgungszahlungen erstattet werden und sich die Verschuldungssituation der Kreditnehmer
kontinuierlich verbessert. Vielmehr wurden Modelle der „verspäteten Tilgung“ eingeführt, wonach
der Kreditnehmer zunächst nur die Zinsen, jedoch keine Amortisation zahlt. Bei gleichbleibender
Laufzeit führt dies zu einer höheren Belastung am Ende des Vertrags. Ähnlich verhält sich die
Situation bei sogenannten „Ein-Prozent- Hypotheken “: Hier bezahlt der Kreditnehmer nur einen
Teil des Zinses, z.B. ein Prozent, und der verbleibende Zinsanteil wird zum Kapital addiert.
Damit er höht sich die Kreditsumme und die Rückzahlung verlagert sich abermals an das Ende
der Vertragslaufzeit. In einer dritten Vertragsvariante wird f ür die ersten Jahre ein fester
Zinssatz vereinbart, der sich anschließend kontinuierlich am Marktzins ausrichtet. Dies führt zu
einer laufenden Erhöhung der Zinsen, sodass sich die Situation der Kreditnehmer mit
fortschreitender Vertragslaufzeit verschlechtert.
Guido Eilenberger, Sascha Haghani, Unternehmensfinanzierung zwischen Strategie und
Rendite, 2008, S. 75 f
Clevere Investmentbanker wetten mit Leerverkäufen gegen die Aktien der US- Immobilienvermittler
New Century und Indymac. Greg Lippmann, Verbriefungsexperte der Deutschen Bank in New
York, hat eine noch bessere Idee. Vor Geschäftspartnern zeigt er, wie man mit Indizes
unmittelbar gegen die Conduits wetten kann. Das ist smart und spricht sich schnell an der Wall
Street herum.
New York, Park Avenue, Juni 2007 Die Zentrale der traditionsreichen Investmentbank Bear
Stearns meldet, dass drei Hedge-Fonds mit verbrieften US-Hypotheken kollabieren. Die Wall
Street ist schockiert. In Düsseldorf melden die deutschen Staatsbanker der Industriebank IKB
am 20. Juli "sehr gute" Ergebnisse. Ihr Conduit Rhineland Funding segelt noch immer außerhalb
der Bilanz. Die US- Turbulenzen hätten "praktisch keine Auswirkung" auf ihr Geschäft gehabt.
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Im Rausch des Booms expandierten die Banken. Sie gründeten Niederlassungen im
Ausland und kaum regulierte Zweckgesellschaften, über die sie große Teile des
Wertpapierhandels abwickelten. Solche Special Investment Vehicles sollten später
einigen deutschen Landesbanken zum Verhängnis werden. Die Expansion steckte voller
Risiken. Kredite wurden nicht mehr aufgrund langer Beziehungen zu gut bekannten
Kunden vergeben; wichtig waren jetzt standardisierte, leicht nachprüfbare
Bonitätskennziffern. Für die Banken gab es viele Gründe, Darlehensanträge nicht mehr
allzu streng zu prüfen: Sie konnten das Ausfallrisiko der von ihnen vergebenen Kredite
einfach weiterreichen. Die Zinsen und damit die Kosten im Falle eines Kreditausfalls
waren gering, die Nachfrage nach verbrieften Krediten aber hoch. Damit lockten
lukrative Gewinne. Zudem sorgten die Zweckgesellschaften und die komplizierte
Konstruktion vieler Wertpapiere für eine zunehmende Intransparenz. Niemand konnte
sagen, wie viel die neuartigen Papiere wirklich wert und wie sicher sie waren. Aber
solange das Geschäft mit ihnen gut lief, wollten alle daran teilhaben.
Die Banken bündeln ihre Kreditverträge zu Tausenden und machen daraus fern der
Heimat handelbare Wertpapiere. Vor allem die Landesbanken wollen mit dieser Masche
groß ins Kapitalmarktgeschäft einsteigen. Schon länger träumen sie davon, endlich
mitzumischen im großen globalen Geldspiel. Oder mit dem neuen Dreh ihre unschönen
Altlasten wegzuzaubern.
Dazu nutzen sie die schwachen Bilanzregeln des deutschen Handelsgesetzbuchs (HGB).
Die Conduits, oft auch Zweckgesellschaften genannt, operieren wie hundertprozentig
beherrschte Tochtergesellschaften, offiziell sind sie aber Eigentum eines Treuhänders
oder eines Trusts - ein juristischer Taschenspielertrick. Sie müssen nach HGB nun nicht
mehr als Geschäfte von Tochterfirmen bilanziert werden.
Die Geldhäuser bezeichnen sich ganz nobel nur noch als Sponsor oder Originator der
Conduits. Die Geschäfte werden trotzdem häufig komplett in den Büros der deutschen
Bankzentralen betrieben. In Delaware gibt es nichts außer einem Treuhänder und einer
Briefadresse. Dass die Banken tatsächlich über ein komplexes Geflecht von verbindlichen
Verträgen für alle Verluste der Conduits haften, verheimlichen sie in ihren
Jahresabschlüssen. So werden die Geldhäuser zur Blackbox.
Der Conduit-Trick entlastet die Banken zudem von ihrer aufsichtsrechtlichen Pflicht, für
Risikogeschäfte genug Eigenkapitalpuffer bereitzuhalten. Plötzlich können sie außerhalb
der Bilanz hohe Risiken eingehen, ohne ihr Eigenkapital zu erhöhen. Und die Manager
können im Jahresabschluss mit hohen Gewinnen bei relativ niedrigem Eigenkapital
glänzen. Das verbessert die Eigenkapitalrendite - die wichtigste Messzahl zur
Berechnung ihrer Bonuszahlungen.
Sogar Frankfurter Großbanken, die nach internationalen Standards bilanzieren, verstoßen
gegen das Transparenzgebot. In Investorenpapieren wird die Masche zwar offen erklärt.
Aber die Wirtschaftsprüfer schauen über die raffiniert strukturierten Vehikel hinweg,
Ratingagenturen geben Bestnoten. So erhalten die Dubliner Briefkastenfirmen der
SachsenLB, einer Minibank mit gerade einmal 1,5 Mrd. Euro Eigenkapital, ein "AAA"-
Rating. Schließlich steht die Landesbank und damit der Staat über Haftungsverträge für
alle Verluste gerade.
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Houston, Texas, Dezember 2001 Mit der Pleite des Energieriesen Enron geraten außerbilanzielle
Vehikel weltweit in Misskredit. Das EU- Parlament beschließt strenge Regeln, doch in
Deutschland wollen die Finanzpolitiker davon nichts hören. Bankenlobbyisten vereiteln die
Umsetzung der EU- Verordnung.
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In der Spätphase des Kreditbooms vergaben die Banken immer freizügiger Immobilien- Kredite
auch an sehr schlechte Schuldner (Subprime- Kredite). Besichert waren diese Kredite durch die
damit gekauften Häuser oder Gewerbeimmobilien, und da die Immobilienpreise beständig stiegen
und die Banken die Kredite mittels Verbriefung aus ihrer Bilanz entfernen konnten, schien diese
Praxis risikolos zu sein. Institutionelle Investoren wiederum kauften die Verbriefungen gerne, da
sie nach Strukturierung relativ risikolos zu sein schienen, aber höhere Renditen als
Staatsanleihen einbrachten.
Wirksame Rezepte gegen Finanzkrisen setzten nach Meinung von Ricardo Caballero und
Pablo Kurlat jedoch voraus, dass die Ursachen der Misere richtig geortet werden. Die beide
Ökonomen vom Massachusetts Institute of Technology (MIT) kommen in ihrer Analyse zu
dem überraschenden Ergebnis, dass nicht die US-Immobilienblase, fehlende Regulierungen
oder eine zu lockere Geldpolitik die aktuelle Finanzkrise zu einer wirtschaftlichen Pandemie
gemacht haben. Der weltweite Schock sei vielmehr dadurch entstanden, dass sich die
Probleme auf dem US-Immobilienmarkt wie ein Flächenbrand in Windeseile rund um den
Globus ausbreiten konnten. Erst durch die damit verbundene Unsicherheit sei es zu einer
Panik auf den Finanzmärkten gekommen.
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Da Käufer und nicht originäre Kreditgeber das Risiko trugen, waren die Anreize gering,
konservative Standards bei der Auswahl der Deckungsmasse einzuhalten. Als Strukturierer
hatten Banken keinen Anreiz, die Qualität des Pools nach der Kreditvergabe zu überwachen.
So wurden zu viele risikoreiche Kredite vergeben und verbrieft. Ein Übriges tat die an
kurzfristiger Performance orientierte Vergütung des Managements und das Interesse der
Investmentbanken an Masse von ABS- Emissionen.
siehe:
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In den USA, aber auch in anderen Ländern, waren und sind preiswerte Eigenheime erklärtes
politisches Ziel, das über zahlreiche Instrumente (z.B. Zinsverbilligungen, staatliche Garantien,
Steuerzuschüsse) verfolgt wird. Zudem wurde auch politischer Druck auf die Notenbanken
ausgeübt, mit Blick auf die Beschäftigung das Zinsniveau niedrig zu halten, was zugleich
bewirkte, dass sich die Finanzierung der hohen Staatsverschuldung verbilligte.
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Simoleon Sense: Ten Myths about Subprime Mortgages
(23.7.09): This article comes straight
from the Cleveland Fed… My favorite section of this article is “myth # 8- the subprime
mortgage crisis was totally unexpected”. Clearly it was not unexpected just difficult to time.
WSJ: Guest Contribution: The (Mythical?) Housing Wealth Effect (22.6.09):
Many economists
have stated that consumer spending can’t rebound until house prices stop falling. But Charles
W. Calomiris of Columbia University, Stanley D. Longhofer of the Barton School of Business
and William Miles of Wichita State University argue that the wealth effect of housing has been
overstated.
HB: Was Evangelikale über die Krise verraten (18.5.09):
Evangelikale Christen sind in den
USA eine nicht zu unterschätzende Religionsgruppe. Sie rechnen jederzeit mit dem
Weltuntergang und stehen irdischem Reichtum skeptisch gegenüber. Ökonomen sind
überzeugt: Wer die Ursache der Finanzkrise verstehen will, der muss sich mit den
Evangelikalen beschäftigen. Was kurios klingt, hat einen seriösen Hintergrund.
WSJ: Delinquent Mortgages Hit Record Level (5.3.09):
The recent housing bust has reignited
interest in psychological theories of speculative excess (Shiller, 2007). I investigate this issue
by identifying a segment of the U.S. population—evangelical protestants—that may be less
prone to speculative motives, and uncover a significant negative relationship between their
population share and house price volatility.
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Unter den weniger vorhersehbaren Auswirkungen niedriger Zinsen ist das
Anreizgefüge
zu nennen, das sich in der Vermögensverwaltungsbranche herausgebildet hat.
Finanzinstitute müssen relativ hohe Nominalrenditen erzielen, weil sie sich mit ihren
Produkten oftmals langfristig binden. Wenn die Zinsen auf ein ungewöhnlich niedriges
Niveau sinken, kann es schwieriger werden, die zugesagten Renditen zu erwirtschaften.
Dann werden die Finanzinstitute entsprechend höhere Risiken eingehen,
um ihre
Rendite- und Gewinnvorgaben trotzdem erreichen zu können. Dies gilt im
Prinzip auch für die Vermögensverwalter, von denen die Anleger hohe
Nominalrenditen erwarten. Auch hier ist die
Strategie, höhere Risiken einzugehen
(ohne dies explizit zu machen), ein Weg, um die Kundenansprüche zu erfüllen. Kurz
zusammengefasst: Bei niedrigen Zinsen werden also höhere Risiken eingegangen.
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Zur mangelhaften Kontrolle seitens der Kunden und zu den Schwachstellen im
Vergütungssystem kamen noch die verzerrten Anreize für die Ratingagenturen hinzu.
Zweck dieser Einrichtungen ist es, die schwerwiegenden Informationsprobleme bei der
Fremdfinanzierung zu mildern, indem sie die Wahrscheinlichkeit, dass ein Schuldner
einen Kredit oder eine Anleihe zurückzahlen wird, unabhängig beurteilen. Doch es gibt
eine Reihe von Schwierigkeiten. Ratings sind teuer und schwer zu erstellen, und sie
lassen sich nicht geheim halten. Sobald Informationen öffentlich zugänglich sind,
können sie ohne Kosten reproduziert werden. In Kenntnis dessen lassen sich die
Ratingagenturen ihre Beurteilungen von denen bezahlen, die sie am meisten benötigen,
nämlich den Anleiheemittenten selbst.
Auch wenn dieses Konzept weder neu noch einzigartig ist – die Anleiheemittenten
bezahlen die Ratingagenturen schon seit Jahrzehnten, genauso wie die Buchprüfer von
den Firmen bezahlt werden, die sie prüfen –, hat diese Regelung die Anreizstrukturen
verzerrt. Des Weiteren haben sowohl die höhere Komplexität von Finanzinstrumenten
als auch die gestiegene Emissionshäufigkeit – in den vergangenen zehn Jahren ist eine
Fülle von forderungsunterlegten Wertpapieren und strukturierten Finanzprodukten
begeben worden – das Ratinggeschäft zwar schwieriger, zugleich aber auch rentabler
gemacht. Und wegen der Komplexität der Finanzinstrumente haben sich selbst die
erfahrensten institutionellen Anleger stärker auf die Ratings verlassen. Im Endeffekt
waren die Ratingagenturen mit der Aufgabe, die Risiken festverzinslicher Wertpapiere zu
bewerten und damit die kollektive Sicherheit zu schützen, überfordert und trugen durch
die Vergabe unrealistisch hoher Ratings ungewollt zum Aufbau systemweiter Risiken bei.
Vox: The origin of bias in credit ratings (27.3.09):
Understanding the origins of the crisis
requires understanding the failures of the market for ratings. This column explains how
conflicts of interest and shopping for the best rating produced biased assessments of
complex assets, whereas these bad incentives had not plagued ratings of simpler assets.
We need to rethink how ratings are provided, lest the next bout of financial innovation
trigger another round of ratings inflation and subsequent financial market turmoil.
Juli 2007: Die Rating-Agenturen stufen eine große Anzahl von Wertpapieren, die mit
Forderungen aus Hypothekenkrediten besichert sind, herab. Daraufhin verlieren diese,
aber auch andere Vermögenstitel, die auf Kreditforderungen beruhen, deutlich an Wert,
und zwar sowohl in den USA als auch in Europa. Der Handel mit einigen
kreditbesicherten Wertpapieren kommt sogar nahezu zum Erliegen. In der Folge geraten
insbesondere Finanzinstitute, die sich kurzfristig auf den internationalen Geldmärkten
refinanzieren müssen und auf
asset backed securities (also durch Vermögenswerte
besicherte Finanzinstrumente) als Sicherheiten angewiesen sind, in Liquiditätsprobleme.
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Hinzu kommt, dass die Manager von Finanzinstituten sich bemüßigt sahen, im Interesse
der Aktionäre die Eigenkapitalrendite zu erhöhen – weshalb sie ihr
Fremdfinanzierungsvolumen drastisch ausbauten.
Aus dem Anliegen, sich gegen einen Zusammenbruch zu schützen, entsteht für die Bank
ein Zielkonflikt: Hohe Eigenkapitalausstattung, hohe Rücklagen, ein hoher Bestand an
sicheren Wertpapieren und eine konservativ- vorsichtige, hochbesicherte Kreditgewährung
schmälern die Rendite der Bank. Für Banken ist es finanziell attraktiv, Kassenbestände
möglichst klein zu halten, das Eigenkapital zu reduzieren, riskantere Wertpapiere zu
kaufen und höherverzinsliche, aber auch riskantere Kredite zu vergeben. Die Banken
stehen damit vor einem klassischen Dilemma: Treffen sie intensive Vorsorge gegen die
banktypischen Risiken, droht eine geringe Eigenkapitalrendite. Arbeiten sie mit einer
hohen Fremdkapitalquote und aggressiver Kreditvergabe, droht die Insolvenz. Verkürzt
gesagt hat eine Bank die Wahl zwischen Sicherheit und Rendite, zwischen Vorsicht und
bis zur Gier entartetem Risikoappetit.
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Hedge-Fonds: Ausrisse aus einer Dissertation
Ich “reisse” aus dieser 258 Seiten umfassenden Arbeit einige Ausschnitte raus, die ich für
geeignet halte um den Charakter und die Wirkungen von Hedgefonds besser zu verstehen. Über
die von mir hier zusammengefügten Fragmente hinaus befasst sich die Arbeit mit verschiedensten
Anlagestrategien von Hedgefonds, den Auswirkungen von Hedgefonds auf die Stabilität der
Finanzmärkte und Regulierungsansätze für die Instrumente.
So erfährt man, dass Hedge-Fonds äußerst schwierig zu charakterisieren sind,
“weil die meisten Hedge-Fonds Manager auf Marktveränderungen opportunistisch mit
Strategiewechseln reagieren. Daher ist auch eine exakte Definition von Hedge- Fonds nahezu
unmöglich. Hedge-Fonds Manager lassen sich in ihrem Investmentansatz von der Maxime der
expliziten Verlustvermeidung leiten. In diesem Kontext ist es für den Hedge-Fonds Manager dann
von nachgeordneter Bedeutung, welche Anlagen – klassische oder alternative – dem zugrunde
liegen.”
Zur historischen Entwicklung von Hedge-Fonds erfährt man u.a.
“Als geistiger Vater der Hedge-Fonds Idee gilt Karl Karsten. Er war der erste, der auf
wissenschaftlichen
Methoden basierte Handelsstrategien entwickelte und an der Börse umsetzte. Allgemein wird der
Beginn der modernen Hedge-Fonds Industrie jedoch auf das Jahr 1949 datiert, als der Australier
Alfred Winslow Jones (1901-1989) den ersten bekanntgewordenen Long-Short-Equity Fonds
gründete. Das Anlagekonzept seines Fonds sah vor, daß vielversprechende Aktien gekauft und
gleichzeitig wenigversprechende Aktien verkauft werden sollten.”
Warum sind Hedge-Fonds so beliebt geworden?
Diese Frage versuchen verschiedene Autoren zu beantworten. Einige kommen zu dem Schluß,
daß der Hauptgrund für die gestiegene Nachfrage nach Hedge-Fonds in der Verlustaversion der
Investoren zu finden ist. Hierbei greifen sie auf die von Kahnemann/Tversky (1979) entwickelte
Prospekttheorie zurück, in der gezeigt wird, daß Investoren einen Verlust mit einer doppelt so
hohen Intensität wahrnehmen wie einen Gewinn. Eine weitere Bestätigung dafür kann auch bei
Heissmann (2004) gefunden werden, die in einer unter institutionellen Investoren durchgeführten
Umfrage eine beachtliche Bedeutung von Total- und Absolute- Return-Konzepten für die Befragten
feststellten. So antworteten rund 53% der Befragten, gewichtet nach Höhe der verwalteten Gelder,
daß sie einen solchen Ansatz verfolgten. Hingegen sprechen sich nur 8,4% der Befragten für einen
indexiertes bzw. passives Management der Kapitalanlagen aus.
Der Grund für diese Entwicklung sieht Heissmann in den schlechten Erfahrungen der Jahre 2000
bis 2003: “Mit diesen Konzepten wird nun versucht, sich von der Entwicklung der Aktienindizes in
gewissem Maße abzukoppeln. Im Gegensatz zu einem passiven Management, bei dem eine
Negativbewertung der Märkte in vollem Umfang nachvollzogen wird, ist es Ziel der Total- und
Absolute-Return-Konzepte, genau dieses zu vermeiden und grösseren Wertverlusten im Portfolio
vorzubeugen. Zur Umsetzung der Konzepte steht eine Reihe von Strategien zur Verfügung:
angefangen von Constant Proportion Portfolio Insurance (CPPI) über Collar- Techniken bis hin zu
Optimierungen und ausgefeilten Wertsicherungsstrategien.
Ein Blick hinter die Kulissen
Auf der Angebotsseite wurde die Entwicklung des Hedge-Fonds Marktes insbesondere von Seiten
der Prime Broker gefördert, die eine Schnittstellenfunktion zwischen Hedge-Fonds und
Kapitalmärkten haben. Sie übernehmen dabei Transaktionsaufgaben wie
Wertpapierorderausführungan Börsen und Handel in OTC-Produkten. Graphisch läßt sich die
Einbettung der Prime Brokerin das das “Ökosystem” der Hedge-Fonds Industrie folgendermaßen
darstellen:
Ökosystem der Hedge-Fonds Industrie
Ökosystem der Hedge-Fonds Industrie
Deutlich wird, daß die Prime Broker im Zentrum der von Hedge-Fonds ausgehenden Aktivitäten
stehen. Dabei organisieren sie nicht nur die eigentliche Durchführung von Handelstransaktionen
sondern zusätzlich periphere Dienstleistungen. Eine wichtige Funktion des Prime Brokers findet
sich auch in seiner Eigenschaft als Financier des Hedge-Fonds, entweder als Fremdkapitalgeber
via Kredite oder als Eigenkapitalgeber via Beteiligungen. Das Prime Brokerage umfaßt
tpyischerweise auch die Notwendigkeit, für die Bank als Gegenvertragspartei bei OTC-Geschäften
zu fungieren. Damit profitieren sie mehrfach am Erfolg der Hedge-Fonds.
VanSteenis/Hamilton (2004) schätzen, daß der Anteil der mit Hedge-Fonds erwirtschafteten
Gebühren etwa 26-27% des gesamten Gebührenaufkommens im weltweiten institutionellen
Brokerage-Geschäft ausmacht. Nach Berechnungen von Greenwich (2004c) vereinen Hedge-Fonds
82% des Handelsvolumens in notleidenden Schuldtiteln (distressed debt) und fast 30% des
Handelsvolumens in Anleihen unterhalb Investmentgrade und Kreditderivaten auf sich. Ein Drittel
des Handels in Future-Kontrakten in den USA entfiel 2004 auf Hedge-Fonds.68 Im Bereich
Wandelanleihenarbitrage ermittelt Greenwich (2000b) einen Anteil von über 70%. Nach
Schätzungen von Prime Brokern entfielen 2004 zwischen 30-50% des Aktienhandelsvolumens in
Europa auf Hedge-Fonds. Ein wichtiger Aspekt stellt in diesem Zusammenhang die hohe
Konzentration im Prime Broker Geschäft dar. Die fünf größten Prime Broker kommen in Europa
beispielsweise auf einen Marktanteil von insgesamt fast zwei Dritteln.
Die hohen Gebühren, die Hedge-Fonds den Prime Brokern vergüten, müssen im Rahmen
profitabler Handelsstrategien wieder erwirtschaftet werden. Jedoch kommt den Hedge-Fonds
hierbei zugute, daß sie im Vergleich zu traditionellen Investmentfonds über einen deutlich höheren
Spielraum bei der Gebührengestaltung verfügen. Die Entlohnung der Hedge-Fonds Manager
besteht aus einer Kombination von einer fixen Management-Fee und einer erfolgsabhängigen
Vergütung, der so genanten Performance-Fee. Weit verbreitete Anwendung findet die sogenannte
1,5/20-Regel. Der Hedge-Fonds Manager stellt hierbei seinen Investoren eine jährliche
Verwaltungsgebühr (Management-Fee) von 1,5% in Rechnung. Zusätzlich läßt sich der Manager
20% der erwirtschafteten Renditen (Performance-Fee) abtreten.
Diese Form der Gebührenstruktur birgt allerdings eine Prinzipal-Agenten- Problematik in sich. Der
Hedge-Fonds Manager hat einen Anreiz, hohe Performance-Ergebnisse zu realisieren, wenn er
nicht nur mit der Management- Fee auskommen will. Das aus der Anreizgestaltung resultierende
moralische Risiko wird oftmals dadurch abgeschwächt, daß die Hedge-Fonds Manager selbst
hohe Teile ihres Privatvermögens im Fonds investiert haben.72 Hinzu kommt, daß Investoren
üblicherweise einen Anspruch am Gewinn erhalten, der einen Ausgleich für zuvor erlittene Verluste
vorsieht.
Die Anreizgestaltung eröffnet dem Hedge-Fonds Manager ein optionsähnliches Auszahlungsprofil:
Im Falle einer schlechten Jahresperformance von beispielsweise minus 20% erhält der Hedge-
Fonds Manager keine Auszahlung aus der performanceabhängigen Gebührenstruktur, sondern nur
die Management-Fee von 1%. Im Falle einer guten Performance hingegen wird der Fondsmanager
überproportional belohnt. Neben der vertraglich fixierten Management-Fee von 1% erhält er
zusätzlich 20% der erzielten Performance. Bei einer Performance von plus 20% würde dies
weitere 4% Gebühreneinkommen auf die verwalteten Anlagen bedeuten.
Optionsähnliches Auszahlungsprofil der Gebühreneinnahmen eines Hedge-Fonds Managers
Optionsähnliches Auszahlungsprofil der Gebühreneinnahmen eines Hedge- Fonds Managers
Generieren Hedge-Fonds einen Mehrwert?
Die Hypothese eines Mehrwerts von Hedge-Fonds im Kontext der Asset Allocation kann auf Basis
der vorliegenden Literatur weder eindeutig bestätigt noch verworfen werden. Um dennoch
dieWirkung und ggf. Vorteilhaftigkeit von Hedge-Fonds Strategien evaluieren zu können, soll
daherein anderer Weg gewählt werden.
Gegenstand der Überlegungen ist die Frage nach der Wahl der Asset Allocation, wenn das Risiko
nicht mit der Standardabweichung der Rendite einzelner Anlagen oder Portfolios, sondern mit der
Verlustgefahr für das Unternehmen gemessen wird. Während in der Praxis die Verlustgefahr
oftmals durch die Wahrscheinlichkeit gemessen wird, einen bestimmten Zielwert (Target) nicht zu
erreichen, wird in dem Modell Verlustgefahr mit Insolvenzgefahr gleichgesetzt. Insolvenzgefahr tritt
dann ein, wenn die Marktwerte der Aktiva aufgrund unvorteilhafter Entwicklung unter die Passiva
fallen. Wie bereits in Kapitel 2 konstatiert, liegt die Funktion des Surplus darin, das Ausfallrisiko
auf ein akzeptabel niedriges Niveau zu senken. Im Fokus der Betrachtung liegt damit die Surplus-
Entwicklung. Die optimale Asset Allocation ist damit im Ergebnis diejenige, die auf die
Entwicklung des Surplus abzielt, um das Risiko der Insolvenz zu minimieren.
Bei der Umsetzung der Asset Allocation unterscheidet man zwischen statischen und
dynamischen Strategien. Bei einer statischen Asset Allocation werden Portfoliomischungen bis
zum nächsten Überprüfungstermin unverändert gelassen – entweder durch eine Kaufen-und-Halten
Strategie oder durch permanente Anpassungen zur Aufrechterhaltung einmal fixierter
Portfoliogewichtungen. Der Vorteil statischer Strategien liegt in der Einfachheit ihrer Umsetzung.
Der wesentliche Nachteil ist aber, daß sie Informationen über Veränderungen der ökonomischen
Rahmenbedingungen unberücksichtigt lassen.
Bei der dynamischen Asset Allocation Strategie werden regelbasierte Verfahren auf Basis
quantitativer
Methoden angewandt, die darauf abzielen, eine wünschenswerte Renditeverteilung im Portfolio zu
erzeugen. Das bekannteste Verfahren ist die so genannte Portfolioinsurance Strategie, die durch
systematische Veränderung der Gewichtungen zwischen einzelnen Anlage-Klassen eine
bestimmte Renditeverteilung des Portfolios anstrebt. Hierbei werden im Wert gefallene Anlagen
veräußert und im Gegenzug im Wert gestiegene Anlagen erworben. Demgegenüber steht die
Strategie des Rebalancing, die auf die Umsetzung einer sogenannten konkaven Portfoliostrategie
setzt. Hierbei werden im Wert gestiegene Anlagen veräußert und im Gegenzug im Wert gefallene
Anlagen erworben. Im nachfolgenden soll überprüft werden, wie Informationen über wirtschaftliche
Rahmenbedingungen, die die Solvenz des Unternehmens eventuell beeinträchtigen, bei Asset
Allocation Entscheidungen berücksichtigt werden können.
Die Gegenüberstellung bestätigt die Hypothese, daß aktive Rebalancierung zwischen Anlagen
bzw. Hedge-Fonds Strategien mit positiver und negativer Schiefe das Insolvenzrisiko senken kann.
Es steigt die Insolvenzgefahr für beide Asset Allocation Strategien zunächst steil an, flacht mit
zunehmendem Zeithorizont für die Alternative Asset Allocation jedoch deutlich schneller ab. Die
Erklärung dafür lautet: Anlagen und Hedge-Fonds Strategien, die positive Schiefe aufweisen, üben
in schwierigen Börsenphasen eine gewisse Wertsicherungsfunktion aus und stützen den Surplus.
Auf der anderen Seite eröffnet die Beimischung von Anlagen und Strategien mit negativer Schiefe
ein höheres Renditepotential. In günstigen Börsenphasen unterstützt dies den Aufbau des
Surplus, was sich ebenfalls günstig auf die Entwicklung der Insolvenzwahrscheinlichkeit auswirkt.
Demgegenüber berücksichtigt die (starre) Klassische Asset Allocation keine Informationen über
die veränderten ökonomischen Rahmenbedingungen151 des Unternehmens. Die Alternative Asset
Allocation, bei der Hedge-Fonds Strategien bewußt zur Senkung der Insolvenzwahrscheinlichkeit
eingesetzt werden, wird die Klassische Asset Allocation mit Hedge-Fonds Strategien vor allem in
schwierigen Börsenphasen schlagen können.
Zum Nutzen von Hedgetfonds für die Kapitalmärkte
Hedge-Fonds Manager werben mit dem Argument, daß sie opportun auf Marktveränderungen
reagieren und Marktineffizienzen durch Arbitragegeschäfte zu ihrem Vorteil nutzen können. Diese
Ansicht basiert auf dem Grundgedanken der Effizienzmarkthypothese, in der rationales,
spekulatives Verhalten risikolose Arbitragemöglichkeiten erkennt und Fehlbewertungen sofort
korrigiert.
Wenn Arbitrage dazu führt, daß das Kapitalmarktgleichgewicht wieder hergestellt wird, könnte es
sein, daß der Spekulation eine zumindest kurzfristig stabilisierende Wirkung zugestanden werden
kann. In den letzten Jahren wurde die traditionelle Ansicht, daß in effizienten Märkten die Gesetze
der Arbitrage dazu führen, daß Anlagepreise mit ihren ökonomischen Fundamentalwerten
übereinstimmen, mehrfach durch selbsterfüllende Erwartungen, Herdenverhalten und andere
vermeintliche irrationale Einflüsse auf die Wertpapierpreisbildung herausgefordert.
Immer häufiger wichen Wertpapierpreise von ihren fundamental gerechtfertigten Werten ab, ohne
daß die korrektive Kraft von Spekulanten zu einer Stabilisierung des Gleichgewichts beitragen
konnte. Im Gegenteil, immer häufiger waren Spekulanten dem Verdacht ausgesetzt, selbst
Auslöser von übertriebenen Entwicklungen zu sein.
Aufgrund ihrer Kurzfristorientierung stellen Hedge-Fonds Manager in der öffentlichen Meinung die
wichtigste Gruppe der Spekulanten dar. Allerdings stehen sie wegen dieser kurzfristigen
Orientierung auch in der Kritik, ungewünschte Entwicklungen zu verstärken oder gar auszulösen.
Hedge-Fonds Manager gelten aufgrund ihrer besonderen Begabung als prädestiniert, komplexe
Arbitrage- Strategien gewinnbringend durchzuführen. Ihre Existenzberechtigung steht dabei
allerdings im krassen Widerspruch zur Effizienzmarkthypothese von Fama, gemäß dieser der
langfristig zu erwartende Gewinn eines Hedge-Fonds Managers auf informationseffizienten Märkten
null beträgt.
Die zu Beginn der Arbeit aufgeworfene Forschungsfrage lautete: “Gefährden die dynamischen
Handelsstrategien der Hedge-Fonds die Finanzmarktstabilität?”. Hierzu wurde die Hypothese
aufgestellt, daß die Neuorientierung im institutionellen Investmentgeschäft zu einem Anstieg
konvexer Handelsstrategien und damit zu potentieller Finanzmarktinstabilität geführt hat.
Hedge-Fonds reagieren opportun auf Marktveränderungen und wenden entweder konkave oder
konvexe Handelsstrategien an, wobei letztere, wie gezeigt, zu unerwünschtem positivem
Feedback-Verhalten beitragen können. Demgegenüber sind institutionelle Investoren oftmals an
ihre traditionellen Anlageprozesse gebunden, die auf den Grundlagen der Kapitalmarkttheorie
basieren. Ihr Investmenthorizont gilt als langfristig, wodurch sich eine eher träge Verhaltensweise
vermuten ließe, die keine Quelle positiven Feedback-Verhalten darstellen sollte. Dennoch lassen
sich in der Realität auch hier Verhaltensweisen erkennen, die deutliche Anzeichen positiven
Feedback-Verhaltens beinhalten.
So läßt sich beispielsweise feststellen, daß Investoren solche Anlagen bevorzugt nachfragen, die
sich in der Vergangenheit durch eine auffallend gute Performance ausgezeichnet haben.
Patel/Zeckhauser/Hendricks (1990), Ippolito (1992), Gruber (1996) oder Sirri/Tufano (1998) zeigen,
daß Gelder an solche Fondsmanager verteilt werden, die im abgelaufenen Jahr eine gute
Performance vorweisen konnten. Demgegenüber steht die Tendenz, daß Manager, die eine
schlechte Performance aufweisen, Geldabflüsse riskieren. Cabot (1998) konstatiert, daß eine
“Underperformance” Investmentberater dazu veranlaßt, die Empfehlung auszusprechen, solche
Manager auszuwechseln.
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Die Vergütungsmodelle boten Managern einen Anreiz mehr, auf kurzfristige Erträge zu
setzen und die langfristige Entwicklung außer Acht zu lassen. Die Bonuszahlungen
richteten sich zum Teil nach komplizierten Modellberechnungen mit Vermögenswerten,
die mangels Markt gar nicht verkauft werden konnten. Riskante Strategien zahlten sich für
Aktieninhaber (wegen der beschränkten Haftung) und Portfoliomanager (wegen der
Vergütungsmodelle) übermäßig stark aus: Sie partizipierten am Gewinn, während Verluste
allein Sache der Gläubiger (oder des Staates!) waren. Zudem wurden Portfoliomanager für
eine überdurchschnittliche Performance ihrer Anlagen gemessen an den Referenzindizes
der jeweiligen Anlagekategorie belohnt.
Deshalb konnten sie, selbst wenn sie Vermögenspreisblasen als solche erkannten, gar
keine entsprechenden Short-Positionen eingehen, ohne zu riskieren, dass die Anleger
Finanzmittel abziehen. So entstand ein Herdenverhalten, das Arbitrage verhinderte. Am
Ende verleitete die generelle Schwierigkeit, bei Portfoliomanagern mit guter Performance
Glück von Können zu unterscheiden, zusammen mit einer Vergütungsstruktur, die
zumindest teilweise vom Geschäftsvolumen abhing, Manager und Händler zur Anhäufung
enormer Risiken.
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Die OECD fragte sich
, warum einzelne der großen Universalbanken so gut, andere
wiederum so katastrophal durch die Krise gesegelt sind, obwohl sie doch alle den
gleichen, weitgehend übereinstimmenden Regeln unterworfen waren. Wie sie feststellen,
waren es ganz eindeutig Banken mit einer "Kreditkultur" wie die spanische Santander und
die australische Westpac, welche vor allem traditionelle Bankgeschäfte wie Kreditvergaben
an Unternehmen und Konsumenten gemacht hatten, die ohne staatliche Hilfen auskamen.
Demgegenüber hatten allein fünf "innovative" Banken wie City Group, Bank of America,
Deutsche Bank, Barclays und UBS, die ihre Bilanzen mit Derivate-gestützten
Verbriefungen aufgeblasen hatten, zusammen rund 46 Prozent aller bisher
eingestandenen krisenbedingten Verluste verzeichnet. Bei ersteren stehen auf der
Finanzierungsseite zudem vor allem Kundeneinlagen und langfristige Anleihen stehen.
Diese stabilen Finanzquellen waren bei letzteren deutlich weniger vertreten, während ihre
Aktiva zu viel größeren Teilen zu Marktpreisen bewertet werden mussten und daher in der
Krise extremen Schwankungen unterworfen waren. Dementsprechend ähnelten sie
weniger traditionellen Banken, sondern viel mehr gigantischen Hedge-Fonds, wobei sich
die Experten aber nicht vorstellen können, dass ein Hedge-Fonds, der diese Art an
strukturierten Produkten hält, es wagen würde, wie die Deutsche Bank ein Leverage von
50 zu fahren, also Anlagen im 50fachen Volumen ihres Eigenkapitals zu halten.
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Dazu lesen im Wall Street Journal":
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Die zweite mikroökonomische Ursache der Krise hängt mit der Risikomessung
zusammen. Messung, Bepreisung und Kontrolle von Risiken erfordern allesamt moderne
statistische Instrumente, wobei größtenteils historische Daten ausgewertet werden.
Selbst wenn lange Datenreihen vorhanden sind, wird weiter zurückliegenden Werten in
dem Bewusstsein, dass sich die Welt langsam, aber stetig weiterentwickelt, tendenziell
weniger Bedeutung beigemessen. Entsprechend führt eine lange Phase relativer Stabilität
zu der Einschätzung, dass die Risiken dauerhaft abgenommen hätten, wodurch auch die
Risikopreise sinken.
Telepolis: Banking ohne Sicherung (15.8.09):
Josef Ackermann kletterte vor dem Absturz
mit seiner Vorstandscrew seit Jahren ohne Seil, um spektakuläre 25 % Gewinne
einzusammeln. Von Extrembergsteigern wissen wir, dass sie sich jenseits der Sargzone
befinden, wenn sie eine senkrechte Wand ohne Sicherung hochklettern. Ein Absturz ist
absolut tödlich. Von Bankern wussten wir dies bisher nicht, bis sie sich auf den Weg
machten, senkrechte Derivateberge anzuhäufen, dort ohne Seil hochzuklettern und ihre
spekulativen Absturzrisiken außerhalb der Bilanz zu positionieren. Josef Ackermann
kletterte mit seiner Vorstandscrew seit Jahren ohne Seil, um spektakuläre 25 % Gewinne
einzusammeln, bevor sie kollektiv abstürzten.
Alphaville: Marking to Markowitz (11.2.09)
: Harry Markowitz – nobel laureate and father of
Modern Portfolio Theory – has outlined a proposal for remedying the current financial
crisis – a chief cause of which, he says, is a lack of transparency
NYT: Risk Mismanagement, Ausführlicher Beitrag zur Rolle des Risikomanagement in der
Finanzkrise (2.1.09): THERE AREN’T MANY widely told anecdotes about the current
financial crisis
, at least not yet, but there’s one that made the rounds in 2007, back when
the big investment banks were first starting to write down billions of dollars in
mortgage-backed
derivatives
and other so-called toxic securities. This was well before
Bear Stearns
collapsed, before
Fannie Mae
and
Freddie Mac
were taken over by the federal
government, before
Lehman fell and
Merrill Lynch
was sold and A.I.G. saved, before the
$700 billion bailout bill
was rushed into law. Before, that is, it became obvious that the
risks taken by the largest banks and investment firms in the United States — and,
indeed, in much of the Western world — were so excessive and foolhardy that they
threatened to bring down the financial system itself. On the contrary: this was back when
the major investment firms were still assuring investors that all was well, these little
speed bumps notwithstanding — assurances based, in part, on their fantastically
complex mathematical models for measuring the risk in their various portfolios.
HB: Risikomanagement: Ringen mit den Risiken (2.2.09):
Die Banken suchen nach neuen
Geschäftsmodellen. Schon jetzt zeichnet sich ab: Auch mit einem deutlich verbesserten
Risikomanagement und höheren Kapitalpolstern wird es keine Rückkehr in die goldene
Bankenära geben. Banken werden künftig sehr viel vorsichtiger operieren – zulasten des
Profits.
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Risknet – Volker Bieta und Hellmuth Milde: Denkfehler im Risikomanagement
(14.8.09): In
dem Beitrag “
6 Ways Companies Mismanage Ri
sk” (Harvard Business Review, March 2009]
wird erklärt, was die Risikomanager in jüngerer Zeit falsch gemacht haben. Insgesamt
werden sechs typische Fehler diskutiert. Dem Autor geht es aber eindeutig “nur” um
praktische Umsetzungsfehler. Die implizite Annahme bei seiner Diskussion lautet: Im
“Prinzip” ist die Grundstruktur der heutigen Risikomodelle richtig; es geht also lediglich
um fehlerhafte Anwendungen. Im vorliegenden Beitrag wird diese Sichtweise bestritten.
Wir behaupten: Das Grundmodell hat eine falsche Struktur. Wenn das Grundmodell falsch
ist, warum ging es bis zum Sommer 2007 dann gut? Warum funktionierte das
Grundmodell danach nicht mehr? Die Antwort ist einfach: Selbst eine Fehlkonstruktion
kann funktionieren, wenn sie nicht extremen Belastungen ausgesetzt ist. Die extreme
Belastung setzte im Jahr 2007 mit dem Zusammenbruch des Subprime-Marktes ein. Erst
zu diesem Zeitpunkt wurden die konzeptionellen Fehler im Risikomanagement
offensichtlich.
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Die Finanz-Alchemie hat enorme Tücken, zeigen
Coval, Jurek und Stafford in ihrer Studie
,
die in der neuen Ausgabe des "Journal of Economic Perspectives" erschienen ist. So führen
schon kleinste Fehler bei der Bewertung der einzelnen Kreditrisiken dazu, dass die
Ausfallwahrscheinlichkeiten der CDOs drastisch unterschätzt werden. Das Gleiche gilt für
die Frage, wie stark die Ausfallrisiken der einzelnen Kredite miteinander korrelieren. Auch
hier potenzieren sich schon kleine Ungenauigkeiten enorm, zeigen Modellrechnungen der
Forscher. Besonders stark sind diese Multiplikator-Effekte bei den vermeintlich sehr
sicheren "quadratischen CDOs".
Selbst wenn es bei der Risikobewertung nicht zu Fehlern käme, gibt es ein zweites
fundamentales Problem. Denn mit dem Strukturieren lässt sich nur eine Art von Risiko
verkleinern. Zum Beispiel wird es unwahrscheinlicher, dass man als Investor zufällig an
einen Schuldner gerät, der seinen Kredit platzen lässt. Anders sieht es aus, wenn durch
Schocks von außen insgesamt der Anteil der säumigen Zahler steigt - zum Beispiel durch
fallende Immobilienpreise oder steigende Zinsen.
Heftig diskutiert wird in der Branche über die internen Risikosysteme der Banken. Als
Messgröße hat sich der sogenannte Value-at-Risk (VaR) durchgesetzt. Das Konzept
wurde Mitte der Neunzigerjahre von der Investmentbank JP Morgan entwickelt und basiert
auf verschiedenen mathematischen Modellen. Sie geben Auskunft über erwartbare
Verluste einzelner Wertpapierportfolios oder eines ganzen Instituts. Liegt der VaR einer
Bank bei 50 Millionen Euro, heißt das, dass sie mit 99-prozentiger Wahrscheinlichkeit in
einem bestimmten Zeitraum höchstens so viel Geld verlieren wird. Die Zahl sagt nichts
darüber, wie hoch der Verlust bei außerordentlichen unvorhersehbaren Ereignissen
werden kann.
Vor allem deshalb steht das Konzept seit Ausbruch der Krise unter Beschuss.
Prominentester Kritiker ist der ehemalige Börsenhändler Nassim Nicholas Taleb, der es
mit seinem Buch „Der Schwarze Schwan“ zum Finanzkrisenbestseller gebracht hat. Der
Glaube an Modelle und Statistiken wiege die Banken in trügerischer Sicherheit, meint
Taleb. Historische Erfahrungen würden einfach fortgeschrieben. Dabei kommen
ungewöhnliche Ereignisse auf den Finanzmärkten regelmäßig vor, wie die Börsencrashs
der vergangenen Jahrzehnte zeigen. Statistische Ansätze wie die Gaus’sche
Normalverteilung seien deshalb für Voraussagen völlig ungeeignet. In der Tat erfassten
manche Modelle einen Zeitraum, in dem die Immobilienpreise in den USA nur gestiegen
waren.
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Ein Kritiker ist der ehemalige Börsenhändler Nassim Nicholas Taleb, der es mit seinem Buch „Der
Schwarze Schwan“ zum Finanzkrisenbestseller gebracht hat. Der Glaube an Modelle und
Statistiken wiege die Banken in trügerischer Sicherheit, meint Taleb. Historische Erfahrungen
würden einfach fortgeschrieben. Dabei kommen ungewöhnliche Ereignisse auf den Finanzmärkten
regelmäßig vor, wie die Börsencrashs der vergangenen Jahrzehnte zeigen. Statistische Ansätze
wie die Gaus’sche Normalverteilung seien deshalb für Voraussagen völlig ungeeignet. In der Tat
erfassten manche Modelle einen Zeitraum, in dem die Immobilienpreise in den USA nur gestiegen
waren.
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Bei neuen Finanzinstrumenten ist es noch schwieriger, die Randbereiche der
Ergebnisverteilung zu beurteilen. Mangels verfügbarer historischer Werte ist ihr
Risikogehalt statistisch gar nicht messbar. Das Fehlen von Erfahrungswerten war eines
der Probleme im Zusammenhang mit der Verbriefung von Subprime- Hypotheken in den
USA. Das neue Konzept, eine große Anzahl von Krediten mit – objektiv betrachtet –
geringer Qualität zu bündeln und daraus eine Palette von Wertpapieren mit teils hoher,
teils niedriger Bonität zu schaffen, die mit diesem Kreditpool garantiert werden,
verschaffte völlig neuen Schuldnerkategorien Zugang zu den Schuldtitelmärkten. Die
größte Schwachstelle dieses Konzepts aber war, dass die Originatoren das Ausfallrisiko
in der Regel bis auf einen geringen Teil weitergaben, sodass sich die Kreditqualität im
Zuge des Booms immer weiter verschlechterte. Doch selbst wenn die Originatoren
verpflichtet gewesen wären, einen Großteil der First-Loss-Position zu behalten, hätten
bei den verbrieften Pools von Subprime- Hypotheken Schwierigkeiten auftreten können,
weil Erfahrungswerte zu Ausfällen fehlten.
Problematisch an den Neuerungen der Finanzbranche waren zwei Dinge: Erstens
existierten keine Erfahrungswerte im Umgang mit den neuen Produkten, weswegen es
keine hinreichenden Möglichkeiten gab, deren Risiken angemessen zu bewerten. Zweitens
war ein gehöriges Maß an Überheblichkeit im Spiel - die Banken glaubten, mittels
mathematischer Methoden und hochkomplexer Schätzverfahren Risiken prognostizierbar
machen zu können. Für diese Überheblichkeit hat die Branche teuer bezahlt. Dabei waren
es weniger die Risiken aus dem Ausfall der verkauften Kredite, die falsch eingeschätzt
wurden. Vielmehr hat man das Risiko ignoriert, dass sich diese Produkte nicht mehr
verkaufen lassen könnten - was passiert ist, weil die Risikoaversion in ungeahntem
Ausmaß anstieg und Ansteckungseffekte quer durch die gesamte Finanzbranche liefen.
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Prognosen auf Basis der historischen Wertentwicklung
Das Vertrauen auf Erfahrungswerte für die Messung, Bepreisung und Kontrolle von Risiken
bringt ein weiteres Problem mit sich: Historische Daten können zu falschen Schlüssen
über die Korrelationen unterschiedlicher Risiken verleiten. Zwar lassen sich Risiken
verringern, entweder durch Hedging (basierend auf der Annahme, dass die Risiken
einander aufgrund negativ korrelierter Zahlungsströme aufheben) oder durch
Diversifizierung (d.h. durch die Verteilung der Risiken auf eine Palette von
Anlagekategorien, deren Erträge nicht perfekt miteinander korrelieren). Problematisch ist
jedoch, dass historische Korrelationen möglicherweise nur wenig über zukünftige
Preisentwicklungen aussagen.
Vor der Krise zum Beispiel ging man davon aus, dass global gestreute Kapitalanlagen die
Risiken verringern, da sich die Preise nicht in allen Regionen weltweit gleich entwickeln
würden. Doch dies erwies sich als falsch – genau dann, als es besonders wichtig gewesen
wäre, dass diese Annahme zutrifft. Wenn die Preise von Vermögenswerten, die sich zuvor
voneinander unabhängig (Diversifizierung) bzw. gegenläufig (Hedging) entwickelten, auf
einmal parallel verlaufen, so entfalten risikomindernde Strategien plötzlich eine
risikoerhöhende Wirkung. Mit den schlechten Zeiten wurden die Korrelationen eng und
positiv. Und aus Risikominderung wurde Risikokonzentration.
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Die Hauptrisiken – deren Absicherung besonders teuer ist – stellen Vorfälle dar, zu denen
es nur sehr selten kommt, die sich dann aber massiv auswirken. In der Sprache der
Statistiker: Wir benötigen eine genaue Einschätzung, wie breit die Randbereiche der
Ergebnisverteilung sind. Derartige Einschätzungen können jedoch nur aus
Erfahrungswerten abgeleitet werden, und seltene Ereignisse sind nun einmal selten.
Deshalb werden die statistischen Modelle, die für die Messung, Bepreisung und Kontrolle
von Risiken benötigt werden, schon allein aufgrund der unzureichenden Datenlage
ungenau sein. Der Einfachheit halber wird üblicherweise angenommen, dass die Renditen
der unterschiedlichsten Vermögenswerte normalverteilt sind (und deshalb schmale
Randbereiche aufweisen). Und auch wenn Extremereignisse selten sind, treten sie in
Wirklichkeit doch häufiger auf, als Normalverteilungen anzeigen. Obwohl diese
Problematik wohlbekannt war, wurde an der Annahme einer Normalverteilung festgehalten
– mit dem wenig überraschenden Resultat, dass die Prämien zur Absicherung gegen
seltene Katastrophen zu niedrig angesetzt wurden.
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Eine Schwierigkeit bestand schließlich auch im Hinblick auf die unternehmensinternen
Risikokontrollinstanzen. Aus strukturellen und aus verhaltenspsychologischen Gründen
haben das mittlere und das oberste Management weder die richtigen Fragen gestellt noch
auf die richtigen Personen gehört. Das strukturelle Problem war, dass die Risikomanager
nicht regelmäßig genug mit den Hauptentscheidungsträgern in Kontakt kamen, weil sie
dafür in der Unternehmenshierarchie häufig zu weit unten angesiedelt waren. Ohne die
Unterstützung der obersten Führungsebene hatten die Aussagen der leitenden
Risikomanager aber wenig Gewicht, und es spielte auch keine Rolle, wen sie informierten.
Dieses strukturelle Problem wurde durch die Reaktion auf Anweisungen der
Risikomanager noch verstärkt. Deren Aufgabe ist es, andere aufzufordern, gewisse
Aktivitäten einzuschränken oder einzustellen. Doch wenn es dabei um profitable
Geschäfte geht, werden Manager und Direktoren diesen Anweisungen schwerlich Gehör
schenken.
Natürlich wurde das Risikomanagement der Finanzinstitute mit der Zeit insofern
verbessert, als in früheren Boomphasen aufgetretene Anreizprobleme beseitigt wurden.
Aber es war nach wie vor auf ein System ausgerichtet, in dem Fremdfinanzierung und
Risikoübernahme weniger bedeutend waren als im jüngsten Boom.
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Die Einlagen der Kunden (das Fremdkapital der Bank) sind in der Regel kleine Beträge, die
jederzeit oder nach kurzer Frist wieder abgehoben werden können; die von der Bank vergebenen
Kredite sind hingegen häufig dem Betrag nach relativ groß und haben eine vergleichsweise lange
Laufzeit, können also nicht kurzfristig zurückgefordert werden. Aus dieser sogenannten
Fristentransformation folgt ein banktypisches Risiko: Wenn alle Kunden ihre Einlagen gleichzeitig
abziehen (bank run), ist die Bank zahlungsunfähig, da das Geld ja langfristig als Kredit vergeben
ist. Dieses Liquiditätsrisiko ist ein klassisches Dilemma, das jeder Finanzintermediär hat: Wer
sich kurzfristig Geld leiht, um es langfristig zu investieren, läuft Gefahr, illiquide zu werden, wenn
die kurzfristige Refinanzierung nicht mehr gelingt.
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Jüngere Erfahrungen im US- Bankensektor deuten darauf hin, dass mit einer Ausweitung
der Geschäftsfelder ein höheres verhaltensspezifisches Risiko auf Seiten der Banken
verbunden ist. Denn im Zuge von Geschäftsfelderausweitungen erfolgt ein verstärkter
Einsatz standardisierter bankinterner Kontroll- und Steuerungsinstrumente (wie sie
beispielsweise bei der Organisation von internen Kapitalmärkten verwendet werden),
sodass sich die Anreize zur Informationsbeschaffung über potenzielle Kreditkunden
verändern: Kredite werden nicht mehr auf der Grundlage weicher Informationen, die im
Zuge langer Kreditbeziehungen gewonnen werden und im Allgemeinen schlecht
nachprüfbar sind, sondern aufgrund harter Bonitätskennziffern vergeben, denn Letztere
können leichter in den Steuerungsinstrumenten berücksichtigt werden.
Der Anreiz, zugunsten harter Bonitätskennziffern auf weiche Informationen zu verzichten,
wird durch den Umstand verstärkt, dass Kredite, die auf Basis harter Bonitätsfaktoren
vergeben werden, grundsätzlich leichter handelbar sind, die Marktliquidität verbessern
und so nochmals den Spielraum zur Diversifikation erweitern. Obwohl der Transfer von
Kreditrisiken als solcher nicht in jedem Fall zu einer Verschlechterung der Anreize für
Banken bei der Auswahl und Überwachung von Kreditnehmern führt, ist bei einer
Zunahme der Marktliquidität mit derartigen negativen Anreizeffekten zu rechnen, und
die Transformationsleistung der Banken nimmt tendenziell ab. Die Fehlanreize können
von den niedrigen Zinsen noch verstärkt worden sein, denn die Opportunitätskosten
eines durch ein Fehlverhalten der Bank bedingten Kreditausfalls (und daher die zusätzlich
erzielbaren Gewinne durch Kreditüberwachung) sind bei niedrigen Zinsen gering.
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Economist: High-frequency trading – Rise of the machines (30.7.09):
Algorithmic trading
causes concern among investors and regulators. THE arrest of a former Goldman Sachs
employee in July for allegedly stealing the firm’s proprietary computer codes thrust the
arcane world of high-frequency trading (HFT) into the spotlight. The glare of attention is
intensifying. High-frequency traders are essential providers of liquidity—accounting for
roughly 50% of trading volume on the New York Stock Exchange—and can claim to have
squashed bid-ask spreads. But many claim HFT comes at the price of gouging other
investors.
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During the early “liquidity phase” of the financial crisis, many banks – despite adequate
capital levels – still experienced difficulties because they did not manage their liquidity in
a prudent manner. The crisis again drove home the importance of liquidity to the
functioning of financial markets and the banking sector. Prior to the crisis, asset markets
were buoyant and funding was readily available at low cost. The rapid reversal in market
conditions illustrated how quickly liquidity can evaporate and that illiquidity can last for
an extended period of time. The banking system came under severe stress, which
necessitated central bank action to support both the functioning of money markets and,
in some cases, individual institutions. The difficulties experienced by some banks were
due to lapses in basic principles of liquidity risk management. In response, as the
foundation of its liquidity framework, the Committee in 2008 published
Principles for Sound Liquidity Risk Management and Supervision.
The Sound Principles provide detailed
guidance on the risk management and supervision of funding liquidity risk and should
help promote better risk management in this critical area, but only if there is full
implementation by banks and supervisors. As such, the Committee will coordinate
rigorous follow up by supervisors to ensure that banks adhere to these fundamental
principles.
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In einem umfangreichen Arbeitspapier, hat sich Charles W. Calomiris unter dem Titel
The
Subprime Turmoil (pdf) sehr intensiv mit der Subprime Krise auseinandergesetzt und auch
historische Vergleiche angestellt. In dem Papier stellt er auch Vermutungen über die
ursprünglichen Annahmen für Kreditausfälle auf in Asset Backed Securities (und ihren Tochter
und Schwesterinstrumenten) verbrieften Hypothekenpakete geäußert. Danach basierten viele
Kalkulationen in 2004 auf Verluste bei Subprime-Krediten von etwa 4,5% und 2006 auf etwa 6%
(S. 21). Im Klartext: Auch damals wurden Verluste in den Bewertungsmodellen berücksichtigt,
allerdings auf Basis viel zu positiver Annahmen.
Noch interessanter ist aber die Vermutung von Calomiris, dass viele Banken, die Subprime-Kredite
vergaben, die “guten” Subprimes” in ihren eigenen Beständen behielten und die “schlechten”
verbrieften und an Investoren und andere Banken verkauften (S. 26). Dies wäre dann ein echter
Zitronenmarkt. Aufgrund der asymmetrischen Informationen hatten die Erwerber jedoch kaum die
Möglichkeit (und haben dies wohl auch nicht verlangt), in die einzelnen Kredite zu schauen und
haben einfach ihren Berechnungsmodellen mit zu positiven Annahmen vertraut. Sie haben dabei
nicht differenziert, dass die Subprime-Klasse weiter in verschiedene Ausfallstufen zu
differenzieren sind.
Daraus lässt sich aber auch der Rückschluss ziehen, dass sich einige Banken in Deutschland,
darunter wohl auch Landesbanken, haben über den Tisch ziehen lassen. Man könnte vielleicht
sogar so weit gehen, dass die Initiatoren solcher Geschäfte in den Banken ihre banküblichen
Sorgfaltspflichten vernachlässigt haben, weil sie die Qualität der in den toxischen Wertpapieren
verbrieften Ursprungsforderungen nur unzureichend oder gar nicht geprüft haben. Mag sein, dass
das jetzt eine Binsenweisheit ist, aber so deutlich wie Calomiris hat das bisher niemand formuliert.
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Systemische Risiken stellen eine
negative Externalität dar und können ähnlich wie in
der Umweltökonomie als eine Art von Verschmutzung oder negativer Beeinträchtigung
anderer verstanden werden: So wie ein Autofahrer die negativen Effekte des Gebrauchs
seines Fahrzeugs auf die Umwelt zu wenig berücksichtigt, lässt ein Finanzinstitut die
Auswirkungen seiner Geschäftspolitik auf die Stabilität des Finanzsystems außer Acht. Bei
dieser Externalität stellt sich das Problem, dass die möglichen externen Kosten mit der
Größe einer Bank zunehmen. Finanzmarktakteure haben sogar einen Anreiz, besonders
groß und damit systemisch zu werden, da so die Wahrscheinlichkeit zunimmt, dass im
Schadensfall ein Teil der privaten Kosten von der Allgemeinheit getragen wird.
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Eine mikroökonomische Ursache der Krise wird darin gesehen, dass es für die
Finanzinstitute relativ leicht war, bestimmte Geschäfte der Kontrolle der Aufsicht zu
entziehen. Im Rahmen der Finanzaufsicht müssen Banken risikobehaftete Geschäfte
entsprechend mit Eigenkapital unterlegen. Rückblickend ist zu sagen, dass der Anstieg
des Fremdfinanzierungsanteils in den Bankbilanzen aufgrund der
Eigenkapitalvorschriften tatsächlich begrenzt werden konnte – auch wenn dies schwer
vorstellbar erscheinen mag. Da ein niedrigerer Fremdfinanzierungsanteil aber
gleichbedeutend mit geringeren Erträgen war, fanden Bankmanager Mittel und Wege,
höhere Risiken einzugehen, ohne die Eigenkapitalquote hinaufsetzen zu müssen –
nämlich über die Errichtung strukturierter Anlagevehikel. Ganz allgemein hat die Krise
gezeigt, dass der Finanzsektor im weiteren Sinne – die traditionellen Banken
und das immer wichtigere parallele Finanzsystem mit Nichtbanken und außerbilanziellen
Gesellschaften – weitaus risikoanfälliger geworden ist.
Die Regierungen waren in zweierlei Hinsicht an der Entstehung der Krise beteiligt: als
Regulierer und als Manipulierer. Die notwendige Regulierung der Finanzmärkte ist eine
Aufgabe, die komplex und fern vom Alltag des Wählers ist, so dass sie bei Politikern in
normalen Zeiten auf wenig Interesse stößt. Verbesserungen der internationalen
Bankenregulierung und -aufsicht sind zudem ein schwieriges Geschäft, weil stärkere
Regulierungen zum Teil mit Wettbewerbsnachteilen verbunden sind, so dass für
Regierungen Anreize bestehen, Abkommen zu torpedieren. Auch deswegen halten die
Veränderungen bei der Bankenaufsicht häufig mit dem Tempo der
Finanzmarktveränderungen nicht Schritt - in der aktuellen Krise war das besonders
ausgeprägt der Fall.
RM: Wirtschaftskrise: Falsch reguliert (14.5.09):
Tiemo Kracht fahndet nach den Ursachen
der Rezession. Er findet sie bei der amerikanischen Politik – und fordert mehr Markt.
Kaum ein Wirtschaftszweig sei so massiv reguliert und überwacht wie das Bankensystem.
FTD: Wie die Märkte gezähmt werden sollen (31.3.09):
Eine neue Architektur für die Welt
der Banken, Hedge-Fonds und Kreditderivate – so unbescheiden ist das Ziel der
wichtigsten Staaten der Welt. Der Weg dorthin dürfte lang und steinig werden. FTD.de
zeigt, warum.
FAZ: Steiniger Weg zur neuen Finanzmarktarchitektur (31.3.09):
Auf dem G-20-Treffen
lasten hohe Erwartungen. Mancher Politiker hat gar die Hoffnung auf ein Gewaltprogramm
fiskalpolitischer Hilfe geweckt, um die Welt aus der Rezession zu reißen. Doch im Kern
geht es um die Reform der Regulierung.
Bettina Schulz erklärt, welche Punkte im einzelnen
auf dem Tisch liegen.
FTD: Was sich ändern muss (31.3.09):
Neue Regulierungen können das Finanzsystem nur
retten, wenn die grundlegenden Probleme angegangen werden: Verfehlte Anreize,
inkompetente Aufseher, zu große Banken.
HB: Topökonomen fordern eine neue Finanzwelt (23.2.09):
Führende Ökonomen haben die
Regierungen der großen Industrienationen vor dem anstehenden G20-Gipfel zu einem
fundamentalen Umbau des Bankensystems aufgerufen. Mit den bisherigen Maßnahmen
stoße das Krisenmanagement nicht bis zum Kern des Problems vor, mahnen sie. Ihre
Lösung sieht eine Rückkehr zur Strategie des „Narrow Banking“, dem begrenzten Banking,
vor.
NZZ: Finanzmarktaufsicht – eine Standortbestimmung (14.3.09):
Die Finanzkrise ist auch
eine Regulierungskrise. Der Autor des folgenden Beitrags geht der Frage nach, warum die
Regulierung versagt hat und wie wirksame gesetzliche Rahmenbedingungen
auszugestalten sind, um künftige Krisen besser bewältigen zu können.
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HB: Basel II: Licht ins Dunkel (11.2.09
): Die Eigenkapitalregeln für Banken haben die Krise
nicht verhindert. Jetzt steht alles wieder auf dem Prüfstand. Wie würde sich eine Reform
auf den Bankensektor auswirken, und wie lange würde es dauern, bis eine Reform greift?
Handelsblatt.com beantwortet zentrale Fragen.
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So habe die aktuelle Krise gezeigt, dass die Eigenkapitalregeln für Kreditinstitute (Basel II)
prozyklisch wirkten, also den Abschwung noch weiter verstärkten. Das liege vor allem daran,
dass die Institute nach Basel II einen Kredit an Schuldner mit einer geringen Bonität mit viel
Eigenkapital unterlegen müssen. Das schränke in ökonomisch schwachen Phasen – in denen
sich die Bonität der Schuldner in der Regel verschlechtere – die Kreditvergabe ein.
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FAZ: Raus aus der Bewertungskrise (25.1.09):
Die Finanzkrise ist entstanden, weil
Grundprinzipien der Sozialen Marktwirtschaft verletzt worden sind. Man sollte jetzt nicht
versuchen, die Banken zu retten, indem man die letzten Reste guter Ordnungspolitik über
Bord wirft. Gelockert gehören die angelsächsischen Bilanz- und Aufsichtsregeln. Sie
wirken wie Brandbeschleuniger.
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Wenngleich die Wurzeln der Krise eindeutig am Finanzmarkt zu suchen sind, kommt man doch
nicht um den Eindruck herum, die Rechnungslegung hätte zu ihrer Verschärfung beigetragen",
betont Peter Leibfried, Professor für Rechnungswesen an der Universität St. Gallen.
Die bittere Ironie des Schicksals ist: Etliche der problematischen Vorschriften wurden erst wenige
Jahre zuvor eingeführt - in der Absicht, das System sicherer zu machen. So waren Banken in
Europa ab 2005 gezwungen, Wertpapiere, die sie besaßen, zum jeweils aktuellen Marktpreis in
ihren Bilanzen zu verbuchen ("mark to market") - und nicht, wie früher üblich, zum
Anschaffungspreis.
Die sogenannte Fair-Value-Bilanzierung führt dazu, dass der Zustand der Bankbilanzen stark von
den aktuellen Marktentwicklungen abhängt. Solange es an den Börsen nach oben geht, sehen die
Bankbilanzen sehr gut aus - das erlaubt es den Geldhäusern, viele neue Kredite zu vergeben,
was den Boom weiter verschärft.
Als die Blase platzte, implodierten in kürzester Zeit die Bilanzen der Banken - der Kursverfall fraß
das Eigenkapital der Institute auf und zwang zu Notverkäufen von Wertpapieren. Dadurch wurde
der Kursverfall auf den Finanzmärkten weiter verschärft. Weil ihr Eigenkapital schrumpfte, waren
die Banken zudem in der Krise gezwungen, ihre Kreditvergabe zurückzuführen.
Unterschätzte Verluste Artikel in Merkliste:
Eine transatlantische Arbeitsgruppe hochrangiger
Bilanzexperten ist bei ihrer Analyse der Finanzkrise zu einem verblüffenden Ergebnis gekommen:
Die Bilanzzierungsregeln hätten dazu geführt, dass sich die Krise nicht verschärft, sondern die
Verluste der Banken sogar noch unterschätzt wurden, so das Ergebnis der internationale
Expertengruppe. Quelle: Handelsblatt v. 29.7.09
Wenn Fair-Value-Regeln zu unruhigen Bilanzzahlen führen und der Ruf nach Alternativen lauter
wird: Die Debatte über die Bilanzierung nach dem Fair-Value- Prinzip fördert Zielkonflikte in der
Rechnungslegung zwischen verlässlichen und relevanten Informationen zutage. Der Fair- Value-
Ansatz gründet auf der These effizienter Märkte und bringt in der Praxis Volatilität mit sich.
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Im großen Stil wurden vielmehr Regulierungslücken ausgenutzt; Banken handelten gegen den
Geist der bestehenden Regulierung, was sich in der Gründung von außerbilanziellen
Zweckgesellschaften klar zeigt.
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BaFin-Präsident Jochen Sanio hat schwere Fehler der Finanzaufsicht eingeräumt. „In der
jetzigen Finanzkrise hat sich in dramatischer Weise gezeigt, welche gefährlichen Lücken
und Unzulänglichkeiten das Regulierungssystem hat“, sagte Sanio. Den Schuldigen hat er
auch schon ausgemacht. „Wir Aufseher haben nicht erkannt, welcher Müll sich bei den
Banken rund um den Globus aufgetürmt hat“, sagte Sanio am Donnerstag auf einer
Branchenveranstaltung in Frankfurt. „Wir haben uns mit der Gier nicht ausreichend
beschäftigt.“ Allerdings habe die Aufsicht, die in Deutschland in der Verantwortung der
Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) und der Bundesbank liegt, auch
nicht ausreichend Handlungsspielraum gehabt, weil die gesetzlichen Regeln
unzureichend gewesen seien.
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CDOs wurden durch in Regulierungsoasen ansässigen Zweckgesellschaften "Off Shore"
aufgelegt. Unreguliert und außerhalb der Bilanz geführt aber mit Liquiditäts- /Beistandszusagen
der Banken (Eigentümer) ausgestattet, waren diese "Töchter" (Conduits) der Lagerplatz für
risikoreiche Investitionen, für die Banken kein Eigenkapital vorhalten mussten. Es kam zu
hohen Abschreibungen, als die Banken die Aktiva der "Töchter" mit Verlusten auf ihre
Bilanzen nehmen mussten und ihre Zusagen nicht mehr erfüllen konnten.
siehe:
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brand eins: Alles ganz legal (11/2008):
Mit der Finanzkrise rückt eine Behörde in den
Blickpunkt, die kaum jemand kennt: die BaFin. Sie soll die Finanzmärkte überwachen –
und hat kläglich versagt. Weil die Juristen dort den Wald vor lauter Bäumen nicht sehen.
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Vergleichsweise wenig wurde bislang eine volkswirtschaftliche Produktivitätsverlangsamung als
vorgelagerte Ursache der Finanzkrise diskutiert.David Brackfield und Joaquim Oliveira Martins
haben dies gemacht und ihre Erkenntnisse in einem Aufsatz auf Voxeu veröffentlicht:
Productivity
and the crisis: Revisiting the fundamentals
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