Mancher ausländische Beobachter reibt sich die Augen: Was ist bei den Deutschen los?
Trifft den ehemaligen Exportweltmeister nicht der Einbruch der Weltwirtschaft mit
besonderer Härte? Muss das Land in diesem Jahr nicht neben Japan unter allen
Industrieländern den stärksten Rückgang seiner Wirtschaftsleistung hinnehmen? In der
Arbeitsmarktstatistik schlägt sich die Rezession jedoch bisher kaum nieder. 3,4 Millionen
registrierte Arbeitslose bedeuteten im Juni nur einen vergleichsweise moderaten Anstieg
gegenüber dem Vorjahr, während etwa die angelsächsischen Länder oder Spanien seit
Herbst sprunghafte Zuwächse erleiden. Schon macht der Ausdruck vom „German Wunder“
die Runde.
Diese Entwicklung ist jedoch wenig mirakulös. Die Erklärung heißt Kurzarbeit. Mittlerweile
hat schon jeder zwanzigste Beschäftigte in Deutschland einer solchen freiwilligen
Arbeitszeitverkürzung mit teilweisem Lohnausgleich zugestimmt. Die Bundesregierung
feiert diese Zahlen mit dem Hinweis, dass sie durch die Ausweitung und Vereinfachung
des Instruments im vergangenen Jahr verhindert habe, dass der Exporteinbruch direkt auf
die Beschäftigung und damit auch auf die Binnenkaufkraft durchschlage. In der Tat liegt
hierin der größte Vorteil der Kurzarbeit.