6.1.5 Verbriefungsgeschäft
Die aktuelle Finanzkrise hat eine Reihe von Schwachstellen  im Konzept der Verbriefung und  Veräußerung von  Bankkrediten (sog. Originate- to-distribute-Modell) aufgezeigt.  In der  Anfangsphase sprachen einige Beobachter von einer  Verbriefungskrise – der ersten, seit  Verbriefungen so intensiv  genutzt werden. Während der kausale Einfluss der  Verbriefung damit  wohl überzeichnet wird, so stimmt  durchaus, dass die Krise anfänglich vor allem im Zeichen der  Verluste des Finanzsektors stand, die aus dem Engagement  in verbrieften Krediten resultierten.  Zudem wurde die Dynamik  der Krise entscheidend durch Unterbrechungen des  Informationsflusses entlang der Verbriefungskette  mitbestimmt.
Die potenziellen Vorteile der Verbriefung liegen auf der Hand:  Durch die Entkopplung von  Kreditvergabe und endgültiger  Trägerschaft des Kreditrisikos kann dieses Risiko breiter  gestreut  werden, wodurch sich die Effizienz der  Finanzintermediation erhöhen lässt. Die unterschiedlichen  Akteure entlang der Verbriefungskette können somit ihre  komparativen Stärken in der  Informationsverarbeitung oder im  Risikomanagement bezogen auf bestimmte Risikoarten  bestmöglich nutzen. 
Die Ereignisse im Umfeld der Krise haben jedoch gezeigt, wie  diese Vorteile durch das  Zusammenspiel individueller Anreize  und mangelnder Qualität der im Verbriefungsprozess  weitergegebenen Informationen untergraben werden können.  Alle Akteure – die Originatoren, die  involvierten Intermediäre,  die Investoren und neutrale Ratingstellen – haben klar  definierte  Verantwortlichkeiten, aber auch unterschiedliche  Perspektiven. Die Integrität des  Verbriefungsprozesses hängt  ganz entscheidend davon ab, inwieweit diese ineinander  verzahnten  Interessen den Anreiz für alle Beteiligten stärken,  nach Informationen zu suchen und diese zu  nutzen. Für die  Originatoren und die Intermediäre wog der aus dem  mengenbasierten  Vergütungsansatz resultierende Anreiz,  weiteres Wachstum zu schaffen, letztlich schwerer als die   potenziellen Reputationskosten einer mangelhaften Bewertung  und Überwachung des Risikos. In  einem Umfeld, wo die  Annahme gegebener Liquidität zu Wertsteigerungen am  Sekundärmarkt auf  der Grundlage der Preise von  Neuemissionen führte, schien der Anreiz der Investoren zum  Selbstschutz nicht länger zu bestehen. Dabei trug auch die  Komplexität der Verbriefungen dazu  bei, dass die  Anreizstruktur zusammenbrach, indem sie das Verhältnis  zwischen den letztlich  bestehenden Forderungen und den  zugrundeliegenden Risiken verschleierte. Inwieweit diese  komplexe Konstellation das Risiko-Ertrags-Profil dieser  Wertpapiere beeinflusste und  insbesondere die Tatsache,  dass die Bewertung der Wertpapiere enorm von den  getroffenen  Annahmen abhing, war nur wenigen bewusst.  Zusätzlich verließen sich die Anleger nicht zuletzt  aufgrund  der Komplexität der Transaktionen und aufgrund des rasanten  Marktwachstums zu sehr  auf die Risikobeurteilung durch die  Ratingagenturen. Rückblickend lässt sich sagen, dass die  mangelnde Qualität der Ratings zur Überbewertung der  verbrieften Produkte beigetragen hat.