Die aktuelle Finanzkrise hat eine Reihe von Schwachstellen im Konzept der Verbriefung und
Veräußerung von Bankkrediten (sog. Originate- to-distribute-Modell) aufgezeigt. In der
Anfangsphase sprachen einige Beobachter von einer Verbriefungskrise – der ersten, seit
Verbriefungen so intensiv genutzt werden. Während der kausale Einfluss der Verbriefung damit
wohl überzeichnet wird, so stimmt durchaus, dass die Krise anfänglich vor allem im Zeichen der
Verluste des Finanzsektors stand, die aus dem Engagement in verbrieften Krediten resultierten.
Zudem wurde die Dynamik der Krise entscheidend durch Unterbrechungen des
Informationsflusses entlang der Verbriefungskette mitbestimmt.
Die potenziellen Vorteile der Verbriefung liegen auf der Hand: Durch die Entkopplung von
Kreditvergabe und endgültiger Trägerschaft des Kreditrisikos kann dieses Risiko breiter gestreut
werden, wodurch sich die Effizienz der Finanzintermediation erhöhen lässt. Die unterschiedlichen
Akteure entlang der Verbriefungskette können somit ihre komparativen Stärken in der
Informationsverarbeitung oder im Risikomanagement bezogen auf bestimmte Risikoarten
bestmöglich nutzen.
Die Ereignisse im Umfeld der Krise haben jedoch gezeigt, wie diese Vorteile durch das
Zusammenspiel individueller Anreize und mangelnder Qualität der im Verbriefungsprozess
weitergegebenen Informationen untergraben werden können. Alle Akteure – die Originatoren, die
involvierten Intermediäre, die Investoren und neutrale Ratingstellen – haben klar definierte
Verantwortlichkeiten, aber auch unterschiedliche Perspektiven. Die Integrität des
Verbriefungsprozesses hängt ganz entscheidend davon ab, inwieweit diese ineinander verzahnten
Interessen den Anreiz für alle Beteiligten stärken, nach Informationen zu suchen und diese zu
nutzen. Für die Originatoren und die Intermediäre wog der aus dem mengenbasierten
Vergütungsansatz resultierende Anreiz, weiteres Wachstum zu schaffen, letztlich schwerer als die
potenziellen Reputationskosten einer mangelhaften Bewertung und Überwachung des Risikos. In
einem Umfeld, wo die Annahme gegebener Liquidität zu Wertsteigerungen am Sekundärmarkt auf
der Grundlage der Preise von Neuemissionen führte, schien der Anreiz der Investoren zum
Selbstschutz nicht länger zu bestehen. Dabei trug auch die Komplexität der Verbriefungen dazu
bei, dass die Anreizstruktur zusammenbrach, indem sie das Verhältnis zwischen den letztlich
bestehenden Forderungen und den zugrundeliegenden Risiken verschleierte. Inwieweit diese
komplexe Konstellation das Risiko-Ertrags-Profil dieser Wertpapiere beeinflusste und
insbesondere die Tatsache, dass die Bewertung der Wertpapiere enorm von den getroffenen
Annahmen abhing, war nur wenigen bewusst. Zusätzlich verließen sich die Anleger nicht zuletzt
aufgrund der Komplexität der Transaktionen und aufgrund des rasanten Marktwachstums zu sehr
auf die Risikobeurteilung durch die Ratingagenturen. Rückblickend lässt sich sagen, dass die
mangelnde Qualität der Ratings zur Überbewertung der verbrieften Produkte beigetragen hat.