Die heiße Phase der Finanz- und Wirtschaftskrise dauerte über ein Jahr an. Spürten bis
Mitte 2008 vorwiegend Banken als wesentlicher Mitverursacher die Krise, schwappte sie
ab August 2008 kräftig auf die Realwirtschaft über. Ab September 2008 sorgten in
der Folge der Pleite der US- Investmentbank Lehman Brothers Ängste um die
Liquiditätsversorgung der Banken für einen Schock. Die branchen- und
länderübergreifenden Folgen für Unternehmen waren Kreditverknappungen und heftige
Unsicherheit über die weitere Entwicklung der Weltkonjunktur. Dies wiederum führte
nahezu global zu starker Zurückhaltung bei der Vergabe von Aufträgen, insbesondere
für Investitionen. Die bekannten Konsequenzen: der stärkste Produktionsrückgang und
Konjunktureinbruch in der Nachkriegsgeschichte Deutschlands.
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Seit etwa Mitte 2007 Jahre beschäftigt die Finanzkrise mittlerweile die Weltwirtschaft.
Die neun Monate nach dem Lehman-Konkurs verliefen dabei besonders heiß und
gipfelten in einer globalen Wirtschaftskrise.
Einen Zusammenbruch des Finanzsystems hätte angesichts all der
Sicherheitsvorkehrungen niemand für möglich gehalten. … Das Finanzsystem ist quasi
das Leitungsnetz der Volkswirtschaft und für uns so selbstverständlich wie die
Wasserversorgung, die man nur wahrnimmt, wenn sie ausfällt. Aber genauso, wie
unser moderner Lebensstil davon abhängt, dass stets Wasser aus dem Hahn kommt,
hängt das moderne Wirtschaftssystem davon ab, dass der Finanzierungskreislauf
mithilfe der Finanzintermediäre tatsächlich funktioniert.
Das Finanzsystem ist auf Vertrauen aufgebaut, und gerade dieses Vertrauen ist im Zuge
des Lehman- Zusammenbruchs verloren gegangen. Die Menschen hatten auf die
Manager und die Finanzaufsicht vertraut – und mussten feststellen, dass das System
trotz allem zusammenbrechen konnte. Die Krise hat das Vertrauen der Kreditgeber,
dass vermeintlich hochwertige Kredite in der Regel auch zurückgezahlt werden,
erschüttert; und sie hat das Vertrauen der Investoren, dass ihre Kapitalanlagen
langfristig sicher sind, zerstört.
Das moderne Finanzsystem ist ungemein komplex – möglicherweise so komplex, dass
es niemand wirklich verstehen kann. Aus den Wechselwirkungen innerhalb des
Finanzsystems entstehen äußerst schwer nachvollziehbare Systemrisiken. Die
Tatsache, dass das Finanzsystem anscheinend bestens funktionierte, bis wir dann
eines Besseren belehrt wurden, hat allen ein falsches Gefühl der Sicherheit vermittelt.
Wieso etwas tun, wenn alles bestens läuft? So verständlich diese Laisser- faire-
Haltung war – schließlich waren die Zeiten gut, und es ging allen immer besser –, sie
war zugleich der Nährboden für den kommenden Kollaps. Bei all den
Erklärungsversuchen für das, was schiefgegangen ist, und bei all den
Sanierungsbemühungen darf deshalb eines nicht außer Acht gelassen werden:
Komplexe Prozesse sind nur begrenzt nachvollziehbar, und die Bruchstellen in diesen
Prozessen vorherzusehen ist schwierig. Dem muss im neuen Finanzsystem besser
Rechnung getragen werden.
Chroniken der Krise
Weitere Beiträge
Spiegel: Der Erreger lebt weiter (14.9.09):
Ein Jahr nach der Pleite der US- Investmentbank
Lehman Brothers streiten die Regierungen der Welt über die richtigen Lehren aus der
Krise. Doch je mehr sich die Wirtschaft erholt, desto mehr erlahmt der Wille zu
tiefgreifenden Reformen. Viele Banker machen schon wieder weiter wie zuvor.
FAZ: Ein Jahr nach Lehman (2) Die Rettung der Banken (4.9.09):
Die Finanzkrise hat das
Besondere an großen Banken gelehrt. Der Zusammenbruch eines Hauses kann wie ein
Dominoeffekt andere Banken in den Untergang reißen. Daher haben die Regierungen mit
erheblichem Aufwand die großen Banken stabilisiert. Teil 2 der Serie über das „Jahr nach
Lehman“.
FAZ: Das Jahr nach Lehman Der Tag, an dem die Wall Street bebte (2.9.09):
Mitte
September 2008 befinden sich die amerikanischen Finanzmärkte in einer höchst
kritischen Lage. Die Investmentbank Lehman Brothers geht unter. Schwere
Verwerfungen an den Märkten und massive Staatseingriffe folgen. Wir erinnern an die
Anfänge: Teil 1 der neuen Serie über das „Jahr nach Lehman“.
FAZ: Eine provozierende Sicht der Finanzkrise (26.8.09):
Wo liegen die Ursachen der
Finanzkrise? Die gängigen Begründungen für die Finanzkrise wie die Spekulationsblase
auf dem amerikanischen Subprime- Immobilienmarkt, eine zu laxe Geldpolitik,
schlechte Regulierungen oder eine zu hohe Verschuldung von Finanzhäusern sind
unzureichend. Sie können vielleicht erklären, warum ein Teil des amerikanischen
Immobilienmarkts in eine – übrigens keineswegs außergewöhnliche – Krise geriet. Aber
sie erklären nicht, wie aus einer Krise auf einem Teil des amerikanischen
Immobilienmarktes eine weltumspannende Finanz- und Wirtschaftskrise werden konnte.
Diese Weltkrise besitzt ganz andere Ursachen als die üblicherweise genannten.Die
beiden Ökonomen Ricardo Caballero und Pablo Kurlat lehnen die üblichen Erklärungen
ab. Garantien der Notenbanken sollen beruhigen.
HB: Finanzkrise: Ökonomen huldigen Propheten des Untergangs (22.12.09)
: Bei Fans
besaß er Kultstatus, von den Anhängern der vorherrschenden Lehre wurde er ignoriert.
Hyman Minsky war mit seinen Thesen stets ein Außenseiter unter den Ökonomen. Doch
die Finanzkrise hat ihn posthum zum Star gemacht. Heute sind seine ab Mitte der 70er
Jahre aus der Mode gekommenen Forderungen wieder en vogue.
WSJ: Fixing the Global Financial System
(14.12.09): More than a year has passed since an
unprecedented crisis pushed the world financial system to the brink. Yet plans to rebuild
that system on more stable footing remain embryonic.
Spiegel: Wahnsinn 2.0 (23.11.09):
Mit einer exzessiven Geld- und Schuldenpolitik wollten
die Regierungen in aller Welt die Krise bekämpfen – und haben so die Grundlage für die
nächste geschaffen: An den Finanzmärkten hat sich schon wieder eine Spekulationsblase
gebildet. Die Frage ist nicht, ob, sondern wann sie platzt.
HB: Marktchaos: Studie rüttelt an Ursachen der Finanzkrise (3.11.09)
: Nahezu alle
Experten sehen die Bilanzregeln für Banken als eine Ursache für das Chaos auf den
Finanzmärkten. Zwei international führende Professoren für Rechnungslegung zweifeln
genau dies an. Sollte die Studie der wissenschaftlichen Diskussion standhalten, muss
ein wichtiges Kapitel der Finanzkrise neu geschrieben werden.
Working Paper v. Christian Laux, Christian Leuz: Did Fair-Value Accounting Contribute to
the Financial Crisis? (30.10.09
): The recent financial crisis has led to a major debate
about fair-value accounting. Many critics have argued that fair-value accounting, often
also called mark-to-market accounting, has significantly contributed to the financial
crisis or, at least, exacerbated its severity. In this paper, we assess these arguments and
examine the role of fair-value accounting in the financial crisis using descriptive data
and empirical evidence. Based on our analysis, it is unlikely that fair-value accounting
added to the severity of the current financial crisis in a major way. While there may have
been downward spirals or asset-fire sales in certain markets, we find little evidence that
these effects are the result of fair-value accounting. We also find little support for claims
that fair-value accounting leads to excessive write-downs of banks’ assets. If anything,
empirical evidence to date points in the opposite direction, that is, towards overvaluation
of bank assets.
VoxEU: Financial crises are different!
(28.10.09): Is the current turmoil unique? This
column examines three decades of financial crises and says that it stands out. But the
variation in past experiences suggests that the major economies may regain their pre-
crisis levels of output by the second half of 2010.
BL: A different view of the Great Depression’s cause (22.10.09):
What started the Great
Depression? This column says that the industrial decline began before monetary
contraction or banking panics – the conventional culprits – took hold. It attributes the
massive drop in manufacturing hours to President Hoover’s labour policies, which kept
nominal and real wages high.
Finanzkrise – Der Mythos vom Lehman-Schock (10.9.09):
Auf den Zusammenbruch der
traditionsreichen US-Investmentbank reagierte die Politik mit einer Ausgabeorgie. An den
grundsätzlichen Systemfehler dagegen wagt sich niemand heran: Wirtschaftswachstum
steht nach wie vor über allem.
Spiegel: Der Erreger lebt weiter (14.9.09):
Ein Jahr nach der Pleite der US- Investmentbank
Lehman Brothers streiten die Regierungen der Welt über die richtigen Lehren aus der
Krise. Doch je mehr sich die Wirtschaft erholt, desto mehr erlahmt der Wille zu
tiefgreifenden Reformen. Viele Banker machen schon wieder weiter wie zuvor.
NYT: Facts and the Financial Crisis (19.9.09)
: The Financial Crisis Inquiry Commission,
created by Congress to examine the causes of the crisis, held its first public meeting last
week. In his opening remarks, the chairman, Phil Angelides, a former California state
treasurer, likened the group’s potential impact to that of the Pecora hearings in the
1930s, which examined the stock market crash of 1929 and led to transformational
changes in banking, investing and financial regulation.
HB: Gordon Gekko kehrt an die Wall Street zurück (15.9.09):
Der Fall von Lehman Brothers
war nicht die Ursache, aber die große Zäsur der Finanzkrise. Lehman hat uns wieder den
Unterschied zwischen berechenbaren Risiken und unkontrollierbarer Unsicherheit
bewusst gemacht. Die Lehre daraus: Wir müssen den Umgang mit Risiken neu lernen.
FAZ: Eine provozierende Sicht der Finanzkrise (26.8.09):
Wo liegen die Ursachen der
Finanzkrise? Die gängigen Begründungen für die Finanzkrise wie die Spekulationsblase
auf dem amerikanischen Subprime- Immobilienmarkt, eine zu laxe Geldpolitik, schlechte
Regulierungen oder eine zu hohe Verschuldung von Finanzhäusern sind unzureichend.
Sie können vielleicht erklären, warum ein Teil des amerikanischen Immobilienmarkts in
eine – übrigens keineswegs außergewöhnliche – Krise geriet. Aber sie erklären nicht, wie
aus einer Krise auf einem Teil des amerikanischen Immobilienmarktes eine
weltumspannende Finanz- und Wirtschaftskrise werden konnte. Diese Weltkrise besitzt
ganz andere Ursachen als die üblicherweise genannten.Die beiden Ökonomen Ricardo
Caballero und Pablo Kurlat lehnen die üblichen Erklärungen ab. Garantien der
Notenbanken sollen beruhigen.
HB: Was uns zwei Jahre Finanzkrise lehren
(11.8.09): Seit die Blase im August 2007
platzte, ist jedem klar, dass Ungleichgewichte auf Dauer Schaden anrichten, Schulden
riskant sind und die Globalisierung koordiniert werden muss. Aber aus der Erkenntnis
folgten bisher zu wenige Anpassungsmaßnahmen. Solange sich das nicht ändert, könnte
schon bald die nächste Rezession folgen.
Zeit: Die Seifenblasen-Bonanza (9.6.09:
Massig Kapital, eine riskante Zinspolitik,
leichtfertige Banker, unwissende Kunden: Das führte die Finanzmärkte zum Boom – und
dann in den Abgrund. Eine Bildergeschichte
APuZ: Krise der Weltwirtschaft (11.5.09, pdf):
Spätestens seit September 2008 hat die
globale Finanz- und Wirtschaftskrise auch Deutschland fest im Griff. Wie konnte sich
aus einer schweren Hypothekenkrise, die (scheinbar) nur die USA betraf, eine weltweite
Wirtschaftskrise entwickeln? Ursachen und Verlauf der Krise werden aus verschiedenen
Blickwinkeln diskutiert.
FAZ: Die Vermessung der Krise (7.5.09):
Ausgerechnet in der kanadischen Provinz
Ontario, in der Kleinstadt Waterloo, wurde eine Versammlung einberufen, um das
Weltfinanzdebakel zu durchleuchten. In dicht bepackten Konferenztagen wurde hier ein
Denkansatz forciert, der darauf abzielt, die Krise völlig neu und mit dazu noch nie
hervorgeholten Instrumenten zu vermessen.
Vox: How similar is the current crisis to the Great Depression? (29.4.09):
Despite the
stunning contraction of industrial production and trade across the globe, the global
economy is still a far cry away from the calamities of the Great Depression. However, if
the economic damage of the current global crisis may have been contained so far,
worrisome parallels to the early 1930s remain and preventive policy actions must be
kept up.
Der Spiegel: Unheimliche Parallelen (27.4.09)
: Geschichte wiederholt sich womöglich
doch. Die heutige Krise der Weltwirtschaft erinnert in vielem an die Große Depression in
den Jahren nach 1929. Sie könnte die Volkswirtschaften ähnlich hart treffen wie damals
– wenn die massiven Rettungspakete der Regierungen nicht greifen.
Video Inside the Meltdown
[56:23] von PBS: Wie der Finanzmarkt zusammenbrach: Wie es
wirklich war. Der Anfang vom Ende. Die aktuelle Finanzkrise in einer hervorragenden
minutiösen Dokumention des US- Fernsehsenders PBS (Public Broadcasting Service). Mit
den originalen Akteuren, originalen Bildern, originalen Zitaten und an originalen
Schauplätzen. Sehr gut gemacht (Empfehlung ua. v.
Sprechblase
)
Cicero: Fünf Trugschlüsse der Finanzkrise (11/2008)
: Die Finanzkrise erschüttert nicht
nur die Wirtschaft, sondern auch Weltbilder. Alte Feindbilder, ideologische Dogmen und
schnelle Urteile haben Konjunktur. Doch bei näherem Hinsehen stellen sich manche
populären Ansichten als Irrtümer heraus.
I. Finanzmärkte unter Stress,
II. Die treibenden Kräfte,
III. Die Finanzmärkte benötigen einen angemessenen Ordnungsrahmen
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