Wunschanalyse BP plc

by on 14. Mai 2010

Herzlich Willkommen zur Wunschanalyse von Sharewise in Zusammenarbeit mit Stephan Heibel vom Heibel-Ticker.de Börsenbrief (www.heibel-ticker.de). Unsere Mitglieder haben sich diese Woche eine Analyse des Ölkonzerns BP plc gewünscht.

BP laut Sharewise.com:

Prognostiziertes Kursziel kaufen halten verkaufen
25 Mitglieder Ø 6,75 € (575,00 Pence) 13 12
14 Analysten Ø 710,00 Pence (ca. 8,35 €) 13 0 1

BP plc (WKN 850 517, ISIN GB0007980591, Marktkapitalisierung: ca. 120,00 Mrd. Euro, ca. 152,00 Mrd. US$)

Firmenlogo BP plc

ÜBER DIE MORAL DES INVESTIERENS

Lassen Sie mich vorab ein wenig über die Moral des Investierens sprechen. Am 20. April explodierte eine Bohrinsel von BP in der Karibik, elf Menschen kamen ums Leben. Zwei Tage später sank die Bohrinsel, durch ein Leck strömen nun große Mengen von Öl aus 1.500 Meter Tiefe in die See und haben bereits die Küste der USA erreicht. Die Kritik an BP ist groß, denn zum einen wurde trotz eines nicht bestandenen Drucktests wenige Stunden vor der Explosion keine Konsequenz gezogen – im Gegenteil, die immer wieder ertönenden Alarmsirenen wurden Augenzeugenberichten zufolge irgendwann einfach ausgeschaltet.

Schlimmer noch ist eine Sachverständigeneinschätzung, der zufolge eine im Verhältnis zum jetzigen Schaden günstige Sicherheitsvorkehrung (für 500.000 € erhältlich und in europäischen Gewässern längst Pflicht) diese Katastrophe verhindert hätte.

Und nun werde ich in dieser Wunschanalyse offen legen, dass ich den Kunden meines Heibel-Tickers empfohlen habe, BP Aktien zu kaufen. Ist es nicht moralisch verwerflich, einem solchen Unternehmen sein Geld in den Rachen zu werfen?

Ich habe meine Kunden am 11. September 2001, als die beiden Flugzeuge in die World Trade Center flogen, dazu aufgerufen, vom Unglück der Amerikaner nicht zu profitieren. Die Finanzbranche hatte wichtige Rechenzentren im World Trade Center und durch den Einsturz der beiden Gebäude spielten auch in den Tagen danach viele Kurse verrückt. Einmal abgesehen davon, dass die alte Börsenwahrheit „Kaufen, wenn die Kanone donnern“ für jeden Menschen mit Moral und Mitgefühl perfide klingt.

Und so sah ich damals mit an, wie andere sich an den kurzfristigen Kursschwankungen ein goldenes Näschen verdienten. Überwiegend natürlich solche Menschen, für die das Wort „Moral“ ein Fremdwort ist. Und gerade diese führen kurze Zeit später in ihrem Cabriolet vor. So habe ich fortan meine Einstellung geändert: Es ist okay, in solchen Turbulenzen Geld zu verdienen. Es liegt anschließend an mir (und an Ihnen), mit dem verdienst etwas sinnvolleres zu tun, als ein Cabriolet zu kaufen.

Wenn Sie also nach dieser Wunschanalyse zu dem Schluss kommen, dass die BP Aktien eine gute Kurschance darstellen, dann scheuen Sie sich nicht, diese wahrzunehmen. Sie können anschließend Ihren Gewinn an eine Umweltorganisation spenden, die gegen BP mobil macht. Ich habe da nichts dagegen – im Gegenteil. Greenpeace ist beispielsweise sehr aktiv in diesem Umfeld.

KOSTEN DER KATASTROPHE SIND PEANUTS FÜR BP

350 Mio. US$ hat BP nach eigenen Angaben bislang aufgrund der Katastrophe aufgewendet: Reparaturanstrengungen, Bekämpfung der sich ausbreitenden Ölteppiche sowie Schadensersatzzahlungen an die Fischer der Südstaaten der USA, die kein Hummer und keine Fische mehr fangen können. Es werden noch einige Kosten auflaufen, bis das Leck in der Tiefe endgültig unter Kontrolle gebracht ist. Es gibt Schätzungen, die den verursachten Schaden auf bis zu 20 Mrd. US$ beziffern. Ich halte das für maßlos übertrieben.

Das bislang größte Ölunglück war der Untergang der Exxon Valdez vor Alaska. Der Schaden betrug inflationsbereinigt (also in heutigen US$) 7,5 Mrd. US$, weitere 2 Mrd. USD Strafe musste Exxon zahlen. Die Überweisung dieser Summen wurde durch Gerichtsverhandlungen Jahrzehnte hinaus gezögert, so dass am Ende insgesamt nur etwa 3,5 Mrd. US$ von Exxon gezahlt wurden.

Das Unglück in der Karibik hat noch lange nicht das Ausmaß der Exxon Valdez erreicht, wobei jedoch die Küstenregion mit vielen Mangrovenwäldern wesentlich anfälliger ist. Nehmen wir der Einfachheit halber einmal an, dass dies die Summen sind, die an Kosten durch die Katastrophe in der Karibik verursacht wurden. Diese müssen sodann noch zwischen den Betreibern der Bohrinsel (BP zu 65%, Anadarko zu 25% und die japanische Mitsui zu 10%) aufgeteilt werden. Darüber hinaus wird ein Teil des Schadens auch von dem Vermieter der Bohrinsel (Transocean) getragen werden. Und zu guter Letzt haben sich die Firmen Halliburton um die fragliche Bohrung bzw. die Firma Cameron um die Sicherheit im Umfeld dieser Bohrung gekümmert. Auch hier werden einige Kosten landen.

Suchen Sie sich eine Ziffer aus, die Sie als Kosten für den Schaden schätzen und spielen Sie mit dem Schlüssel, nach dem dieser Schaden auf die Beteiligten aufgeteilt wird. Im Jahr 2009 hat BP einen Nettogewinn von 20 Mrd. US$ erzielt. Für das Jahr 2010 gehen Analysten von einem Nettogewinn von 27 Mrd. US$ aus. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die gesunkene Bohrinsel mit all ihren negativen Folgeschäden das Unternehmen BP ernsthaft in Gefahr bringt.

PROFITABLE KOSTENSTRUKTUR, GÜNSTIGER ÖLPREIS

Der Ölpreis ist im Jahr 2008 von 147 US$/Barrel auf 36 US$/Barrel gefallen. Da gab es keinen Ölkonzern, der seine Kostenstruktur nicht überdenken musste. Es gab Entlassungen, Umstrukturierungen und teure Ölförderprojekte wurden gestoppt. Solange der Ölpreis über 70 US$/Barrel notiert fährt BP dicke Gewinne ein. Und derzeit ist nicht absehbar, dass der Ölpreis überhaupt unter 80 US$/Barrel fallen könnte. Im Gegenteil, ich persönlich gehe eher davon aus, dass wir in diesem Jahr noch mal einen dreistelligen Ölpreis sehen könnten.

Auf Basis der Schätzungen für das Jahr 2011 beträgt das KGV nur 6. Das ist extrem günstig. TotalFinaElf hat ein KGV 2011e von 7, Exxon von 9 und Statoil (Norwegen) von 10. Doch keines dieser Unternehmen verfügt über eine so hohe Dividendenrendite wie BP, diese steht derzeit bei 7%.

Ist diese Dividendenrendite durch die Katastrophe gefährdet? In meinen Augen nicht. Selbst wenn eine Zahlung von vielen Milliarden US$ auf BP zukommen sollte, so wird das erst in der fernen Zukunft überwiesen werden. Und sodann wird der Betrag nicht in einem Schlag sondern sukzessive an die jeweils verschiedenen Empfänger und auch erst nach einer Einigung geleistet werden. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Dividenden der kommenden Quartale bereits beeinträchtigt werden.

KURSVERLAUF

Der Kurs von BP ist in Folge des Unglücks von 7,50 € auf 6,00 € eingebrochen. Das entspricht einem Verlust von 35 Mrd. US$ Marktkapitalisierung bei BP. Finden Sie das nicht ein wenig übertrieben? Ich nehme an, dass einige Anleger überreagiert haben. Inzwischen hat sich der Kurs bereits wieder auf 6,50 € erholt.

Es geht die Angst umher, dass Präsident Obama an BP ein Exempel statuieren könnte – doch wie? Er wird viel Geld nehmen, diese Angst ist bereits im Aktienkurs enthalten. Er wird die Vorschriften für Tiefseebohrungen verschärfen, also verteuern. Das führt zu einem steigenden Ölpreis. Und er wird weniger Lizenzen für Bohrungen in der Karibik ausgeben, das wird zu weniger Öl in der Zukunft führen, also zu einem steigenden Ölpreis. Insbesondere die Importabhängigkeit der USA wird dadurch größer.

Nein, so einfach kommt man BP nicht bei. Und so gehe ich davon aus, dass der Aktienkurs von BP nach einem erfolgreichen Verschließen des Lecks in 1.500 Metern Tiefe wieder anziehen wird, um die gute Dividendenrendite und das günstige Bewertungsniveau zu honorieren. BP wird schon bald wieder auf dem Niveau seiner Wettbewerber notieren, und das liegt ca. 15% höher als das aktuelle Kursniveau.

FAZIT

In Zeiten der Turbulenzen an den Finanzmärkten sind Aktien mit einer hohen Dividendenrendite wie ein sicherer Hafen. BP können Sie in Folge des Unglücks in der Karibik nun sehr günstig schießen und werden meiner Einschätzung nach auf Basis des heutigen Kaufpreises viele Jahre lang Freude an einer sehr hohen Dividendenrendite haben. Als defensiven Titel passt dieser Titel gut in ein langfristig ausgerichtetes Portfolio.

Über den Autor

Stephan Heibel ist Autor und Herausgeber des Heibel-Ticker Börsenbriefes, der wöchentlich kostenfrei per E-Mail verschickt wird. Darin werden die Hintergründe zu Kursbewegungen an den Finanzmärkten aufgezeigt und erklärt. Interessante Tradingideen werden daraus abgeleitet. Sie können sich unter:

http://www.heibel-ticker.de

unverbindlich eintragen.

Take Share,
Stephan Heibel

heibel Juni 15, 2010 um 00:27 Uhr

lest ihr eure analysen eigentlich auch selber mal durch ?

ich kann nur hoffen dass niemand für 6,50 eingestiegen ist…

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