Dokumentation: Was sind Schattenbanken? Definition der Europäischen Kommission

by on 21. März 2012

Die Europäische Kommission hat am Montag ein Grünbuch zum Schattenbankwesen veröffentlicht (Presseerklärung dazu hier). Darin stellt sie dar, wie sie die Risiken dieses Teils des Finanzsektors regulieren will. Sie präzisiert in diesem Grünbuch, das hier in deutscher Sprache als pdf geladen werden kann, auch ihre Definition von Schattenbanken. In dem Papier heißt es dazu ab Seite 3:


3. WAS IST UNTER SCHATTENBANKWESEN ZU VERSTEHEN?

Der im Oktober 2011 vorgelegte FSB-Bericht stellt den ersten Versuch zur umfassenden Behandlung dieses Themas auf internationaler Ebene dar. Der Schwerpunkt wird dabei gelegt auf i) die Festlegung von Grundsätzen für  die Beaufsichtigung und Regulierung des
Schattenbanksystems, ii) die Einleitung eines Prozesses zur Ermittlung und Bewertung der mit Schattenbankgeschäften verbundenen Systemrisiken und iii) die Ermittlung des Geltungsbereichs etwaiger Regulierungsmaßnahmen.

In diesem Bericht definiert der FSB das Schattenbanksystem als ein „System der Kreditvermittlung, an dem Unternehmen und  Tätigkeiten außerhalb des regulären Bankensystems beteiligt sind.“ Dieser Definition zufolge stützt sich das Schattenbanksystem auf zwei miteinander zusammenhängende Säulen. 

Erstens auf Unternehmen, die außerhalb des regulären Bankensystems operieren und eine der
folgenden Tätigkeiten ausüben: 

  • Entgegennahme von Geldern mit einlageähnlichen Merkmalen, 
  • Durchführung von Fristen- und/oder Liquiditätstransformation, 
  • Kreditrisikotransfer und 
  • Einsatz direkter oder indirekter finanzieller Hebeleffekte. 

Zweitens auf Tätigkeiten, die  für Nichtbanken bedeutende Finanzierungsquellen darstellen könnten. Hierzu zählen Verbriefungen, Wertpapierleih- und Pensionsgeschäfte („Repos“). Vor diesem Hintergrund konzentriert die Kommission ihre Analyse im jetzigen Stadium auf folgende mögliche Schattenbankunternehmen und -tätigkeiten. Diese Aufstellung ist nicht als vollständig zu betrachten, denn Unternehmen  und Tätigkeiten können sich überaus rasch weiterentwickeln.

Mögliche Unternehmen und Tätigkeiten des Schattenbanksektors, auf die die Kommission ihre derzeitige Analyse konzentriert

Unternehmen:

  • Zweckgesellschaften, die Liquiditäts- und/oder Fristentransformationen durchführen; beispielsweise Verbriefungsgesellschaften wie ABCP Conduits, Special Investment Vehicles (SIV) und andere Zweckgesellschaften(SPV);
  • Geldmarktfonds (Money Market Funds, MMF) und andere Arten von Investmentfonds oder –produkten mit einlageähnlichen Charakteristika, die diese Fonds und Produkte für „Runs” (d.h. den massiven Abzug von Anlagen) anfällig machen.
  • Investmentfonds, die Kredite zur Verfügung stellen oder mit Fremdmitteln arbeiten, einschließlich börsengehandelter Fonds (Exchange Traded Funds, ETF);
  • Finanzierungsgesellschaften und Wertpapierhäuser, die Kredite oder Kreditgarantien bereitstellen oder Liquiditäts- und/oder Fristentransformationen durchführen, ohne dabei der gleichen Regulierung zu unterliegen wie eine Bank, und
  • Versicherer und Rückversicherer, die Kreditprodukte ausgeben  oder garantieren.  

Tätigkeiten:

  • Verbriefung und
  • Wertpapierleih- und Repogeschäfte.

Für 2010 hat der FSB das Volumen des globalen Schattenbanksystems grob auf etwa 46 Billionen EUR geschätzt, während es 2002 noch 21 Billionen EUR betragen hatte. Dies entspricht 25-30 % des gesamten Finanzsystems und der Hälfte aller Bankaktiva. In den Vereinigten Staaten ist dieser Anteil sogar noch höher und liegt schätzungsweise zwischen 35 % und 40%. Den Schätzungen des FSB zufolge ist der prozentuale Anteil der Vermögenswerte von Finanzintermediären mit Sitz in Europa, bei denen es sich nicht um Banken handelt, am weltweiten Volumen des Schattenbanksystems zwischen 2005 und 2010 stark gestiegen, während der Anteil der in den USA belegenen Vermögenswerte abgenommen hat. Insgesamt gesehen hat sich der Anteil der in europäischen Rechtsräumen gehaltenen Vermögenswerte bei Intermediären im VK von 10 % auf 13 %, bei Intermediären in den NL von 6 % auf 8 %, bei Intermediären in DE von 4 % auf 5 % und bei Intermediären in ES von 2 % auf 3 % erhöht. Bei den Intermediären in FR und IT ist der Anteil an den von Schattenbanken weltweit gehaltenen Vermögenswerten mit 6 % bzw. 2 % unverändert.


Die EU Kommission hat außerdem hier eine eigene Sonderseite zu Schattenbanken eingerichtet. Im Blick Log gibt es ebenfalls eine Sonderseite mit Links auf ausgewählte Berichte zu Schattenbanken.

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