Überziehungszinsen: Müssen Banken eigentlich immer erst zu Transparenz gezwungen werden?

by on 17. September 2015

Als Mitte August die Stiftung Warentest ihre Ergebnisse zum Überziehungszins beim Girokonto veröffentlichte, war eigentlich kaum jemand darüber überrascht, dass viele Banken zum Teil “unverschämt” hohe (Handelsblatt) Überziehungszinsen berechnen. Zur Erinnerung, der Überziehungszins wird dann fällig, wenn ein Kontoinhaber den Dispositionskredit seines Girokontos stärker in Anspruch nimmt, als dies mit der Bank vereinbart ist.

Die Stiftung Warentest gab sich zerknirscht und beklagt das Versteckspiel mit dem Dispo

“Man glaubt es kaum. Immer noch hüten viele Banken die Höhe des Dispozinses, den sie für die Über­ziehung des privaten Giro­kontos kassieren, wie ein Staats­geheimnis. Sie ignorieren Appelle von Politik und Banken­verbänden, die genaue Höhe des Dispozinses in der Filiale und auf ihrer Internetseite zu veröffent­lichen. Wie zugeknöpft Banken auf die simple Frage nach der Höhe des Dispozinses reagieren, zeigt unser neuester Test. Nur 424 von 1 472 befragten Kredit­instituten teilten uns die Höhe des Dispozinses mit. Gut zwei Drittel verweigerten eine Auskunft.”

Und tatsächlich, schaut man etwa bei einem Anbieter wie Verivox in den Girokontovergleich, dann findet man einen Haufen Information, jedoch noch nicht die Kosten für die Überziehung des Dispositionskredits. Die erhielten die Tester von vielen Banken nur auf Nachfrage oder gar nicht und mussten sie dann in den Geschäftsstellen in Erfahrung bringen. Selbst eine differenzierte Statistik/Zeitreihe der Bundesbank existiert hierzu nicht, wie eine Studie des Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung 2012 feststellte.

“Auch die Ausfallquote beim Dispo gibt Banken keine Rechtfertigung für ihre hohen Zinssätze. Sie beträgt nur gut 1 Prozent. Das heißt, die Banken bekommen das Geld fast immer zurück.”

Hier teile ich freilich nicht ganz die Position der Tester. Es mag zwar sein, dass sich die Gesamtausfallquote für Dispokredite nur 1% beträgt. Tatsächlich schauen aber Banken, was in der jeweiligen Risikoklasse passiert. Die Frage müsste also lauten, wie hoch ist die Summe der nicht zurück gezahlten Überziehungskredite. Sehr wahrscheinlich liegt diese über 1%, keinesfalls wird sie aber über 11% liegen. Das wäre nämlich beim derzeitigen Marktzinsniveau etwa die kalkulierte Risikoprämie bei einem Überziehungszins von 13,5%

Ärgerlich ist, dass die Banken in ihren Sonntags- und Verbesserungsreden stets geloben, sich zu verändern und transparenter und kundenfreundlicher zu werden. Das schaffen sie aber stets nur mit der Hilfe des Gesetzgebers.

Der CDU-Abgeordnete Jan-Marco Luczak wird in Medienberichten mit der Aussage zitiert:

“Wenn die Branche „nicht freiwillig mehr Transparenz schafft und am Markt orientierteZinsen nimmt, müssen wir über gesetzgeberische Maßnahmen nachdenken“.

Das Bundesjustizministerium schreibt auf seiner Webseite:

“Transparenz und Vergleichbarkeit sind die Schlüssel zu einem funktionierenden Wettbewerb. Ein zentrales Vergleichsportal im Internet würde zusätzlich helfen, den Wettbewerb um kundenfreundliche Bankdienstleistungen zusätzlich anzukurbeln. Verbraucher müssen auf einem Blick erkennen können, was eine Bank bietet und was der Service kostet. Wir unterstützen deshalb die Pläne der EU-Kommission zur Einrichtung eines zentralen Vergleichsportals, das künftig nicht nur die Höhe der Dispozinsen, sondern alle Kosten, Gebühren und Zinsen transparent macht.”

Wieder einmal geht es also nur mit gesetzlicher Nachhilfe. Das ist bedauerlich.

MartinN September 25, 2015 um 13:54 Uhr

Hallo,

vielen Dank für diesen gedanklichen Anstoß. Doch Banken wollen sich nicht offenlegen. Sonst würde ja jeder sehen, welche Gewinne die Häuser machen und wie sie tatsächlich mit dem Geld der anderen umgehen. Daher wird immer versucht, alles schön schwammig zu halten.

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