Gesetzgeber will Pauschalreiseanbietern Preiserhöhungen nach Buchung erlauben

by on 6. Juli 2016

Die Urlaubszeit hat begonnen. Vielen Menschen freuen sich auf ihre Reisen, darunter auch viele Pauschalurlaube in die Sonne. Nun ist dies kein Reiseblog, in dem Reiseerlebnisse geteilt werden. Hier geht es um Wirtschaftspraxis und zuweilen um wirtschaftliche Prinzipien. Und da überraschte mich im Zusammenhang mit der begonnenen Urlaubssaison ein Bericht im Handelsblatt über eine Rechtsänderung, die manch einem Pauschalbucher sauer aufstoßen könnte. Offenbar hat es die Reiselobby geschafft, eine für sie ausgesprochen attraktive Regelung als Gesetzvorschlag zu platzieren.

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Ferienidylle in Trans (Dänemark) ohne Preisüberraschung?

In der Printausgabe vom Handelsblatt am 29.6. las ich unter der Überschrift “Erst buchen, dann draufzahlen” (Premiumcontent) mit Verwunderung über eine  geplante Änderung des Bürgerlichen Gesetzbuches (§ 651a ) nach der Pauschalreiseveranstalter bis 20 Tage vor Abreise einen Nachschlag auf den vereinbarten Reisepreis verlangen können und zwar um bis zu acht Prozent. Dazu müsse der Reiseveranstalter lediglich höhere Kerosinkosten, steigende Wechselkurse oder andere Widrigkeiten geltend machen. Der Entwurf liegt dem Handelsblatt vor. Leider findet sich weder dort noch im Web der genaue Text bzw. des Gesetzesentwurfs nebst Begründung. Was der genaue Unterschied zur aktuellen Fassung des § 651a BGB ist, lässt der Beitrag offen.

Klar, ein Vertragspartner darf seine Preise verändern, wenn dies so bei Vertragsabschluss vereinbart ist. Nach AGB-Recht, so ist auf Jura Basic zu lesen, ist aber “eine Preiserhöhung für Waren oder Leistungen unwirksam, wenn die Waren oder Leistungen innerhalb von vier Monaten nach Vertragsschluss geliefert oder erbracht werden sollen (§ 309 Nr. 1 BGB@).” Für mich als juristischen Laien ist das verwirrend. Da hilft vielleicht ein Blick in die Praxis.

Tatsächlich habe ich beim Blick in einige Reise-AGB Preisanpassungsklauseln gefunden, die Preiserhöhungen nach der Buchung erlauben. Mir waren solche Klauseln in AGBs von Reiseveranstaltern bisher nicht bewusst, kenne sie aber z.B. aus Verträgen im Pay-TV. In einem Reiseportal fand ich in dem Beitrag “Nachträgliche Preiserhöhungen! Dürfen die das?” einige Anmerkungen zu der bisherigen Praxis. Möglich, dass sich in den vergangenen Jahren Kunden gegen solche Klauseln gewehrt haben, weil nachträgliche Anpassungen unerwartet kamen. Da trifft es sich gut für Reiseveranstalter, dass der Gesetzgeber solche Praktiken präzisieren will.

Ist das immer so in Urlaubsvereinbarungen? Weil wir häufiger in dänischen Ferienhäusern Urlaub machen, habe ich einmal bei einem Reiseportal für die Vermittlung solcher Ferienwohnungen wie Sonne und Strand nachgeschaut. Hier steht sogar ausdrücklich in den AGB drin, dass “Preisjustierungen innerhalb einer Frist von 4 Monaten nach Abschluss der Vereinbarung nicht vorgenommen werden können.”  Dies ist eine ziemlich klare Regelung im Vergleich zu den Umfangreichen Details vieler Pauschalreiseveranstalter, die ich hier aber bewusst nicht nennen und verlinken möchte.

Reiserecht ist schon lange eine komplizierte Angelegenheit. Ich glaube jedenfalls, dass sich so manch ein Urlauber über die angedachte Rechtsänderung ärgern wird. Wirklicher Protest ist hier nicht zu erwarten, denn es gibt wesentlich wichtigere Themen. Vielleicht hatte es deswegen die Lobby der Reisebranche so leicht, sich für eine solche Regelung “einzusetzen”.

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Nachtrag vom 10.07.2016

Die FAZ hat das Thema heute in der Sonntagsausgabe ebenfalls aufgegriffen unter

Nachträgliche Preiserhöhungen Achtung, Pauschalreise!

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