Wunschanalyse Citigroup – mit Nachholbedarf!

by on 16. Oktober 2009

Herzlich Willkommen zur Wunschanalyse von Sharewise in Zusammenarbeit mit Stephan Heibel vom Heibel-Ticker.de Börsenbrief (www.heibel-ticker.de) und Rainer Hahn von EMFIS.com. Unsere Mitglieder haben sich diese Woche eine Analyse der Citigroup gewünscht.

Citigroup laut Sharewise.com:

Prognositiertes Kursziel kaufen halten verkaufen
41 Mitglieder Ø 4,13 € (ca. 6,15 US$) 34 7
4 Analysten Ø 3,65 US$ (2,45 €) 2 1 1

Citigroup (WKN 871 904, ISIN US1729671016)


Firmenlogo Citigroup

WELTKONZERN MIT STAATSGARANTIE

Können Sie sich an den Aufschrei vor drei Monaten erinnern: Die Banken verdienen schon wieder Millionen, teils Milliarden! Und das obwohl die Finanzkrise noch nicht einmal verdaut ist, denn viele Banken hängen noch am Tropf von Vater Staat. Auch die Citigroup hat in ihrem zweiten Quartal dieses Jahres recht gute Zahlen vermeldet, nach drei Verlustquartalen konnten 6,8 Mrd. US$ verdient werden.

Doch so richtig freuen kann sich bei der Citigroup niemand darüber: 45 Mrd. US$ Staatshilfen (TARP) wurden entgegen genommen. Ein Teil der TARP-Hilfe wurde in Aktien gewandelt, der Staat hält derzeit 33% der Citigroup-Aktien. Der Rest muss noch zurück bezahlt werden. Allerdings sind die TARP-Gelder so gestaltet, dass die Citigroup erst dann die Staatshilfen zurückzahlen darf, wenn die Bilanz gesundet ist. Und die Bilanz ist nach Auffassung der Finanzbehörden nur dann gesund, wenn die Kernkapitalquote über einem bestimmten Mindestwert steht – zuletzt waren es 8%.


Citigroup Center, New York City, New York

UMKEHR DES GEHEBELTEN EXPANSIONSWAHNSINNS

Doch auf den Staatseinfluss komme ich weiter unten nochmals zu sprechen. Betrachten wir einmal die Citigroup wie sie heute dasteht: Mit einem weltweiten Filialnetz gehört die Citigroup zu den größten Banken der Welt. Vor der Finanzkrise war die Citigroup nach Marktkapitalisierung sogar die weltweit größte Bank.

Das Filialnetz besteht auch heute noch, wenngleich überall Personal abgebaut wurde. Doch die Struktur der Citibank wird derzeit stark überarbeitet… oder sollte ich besser sagen „zurück gedreht“?

Chuck Prince war der CEO der Citigroup, der das Unternehmen in immer neue Geschäftsfelder trieb. Durch willkürlich erscheinende Übernahmen, stets mit spitzem Bleistift errechnete Finanzierungen ohne sonderlich viel Puffer und ohne Rücksicht auf Qualität hat er das Volumen der Citigroup über Gebühr aufgebläht. Ich habe bereits zu Chuck Prince’s Zeiten in meinem Börsenbrief „Heibel-Ticker“ diesen Expansionswahn heftig kritisiert.

So hatte die Bank keine Reserven, als die Immobilienkrise zuschlug. Die übernommenen Geschäftsfelder konnten nicht schnell genug verscherbelt werden, um die notwendigen liquiden Mittel für eine ausreichende Kapitaldeckung zu beschaffen. Sie werden sich erinnern: Im vergangenen Jahr konnte überhaupt nichts verkauft werden, die Wirtschaft stand im Herbst quasi still.

Da helfen dann auch die Bewertungsmodelle nicht mehr, wenn sich für das errechnete Bewertungsniveau übernommener Geschäftsfelder kein Käufer finden lässt. Und dies war nur ein Nebenkriegsschauplatz neben den weithin bekannten Problemen der Immobilienkrise. So konnte die Citigroup schließlich nur noch mit 45 Mrd. US$ Staatshilfen am Leben gehalten werden.

Doch schauen Sie sich die Bankenlandschaft heute mal an: Es fand eine Konsolidierung statt, die Immobilienderivate sind zum größten Teil abgeschrieben und bergen inzwischen nur noch die Chance einer Aufwertung (sprich eines Überraschungsgewinns) und der Zinsspread, die Differenz zwischen den lang- und kurzfristigen Kreditzinsen, ist größer denn je. Und da die Banken am Zinsspread verdienen wenn sie nicht gerade mit spekulativen Investmentgeschäften abgelenkt werden können Sie davon ausgehen, dass derzeit wieder gut Geld verdient wird. Heute hat JP Morgan mit bombastischen Zahlen alle Erwartungen übertroffen.

NACHZÜGLER IN SACHEN ERHOLUNG

Chuck Prince ist inzwischen gegangen worden. Sein Nachfolger, Vikram Pandit, konnte den Niedergang nicht mehr aufhalten, aber er hält immerhin das Management auf: Top-Manager können aufgrund der Staatshilfen nicht mehr als 500.000 US$ pro Jahr bei der Citigroup verdienen. Bei anderen Finanzinstituten wäre es für viele ein leichtes, ein Vielfaches davon zu verdienen. Doch wenn der CEO seine Mannschaft auf ein gemeinsames Ziel einschwören kann, dann bleiben auch die guten Manager. Und Pandit ist dies gelungen.

Wenn Sie einen Buchwert für die Citigroup errechnen, so nehmen Sie alle abgeschriebenen Werte und kommen derzeit auf einen Wert um 5,50 US$ je Aktie. Der Wert ist so niedrig weil ein Großteil der ausstehenden Kredite als uneinbringbar abgeschrieben ist. Wenn Sie jedoch von einer normalen Wirtschaft und einem funktionierenden Finanzmarkt ausgehen, dann ist diese Bewertung viel zu pessimistisch. Analyst O-Connor von der Deutschen Bank hat heute erst vorgerechnet, dass die Citigroup über ausreichend Geschäftsvolumen verfügt, um einen Kurs von 19 US$ zu rechtfertigen.

Gut, die 19 US$ werden in den nächsten drei Jahren nicht erreichbar sein. Denn die im Bestand befindlichen Immobilienderivate sind eben zu einem Teil mit Recht abgeschrieben worden und kommen nicht wieder zurück. Doch über einen langen Horizont, sagen wir einmal mehr als fünf Jahre, wird sich das Geschäft wieder Normalisieren und wenn wir nicht doch noch eine Weltwirtschaftskrise bekommen, dann sollte der Kurs der Citigroup über diesen langen Horizont in Richtung 19 US$ laufen.

Insbesondere im Vergleich zu den anderen Banken habe die Citigroup Aufholpotential: Aufgrund der Staatsbeteiligung hat die Citigroup noch den finanziellen Freiraum um die entstehenden Chancen voll zu nutzen. Zunächst muss der Fokus auf die Rückzahlung der TARP-Gelder gelegt werden, bevor wieder in Wachstum investiert werden kann.


Citigroup CEO, Vikram Pandit

KAPITALERHÖHUNG ERFORDERLICH

Derzeit kursieren Gerüchte im Markt, die Citigroup bereite eine Kapitalerhöhung in Höhe von 5 Mrd. US$ vor. Das wäre eine Summe, die maßgeblich zur Rückzahlung der TARP-Hilfe beitragen könnte. Und wenn die TARP-Hilfe zurück gezahlt wird, dann hat die US-Regierung auch keinen Grund mehr, die 33% der Citigroup-Aktien weiter zu halten.

Nun schwebt der Ausstieg der US-Regierung als Großaktionär wie ein Damoklesschwert über der Citigroup. Anleger fürchten, dass die vielen Aktien, die der Staat verkaufen würde, den Kurs drücken könnten. Doch diese Angst ist in meinen Augen unberechtigt: Wie wir in diesen Tagen sehen strömen wieder riesige Summen von Anlegergeldern an die Börsen und institutionelle Anleger sind in solchen Zeiten dankbar für Möglichkeiten, große Pakete direkt von einem Verkäufer wie in diesem Fall die US-Regierung zu kaufen, ohne den Kurs dadurch in die Höhe zu treiben.

Eine Kapitalerhöhung verwässert zwar den Wert der bestehenden Aktien, gibt der Citigroup jedoch finanziellen Spielraum. Der Ausstieg der US-Regierung erhöht zwar das Angebot der Citigroup-Aktien im Streubesitz, beendet aber gleichzeitig den staatlichen Einfluss. Ich würde diese beiden Schritte also als absolut bullisch sehen.

QUARTALSERGEBNIS VORAUSSICHTLICH BESSER ALS ERWARTET

Wir erleben gerade eine rasante Erholung an den Märkten. Schneller als die Wirtschaft erholt sich die Finanzwelt und Umsatz- und Gewinnschätzungen werden in dieser Branche kontinuierlich angehoben. Die Erwartungen sind in meinen Augen nach wie vor niedrig und somit wird es der Citigroup möglich sein, die Erwartungen am morgigen Donnerstag zu übertreffen.

Doch ungeachtet des Ergebnisses wird es viel wichtiger sein zu horchen, ob die Citigroup einen Plan präsentiert, wie sie die TARP-Hilfe zurückzahlen möchte. Und wenn dieser Weg den Anlegern gangbar erscheint, dann sollte die Aktie einen Freudensprung vollziehen.

GUTES MANAGEMENT

Ich habe Vikram Pandit in dieser Analyse hoch gelobt. Doch Sie brauchen nicht meinem Urteil vertrauen, die US-Regierung hat eine Analyse in Auftrag gegeben und ließ das gesamte Management der Citigroup bewerten. Das Ergebnis wurde in der vergangenen Woche veröffentlicht und stellt Pandit eine weiße Weste aus: Ihm sei es zu verdanken, dass die Restrukturierung der Citigroup so schnell voran gehe.

Das war ein weiteres Damoklesschwert, das über der Citigroup kreiste: Da die Citigroup bereits unter der Regide von Pandit war, als die Pleite auftrat, schreiben einige Marktbeobachter Pandit die Schuld zu. Doch die nun erstellte Analyse räumt mit dieser falschen Betrachtungsweise auf: Pandit hatte umgehend nach Amtsantritt im vergangenen Sommer das Ruder herumgerissen, doch der Tanker Citigroup war schon auf Kollisionskurs – es war zu spät.

CHARTTECHNIK

Citigroup, Chart, 3 Jahre

Der 3-Jahres-Chart zeigt, wie tief eine Aktie fallen kann. Glauben Sie nicht, dass das Niveau von 43 Euro in absehbarer Zeit wieder einmal erreicht werden kann. Es wurde eine Menge Kapital vernichtet und nun steht die Citigroup vor dem beschwerlichen Weg, das bestehende weltweite Netzwerk zu nutzen, um kleine und bescheidene Gewinne zu erwirtschaften. Der Leverage (Hebel) der Zeit vor der Finanzkrise wird nicht mehr genutzt werden und so kann auch nicht mehr so viel Gewinn erwirtschaftet werden wie damals.

Citigroup, Chart, 3 Monate

Auf dem 3-Monats-Chart können wir einen geeigneten Kauf- und Verkaufsmarken ableiten: So kurz vor dem Quartalsergebnis können Sie nicht mehr auf kurzfristige Konsolidierungen setzen, sondern müssen, sofern Sie dabei sein wollen, zu den gegebenen Preisen einsteigen.

Die Erwartung einer Lösung für die TARP-Hilfen ist in meinen Augen bereits im Kursniveau enthalten und es würde mich nicht wundern, wenn die Aktie in Richtug ihrer jüngsten Unterstützung bei 2,90 Euro korrigiert, sofern morgen kein nachvollziehbarer Weg zur Rückzahlung der TARP-Hilfen aufgezeigt wird. Ich würde mich also bereit halten, zu Kursen zwischen 2,90 und 3,00 Euro nachzukaufen.

Kurzfristig hat die Aktie Potential bis 3,60 Euro – das entspricht dem Buchwert von 5,50 US$ je Aktie. Für einen Ausbruch über diese Marke benötigen wir den hier vielfach angesprochenen Plan zur Rückzahlung der TARP-Hilfen.

FAZIT

Die Citigroup ist eine Spekulation auf die Erholung der Finanzbranche. Da sich die Finanzbranche bereits erholt hat und inzwischen sogar auch die Wirtschaft sich merklich erholt, ist diese Spekulation in meinem Augen mit einem geringen Risiko versehen. Langfristig, also auf Sicht von zwei bis drei Jahren, erwarte ich einen Anstieg des Kurses in Richtung 8 Euro (also mehr als eine Kursverdopplung). Dieser hohe Kursanstieg ist zu erwarten weil die Citigroup aufgrund der staatlichen Einflussnahme noch mit der Kursentwicklung hinter den anderen Bankaktien zurück blieb.

Und damit sind wir auch schon beim Risiko: Wenngleich ich es als selbstverständlich ansehe, dass Obama die Citigroup-Beteiligung mit dickem Gewinn für die Steuerzahler der USA auflösen wird, so ist Vater Staat in seinem Verhalten oftmals doch unberechenbar. Ein Restrisiko bleibt bestehen, dass Obama plötzlich die Citigroup als Vehikel für irgendwelche Job-Programme oder ähnliches verwenden möchte. Aber als Friedensnobelpreisträger sollte Obama zu seinem Wort stehen: Er hat schon deutlich gemacht, dass er eine Beteiligung an Unternehmen nur solange aufrecht erhalten wird, wie unbedingt erforderlich. Und die jüngsten Entwicklungen geben Anlass zur Hoffnung, dass dieses Erfordernis schon bald nicht mehr gegeben ist.

Über den Autor

Stephan Heibel ist Autor und Herausgeber des Heibel-Ticker Börsenbriefes, der wöchentlich kostenfrei per E-Mail verschickt wird. Darin werden die Hintergründe zu Kursbewegungen an den Finanzmärkten aufgezeigt und erklärt. Interessante Tradingideen werden daraus abgeleitet. Sie können sich unter

http://www.heibel-ticker.de

unverbindlich eintragen.

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Stephan Heibel

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