Hypo Alpe Adria Bank: Finanzkrise lodert in BayernLB – 3 Mrd. Abschreibungen?

by Dirk Elsner on 14. Dezember 2009

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Die Berichterstattung am Sonntag Abend erinnert fast ein wenig an den legendären Abend in Manhattan, als um das Leben von Lehman Brothers gerungen wurde (siehe dazu Showdown für die Finanzmarktkrise an Wall Street). Die Dimensionen und Auswirkungen wären aber diesmal deutlich weniger schwerwiegend für die weltweiten Finanzmärkte gewesen, nicht jedoch für die BayernLB

Nach Angaben der Salzburger Zeitung ist der “Gipfel" zur Rettung der Kärntner Hypo Alpe Adria jedoch erst einmal vorbei (so auch die Wiener Zeitung). Die Chefs der Großbanken haben dem österreichischen Finanzminister Pröll eine Zusage gegeben: Unter der Voraussetzung, dass die Republik Österreich die Mehrheit in der Hypo übernimmt, sind die Banken bereit, Liquidität mit Bundesgarantie zur Verfügung zu stellen (siehe auch aktuelle Meldung im Handelsblatt). In die Rettung schaltete sich nach Angaben der Wiener Zeitung auch die Europäische Zentralbank ein. Deren Präsident Jean-Claude Trichet war ab 22 Uhr 30 Telefon mit Wien verbunden.

Für die BayernLB und Bayern hätte eine Pleite des Instituts schwerwiegende Folgen (siehe unten). Was die nun offenbar gefundene Lösung für die BayernLB bedeutet, ist allerdings vorläufig unklar. Nach den Meldungen ist die Lösung außerdem noch mit den Anteilseignern und den Liquidität sichernden Banken und Institutionen juristisch auszuformulieren.  Eng werden könnte es immer noch für die Landesbank, denn es drohen Abschreibungen auf den Beteiligungswert, der sich auf drei Mrd. € belaufen soll, wenn das Kärntener Institut verstaatlicht wird. Darüber hinaus soll die BayernLB auf Forderungen verzichten (siehe dazu Handelsblatt).

Das Handelsblatt titelt Sonntag Abend als die Verhandlungen noch liefen: Fieberhafte Bemühungen um HGAA-Rettung

“Zähes Ringen um Bankenrettung: Auch am Sonntagabend zeichnete sich noch kein Ergebnis ab bei den die Verhandlungen über die Zukunft der zur BayernLB gehörenden österreichischen Hypo Alpe Adria Bank (HGAA) in Wien. Für die Beteiligten wird die Zeit knapp, bis zum Börsenbeginn am Montagmorgen muss eine Lösung gefunden werden.”

Nach Angaben der österreichischen Presse sind am Sonntag Abend die Chefs der österreichischen Großbanken zur Verhandlungsgruppe dazu gestoßen. Sie sollen sich an einem Rettungspool beteiligen. Die Lage der Bank hatte sich verschärft. Nach Angaben der Wiener Tageszeitung steht seit Samstag fest, dass die Sanierung der viel teurer als bisher erwartet kommen wird. Eine Milliarde € sollten die bayerischen Mehrheitseigentümer beisteuern, 500 Millionen Euro sollten vom Land Kärnten kommen, 400 Millionen von der Grazer Wechselseitigen Versicherung. Weiter schreibt die Presse:

Bisher war von einem Kapitalbedarf von „nur“ 1,5 Milliarden Euro ausgegangen worden. Allerdings war in den vergangenen Tagen bekannt geworden, dass auf die Hypo Alpe Adria in den kommenden Jahren noch Abschreibungen von mindestens drei Milliarden Euro zukommen – plus noch unbekannter Restrisken aus Balkangeschäften. Bisher war von einem Kapitalbedarf von „nur“ 1,5 Milliarden Euro ausgegangen worden. Allerdings war in den vergangenen Tagen bekannt geworden, dass auf die Hypo Alpe Adria in den kommenden Jahren noch Abschreibungen von mindestens drei Milliarden Euro zukommen – plus noch unbekannter Restrisken aus Balkangeschäften.

Die SZ schreibt:

“Bayerns Finanzminister Georg Fahrenschon (CSU) verhandelte am Wochenende in Wien mit der österreichischen Regierung über eine Rettung der von der Pleite bedrohten Hypo Alpe Adria. Die Finanzgruppe braucht wegen vieler fauler Kredite vor allem auf dem Balkan dringend zusätzliches Kapital in Höhe von 1,5 Milliarden Euro, um nicht pleite zu gehen. Bis Sonntagabend gab es keine Lösung. Weder Bayern noch Österreich wollten zahlen. Beide Seiten stellten sich darauf ein, die ganze Nacht zu verhandeln, um eine Schließung der Bank am Montag zu verhindern.

Die Hypo Alpe Adria ist Österreichs sechstgrößte Bank. Ein Ruin der Finanzgruppe würde auch andere Banken in Südosteuropa belasten, mit denen sie Geschäfte machte. Ein der SZ vorliegendes, als "streng vertraulich" gekennzeichnetes "Positionspapier" des Vorstandes der Hypo Alpe Adria macht deutlich, warum Seehofer und Fahrenschon die Finanzgruppe unbedingt abstoßen wollen. Offenbar besteht die Sorge, dass sich die Hypo Alpe Adria vor allem wegen leichtfertiger Geschäfte auf dem Balkan als Fass ohne Boden erweisen könnte.”

Bedauerlich für die BayernLB ist, dass sie mit einem Zwei-Drittel-Anteil maßgeblichen an dem Institut beteiligt ist und das notwendige Kapital nicht aus eigener Kraft aufbringen kann. Bei einer Pleite der Hypo müsste die Landesbank, die selbst schon mit zehn Milliarden Euro aus der deutschen Bankenhilfe gestützt werden musste, selbst mit mindestens sechs Milliarden Euro Abschreibungsbedarf rechnen, schreibt die Presse (siehe auch Bericht auf Focus.de).

Wie sich dieser Betrag errechnet, schreibt sie freilich nicht. Dies rechnet die Frankfurter Rundschau vor:

Geht die HGAA pleite oder wird sie verschenkt, muss die zweitgrößte Landesbank Deutschlands zum einen den in den eigenen Büchern stehenden HGAA-Wert von knapp drei Milliarden Euro komplett abschreiben. Außerdem hat die BayernLB an ihre Tochter gut drei Milliarden Euro an Krediten verliehen. Auf deren Rückzahlung werde eventuell verzichtet, wenn Wien die Krisenbank übernimmt, hört man in München. Im Pleitefall wären die Kredite ebenfalls verloren. Insgesamt rund sechs Milliarden Euro stehen für die BayernLB, die fast komplett in bayerischer Staatshand ist, also im Feuer.

Wenn die Aktion für Österreich, Kärnten und Bayern nicht so dramatisch wäre, dann könnte man über eine Randnotiz fast schmunzeln. So bleibt wieder einmal nur ein Kopfschütteln übrig: Der Blog Freigeisterhaus weist auf einen Artikel der SZ hin. Danach bekam der ehemalige Chef der BayernLB, Werner Schmidt, 50.000 Euro Beraterhonorar pro Jahr von der Hypo Alpe Adria. Die Münchner Staatsanwaltschaft ermittelt seit einiger Zeit gegen Schmidt. Die Strafverfolger gehen dem Verdacht nach, dass die Landesbank beim Erwerb der Hypo Alpe Adria während Schmidts Amtszeit rund 400 Millionen Euro zu viel gezahlt habe.

Die FTD schreibt ergänzend zu Forderungen des österreichischen Bankenrettungsfonds:

Die Institute des Landes müssten durch Zusammenschlüsse wettbewerbsfit gemacht werden, sagte Hannes Androsch, Vizepräsident der Finanzmarktbeteiligung AG (Fimbag), am Wochenende. Als Vorbild verwies er auf den westlichen Nachbarn: "Österreich hat sechs systemrelevante Großbanken, die Schweiz nur zwei." Ähnlich äußerte sich Zentralbankchef Ewald Nowotny . Bislang sperren sich die Großbanken gegen Fusionen.

In einem Brief, der der FTD vorliegt, forderte die Fimbag die Regierung in Wien auf, den Finanzsektor neu zu ordnen. Ähnlich wie der deutsche Sonderfonds Finanzmarktstabilisierung (Soffin) ist die Fimbag für die Verwaltung staatlicher Hilfsgelder zuständig. Androsch gilt als Vertrauter von Kanzler Werner Faymann.

Nachtrag vom Montag Abend

Der Tag hatte es in der Tat in sich für Bayern und die BayernLB. Die Schlagzeilen und Zusammenfassungen der Wirtschaftspresse zum österreichischen Beinahe-Lehman sprechen für sich:

Am Morgen gab Österreichs Finanzminister Josef Pröll eine halbe Stunde vor Schalteröffnung der trudelnden Bank Einzelheiten zur Rettung bekannt. Bericht dazu “BayernLB kauft sich von Hypo Group Alpe Adria frei”: Die Hypo Group Alpe Adria (HGAA) wird komplett verstaatlicht. Die Einigung kam quasi in letzter Sekunde. Für die BayernLB ist sie sehr kostspielig.

HB: BayernLB-Chef Kemmer tritt zurück: Nach der dramatischen Rettungsaktion für die angeschlagene Tochter Hypo Group Alpe Adria (HGAA) stehen der BayernLB neue Turbulenzen ins Haus. Die Landesbank rutscht tiefer als bisher erwartet in die roten Zahlen, und die Politik diskutiert personelle Konsequenzen im Topmanagement. Eine davon steht nach Handelsblatt-Informationen bereits fest: Vorstandschef Michael Kemmer geht.

Focus: BayernLB-Chef Michael Kemmer tritt zurück: Die logische Folge eines Milliarden-Debakels: BayernLB-Chef Michael Kemmer muss die Verantwortung für die riesigen Verluste der Bank in Österreich übernehmen und seinen Posten räumen.

HB: BayernLB-Desaster: Seehofer plant personelle Konsequenzen: Nach dem Debakel der BayernLB mit der Hypo Group Alpe Aldria wächst auf die verantwortlichen Vorstände und Politker der Druck. Bayerns Ministerpräsident kündigt „personelle Konsequenzen“ an. Die Opposition im Freistaat macht indes gegen die Staatsregierung mobil.

FAZ: Hypo Alpe AdriaEin Debakel für Michael Kemmer: Als die Bayern LB vor zweieinhalb Jahren die österreichische Hypo Alpe Adria übernahm, wurde der Deal als Expansion in Mittel- und Osteuropa bejubelt. Doch das Geschäft entwickelte sich zum Milliardengrab.

FTD: Österreich-Debakel Ende mit Schrecken für die BayernLB

Focus: Landesbank-Desaster So verbrennt Bayern Milliarden: 3,7 Milliarden Euro hat die BayernLB in Österreich versenkt. Ein Skandal, den Banker und Politiker gemeinsam verantworten. Die Hauptdarsteller eines Dramas.

HB: Nichts als Verlierer im Alpen-Poker: Auf Druck Seehofers stiehlt sich der Eigentümer bei der HGAA aus der Verantwortung und bürdet dem Staat Österreich die Risiken auf. Möglich ist das nur, weil die HGAA für die Alpenrepublik in der Tat systemrelevant ist.

FTD: Chef der BayernLB verliert nach Milliarden-Fiasko seinen Job

FAZ: Rettung der Hypo Group Alpe AdriaDas Ende einer Grenzüberschreitung: Trotz Milliardenverlusten bei der Bayern-LB bemüht sich Ministerpräsident Seehofer (CSU), als ein Politiker zu erscheinen, der auch in schwierigen Zeiten das Heft nicht aus der Hand gibt.

FTD: Agenda Alpenglühen wird zum Grauen

Reaktionen von Blogs

Egghat: Zahl des Tages (14.12.09): -824.999.999

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