Benoit B. Mandelbrot: Nie war das “Chaos” schöner

by delsn on 4. März 2010

Der Beitrag “Zehn Minuten Benoit B. Mandelbrot!” auf dem Financeblog hat mich angeregt, doch mal ein Video der 3-D-Mandelbrot-Simulation zu suchen. Genauer handelt es sich um ein Mandelbulb. Erläuterungen dazu auf dieser Website.

Benoit Mandelbrot, hat bereits in den 60er Jahren des letzten Jahrhunderts dargestellt, dass sich Marktpreise an Finanzmärkten nicht an der Standardnormalverteilung, die Grundlage für viele Bewertungsmodelle in der Finanzwelt ist, orientieren. Mandelbrot hat dies in seinem Buch “Fraktale und Finanzen” sehr anschaulich und allgemeinverständlich dargestellt (siehe dazu auch NZZ: Was Finanzmärkte mit Blumenkohl verbindet). Das Buch ist ein Muss für jeden, der sich mit Finanzmärkten tiefer befassen will und vor allem für diejenigen, die Nicholas N. Taleb und seine Schwarzen Schwäne wirklich verstehen wollen.

Hier noch eine Zugabe

 

Rico März 4, 2010 um 21:56 Uhr

Sehr schönes, eindrückliches Video. Und ich teile deine Meinung: Mandelbrot hat keine neuen Instrumente zur Prognose von Finanzmärkten beschrieben. Aber er hat – und später auch Taleb – eindrücklich aufgezeigt, welche teils absurden Annahmen in vielen der heute gängigen Theorien stecken.

enigma März 4, 2010 um 05:03 Uhr

Ich will ja nicht nörgeln und Fraktale sind für die Anschauung auch irgendwie faszinierend!

Der Umstand bzw. die Erkenntnis, daß die Normalverteilung offenbar manchmal keine verläßliche Prognose abgibt, ist doch nicht besonders neu. Das liegt schon mal daran, daß das Instrument „Normalverteilung“ für sich genommen nur dann Aussagen machen kann, wenn voneinander unabhängige Ereignisse sich ein Stelldichein geben. Daß irgendwelche Statistiker oder Ökonometriker davon Gebrauch gemacht und Börsenkurse anhand statistisch normalverteilter Zufallsvariablen INTERPRETIERT haben, bedeutet doch noch lange nicht, daß alternative Wahrscheinlichkeitsverteilungen keine „bessere“ Nährerung an aktuelle Kursentwicklungen erzeugen können. Ich glaube eher, daß man da versucht hat, statistische „Gesetze“, die vielleicht beim Würfeln gelten, auf eine ökonomische Ebene zu übertragen, deren Spezifikum wiederum darin besteht, NICHT voneinander unabhängig zu sein. Und außerdem: Warum hat man denn in den Ökonomiekursen gelernt, daß die Wahl zwischen zwei Gütern nicht nur von der Substitutionselastizität abhängt, sondern auch von der (ärgerlichen) Budgetrestriktion!

Die Ignoranz der Kapitalmarkttheorie liegt in dem Verkennen des Umstands, daß Wirtschaft was mit Vernetzung zu tun hat (eigentlich ein Allgemeinplatz). Nur für die Kapitalmärkte sollte das angeblich nicht gelten. Und das ausgerechnet in einem Umfeld, welches von dem Schlagwort „Globalisierung“ beherrscht wird? Globalisierung wird manchmal damit assoziiert, daß ungehemmte Profitmaximierung möglich ist. Leider hat Globalisierung auch was damit zu tun, daß gegenseitige Abhängigkeiten immer größer und risikoreicher werden. Und auf einmal hat die Pleite eines Textilherstellers in Alabama (oder wo auch immer) mit der Mißernte von Rohstoffen in Bangladesh zu tun. Oder welches Beispiel auch immer! Na gut, die Rußlandkrise mit der Pleite von LTCM!

Das können Fraktale nicht einfangen, denn das Konstruktionsmerkmal von Fraktalen ist die Iteration einer Basisformel. Insofern sind Fraktale das Ergebnis eines stupiden Prozesses. Genauso stupide wie „The formula, that killed Wall Street“!

http://www.wired.com/techbiz/it/magazine/17-03/wp_quant?currentPage=all

Das Problem ist: was besseres (handhabbareres) stand und steht nicht zur Verfügung. Jedenfalls steht nichts Besseres zur Verfügung, solange sich „top“ – Manager immer darauf verlassen müssen und verlassen WOLLEN, daß die Risikostatistiker schon die richtigen „Prognosen“ abgeben! Das nennt man Flucht vor der Verantwortung, denn da wird ein persönliches Verantwortungsthema zu einem statistischen Verteilungszwang umdefiniert!

Insofern ist das Inverbindungbringen (kann man das so schreiben?) von Finanzmarkt und Fraktalen ein Vorschub zu einem Verantwortungsnirvana, was von Verantwortungsverweigerern immer präferiert werden wird.

dels März 4, 2010 um 06:39 Uhr

Hallo @enigma
Danke für die Ergänzungen. Ich will ja nicht mit dem Video die Theoriewelt umdrehen. Da hätte ich dann wesentlich mehr schreiben müssen, dann aber frühestens in einem halben Jahr veröffentlichen können.
Nach meiner Auffassung helfen die Thesen von Mandelbrot nicht, irgend etwas vorherzusagen, sondern bestätigen eigentlich nur, dass Ereignisse, die Taleb aus Extremistan stammend nennt, nicht vorhersehbar oder berechenbar sind.

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