Nach Pleite des Billigstromanbieter Flexstrom fordert Handelsblatt neue Bürokratie

by Dirk Elsner on 19. April 2013

In Deutschland beklagen wir uns ständig über die “ausufernde” Bürokratie, die Überregulierung und die Papiermonstren, die die Unternehmen bedrohen. Bürokratieabbau gerät aus wahltaktischen Gründen immer mal wieder auf die Agenda von Parteien und Regierungen. Im Herbst letzten Jahres schrieb das Handelsblatt in “Unternehmen versinken in der Bürokratie

“Dass Deutschlands Bürokratie ein Monster ist, daran zweifelt keiner. Was aber viel schlimmer ist: Es wächst und gedeiht, urteilen neun von zehn deutschen Spitzenmanager, die das Meinungsforschungsinstitut Forsa für den Handelsblatt-Business-Monitors befragt hat. Die Bürokratie, sagt Forsa-Chef Manfred Güllner, „umfasst die Unternehmen im Würgegriff“.

Wenn man die Geburt von Bürokratie miterleben will, dann kann man auch im Handelsblatt die Geburtshelfer entdecken. Genau so oft, wie dort die Bürokratie beklagt wird, fordern auch Politiker, Kolumnisten und Kommentatoren neue Regelungen. Ein Beispiel fiel am letzten Freitag nach der Pleite des Billigstromanbieters Flexstrom auf. Unternehmens-Redakteur Jürgen Flauger beklagte dazu in einem Kommentar das “Wildwest auf dem Energiemarkt”. Er kritisiert darin Managementfehler und Fehlanreize, die zu ruinösen Wettbewerb führen. Und er hat Recht, dass am Markt diverse unseriöse Anbieter mit Dumpingangeboten Kunden locken. Seine Feststellung: “Eine schlagkräftige Aufsicht gibt es nicht auf dem Energiemarkt.”

Wahrscheinlich bedarf nach Teldafax und Flexstrom noch zwei oder drei Pleiten und wir sehen auch hier wieder eine neue Behörde bzw. eine bestehende Behörde mit zusätzlichen Regulierungsaufgaben. Was machte eine neue Behörde? Sie sorgt für neue Regelungen, die sie kontrollieren und bei Verstößen sanktionieren kann. Dazu verlangt sie von den Unternehmen Berichte und Stellungnahmen. Ich kenne das zur Genüge aus dem Finanzsektor, für den sich die Zahl kontrollierender Behörden kaum noch zählen lässt. Gebracht hat es bisher wenig.

Muss denn jedes Fehlverhalten, jeder Marktmissbrauch reflexartig dazu führen, noch mehr zu regeln? Sind nicht gerade am Strommarkt die Kunden mittlerweile gewarnt? Müssen diejenigen, die die Warnungen vor Billigtarifen und Vorkasse nicht Ernst nehmen noch zusätzlich vom Staat geschützt werden? Mein Antwort ist ein klares Nein.

Wolfgang Gierls April 19, 2013 um 12:08 Uhr

Aberglaube lässt sich nicht ausrotten. War in vergangenen Zeiten Aberglaube die Reaktion auf Unerklärliches und Unvorhersehbares, so versucht die „aufgeklärte“ Gesellschaft die natürlichen Unwägbarkeiten dadurch in Griff zu bekommen, dass dem Staat die Aufgabe übertragen wird, eine berechenbare Umwelt herzustellen. (Übrigens eine nur positiv berechenbare Umwelt).
Wobei das Verhalten vieler Menschen auch nicht konsistent ist. Einerseits werden die positiven Eigenschaften der Schwarmintelligenz gelobt (und ein Markt hat zumindest grundsätzlich die Möglichkeit das Ergebnis der Schwarmintelligenz abzubilden) anderseits wird Bürokratie und Regulierung gefordert, was zumindest die Tendenz hat, die Entfaltung der Schwarmintelligenz einzuschränken.

Tim April 19, 2013 um 08:10 Uhr

Ein wahres Wort! Das Beispiel Finanzsektor sollte jedem vor Augen führen, wie unsinnig übermäßige Regulierungen und Aufsichtsrechte sind. Aber viele Journalisten halten die Finanzbranche bizarrerweise für vollkommen dereguliert.

Wahrscheinlich brauchen wir also eine strenge staatliche Journalismus-Aufsicht …

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