Innovation in der Payment Industrie (Teil 1)

by Gastbeitrag on 29. April 2014

Gastbeitrag von Daniel Eckstein*

Die Innovationskraft der Payment Industrie ist nicht die die absolute Stärke dieser Branche. Doch auch ein blindes Huhn findet mal ein Korn. Daher wird in unserer Branche auch geforscht und neue Konzepte werden entworfen und getestet.

In den nächsten Minuten möchte ich Ihnen erklären wer die Innovationstreiber in unserer Branche sind und warum Ideen funktionieren und andere nicht. Und natürlich möchte ich Ihnen auch einige Innovationen zeigen welche Interessant oder auch nur zum Schmunzeln sind.

Innovation und Regulation

Die Kartenindustrie ist eine sehr stark regulierte Branche. Extrem regulierte Branchen lassen wenig Spielraum für Kreativität und Innovationen. Allein die Rules and Regulations der Card Schemes (VISA, Mastercard, American Express) füllen über vier Bundesordner. Dazu kommen tausende Seiten von technischen Spezifikationen wie PCI und EMV. Nur sehr wenige Menschen haben da noch den Durchblick was erlaubt und was verboten ist. Diejenigen die wissen was erlaubt und verboten ist, sind in der Regel nicht die Innovativen, da sie die Paragraphen schon kennen welche die neuen Ideen verunmöglichen. Daher kommt fast alle Innovation in unserer Branche von Quereinsteigern oder „Nicht-Karten-Menschen“.

So wurde z.B. die erfolgreiche MPOS Lösung „Square“ von Jack Dorsey dem Erfinder von Twitter gegründet, iZettle wurde von ehemaligen Telekom-Ingenieuren gegründet die bis anhin nichts mit Kreditkarten zu tun hatten. Aber wieso kam niemand aus unserer Branche auf diese Idee? Die Antwort ist relativ einfach: die Branchen-Spezialisten wissen, dass diese Lösungen nicht den Vorschriften der Kartenorganisationen entsprechen und somit nie zugelassen werden.

Dies war ganz anders im Square und iZettle Case. Die Erfinder kannten die Vorschriften der Kreditkarten nicht und haben sich aber überlegt wie es auf einfachste Art und Weise möglich ist auf einem Mobil-Telefon Kreditkarten zu akzeptieren und somit einem ganz neuen Händlersegment die Akzeptanz von Kreditkarten zu ermöglichen. Was braucht es dazu? Einen Kreditkarten-Leser, ein Kommunikationsmodul für die Übermittlungen der Transaktionen sowie etwas Rechenpower um eine Kreditkartenapplikation laufen zu lassen. Alle Smartphones erfüllen genau diese Eigenschaften mit der Ausnahme, dass sie über keinen Kartenleser verfügen. Ganz schnell wurde ein Kartenleser entwickelt, der an jedes Mobiltelefon angeschlossen werden kann. Da diese Entwicklungen in USA entstanden, in dem Land wo immer noch ausschliesslich Magnetstreifen-Transaktionen verarbeitet werden, wurde ein Magnetstreifen-Leser entwickelt. Dieser konnte ganz einfach an der Kopfhörer-Buchse der Mobiltelefone angeschlossen werden. Dies funktioniert in den USA wunderbar, erfüllt aber die Sicherheitsanforderungen der Kartenorganisationen in keiner Art und Weise.

Da in den USA bis heute alle Transaktionen per Magnetstreifen verarbeitet werden und das ganze Land die üblichen Sicherheitsanforderungen der Branche nicht erfüllt, war dies aber egal. Die Karten konnten gelesen werden, das Mobiltelefon konnte die Transaktionen online autorisieren und die Lösung wurde von den Kunden sehr gut akzeptiert.

Easy. Das Produkt war geboren. Es fand sich schnell ein Acquirer der die Transaktionen entgegen nahm und das Produkt wurde von den Kunden gekauft wie verrückt. Super einfach und voll easy. Das Problem für Europa: gemäss Rules and Regulations ist es in Europa nicht erlaubt Transaktionen über den Magnetstreifen der Karte zu verarbeiten. Dies wird in den PCI und EMV Standards definiert. Aber da diese in den USA nicht angewendet werden, stand dem Erfolg der Lösung nichts im Wege.

In Europa hat es iZettle mit der gleichen Technologie versucht und sehr schnell gemerkt, dass in Europa der Chip für eine Transaktion benutzt werden muss. Mit viel Elan hat iZettle dann einen mobilen Chip-Leser für iPhone und Android erfunden. Mit diesem Leser konnten Transaktion per Chip verarbeitet werden. Alles ok und auch sehr easy. Nur verlangt Rules and Regulations, dass Chip Transaktionen mit PIN und nicht mit Unterschrift stattfinden müssen sofern die Karte das so will.

Beide Lösungen entsprechen also nicht den Vorschriften der Kartenorganisationen, erfüllen aber ein Bedürfnis der Kunden.

Was ist passiert? In USA fanden die Kunden Square den absoluten Hammer und innerhalb zwei Jahren wurden ca. 1 Million Händler an das System angeschlossen. Ein riesiger Erfolg, obwohl die Lösung gemäss den Kartenorganisationen nicht erlaubt ist, oder sagen wir „nicht gewünscht“ wird. Square und iZettle wurden zur Erfolgsgeschichte. Und wie es so ist wenn etwas erfolgreich ist und schnell viele Kunden gewinnt, dann wird investiert. VISA US hat als erste Firma in Square investiert und dieser zum absoluten Durchbruch verholfen. Und dies obwohl dies gemäss Ihren eigenen Rules and Regulations verboten ist. Aber man drückt ja gerne mal ein Auge zu wenn etwas erfolgreich ist.

Das gleiche geschah mit iZettle. iZettle war erfolgreich. Mastercard hat investiert. iZettle war somit umso erfolgreicher. Das hat viele Nachahmer angezogen. Mittlerweile gibt es über 200 MPOS Firmen die auf die eine oder andere Art einen Leser für das Mobile-Telefon anbieten und auf die eine oder andere Art Transaktionen verarbeiten.

Wie war dieser Erfolg möglich, obwohl diese Lösungen fast verboten sind. Ganz einfach, den Kunden hat es gefallen. Die Benutzung der Lösung ist einfach und ein Vertrag kann schnell abgeschlossen werden. Das war bis anhin im normalen Kreditkarten-Business nicht möglich.

Trend 1: Convenience

Händler wollen schnell und einfach Kreditkarten akzeptieren. Sei dies im Internet auf dem Mobiltelefon oder am POS. Dies ist im Wesentlichen auch der Erfolg von PayPal. Online Setup und sofort Karten akzeptieren. Dies bei horrenden Kommissionen. Ein Erfolgsmodell.

Neue Geschäftsmodelle in der Kreditkarten-Welt

Um den Erfolg von Square und iZettle auch anderen MPOS Anbieter zu ermöglichen musste das Modell legitimiert werden. Dazu wurde eine neuen Entität in der Kreditkartenwelt kreiert werden: der Payment Facilitator.

Der Payment-Facilitator akquiriert und unterschreibt den Akzeptanzvertrag mit den Kunden. Er sammelt alle Transaktionen und reicht diese bei einem Acquirer ein. Dies ist neu. Bis anhin war es verboten, Transaktionen für dritte einzureichen. Jeder Händler musste einen direkten Vertrag mit den Kreditkarten-Organisationen abschliessen. Dabei müssen die Kreditkartenfirmen die Kunden besuchen und diverser Verträge unterschreiben. Üblicherweise machen die Kartenfirmen dies nur bei grösseren Händler mit über 100‘000 Dollar Kreditkartenumsatz. Alles Bedingungen die für das Business-Modell der MPOS Firmen nicht förderlich sind. Langer Vertragsabschluss, und Vertrag nur für umsatzstarke Händler.

Dies sollte geändert werden. Aus diesem Grund haben die MPOS Firmen ein neues Geschäftsmodel etabliert. Der Händler macht den Vertrag mit der MPOS Firma (iZettle, Square, etc.). Dieser muss für den Service eine hohe Kommission von ca. 2.75% bezahlen. Die MPOS Firmen haben einen Vertrag mit dem Acquirer, bezahlen diesem maximal ca. 1.75% und reichen alle Transaktionen Ihrer Kunden gesammelt ein. Somit ist auch das Business-Modell klar. Die MPOS Firmen profitieren von der Differenz zwischen ihrem Vertrag mit dem Händler und dem Vertrag mit dem Acquirer. Dafür schenken Sie dem Kunden eine APP und einen Leser und hoffen, dass dieser ordentlich Umsatz macht.

Dies ist ebenfalls im Sinne der Acquirer, da nun alle Kleinkunden bedient werden, die bis anhin keine Kreditkarten annehmen durften weil ihre Umsätze zu tief waren. Somit bündelt ein Facilitator die Umsätze der Kleinstkunden und reicht diese gesammelt ein.

Für die Händler sieht das neue Geschäftsmodell wie folgt aus: schneller Setup, keine Kosten für die Hardware, dafür hohe Kommissionen bei der Transaktionen. Kein schlechtes Modell für die MPOS Firmen wenn es ihnen gelingt die Hardware-Kosten tief zu halten und dabei grosse Umsätze zu verarbeiten.

So weit so gut. Es gibt sicher tausende Kleinstfirmen die noch keine Kreditkarten akzeptieren und somit akquiriert werden können. Aber ob diese Firmen hohe Umsätze machen?

Wie sieht die Zukunft von MPOS aus?

VISA und MC haben reagiert. Hierbei stehen sie in einer Zwickmühle. Den „normalen“ Händlern schreiben sie vor ein PCI-zertifiziertes Terminal, welches alle Kartentechnologien (NFC, Chip, Magnetstreifen) verarbeiten kann, vor. Den mobilen Händlern erlauben sie aber Transaktionen mit Magnetstreifen und Mobiltelefon abzuwickeln. Dies ist nicht sehr Durchgängig was Sicherheit und Gleichberechtigung der Händler betrifft. Daher machen es VISA und Mastercard in Europa mittlerweile zur Vorschrift, dass der MPOS Leser ein Chip und PIN Leser sein muss. Und dies stellt das MPOS Business-Modell stark in Frage. Die Hardware (CHIP und PIN Leser) ist teuer und kann nicht einfach verschenkt werden. Ebenfalls haben die Kartenorganisationen definiert, dass ein Facilitator einen Händler mit über 100‘000 Dollar Umsatz an die Acquirer abgetreten werden muss. Somit sind die Bedingungen günstige Hardware bei hohem Umsatz nicht mehr gegeben. Jetzt heisst es: hohe Hardware-Kosten bei kleinen Umsätzen. Ich denke es wird schwierig mit den etablierten MPOS Modell Geld zu verdienen.

Neben den MPOS Terminals gibt es auch noch die „normalen mobilen EFTPOS Terminals“. Diese sind teuer, aber für jeden Händler der mehr als 100‘000 Euro Umsatz mit Kreditkarten macht, ist es günstiger ein Terminal zu kaufen da er von tieferen Kommissionen profitieren kann.


* Daniel Eckstein ist CEO der Abrantix AG Zürich. Der Beitrag ist zuerst im Blog der Abrantix AG erschienen und basiert auf einem Vortrag auf dem Swiss Payment Forum. Der Crosspost erfolgt mit Genehmigung von Daniel Eckstein.

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