Verändert die Anlagenot der Investoren das Risk Management?

by Udo Stähler on 24. Juni 2014

Die Anlagenot wird auch bei Versicherungen zum Bestandteil der Kalkulation eines möglichen Verlustes. Doch senken niedrige Zinsen den expected loss? Müssen die Risk Manager jetzt EL = EAD * LGD * PD mit dem reziproken Zinssatz multiplizieren? Welche neuen Risiken entstehen bei Immobilien-Investments? Während die Allianz noch in ein Einkaufszentrum an Düsseldorfs Kö investiert, haben die übrigen Versicherungen schon erkannt, dass B-Lagen keine opportunistischen Investments sind.

 

Die deutsche Assekuranz sieht für das Jahr 2014 ein hohes Potenzial in den B-Standorten, wo aufgrund attraktiver Renditen und eines knapp und teuer werdenden Angebots an Core-Immobilien in den Metropolregionen die Chancen die Risiken überbieten. So stellt es nüchtern eine Befragung der Versicherungsunternehmen durch Ernst & Young fest; ausgewertet im neuen Trendbarometer Immobilienanlagen der Assekuranz 2014.

Bereits im letzten Jahr war dieser Trend in B-Lagen deutlich zu erkennen. Zentrale Aussagen waren 2013, dass „Immobilieninvestments in B-Lagen … verstärkt nachgefragt (werden)“ und 2013 „die Risikobereitschaft … wieder leicht zu(nimmt).“ Der damaligen Befürchtung einiger Beobachter, dass 2014 eine Blase drohe, haben die Versicherungen insofern Rechnung getragen, als ihre Risikobereitschaft zurückgegangen ist: „Im Vorjahr konnten wir noch einen Anstieg der Risikobereitschaft feststellen. In diesem Jahr zeigt sich ein gegenteiliges Bild. Die Sicherheit steht im Vordergrund, dafür nehmen die Befragten auch niedrigere Renditen in Kauf“, resümiert Dietmar Fischer von EY. Dennoch stelle ich am Markt allgemein eine erhöhte Risikobereitschaft 2014 und das vermehrte Auftreten opportunistischer Investoren fest. Ganz zu schweigen von dem Kauf eines US-Immobilien- Portfolios der FSM Wertmanagement (Hypo Real Estate) durch die Deutsche Bank; die Kapitalerhöhung für das Investment-Banking lässt grüßen.

Auch im Jahr 2014 bleibt das Interesse der von EY befragten Unternehmen an Core-Objekten hoch. Wie im Vorjahr wollen rund 90 Prozent in diese Risikoklasse investieren; ja, wollen… . Doch wer nicht kann, was er will, muss wollen, was er kann, wie schon Leonardo da Vinci im 15. Jahrhundert wusste. Entsprechend der in den Vordergrund gerückten strengeren Risikobewertung wurde die Portfoliostrategie geändert, d.h. das Interesse an Value-Added-Investitionen (42 Prozent, 2013: 45 Prozent) sowie opportunistischen Investments mit 4 Prozent nach 18 Prozent (!) 2013 ging deutlich zurück. Doch das geänderte Chance/Risikoprofil der Lagen öffnete neue Investitionsmöglichkeiten, die den Risikoabbau durch die veränderte Portfoliostrategie relativieren. Aufgrund eines knappen Angebots in Core-Lagen, verbunden mit einer im Durchschnitt auf 7 Prozent gestiegenen Immobilienquote, tendiert die Assekuranz letztlich weiterhin zu risikoreicheren Immobilieninvestitionen.

Als der Gesamtverband der deutschen Versicherungswirtschaft Mitte 2008 noch kühn erklärte, dass die „Deutsche Versicherungsunternehmen … von der Finanzkrise wenig betroffen“ und die „Versicherungen für Zukunft gut gerüstet (Solvency II, IFRS 2)“ seien, ahnte dort noch niemand, dass die Zinsschraube den Mund des Risk Managers verschließen werde. Doch ein Satz aus Krise, welche Krise? –Auswirkungen der Finanzkrise auf die Versicherungsbranche darf nicht unterschlagen werden, um die Weitsicht des Verbandes vollständigen wiederzugeben: Aus riskanten Geschäften lassen sich hohe Renditen erzielen.

Die von EY bei den Versicherungen in 2014 gegenüber 2013 festgestellte zurückgehende Risikobereitschaft ist selbst wieder nur eine Reaktion darauf, dass EY im Trendbarometer Immobilien-Investmentmarkt Deutschland 2014festgestellt hat: Fast alle Befragten schätzen Deutschland immer noch als sehr attraktiven Investmentstandort ein. Da können sie dann die Added Value und opportunistischen Investments wieder den angelsächsisch minded Investoren überlassen.

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Udo Stähler ist Diplom Volkswirt und Interim Manager. Er war über 25 Jahre in leitenden Funktionen im Firmen- und gewerblichen Immobilienkundengeschäft von Bankkonzernen tätig.

 

 

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