Ich finde es weiterhin hoch spannend, den Strukturwandel im Banking auf der Mikroebene zu betrachten. Während sich auf der Makroebene Regierungen, Zentralbanken und Regulatoren weiter ernsthafte Sorgen über die Stabilität des Finanzsektors machen, hat die Praxis längst den Veränderungsturbo eingeschaltet. Allein die täglich veröffentlichten Meldungen über neue und verbesserte Produkte, Unternehmensgründungen und neue Beteiligungen sind so umfangreich geworden, dass ich es längst aufgegeben habe, meine Blogseiten zum Digital Finance regelmäßig zu aktualisieren, geschweige denn jeweils zu kommentieren.
Die vergangene Woche rückte aber andere Spieler in der Vordergrund, die sich sonst eher im Hintergrund aufhalten: Die Beteiligungsgesellschaften. Bekannt ist ja, dass viele Start-ups sich ihre finanzielle Grundausstattung und Wachstumsfinanzierung von Inkubatoren und anderen Beteiligungsgesellschaften holen. Daneben gibt es aktive Gesellschaften, wie Rocket Internet oder Centralway, die das Segment der Financial Technology (FinTech) aktiv betreiben.
1. Rocket Internet
Die Berliner Zeitung berichtete letzte Woche über angeblich “streng vertrauliche Dokumente”, die zeigen sollen, dass Rocket Internet an Plänen einer Bank arbeitet:
“Die Planungen für die Samwer-Bank waren bereits sehr weit vorangetrieben. Die ersten Führungskräfte waren bereits rekrutiert, es gab auch einen ausgefeilten Zeitplan, wie ein Markt nach dem nächsten erobert werden sollte. … Die Technik für das Bankkonglomerat der Samwers sollte ebenso wie das rechtliche Know-how aus Berlin kommen.”
In letzter Sekunde sollen aber die Samwers die Pläne gestoppt haben. Ein zentraler Grund laut Berliner Zeitung:
“Es fehlte an erfahrenem Führungspersonal für den für Rocket neuen Geschäftsbereich. Hinzu kam das hochkompetitive Marktumfeld.”
Aber selbst wenn die Pläne erst einmal auf Eis gelegt sein sollen, arbeiten die Samwers bekanntlich am Erfolg von FinTechs wie Lendico und Zencap. Ob man das eines Tages zu einer Bank zusammenfügt, ist heute eigentlich nicht so wichtig.
2. Centralway
Spannend finde ich den Ansatz von Centralway. Der bisher nur in Fachkreisen bekannte Schweizer Inkubator für FinTech-Unternehmen ist laut Vorabmeldung des Magazin Capitals in einem Gespräch mit Meike Schreiber für Capital aus der Deckung gekommen. Der Gründer Martin Saidler hat in dem Gespräch eröffnet, dass der Schweizer Investor eine eigene Banklizenz an. „Wir werden eine europäische Banklizenz beantragen will und so “voll reguliert sein“ soll. Eigene Bankprodukte wolle der Investor nicht anbieten. „Das Bankgeschäft teilt sich künftig auf in Anbieter wie Centralway, die Kundenbeziehungen managen, und die Banken, die abwickeln. Wir sehen die Banken eher in einer Rolle wie die Stromkonzerne, die die Grundversorgung sicherstellen“, zitiert Capital Martin Saidler.
Offen lässt die Meldung für welche Geschäfte und in welchem Land die Lizenz beantragt werden soll. Es gibt ja bekanntlich nicht eine Lizenz, die alle Arten von Bankgeschäften erlaubt, sondern nur Genehmigungen für einzelne Bankgeschäfte. Und diese Liste ist sehr lang (siehe zu Einzelheiten “Merkblatt über die Erteilung einer Erlaubnis zu m Betreiben von Bankgeschäften”, Stand August 2014).
Aber um in Deutschland Bankgeschäfte zu betreiben, muss man sich nicht zwingend eine Lizenz in Deutschland besorgen. Es reicht die Genehmigung eines EU-Landes. Bankinstitute in der EU können ohne erneute Zulassung in Form der Niederlassung oder Repräsentanz tätig werden (vgl. § 53b KWG Unternehmen mit Sitz in einem anderen Staat des Europäischen Wirtschaftsraums) bzw. Ihre Dienstleistungen ohne erneute Zulassung im EWR anbieten (Europäischer Pass). Es gibt mittlerweile Dienstleister, die Gründer dabei unterstützen.
Das Venture-Unternehmen Centralway finanziert übrigens Numbrs, die wie figo eine App bietet, die Umsatzdaten verschiedener Bankkonten zusammenfasst und den Zahlungsverkehr erleichtert. Ich denke, auf Centralway sollte man in jedem Fall achten. Nach Angaben auf der eigenen Webseite hat es einige Investments gemeinsam mit Google Ventures und der US-Bank J.P. Morgan gemacht. Centralway war auch an dem nach meiner Auffassung bisher erfolgreichsten FinTech-Start-up beteiligt: Lending Club.
3. Dieter von Holtzbrinck Ventures
Während Rocket Internet und Centralway über Banklizenzen nachdenken, macht es DvH Ventures erst einmal eine Nummer kleiner. Die Beteiligungsgesellschaft der DvH Medien (Verlagsgruppe Handelsblatt, Tagesspiegel Gruppe und Die ZEIT Verlagsgruppe), investiert gemeinsam mit zwei Family Offices in das Kölner Unternehmen moneymeets. moneymeets ist eine Vermögensmanagement-Plattform, die ihren Nutzern hilft, ihre privaten Finanzentscheidungen zu verbessern. Kunden erhalten über das Portal eine konsolidierte Übersicht ihrer Vermögenssituation und profitieren von reduzierten Kosten für ihre Finanzgeschäfte. moneymeets macht schon jetzt die bisher verdeckten Provisionen für Investmentfonds transparent und will dieses Modell in Kürze auf Versicherungsverträge ausweiten, verriet mir Johannes Cremer (siehe dazu meine Kolumne für das Wall Street Journal “Erwürgt die Regulierung den Bankenwandel?”). Weitere Infos zum Einstieg von DvH Ventures finden Sie im moneymeets-BLOG, sowie
Aber hier geht es nicht um moneymeets, sondern um DvH Ventures. Das Unternehmen sucht nach eigenen Angaben nach innovativen Geschäftsmodellen für die Finanzindustrie. DvH Ventures hat bereits eine Beteiligung an Compeon, eine Ausschreibungsplattform für Bankprodukte und ist an Wikifolio beteiligt (siehe auch Portfolio DvH Ventures). Auf seiner Profilseite verrät das Unternehmen:
“Dabei wecken Innovationen im Umfeld der Finanztechnologie (Mobile Payments und Banking, Personal Finance, Crowdsourcing, Peer-to-peer lending etc.) ebenso unsere Neugier wie disruptive Ideen in den verlagsnahen Themenfelder Versicherung und Vorsorge, Aus- und Weiterbildung, Kunst und Kultur, Immobilien, Jobs und andere mehr.”
Diese Ankündigung lässt den Schluss zu, dass man hier auf weitere Beteiligungen im FinTech-Umfeld gespannt sein darf.
zu 1.) RI: Pläne für eine eigene Bank liegen auf Eis, das heisst nicht, dass nicht eine zugekauft würde…evtl. über einen gemeinsamen Beteiligungspool mit United Internet. Heißestes Ziel: Fidor Bank AG (ISIN: DE000A0MKYF1)
zu 2.) Centralway hat sich gerade mächtig (ca. 27%) bei B+S Banksysteme AG (München; ISIN: DE0001262152) eingekauft – vermutlich wegen der angestrebten Banklizenz…
B+S Banksysteme AG ist ein Anbieter für Bankingsoftware. M.W. haben die keine Erlaubnis zum Betreiben von Bankgeschäften und benötigen diese auch nicht.
Hier fehlt alles rund um Bitcoin und Cryptoequity…
Wieso fehlt das hier? Dieser Beitrag hat gar nicht den Anspruch alle Beteiligungsgesellschaften und alle Aktivitäten für alle Produkte abzudecken. Dann müsste ich ja hier ein Buch schreiben ;-). Ich freue mich ja über jeden Hinweis, aber dann bräuchte ich es schon etwas konkreter.
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