Der Katalysator oder: Wie ich lernte, die Veränderungen zu lieben

by Gastbeitrag on 23. September 2014

Gastbeitrag von Spiros Margaris*

Jede Bank oder Unternehmen sollte einen „Innovations-Katalysator“ einbeziehen, der Aufsichtsrat (in der Schweiz der Verwaltungsrat) und Vorstand (in der Schweiz die Geschäftsleitung) zur Seite steht, mit Fragen herausfordert und auch Lösungsansätze aufzeigt.

So kann die Zukunft des Geschäftsmodells eines Unternehmens dann effektiv hinterfragt und gegebenenfalls eine zeitgemäßere Unternehmenspolitik eingeleitet werden.

Auch die Investoren werden das Aufzeigen neuer Wege und Lösungsansätze schätzen, weil diese dazu beitragen, langfristig und nachhaltig den Unternehmenswert zu steigern.

Der Katalysator muss kreativ, innovativ, spezialisiert, flexibel und lösungsorientiert sein und diesbezügliche Kompetenzen einbringen, wenn er kritisch Geschäftsmodelle auf höchster Instanz – Aufsichtsrat und Vorstand – hinterfragt.

Sein Leistungsausweis und seine Expertise bestätigen und unterstreichen die erwähnten wichtigen Eigenschaften. Dass ein branchenerfahrener Experte einbezogen wird, ist von Vorteil, aber nicht zwingend erforderlich.

Mit dem Katalysator wird eine moderne Unternehmenskultur gefördert, bei der keine Frage tabu sein sollte und eine Vision eines Neubeginns gestattet ist.

Dies ist vor allem dann der Fall, wenn der Katalysator viele non-lineare Erfahrungen mitbringt, da sich dadurch auch die Chancen für nicht konventionelle Lösungen und Ideen automatisch erhöhen.

Wenn nur lineare Erfahrungen eingebracht werden, ist es schwierig, aus dem Dilemma des linearen Lösungsansatzes zu entfliehen, mit anderen Worten: ein Hufschmied wird alle Probleme mit Hammer und Amboss lösen wollen und ein Programmierer mit einem Programm. Stattdessen sollte gemäß diesem Bildnis ein Programmierer auch einmal einen Hammer benutzt haben und vor allem in seiner Problemlösungsfindung auch berücksichtigen.

Alle grossen Unternehmen wenden eine Corporate Governance (Grundsätze der Unternehmensführung) an, die vereinfacht als Leitungs- und Überwachungs-Grundsätze eines Unternehmens zu verstehen sind.

Dazu gehört auch, dass ein Unternehmen ständig bestrebt sein muss, Mehrwert für alle Beteiligten – Kunden, Unternehmen, Mitarbeiter und Aktionäre – zu erzeugen und somit die Zukunft des Unternehmens nachhaltig zu sichern.

Die Qualität der Corporate Governance wird durch den Katalysator wegen seiner Unabhängigkeit und Rolle des Hinterfragens noch qualitativ gestärkt, ein weiterer Vorteil des Hinzuziehens eines Katalysators.

Die grossen Herausforderungen, die aus dem starken globalen Wettbewerb und den sich ständig verändernden regulatorischen Gesetzgebungen entstehen, gehen oft weit über den traditionellen Verantwortungsbereich und das fachliche Wissen des Aufsichtsrats und des Vorstandes einer Bank (oder eines Unternehmens) hinaus.

Genau hier können der Katalysator oder auch ein Beirat (Advisory Board) für Banken und Unternehmen höhere Erwartungen erfüllen.

Man darf aber die beiden Institutionen – Katalysator und Beirat – nicht mit einer üblicherweise eingesetzten klassischen Beratungsfirma wie z.B. McKinsey oder Bain verwechseln, da deren Rolle nicht die eines unabhängigen Innovations-Katalysators ist. Dass Beratungsfirmen nicht unbedingt die besten Innovatoren sind, darauf weist auch Duff McDonald in seinem Buch „The Firm“ hin.

Sylvia Hahn, Advisory Board Spezialistin und Präsidentin von sY-co Business Services, beschreibt den Beirat und dessen Aufgabe: „Ein Beirat (Advisory Board) besteht in der Regel aus mehreren unabhängigen Experten, die ein Unternehmen zu strategisch relevanten Fragestellungen beraten. So erhält das Unternehmen fachlich fundierte Empfehlungen, wobei die Entscheidungsgewalt beim Unternehmen bleibt.“

Es gibt klare Vorzüge für die jeweiligen Ansätze – Katalysator oder Beirat – bei der Unterstützung eines Aufsichtsrats und Vorstands.

Die entscheidenden Vorteile des Katalysators sind die größere Kraft und Effizienz der schnellen Entscheidungsfindung, weil nur ein Experte und nicht wie im Beirat eine Gruppe von Experten involviert ist, bei gleichzeitig grösserer Kosteneffizienz.

Im Unterschied zur klassischen Funktion eines Beirats zeigt der Katalysator aber nicht nur Lösungsansätze auf, sondern trägt auch zu deren Umsetzung bei.

Es ist zu betonen, dass die Aufgabe des Katalysators und des Beirats auch darin besteht, unangenehme Fragen an den Aufsichtsrats und Vorstand zu stellen.

Oft wird die sich stellende Schlüsselfrage sein, wieso die Kunden zu dieser Bank oder diesem Unternehmen und nicht zur Konkurrenz gehen sollen.

Es gibt vereinfachend nur zwei Ausrichtungen des Geschäftsmodells für den Katalysator und damit wird auch aufgezeigt, wo die Zukunft des Unternehmens liegt.

Der Katalysator wird folglich mit seinen Fragen herausfinden müssen, ob die Bank etwa das „Massen-Geschäftsmodell“ oder das „Vorsprungs-Geschäftsmodell“ verfolgt oder beides.

Beim Massen-Geschäftsmodell ist die gebotene Leistung meistens nur gut durchschnittlich. Dann lässt sich dies nur weiterhin verantworten, wenn über die Skaleneffekte (Economies of Scales) die Masse ausreicht, um damit noch gut Geld zu verdienen. Es ist ein Weg, der auch viel Können und Effizienz voraussetzt, weil mit wenig Vorsprung zur Konkurrenz viel herauszuholen ist.

Das Vorsprungs-Geschäftsmodell ist durch den Wettbewerbsvorsprung in Form von herausragenden Leistungen gegenüber der Konkurrenz geprägt. Die hierfür zuständigen Geschäftsbereiche sind oft noch relativ klein innerhalb der Organisationsstruktur und noch sehr unternehmerisch denkend und handelnd. Hier wird wahrscheinlich eher die Frage gestellt, wie können wir uns an der Spitze halten und vielleicht unseren Vorsprung noch erweitern.

Die Innovation ist in beiden Fällen – Masse oder Vorsprung – gefragt, aber beim Vorsprung von herausragender Bedeutung.

Innovation in Verbindung mit Vorschlägen zur Neuausrichtung und zur Veränderungen können von einer Person oder einer sehr kleinen Gruppe kommen, und die Umsetzung kann dann mit einer anderen, unter Umständen größeren Gruppe z.B. durch ein verantwortliches internes Team, oder mit einem externen beigezogenen Projektleiter erfolgen.

Der Vorstand muss sich zuerst die Frage stellen, ob er mit der Masse oder Vorsprung Geld verdienen will oder sogar mit beiden. Mit einer neuen Ausrichtung kommt die Katharsis (Bereinigung) in Gestalt einer Umstrukturierung.

Der Katalysator strebt dann immer eine neue Positionierung und eine Anpassung an Geschäftsmodelle und Visionen an, die sogar neue Stellen schaffen können und zukunftsorientierter sind.

Bei vielen Unternehmen ist der Stellenabbau im Zuge der Effizienzsteigerung das Resultat der Vernachlässigung neuer Wege, eine weniger wünschenswertere Alternative.

Es ist ein Trugschluss zu glauben, dass Innovationen und Umsetzung aus der gleichen Quelle bzw. den gleichen Gruppierungen kommen müssen. Diese sollten aber vorzugshalber zusammenarbeiten, um die Chancen eines Erfolgs zu erhöhen.

Der Katalysator und das Umsetzungsteam profitieren gegenseitig von der Denkweise und Vorgehensweise des anderen und dadurch erhöhen sich auch automatisch die Chancen auf Erfolg.

Eins und eins macht hier drei.

„Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile.“

– Aristoteles


* Spiros Margaris ist Gründer und Geschäftsführer der Beratungsboutique MARGARIS ADVISORY. Er besitzt einen MBA von der Toronto University & EMBA der Universität St. Gallen (HSG) sowie über 20 Jahre internationale Berufserfahrung im Investment Management für institutionelle Kunden, Family Offices und HNWIs. Er veröffentlicht regelmäßig Beiträge zu innovativen Lösungen und Strategien. www.MargarisAdvisory.com

Der Beitrag ist zunächst auf der Webseite von Spiros Margaris erschienen. Der Crosspost hier erfolgt mit seiner Zustimmung.

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