Next Payment: Aktuelle Entwicklungen bei kartengestützten Bezahlverfahren (Teil 1)

by Gastbeitrag on 14. Januar 2015

Gastbeitrag vonTorben Bayer und Dennis Feil*

1 Einleitung

Das Thema Zahlungsverkehr ist in Deutschland eng mit dem Begriff Bargeld verknüpft. Georg Fah­renschon, Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes, stellte hierzu in seiner Rede zum Bargeldsymposium im Oktober 2012 fest: „Deutschland ist ein Bargeldland“. Untermauern lässt sich die Aussage durch Zahlen der Bundesbank. Demnach erfolgten, gemessen am Umsatz, etwa 53 % der Zahlungen durch Bargeld. Im Hinblick auf die Historie und angesichts dem zuneh­menden Erfolg von unbaren Zahlungsinstrumenten sollte die Aussage jedoch um ein „noch“ ergänzt werden. Verglichen mit dem Jahr 1995 haben sich die Zahlungen mit Bargeld um etwa 27 Prozent­punkte verringert. Im Vergleich zum Jahr 2008 um fünf Prozentpunkte. Der unbare Zahlungsver­kehr befindet sich somit in einer dynamischen Entwicklung.

Im Laufe der Zeit entwickelten und entwickeln sich Zahlungsmittel immer weiter und machen so deren physischen Transport entbehrlich. Dies hat zur Folge, dass Kosten und Gefahren reduziert werden konnten. Neben den bereits etablierten Verfahren der Kartenzahlung, erlauben technische Entwicklungen auch eine zunehmende Zahl weiterer unbarer Zahlungsmöglichkeiten. Zu diesen ge­hört beispielsweise das Zahlen per Mobiltelefon. Es könnte ein bedeutendes Zahlungsinstrument werden und gilt als Weiterentwicklung des kartenbasierten Zahlungsverkehrs.

Diese Arbeit beschäftigt sich mit den kartengestützten Bezahlverfahren. Es handelt sich dabei um Zahlungen mittels Giro- und Bankkarten, sowie per Kreditkarte. Zahlungen die durch ein Mobiltele­fon erfolgen, gehören nicht zu den traditionellen Methoden und werden in dieser Arbeit nicht als kartengestützte Bezahlverfahren verstanden. Das Thema Mobile Banking, zu dem das Zahlen per Mobiltelefon gehört, wird dennoch innerhalb der Arbeit in zweierlei Punkten in Erscheinung treten. Zum einen im Hinblick auf die zukünftige Entwicklung von kartengestützten Bezahlverfahren und zum anderen auf mögliche Substitutionseffekte. Die Behandlung des Themas ist zwingend notwen­dig, da das Mobile Banking elementare Auswirkungen auf zukünftige kartengestützte Bezahlverfah­ren haben könnte. Die Auswirkungen können schon bei den aktuellen Entwicklungen von kartenge­stützten Bezahlverfahren beobachtet werden. Der Trend zu kontaktlosen Zahlungen bestimmt nicht nur das Mobile Payment, sondern auch die Entwicklung bei kartengestützten Bezahlverfahren.

Wie wichtig der Trend zum kontaktlosen Bezahlen ist, zeigt eine Umfrage unter Händlern aus dem Jahr 2011. Hier gehen 77 % der Händler davon aus, dass kontaktloses Bezahlen den Umsatz von Bargeld mittel- bis langfristig übersteigt.

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Abbildung 1: Wann wird kontaktloses Bezahlen den Umsatz dominieren

Ziel dieser Arbeit ist es, die kontaktlosen Zahlungsmöglichkeiten, als Bestandteil von kartengestütz­ten Bezahlverfahren zu thematisieren. Weiterhin wird die momentane Marktlage von kartengestütz­ten Bezahlverfahren dargestellt. Darüber hinaus erfolgt eine Analyse zu den aktuellen Entwicklun­gen. Im Vordergrund steht hier vor allem das kontaktlose Zahlen mit der Karte. Mit Blick auf die technische Umsetzung und die Sicherheitsaspekte werden anschließend die künftigen Entwicklungs­chancen der kartengestützten Bezahlverfahren eingeschätzt.

 

2 Kartengestützte Bezahlverfahren im Zahlungsverkehr

 

2.1 Zahlungsmittel und Zahlungsvorgänge

Unter Zahlungsverkehr werden alle Zahlungsvorgänge, sprich Übertragungen von Zahlungsmitteln verstanden. Zahlungsmittel lassen sich im Allgemeinen als Tauschmittel definieren. Dadurch wird der Austausch von Gütern sehr vereinfacht, weil Zahlungsmittel an die Stelle des Gegenwertes tre­ten. Innerhalb einer Volkswirtschaft sind funktionierende Zahlungsverkehrssysteme eine sehr wichtige Voraussetzung. Sie haben sich historisch gesehen von der Tauschwirtschaft über Geldwirt­schaft bis hin zur Kreditwirtschaft entwickelt. Die Zahlungsmittel können in vier Arten unterteilt werden.

  1. Bargeld besteht aus Banknoten und Münzgeld. Es ist gesetzliches Zahlungsmittel und unterliegt einem Annahmezwang durch den Zahlungsempfänger.
  2. Buchgeld (auch Giralgeld) genannt; hierzu werden die Sichteinlagen gezählt. Dazu gehören zudem eingeräumte aber nicht ausgenutzte Kreditlinien auf Zahlungsverkehrskonten. In einer Art Kreislauf wird Giralgeld von Konto zu Konto transferiert.
  3. Elektronisches Geld (E-Geld) kann als elektronischer Ersatz für Bargeld betrachtet werden, das auf einer Chipkarte gespeichert wird. Es handelt sich dabei um vorausbezahlte Geldeinheiten. Wird Guthaben auf einer Chipkarte gespeichert, spricht man von sogenann­tem Kartengeld.
  4. Geldsurrogate können als Ersatzgeld angesehen werden. Dies sind unter anderem der Wechsel und der Scheck.

 

Das Bargeld gehört, wie bereits am Namen erkennbar, zu den baren Zahlungsmitteln. Alle anderen zählen zu den unbaren Zahlungsmitteln. In den letzten Jahren haben Zahlungen mit unbaren Zahlungsmitteln eine deutliche Steigerung erfahren. Diese wesentlichen Veränderungen im Zahlungsverhalten werden insbesondere durch technische Entwicklungen beeinflusst. Entsprechend sind die meisten Innovationen im Bereich des unbaren Zahlungsverkehrs angesiedelt. Die vielen neuartigen Verfahren stellen jedoch eher eine Konkurrenz zu anderen unbaren Verfahren, als zu Bargeldzahlungen, dar.

2.2 Kartenzahlungsarten

Zahlungen unter Einbezug von Karten gehören zu den unbaren Zahlungsmitteln. Abhängig von der Kartenart erfolgt die Zahlung mit Buchgeld oder mit E-Geld. Kartengestützte Zahlungen können folgendermaßen untergliedert werden:

  • Bankkartenzahlungen
  • Chipkartenzahlungen
  • Kreditkartenzahlungen
  • Prepaidkartenzahlungen

 

Bankkarten bzw. Debitkarten werden von Banken zur Verfügung gestellt. Sie haben zwei Hauptfunktionen. Zum einen dienen sie zur Beschaffung von Bargeld an Automaten und zum anderen zur bargeldlosen Zahlung an elektronischen Point of Sale-Kassen (POS-Kassen). Mit die­sen Karten können grenzüberschreitend Debitkartenumsätze getätigt werden. Zudem können sie für weitere Serviceleistungen und Zusatzanwendungen, wie beispielsweise Kontoauszugsdrucker oder zum Aufladen von Prepaid-Handy-Konten genutzt werden. Die Bankkarte ist an das jeweils hinterlegte Konto gebunden. Je nach Einsatz ist die Eingabe einer persönlichen Geheimzahl (PIN) zur Identifizierung notwendig. Die Bankkarte eignet sich momentan eher weniger für Zahlungen im Ausland, da international unterschiedliche Kartensysteme bestehen.

Chipkarten sind Karten, die anstelle eines Magnetstreifens einen Chip enthalten. Sie können in Geld-, Bank-, Kredit- und in Wertkarten unterschieden werden.] Der Chip auf der Karte kann durch Bargeldzahlungen oder Kontoübertragung „aufgeladen“ werden. Die Aufladung erfolgt dabei vor dem Zahlungsvorgang, weswegen die Chipkarte eine vorausbezahlte Zahlungskarte ist. Der Einsatz von Chipkarten kann als Bargeldersatz erfolgen und dient vor allem als elektronische Geldbörse.

Kreditkarten werden von Kreditkartengesellschaften, Kreditinstituten sowie Nichtbanken im Rahmen von Co-Branding-Verträgen bereitgestellt. Zahlungen per Kreditkarte sind bei allen Vertragspartnern der jeweiligen Kartengesellschaft möglich. Jedoch bieten auf Grund der hohen Transaktionskosten nicht alle Händler ihren Kunden die Möglichkeit per Kreditkarte zu zahlen. Die Hauptfunktionen der Kreditkarte entsprechen denen der Bankkarte, mit dem Unterschied, dass bei Bargeldbeschaffungen durch die Kreditkarte nicht unerhebliche Gebühren anfallen können. Genauso wie bei der Bankkarte, kann die Kreditkarte mit Zusatzfunktionen ausgestattet werden. Abhängig von der Abrechnungsart können Kreditkarten in Charge-Karten, Credit-Karten und Debit-Karten untergliedert werden. In Abbildung 2 ist die Untergliederung der Kreditkarten in Charge-, Credit- und Debit-Karten zu sehen. Hier werden die Eigenschaften der einzelnen Abrechnungsarten und der damit einhergehenden Unterscheidung dargestellt.

Charge-Karten:

  • Verfügungsrahmen für Kartenumsätze
  • Die Kartenumsätze werden auf einem Kartenkonto gesammelt
  • Das Kartenkonto wird monatlich abgerechnet
  • Der Abrechnungsbeleg wir per Lastschrift eingezogen
  • Bis zur Belastung werden keine Zinsen berechnet

Credit-Karten:

  • Kreditrahmen für Kartenumsätze
  • Die Kartenumsätze werden auf einem Kartenkonto gesammelt
  • Das Kartenkonto wird monatlich abgerechnet
  • Rückzahlung in einer Summe oder in Raten
  • Bei Ratenzahlungen sind Zinsen zu zahlen

Debit-Karten:

  • Die Kartenumsätze werden Tag genau erfasst
  • Das Kartenkonto wird monatlich abgerechnet
  • Rückzahlung in einer Summe oder in Raten
  • Die Zinsen werden Tag genau berechnet

Abbildung 2: Kreditkarten nach Abrechnungssystem

Prepaidkarten sind Karten, die nur auf Guthaben-Basis geführt werden. Daher sind sie bereits für junge Leute unter 18 Jahren geeignet. Der Verfügungsrahmen der Karte ist auf den Betrag be­schränkt, der zuvor auf das Kartenkonto eingezahlt wurde. Aufgeladen wird die Prepaidkarte durch Überweisung, Dauerauftrag oder Bargeldeinzahlungen. Übersteigt bei einer Zahlung die Transakti­onssumme das Kartenguthaben, wird die Zahlung nicht genehmigt. Prepaidkarten werden ebenso wie Kreditkarten weltweit akzeptiert.

Die Kartenzahlungssysteme werden üblicherweise als Vier-Parteien-Modell bezeichnet. Grund dafür sind die vier beteiligten Parteien:

  • Issuer sind Banken, die Zahlungskarten emittieren. Sie führen die Kontenabbuchung durch und leiten die Zahlung an den Acquirer weiter.
  • Acquirer sind Unternehmen, die Händler als Vertragspartner akquirieren und Akzeptanzverträge abschließen. Sie stellen den Händlern die Technologie zur Verfügung und rechnen die Zahlungsbeträge ab.
  • Kunden sind Karteninhaber, die bei Käufen die Karte als Zahlungsmittel einsetzen.
  • Händler sind Personen oder Firmen, die Waren oder Dienstleistungen anbieten. Sie können entscheiden, ob sie Kartenzahlungen als Zahlungsmittel annehmen.

Möglich ist auch ein Drei-Parteien-Modell. Hierbei sind Issuer und Acquirer die gleiche Person. Dies ist dann der Fall, wenn Händler und Karteninhaber ihr Konto bei der gleichen Bank unterhalten.

Die Kosten, die beim Einsatz von Karten entstehen, zahlen hauptsächlich die Händler. Alle karten­basierten Zahlungsarten bringen für den Händler zusätzliche Mehrkosten, wie beispielsweise für die Hardware in Form von Terminals. Ebenso ist die Anbindung der Kassen- und IT-Systeme mit einem finanziellen Aufwand verbunden. Für jeden Händler gilt es die Wünsche und Bedürfnisse seiner Kunden zu kennen, um sich für eine Zahlungsart entscheiden zu können. Dabei sollten die damit verbundenen Kosten und Risiken beachtet und abgewogen werden.

Von der Akzeptanz der Händler hängt zum Teil die Implementierung des neuen Trends bei Karten­zahlungen zum kontaktlosen Bezahlen ab. Für letzteres gibt es in Deutschland drei verschiedene Verfahren:

  • Girogo
  • MasterCard paypass
  • Visa payWave

Während MasterCard® paypass und Visa payWave für Kreditkarten ausgelegt sind, handelt es sich bei girogo um ein System für Giro- und Bankkarten.

2.3 Einordnung von Kartenzahlungen

Früher fanden Zahlungen mit der Karte vornehmlich am POS und somit offline statt. Durch die technische Entwicklung und dem Aufkommen von Kartenzahlungen im Internet, wurden Karten ein Bestandteil des in den 1990er Jahren aufkommenden E-Commerce.

Das Wort E-Commerce steht für Electronic Commerce oder auf Deutsch übersetzt für elektronischen Handel. Darunter wird generell der Handel über das Internet verstanden. Neben dem Kauf und Ver­kauf von Waren zählen auch Dienstleistungen, die über das Internet bereitgestellt werden zu E­Commerce. Im Bereich des Zahlungsverkehrs ist das Online-Banking dem E-Commerce zuzurech­nen. Das Online-Banking stellt für die Verbreitung des E-Commerce einen wichtigen Faktor dar. Zur besseren Übersicht wird der Zusammenhang der verschiedenen Zahlungsarten in Abbildung 3 aufgezeigt.

 

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Abbildung 3: Zusammenhänge von Zahlungsarten

Durch kontaktlose Zahlverfahren sind Kartenzahlungen nicht mehr nur Bestandteil des E­Commerce, sondern auch des M-Commerce,  welches ein Teilaspekt des E-Commerce darstellt. Unter M-Commerce wird typischer Weise die Abwicklung von Geschäftstransaktionen mithilfe mobi­ler Endgeräte verstanden. M-Commerce, ist die Kurzform für Mobile-Commerce und kann auch über die gerade genannte Definition hinausgehen. Denn der Austausch von Daten ist erst dann mo­bil, wenn die Übertragung drahtlos erfolgt. Eine drahtlose Übertragung muss nicht zwangsläufig über das Internet erfolgen. Auch Datenübertragungen via Bluetooth oder NFC stellen eine Möglich­keit für M-Commerce dar. Kartengestützte Bezahlsysteme sind somit immer dann dem M- Commerce zuzurechnen, wenn der Bezahlvorgang durch eine drahtlose Übertragung erfolgt, was beispielsweise durch die NFC Technologie gegeben ist.

3 Giro- und Bankkarten

3.1 Aktuelle Entwicklungen unter Berücksichtigung von Mobile Banking

Die Bankkarte, seit 2008 einheitlich girocard bzw. Girokarte genannt, ist die in Deutschland am weitesten verbreitete Karte. Nach einer Studie der Deutschen Bundesbank besitzen etwa 94 % aller Bürger eine girocard. Die Karte erhält in Deutschland in der Regel jeder der Inhaber eines Girokontos ist. Wegen der engen Verbindung zu einem Girokonto handelt es sich bei der Bankkarte um ein traditionelles Bankprodukt, das aktiv durch die Banken vertrieben wird.

Mit dem hohen Verbreitungsgrad steigt die zunehmende Nutzung der Karte. So wurden im Jahr 2011 etwa 28 % aller Umsätze durch die girocard bezahlt. Was im Vergleich zum Jahr 2008 einen Anstieg um nahezu drei Prozentpunkte bedeutet. Ein Grund für die hohen Umsatzzahlen liegt dabei auch in der hohen Akzeptanz der Karte durch den Handel. Denn neben Bargeld stellt dieser das Zahlen per Debitkarte als Standardangebot bereit. Die Marktentwicklung der Bankkarte kann aufgrund dieser Zahlen in Bezug auf die Vergangenheit als sehr positiv betrachtet werden.

Aufgrund der hohen Anwendungsmöglichkeiten ist die Bankkarte in Deutschland das meistgenutzte unbare Zahlungsmittel. Durch den Trend zu unbaren Zahlungsmitteln sollte der Kartenumsatz in den nächsten Jahren deutlich steigen. Allerdings ist diese Aussage mit einer großen Unsicherheit verbunden. Diese Unsicherheit liegt in der aufkommenden Konkurrenz durch alternative Bezahlverfahren. Großes Potenzial wird dem Mobile Banking, bzw. dem damit verbundenen Mobile Payment zugeschrieben, das seit 2008 spürbar an Kundenakzeptanz gewinnt.

Unter Mobile Banking, dass dem M-Commerce zugerechnet wird, versteht man die Abwicklung von Bankgeschäften oder Inanspruchnahme verschiedener Bankdienstleistungen. Voraussetzung hierfür ist die Verwendung eines Mobiltelefons, Smartphones oder eines ähnlichen Gerätes. Mit den mo­bilen Endgeräten können unbare Zahlungen vorgenommen werden. Diese Zahlungen werden Mobile Payment genannt.

Das Mobile Payment wird durch die hohe technologische Entwicklungsgeschwindigkeit und den großen Innovationsgrad bei der Herstellung von mobilen Endgeräten begünstigt. Darüber hinaus ist das Mobiltelefon weit verbreitet und wird als das persönlichste elektronische Gerät gesehen.

Die Entwicklung neuer Bezahlverfahren, wie dem Mobile Payment, und dem hohen Innovationspotenzial von diesen, hat bisher noch keine Auswirkungen auf den Umsatz der girocard. Zahlungen mit dem Mobiltelefon kommen in Deutschland noch selten vor. Die Bundesbank weist in ihrer Studie zum Zahlungsverkehr bei Zahlungen mit dem Mobiltelefon sogar einen Umsatz von Null Euro aus. Zahlungen mit dem Mobiltelefon dürften aber über diesem Wert liegen. Dennoch sind die Menschen in Deutschland im Zahlungsverhalten konservativ. Etwa 60 % wollen bei den ihnen vertrauten Zahlungsmittel bleiben.

Die vielen Innovationen im Zahlungsverkehr belaufen sich allerdings nicht nur auf das Mobile Payment und weitere alternativen Bezahlverfahren. Ein Großteil der Neuerungen beziehen sich auch auf die Kartenzahlung. Etwa ein Viertel aller Innovationen im Zahlungsverkehr der letzten Jahre gehen auf Entwicklungen bei der Kartenzahlung zurück. Die Hälfte dieser Innovationen stützen sich dabei auf die Entwicklung von kontaktlosen Bezahlverfahren.

3.2 Kontaktloses Zahlen mit girogo

Mit girogo startete die deutsche Kreditwirtschaft, im Jahr 2012 ein Pilotprojekt zum kontaktlosen Bezahlen. Über 1,3 Millionen Kunden von Banken und Sparkassen können seitdem im Großraum Hannover und in den Städten Hildesheim, Braunschweig und Wolfsburg bei renommierten Handels­partnern mittels girogo bezahlen. Damit ist das Projekt europaweit das größte zum kontaktlosen Bezahlen. Das Logo von girogo, welches auf den entsprechenden Karten zu sehen ist, zeigt Abbildung 4.

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Abbildung 4: Logo von girogo

Bei girogo handelt es sich um eine Erweiterung der girocard um einen Prepaid-Chip. Mit dieser Karte können Kleinbeträge bis zu 20 Euro kontaktlos bezahlt werden. Für den Kunden fallen bei dieser Variante keine Gebühren an. Beim Bezahlvorgang muss die girocard mit einem Abstand von nur wenigen Zentimetern an das Terminal gehalten oder auf einen Bezahlteller gelegt werden. Mithilfe dieses Verfahrens können Einkäufe schnell und bequem erledigt werden. Eine Eingabe der PIN oder das Leisten einer Unterschrift auf dem Zahlungsbeleg entfallen somit. Durch diesen beschleunigten Prozess können Warteschlangen verkürzt werden.

Wie der Zahlungsprozess mit girogo aussehen kann zeigt Abbildung 5.

 

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Abbildung 5: Kontaktloses Bezahlen mit girogo

Werden Kaufbeträge über 20 Euro beglichen, so kann dies ebenfalls mit der girogo-fähigen Bankkar­te vorgenommen werden. Die Zahlung erfolgt dann per electronic cash durch Eingabe der PIN. Das Verfahren für Beträge über 20 € ist damit das gleiche wie bei bisherigen Prepaidkarten ohne girogo.

Aufgrund des Prepaid-Chips erfolgen Zahlungsvorgänge mit girogo ausschließlich auf Guthabensba­sis. Der Inhaber einer girocard mit girogo-Funktion muss diese entsprechend vor dem Einkaufen mit Guthaben aufladen. Eine Aufladung ist bis zu einem maximalen Betrag von 200 Euro möglich. Das aktuelle Guthaben kann an jedem Geldautomaten, mit einem Chipkartenleser oder mittels TAN- Generator jederzeit abgerufen werden. Die elektronische Geldbörse lässt sich bundesweit an Geld­automaten, im Internet oder an speziellen Ladenterminals direkt an der Kasse des jeweiligen Ge­schäfts aufladen. Hierin liegt ein entscheidender Vorteil dieser Karte. Reicht der aufgeladene Betrag zur Begleichung der Rechnung nicht aus, kann sie umgehend aufgeladen werden. Dies sichert dem Kunden die gewünschte Flexibilität beim Einkaufen und die Zahlungsfähigkeit ohne Bargeldverwen­dung.

Das Projekt wird von den Initiatoren als großer Erfolg bewertet. Laut einer Umfrage unter 216 Teilnehmern, fanden 93 Prozent der girogo-Nutzer die Karte gut. Aufgrund dieser Tatsache wurde das Projekt bis Januar 2014 verlängert. Neben girogo ist ein weiteres Projekt für kontaktlose Zah­lungen per Bankkarte geplant. Der Starttermin ist für Ende des Jahres 2014 vorgesehen. Das Pro­jekt, mit dem Namen „Girocard kontaktlos mit PIN“ soll kontaktloses Bezahlen mit Karte auch für Beträge, die über 20 Euro liegen, ermöglichen.

3.3 Blick über den Tellerrand: Swiss Bankers Prepaid Services AG

Ein Beispiel für Giro- und Bankkarten außerhalb Deutschlands liefert die Swiss Bankers Prepaid Services AG aus der Schweiz. Sie entwickelt, vertreibt und verarbeitet Prepaidkarten. Insbesondere die im Jahr 2003 eingeführte Swiss Bankers Travel Cash Karte bildet ihr heutiges Kerngeschäft.

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Abbildung 6: Die Swiss Bankers Travel Cash Karte

Die Swiss Bankers Travel Cash Karte gilt als Weiterentwicklung des Traveller Cheque,, auch Reisescheck genannt. Dieser kann im internationalen Reiseverkehr zur Bargeldbeschaffung und für unbare Zahlungen genutzt werden. Die Weiterentwicklung des Traveller Cheque besteht im einfacheren Gebrauch der Swiss Bankers Travel Cash Karte. Dieser Vorteil ist einer der Gründe weswegen traditionelle Traveller Cheques in der Schweiz seit 2009 nicht mehr vertrieben werden.

Bei der Swiss Bankers Travel Cash Karte handelt es sich um eine Prepaidkarte, die in Euro, US-Dollar oder Schweizer Franken aufgeladen werden kann. Wie bei anderen Prepaidkarten auch, muss zwischen dem Bankkonto und der Swiss Bankers Travel Cash Karte keine Verbindung bestehen.Sie kann weltweit an 2 Millionen Bankkautomaten, in über 33 Millionen Geschäften und im Internet als Zahlungsmittel eingesetzt werden. Im Verlustfall oder bei Diebstahl wird sie umgehend mit dem Restwert kostenlos ersetzt.

Die Fortsetzung erscheint am 16.1.


* Dieser Text ist 2014 im Rahmen eines Seminars  von Professor Dr. Andreas Mitschele im Studiengang BWL-Bank an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg Stuttgart entstanden. Dieser Beitrag ist zusammen mit 10 weiteren Beiträgen in einen Band zusammengefasst und im Eigenverlag unter dem Titel „Next Generation Finance – Revolution oder Evolution des Bankgeschäfts?“ erschienen. Die Wiedergabe hier im Blick Log erfolgt mit Zustimmung von Professor MItschele.

Diese Arbeit enthält umfangreiche Fußnoten und ein ausführliches Literaturverzeichnis. Zur besseren Lesbarkeit im Blog habe ich bei der Editierung für die Blogdarstellung auf die Fußnoten verzichtet. Bei Recherchen und Zitaten bitte immer die Originalarbeit heranziehen, die hier als Komplettband als PDF-Datei heruntergeladen werden kann. Darstellungs- und Formatierungsprobleme mit Abbildungen und Texten gehen allein zu Lasten des Blick Log. Das Literaturverzeichnis finden Sie am Ende des zweiten Teils.

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