Globale Immobilienmärkte stehen an einem Wendepunkt

by Karl-Heinz Goedeckemeyer on 27. Februar 2017

Trotzt der zunehmendem geopolitischen Risiken richten sich professionelle Immobilieninvestoren auf einen um verlängerten Marktzyklus ein. Der Mix aus positiven Wirtschaftswachstum, niedrigem Zinsniveau sowie abnehmenden Deflationsrisiken dürfte dazu führen, dass die Anlagegelder zumindest mittelfristig nicht abebben. Die Blicke der Investoren richten sich nicht nur unverändert auf den deutschen Immobilienmarkt. Auch Nordamerika scheint zusehends in den Blickpunkt deutscher Investmentgesellschaften zu rücken. Gleichwohl werden sich Investoren auf „deutlich niedrigere Gesamtrenditen“ einstellen müssen, sagte Gunnar Herm, Head of Research & Stratgey bei der UBS auf der Jahrestagung Immobilienfonds des Bundesverbands der Immobilien-Investment-Sachverständigen (BIIS) im Januar in Frankfurt. Der Stratege wies darauf hin, dass Immobilien in den letzten vier bis fünf Jahren weltweit überdurchschnittliche Wertzuwächse gesehen haben. Wie einer Präsentation der Credit Suisse zu entnehmen ist, konnten Investoren mit börsengelisteten Immobilienaktien (REITs) im Zeitraum 2009-2016 jährlich eine Rendite von knapp 16% einfahren. Direktinvestments warfen immerhin noch 7% ab. Wenngleich Investoren mit Aktien besser gefahren sind, der MSCI World legte in dem betrachteten Zeitraum um 8,4% p.a. zu, dürften Direktinvestments im vergangenen Jahr wohl besser gelaufen sein als REITs, die in 2016 nur um 7,7% avancierten.

Nettoanfangsrenditen unter dem Niveau vor der Finanzkrise

Nunmehr stehen die globalen Immobilienmärkte an einem Wendepunkt, betont UBS-Stratege Herm. Bis hierhin seien sie von einer geldpolitischen Welle getragen wurden. Ab jetzt steht hartes Arbeiten auf dem Programm. Da die Immobilienpreise zuletzt deutlich von der steigenden Wertänderungsrendite positiv tangiert wurden dürfte die Gesamtrendite nach unten gehen, betont Herm. Ferner müssten Investoren evt. ab 2020 mit Abwertungen rechnen. Sein Kollege von der Credit Suisse, Daniel Tochtermann, gab zu bedenken, dass trotz der langfristig ungünstigen Aussichten, zwei Drittel der Transaktionen in den Anlageklassen Büro- und Handelsimmobilien flossen. Vor dem Hintergrund der globalen Geldschwemme sind die Nettorenditen im dritten Quartal 2016 auf 4,7% gesunken – und damit unter dem Niveau vor der Finanzkrise bei 5,5%. Während die Nettoanfangsrenditen bei Büroimmobilien in den Jahren 2015 und 2016 weltweit im Schnitt rückläufig waren. Sind die Renditen in Städten wie z. B. London, Birmingham und Edinburgh im vergangenen Jahr wieder gestiegen. Mit Blick auf die Renditeerwartungen im Jahr 2018 werden sich die Nettorenditen bei Büroimmobilien weltweit weiter ausdifferenzieren. Mehr als 4% dürften unter anderem in Sydney, Seoul, Houston (6%), Boston und Washington zu generieren sein. In Europa hingegen werden Investoren wohl nur in London und Mailand die Renditeschwelle von 4% übertreffen. Auch in Hongkong und Singapur zeigt die Renditekurve wieder nach oben. Im Vergleich dazu dürften Immobilien-Investments in Tokio und Paris lediglich Renditen im Bereich von 2,5% einbringen. Generell ist davon auszugehen, dass die Nettorenditen und Mietpreissteigerungen in Städten in Übersee (Sydney, Melbourne, Beijing, Chicago, Dallas) attraktiver sind als viele europäische Städte wie z.B. Kopenhagen, Wien oder Hamburg. Während sich der Mietpreisanstieg im vierten Quartal 2016 auf 2,3 % verlangsamte, rechnen Experten wie JLL in 2017 nur noch mit einem Plus von 2 %.

Diversifikation ist Trumpf: Geringeres Immobilienrisiko in den USA

Nicht zuletzt aufgrund der auseinanderklaffenden Renditeerwartungen sollten die Immobilienportfolios weiter internalisiert werden. Die Nachfrage nach Immobilien wird auch stark durch die offenen Immobilienfonds getrieben, die seit geraumer Zweit mit Investorengeldern überschüttet werden. Da zugleich Immobilien mit attraktivem Renditeprofil abnähmen, was auch auf viele deutsche Büromärkte in den Top-Städten zutrifft, versuchen auch die deutschen Fonds ihre Investments regional breiter zu streuen. In der Erwartung „lower for longer“ müssen auch die Fonds mehr Risiken eingehen, um zum Beispiel die Belastung aus sinkenden Ankaufsrenditen zu kompensieren. Die hohe Kapitalverfügbarkeit erfordert es, dass risikoaverse Investoren einerseits die Marktbearbeitung in ihren europäischen Kernmärkten massiv verstärken, sich aber andererseits auch Renditepotenziale in Opportunitätsmärkten erschließen, heißt es in der im halbjährlichen Turnus durchgeführten Immobilien-Investitionsklimastudie von Union Investment. Während 75% der der in UK befragten Investoren davon ausgehen, dass sich die gesamtwirtschaftliche Lage in Großbritannien in den nächsten zwölf Monaten verschlechtern wird, richtet sich der Fokus der Investoren verstärkt auf Märkte in Übersee oder auf Nischensegmente wie Student Housing oder Hotels.

Aus Sicht von Martin J. Brühl von Union Investment Real Estate ist Risikodiversifikation und das Nutzen diverser Marktzyklen essentiell für den Erfolg des Portfoliomanagements. Daher liegen die Investitionsschwerpunkte der Gesellschaft künftig eher in den USA, Asien-Pazifik inkl. Australien und Städten wie z. B. Mexico City. Brühl begründet seine Einschätzung damit, dass das Wachstum der Immobilienvermögen in Amerika in den letzten beiden Jahren stärker gewachsen ist als in Europa. Für ihre offenen Immobilienfonds hat Union Investment RE allein im vergangenen Jahr 1,3 Mrd. Euro und damit mehr als ein Drittel aller Investitionen in den USA getätigt. Auch die Deka hat aufgrund der besseren Wachstumsperspektive ihre Investments stärker auf die USA ausgedehnt. Zudem seien viele „kleinere“ US-Märkte europäischen Märkten ebenbürtig wie z. B. Boston vs. Paris (Central) oder Houston vs. Berlin (gesamt). Aufgrund des DIRECS Risikoscore (Länderindikator) wiesen Nordamerika, Australien oder Kanada ein geringeres Immobilienrisiko auf als viele europäische Staaten auf. Da die Performance jedoch auch von den Hedging-Kosten abhängt, könnten Investments in den Dollarraum durch falsches Hedging geschmälert werden. Die Deka geht jedoch eher von einem steigenden US-Dollar aus. Daher sind die Investments in bestimmten Fonds der Gruppe letztlich auch eine Wette auf einen steigenden Greenback.

Renditekick mit Hotelimmobilien

Höhere Renditen lassen sich auch mit Anlageklassen wie Hotelimmobilien erzielen. Gemäß einer Analyse der Commerz Real liegen die Hotel-Renditen in ausgewählten Märkten Europas durchweg höher als in den Segmenten Büro, Einzelhandel oder Logistik. Das trifft besonders auf Oslo, Amsterdam, Dublin sowie Barcelona und Madrid zu. Die Commerzbank-Tochter favorisiert ertragsstarke Hotels in internationalen Metropolen sowie Touristenzentren. Zum Portfolio der Gesellschaft gehören u.a. das Novotel in London, Motel One in Berlin, DC Towers in Wien sowie das Adagio in München. Im vergangenen Jahr hat die Commerz Real auch das Hotel 11 Howard im New Yorker Stadtteil Soho gekauft hat. Hier sei nicht nur die Lage sei hervorragend, sondern auch die Aussicht auf den Küchentrakt von Rihanna, die direkt gegenüber wohnt, sagte der Vorstandsvorsitzende Dr. Andreas Muschter auf der BIIS-Konferenz. Mit dem Kauf des US-Hotels könne man gleich zwei große Trends auf der Jagd nach Rendite verbinden: Objekte in Nordamerika und Spezialimmobilien wie Hotels.

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